Stellungnahme zum Antrag
620/2000

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 01/17/2001
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 6522-01



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    F.D.P./DVP-Gemeinderatsfraktion
Datum
    10/05/2000
Betreff
    Fehlbelegungsabgabe
Anlagen
Beantwortung/ Stellungnahme:

1. Allgemeines

Die Landeshauptstadt darf für sich in Anspruch nehmen, in der Vergangenheit eine erfolgreiche soziale Wohnungspolitik betrieben zu haben. Die Stadt hat sich dabei nicht nur um die Verbesserung der Wohnungsversorgung der Einkommensbezieher des sozialen Wohnungsbaus bemüht, sondern auch um mittlere Einkommensbezieher. Als Beispiele seien hier das “Preiswerte Wohneigentum” (Einkommensgrenze § 25 II. WoBauG bis + 90 %) und das Bund-Länder-Sonderprogramm, in dem in den Jahren 1992 bis 1995 in Stuttgart 1.466 Mietwohnungen überwiegend von Kapitalanlegern für Mieter mit Einkommen von bis zu 60 % über den Einkommensgrenzen des sozialen Wohnungsbaus erstellt wurden. Die Stadt hat sich dabei intensiv um die privaten Kapitalanleger bemüht und erreicht, dass über 11 % der auf das Land entfallenden Wohnungen in Stuttgart gebaut wurden. Diese Wohnungen wurden ohne städtische Fördermittel zu einer Ausgangsmiete von 12,50 DM/m² vermietet und tragen zu einer deutlichen Entspannung des Wohnungsmarkts bei.

Die Stadt möchte auch in Zukunft ihre soziale Wohnungspolitik weiterführen und durch die zur Verfügungstellung von Baugrundstücken und städtischen Haushaltsmitteln die Förderkonzepte so entwickeln, damit ein möglichst großer Teil der Fördermittel der jeweiligen Landeswohnungsbauprogramme in Stuttgart gebunden wird und weiterhin differenzierte Förderangebote gemacht werden können.

2. Aktueller Sachstand zur Fehlbelegungsabgabe

Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen für Baden-Württemberg (LAFWoG) erstellt. Auf den Beschluss des Stuttgarter Gemeinderates vom 5.10.2000 wurde dieser überarbeitet. Der aktuelle Gesetzentwurf soll den Eingriff durch die Fehlbelegungsabgabe maßvoll zurückführen und den Gemeinden zusätzliche Flexibilität bei der Bewältigung von Problemen verschaffen, die durch die Ausbildung einseitiger sozialer Strukturen in Sozialwohnungsgebieten entstehen. Die Fehlbelegungsabgabe soll künftig erst erhoben werden, wenn das maßgebende Haushaltseinkommen um mehr als 40 % über den Einkommensgrenzen für Sozialwohnungen liegt (seither 20 %). Außerdem soll die Höhe der Abgabe, die je nach Höhe des Einkommens gestaffelt ist, deutlich reduziert werden. Künftig sollen Fehlbeleger nur noch maximal 4,50 DM/m²/Wohnfläche/monatlich bezahlen müssen (derzeit maximal 6,00 DM/m²). Außerdem soll ermöglicht werden, dass die Gemeinden bei Sozialwohnungsgebieten, Wohngebäuden oder einzelnen Wohnungen ganz oder teilweise von der Fehlbelegungsabgabe absehen können, um einseitigen sozialen Strukturen entgegenzuwirken.

Es ist vorgesehen, dass der Landtag den Gesetzentwurf in den nächsten Wochen verabschiedet, so dass die Änderungen auf 1.1.2001 (rückwirkend) in Kraft treten können.

Auf den o.g. Beschluss des Gemeinderates erarbeitet die Verwaltung derzeit Kriterien, anhand derer der Gemeinderat im Januar 2001 über die Freistellung von der Fehlbelegungsabgabe einzelner Gebiete in Stuttgart entscheiden kann.

3. Bisherige Wohnungsbauförderung

Art und Umfang der Förderung ergeben sich aus den Anlagen 1 und 2. Die klassische Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus im 1. Förderweg hat seit 1997 praktisch keine Bedeutung mehr. Sie wurde in Baden-Württemberg von der einkommensorientierten Objekt-/Subjektförderung (4. Förderweg) abgelöst, in der sich die Stadt zum Teil an der Subvention der Grundstücke (Erbbaurechte) und mit 50 % an der Subjektförderung (einkommensab- hängig 1,00 bis 5,00 DM/m²/mtl.) beteiligt. Lediglich der SWSG wurden zur Erzielung einer Eigenkapitalverzinsung von maximal 2,5 % und gegen ein auf Dauer festgelegtes Belegungsrecht noch ergänzende Mitfinanzierer-Darlehen in Höhe von bis zu 350 DM/m²/Wohnfläche bewilligt.

Für betreute Seniorenwohnungen gilt die im Landeswohnungsbauprogramm vorgegebene erhöhte am bisherigen 1. Förderweg orientierte Förderung weiterhin. Sie setzt eine 50 %ige Mitfinanzierung durch die Stadt voraus. Die Stadt erbringt ihren Förderanteil hier ebenfalls durch Bereitstellung subventionierter Erbbaurechte sowie durch Mitfinanzierer-Darlehen in Höhe von bis zu 60.000 DM/WE. Ähnliche Regelungen gelten für Wohnungen, die für besondere Bedarfsgruppen (in der Regel alleinstehende Obdachlose) bestimmt sind.

Eine Übersicht der Fