Stellungnahme zum Antrag
56/2001
Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart,
04/09/2001
Der Oberbürgermeister
GZ:
OB 0100-00.00
Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
SPD-Gemeinderatsfraktion
Datum
02/06/2001
Betreff
Städtepartnerschaften
Anlagen
Text der Anfrage und des Antrags
Einzelaufstellung "Veranstaltungen Städtepartnerschaften 2000"
Beantwortung/ Stellungnahme:
Vorbemerkung
Die 10 Städtepartnerschaften der Landeshauptstadt Stuttgart können bezüglich ihrer
Entstehung und ursprünglichen Zielsetzung in drei Kategorien gesehen werden:
·
die Versöhnung und Völkerverständigung mit den westlichen Nachbarn, z.T. sehr früh nach dem
Zweiten Weltkrieg (St. Helens [1948], Cardiff [1955], St. Louis [1960], Straßburg [1962])
·
das Interesse an den Ländern der Dritten Welt, Entwicklungszusammenarbeit und
Entwicklungshilfe (Bombay [1968], Menzel Bourguiba [1971], Kairo [1979])
·
die Versöhnung und Völkerverständigung mit den östlichen Nachbarn (Lodz [1988],
Brünn [1989], Samara [1992])
Heute verstehen wir die Städtepartnerschaften auch als einen Teil der internationalen
Gesamtaktivitäten der Landeshauptstadt (internationale und europäische Projekte und
Netzwerke).
Die meisten der Partnerschaften, besonders der ersten beiden Kategorien, entstanden mehr oder weniger zufällig aufgrund politischer Entwicklungen, persönlicher oder wirtschaftlicher Kontakte. Eine bewußte Auswahl potentieller Partner wurde dabei nicht getroffen. Daher haben wir heute ein extrem heterogenes Konglomerat von Partnerstädten. Dies bedeutet sehr unterschiedliche Möglichkeiten der Zusammenarbeit, erfordert eine besondere Sensibilität bei der Betreuung der Partner und Partnerschaftsaktivitäten und erschwert eine homogene und gerechte Darstellung der Aktivitäten gegenüber der Öffentlichkeit.
Schwerpunkte der Zusammenarbeit:
Städtepartnerschaften leben vom Interesse und dem Engagement der Bürgerinnen und
Bürger. Jährlich treffen sich mehrere Tausend Personen in Stuttgart und den Partnerstädten. Die meisten der Begegnungen werden organisiert von Schulen, Vereinen und anderen Gruppen, Organisationen und Institutionen. Idealerweise finden die Begegnungen mit und in den Familien der Partner statt. Dadurch lernen die Gäste Lebensart und Lebensgewohnheiten der Gastgeber und die Besonderheiten des jeweiligen Gastlandes kennen.
Zur Förderung der Partnerschaften unterstützt die Abteilung Internationale Beziehungen, Städtepartnerschaften beim Bürgermeisteramt der Landeshauptstadt Stuttgart die Initiativen der Bürger, Vereine und Gruppen, vermittelt Kontakte und gewährt in bestimmten Fällen – insbesondere bei Schüler- und Jugendaustausch, Kultur- und Sportbegegnungen –
Zuschüsse.
Es ist festzustellen, daß die meisten Aktivitäten und Vorschläge für Projekte, Begegnungen usw. jeweils von Stuttgart aus gehen, mit einer gewissen Einschränkung bei Lodz und Samara; aus diesen Städten kommen ebenfalls zahlreiche Anregungen.
St. Helens / England
(180.000 Einwohner)
Schüler- und Jugendaustausch, Arbeitspraktika für Schüler an Gymnasien (European Work Experience Programme), Sportbegegnungen, Zusammenarbeit von Künstlerverbänden.
Es gibt häufig Anregungen und Partnerschaftswünsche von Stuttgarter Institutionen, die, meist wegen mangelnder Partnerorganisationen, leider oft in St. Helens keine Resonanz
finden.
Cardiff / Wales
(300.000 Einwohner)
Kulturelle und sportliche Begegnungen, Schüler- und Jugendaustausch (sehr intensive und zahlreiche Aktivitäten des Stuttgarter Jugendhaus-Vereins), bildende Kunst, wirtschaftliche Kontakte (z.B. Bosch-Zweigwerk). Mehrfach haben in den letzten Jahren Mitarbeiter der Cardiffer Verwaltung an EU- und anderen internationalen, von der Stadt Stuttgart veranstalteten Konferenzen teilgenommen. Es gibt in Cardiff eine private Bürgerorganisation “Cardiff Stuttgart Association”, die allerdings nicht sehr aktiv ist; sehr gute Kontakte bestehen zur Stadtverwaltung.
St. Louis. Missouri / U.S.A.
(400.000 Einwohner)
Regelmäßiger Schüler- und Jugendaustausch, Sport- und Kulturbegegnungen, Vermittlung von wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Fachkontakte städtischer Ämter, Praktikanten der Fachhochschule für öffentlich Verwaltung (Ludwigsburg) bei der Stadtverwaltung St. Louis
Aufgrund der Kosten (Reise, Unterkunft, die teilweise von den Stuttgarter Gruppen in St. Louis selbst bezahlt werden muss) und da es in St. Louis oftmals keine passenden Partner (andere Vereins- und gesellschaftliche Struktur) gibt, sind Vermittlungen oftmals recht schwierig. Besuche Stuttgarter Gruppen in St. Louis viel häufiger als umgekehrt. In der Stadtverwaltung St. Louis gibt es keine für die Pflege der Partnerschaft zuständige Stelle. Zusammenarbeit mit dem privaten Partnerschaftskomitee und dem St. Louis Center for
International Relations.
Straßburg / Frankreich
(270.000 Einwohner)
Begegnungen in allen Bereichen des öffentlichen und gesellschaftlichen Lebens (Sport, Kultur usw.); Schüler- und Jugendaustausch; Zusammenarbeit verschiedener städtischer Fachämter, Handels- Wirtschafts- und Industrieorganisationen.
Obgleich in den vergangenen Jahren manchmal der Eindruck entstanden sein könnte, diese Partnerschaft leide (insbesondere auf Straßburger Seite) unter Ermüdungserscheinungen, ist festzustellen, daß die Begegnungen nach wie vor sehr zahlreich sind und neue Anregungen auf beiden Seiten von den verantwortlichen Stellen der Verwaltung aufgegriffen und nach Möglichkeit realisiert werden. Viele Begegnungen und Kontakte haben sich im Laufe der Jahre zu Selbstläufern entwickelt, von deren Stattfinden wir oft nicht mehr informiert werden (z. B. Partnerschaften der IHK, Handwerkskammern usw.). Gute Zusammenarbeit mit dem “Service des Relations Internationales” im Bürgermeisteramt von Straßburg.
Bombay / Mumbai
(14 Millionen Einwohner)
Die Beziehung wurde als sogenannte Städtefreundschaft beschlossen und beschränkt sich weitgehend auf einen allgemeinen freundschaftlichen Umgang miteinander. Gelegentlich kulturelle, sportliche oder wissenschaftliche (studentische) Begegnungen sowie der Versuch einer Zusammenarbeit (Unterstützung) im Bereich kommunaler Entsorgungsaufgaben. Mehrere Jahre (bis ca. 1984) unterstützte die Stadt Stuttgart Slumprojekte von “terre des hommes” in Bombay; dies fand allerdings nicht in Zusammenarbeit mit der dortigen Stadtregierung statt.
In Fortsetzung eines Informationsbesuchs 2000 beim Amt für Abfallwirtschaft Stuttgart im letzten Jahr werden Vertreter der Bombayer Verwaltung am Lokale-Agenda-Dialogprogramm “Wege zu lokaler Zukunftsfähigkeit” im April in Stuttgart teilnehmen. Große Probleme bereitet bei fast allen Aktivitäten, die von hier aus gestartet werden, die zähe Bürokratie der dortigen Verwaltung und die äusserst mangelhafte Kooperation mit den dort zuständigen Stellen. Gute Zusammenarbeit mit Deutschem Generalkonsulat und Goethe-Institut.
Menzel Bourguiba
(72.000 Einwohner)
Regelmäßige Jugend- und Sportbegegnungen (Sportkreisjugend, Stadtjugendring, Jugendhaus-Verein); eine Schulpartnerschaft (derzeit nicht aktiv); Finanzierung eines Deutsch-Sprachkurses (regelmäßig ca. 100 Teilnehmer) durch Stuttgart in Menzel Bourguiba; Vermittlung von Know-how, materielle und finanzielle Unterstützung im Bereich der Abfallbeseitigung und Stadtreinigung (Überlassung von gebrauchten Maschinen und Fahrzeugen), der Alten- und Behindertenfürsorge, Angebot von Berufspraktika für Fachleute der dortigen Stadtverwaltung in Stuttgart.
Kairo / Ägypten
(6 Millionen Einwohner)
Intensität und Gestaltung der Zusammenarbeit teilweise vergleichbar mit Bombay, wobei allerdings häufigere Begegnungen im kulturellen und sportlichen Bereich stattfinden, ebenso regelmäßiger Schüleraustausch und Informationspraktika; gemeinsame Studienprojekte der Universitäten; Zusammenarbeit städtischer Ämter im Bereich Denkmalpflege und Stadtsanierung; von der Stadt Stuttgart finanziell geförderte Projekte im Denkmalschutz in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Archäologischen Institut in Kairo; finanzielle Unterstützung für soziale Einrichtungen. Vertreter der Kairoer Verwaltung und ägyptischer NGOs nehmen am Lokale-Agenda-Dialogprogramm “Wege zu lokaler Zukunftsfähigkeit” im April in Stuttgart teil. Kontakte mit Gouvernoratsverwaltung schwierig, gute Zusammenarbeit mit Deutschem Generalkonsulat und Goethe-Institut.
Lodz / Polen
(800.000 Einwohner)
Regelmäßiger, vielfältiger Kulturaustausch (“Lodz-Stuttgart - Kultur-Dialog”), Schüler- und Jugendaustausch, sportliche Begegnungen; Erfahrungsaustausch der städtischen Fachämter; von 1990 – 1996 regelmäßige Informationsseminare in Stuttgart für Fachleute der Lodzer Stadtverwaltung über “Kommunale Selbstverwaltung” (Förderung durch das Transform-Programm der Bundesregierung), Vermittlung von wirtschaftlicher Zusammenarbeit (Industrie, Handel, Banken); gemeinsame EU-Projekte und Teilnahme von Vertretern der Lodzer Verwaltung an EU- und anderen internationalen, von der Stadt Stuttgart veranstalteten Konferenzen; Fortbildungs-Seminare für Deutschlehrer. Gute Zusammenarbeit mit Amt für Stadtwerbung und Öffentlichkeitsarbeit.
Brünn / Tschechische Republik
(390.000 Einwohner)
Kulturelle und sportliche Begegnungen, Schüler- und Jugendaustausch; Zusammenarbeit städtischer Fachämter (z.B. Stadtplanung, Umweltfragen, Kultur, Verkehrswesen, Ver- und Entsorgungsaufgaben, Tourismus), Teilnahme von Vertretern der Brünner Verwaltung an EU- und anderen internationalen, von der Stadt Stuttgart veranstalteten Konferenzen; Fortbildungs-Seminare für Deutschlehrer. Gute Zusammenarbeit mit Abteilung für Internationale Beziehungen und Städtepartnerschaften.
Samara / Russland
(1,2 Millionen Einwohner)
Regelmässiger Schüler-, Kulturaustausch, gegenseitige Stipendien für junge Wissenschaftler an den Hochschulen; Zusammenarbeit mehrerer Hochschulen und Universitäten; Zusammenarbeit der Ämter der Stadtverwaltungen, der Verkehrs- und Versorgungsbetriebe (SSB, NWS); Zusammenarbeit mehrerer Krankenhäuser (Austausch von Ärzten in Informationspraktika); Hilfslieferung medizinischer und anderer Ausrüstung; Vermittlung von wirtschaftlicher Zusammenarbeit (Industrie, Handel, Banken); Fortbildungs-Seminare für Deutschlehrer. Gute Zusammenarbeit mit der Abteilung Internationale Beziehungen.
Finanzielle Ausstattung
Für die Förderung der Städtepartnerschaften stehen im Verwaltungshaushalt 2000 und 2001 jährlich zur Verfügung
·
für “Eigene Veranstaltungen” (Finanzpos. 1.0001.6300.000) 180.000 DM
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für “Förderungen an Dritte” (Finanzpos. 1.0001.7030.000) 240.000 DM
Die Gesamtmittel werden innerhalb der beiden gegenseitig deckungsfähigen Finanzpositionen entsprechend der Aktivitäten und aktuellen Notwendigkeiten für die einzelnen Partnerstädte zur Verfügung gestellt. Eine definitive Vorab-Aufteilung der Mittel ist nicht praktikabel und wäre auch nicht sinnvoll.
Im Haushaltsjahr 2000 verteilten sich die ausgegebenen Mittel auf die einzelnen Partnerstädte (alphabetisch aufgeführt, Beträge gerundet):
eigene Veranstaltungen Förderungen
Bombay 7.900 DM 10.800 DM
Brünn 7.900 DM 27.500 DM
Cardiff 900 DM 23.700 DM
Kairo 3.500 DM 41.200 DM
Lodz 18.100 DM 49.600 DM
Menzel Bourguiba 26.500 DM 86.100 DM
Samara 53.600 DM 36.700 DM
St. Helens 800 DM 9.100 DM
St. Louis 700 DM 12.300 DM
Straßburg 8.700 DM 22.400 DM
Sonstiges (Ogaki, Nanjing, Shavei Zion) 34.600 DM 9.400 DM
Summen 163.400 DM 328.800 DM
Bei einer Gesamt-Ausgabensumme von 492.200 DM wurde 2000 der Haushaltsansatz um 72.200 DM überschritten; dies wurde gedeckt durch Haushaltsreste aus 1999.
Die Ausgaben teilten sich auf folgende Sachbereiche auf (eigene Veranstaltungen
und Förderungen zusammen):
offizielle Veranstaltungen (Delegationen, Besuche usw.) 10.700 DM
kulturelle Veranstaltungen (ohne Zuschüsse Kulturamt) 41.900 DM
sportliche Veranstaltungen (ohne Zuschüsse Sportamt) 23.500 DM
sonstige Veranstaltungen (z.B. Kirchen , Wirtschaft, Hochschulen u.a.) 33.800 DM
Schüler- Jugendaustausch 166.400 DM
Fachaustausch städt. Ämter, Eigenbetriebe usw. 19.000 DM
finanzielle und materielle Hilfen 140.400 DM
Praktika, Arbeitsaufenthalte, Stipendien 32.300 DM
Sonstiges (Werbung, Geschenke, usw.) 24.200 DM
wiederum
Gesamtsumme 492.200 DM
Sowohl die Aufteilung der Mittel auf die einzelnen Partnerstädte wie auch die Verwendung für einzelne Sachbereiche variieren regelmäßig jedes Jahr. In den letzten Jahren lag bezüglich der Zahl der Projekte wie auch des Einsatzes der Finanzmittel der Schwerpunkt auf jenen Partnerstädten, die besonders konkrete Unterstützung und Hilfe benötigen (Mittel- und Osteuropa, Nordafrika).
Informationsangebot
Wie oben erwähnt, unterstützt die Abteilung Internationale Beziehungen, Städtepartnerschaften (PR-Int) die Initiativen der Vereine usw., vermittelt Kontakte und gewährt Zuschüsse. Einzelne Veranstaltungen oder Projekte (z.B. Ausstellungen, größere Veranstaltungen mit mehreren Partnerstädten) werden von PR-Int selbst initiiert und organisiert.
Die Information der Gruppierungen der Bürgerschaft, Schulen, Jugendlichen usw. erfolgt in der Regel im persönlichem oder telefonischen Gespräch, zumal es sich meist um konkrete Anfragen handelt, die mit allgemeinen Informationen nicht allein zu befriedigen sind und die meist in sofortige Anfragen an die Partnerstädte umgesetzt werden. Zur allgemeinen Erstinformation stehen die, zum Teil schon vor Jahren herausgegebenen Amtsblatt-Beilagen und, leider nur für einzelne Partnerstädte, soweit von diesen zur Verfügung gestellt, touristisches und allgemeines Prospektmaterial zur Verfügung.
Die Abteilung PR-Int bereitet zur Zeit in Zusammenarbeit mit dem Presseamt einen Internet-Auftritt über die Städtepartnerschaften vor, der voraussichtlich im Mai eingerichtet sein wird.
Dr. Wolfgang Schuster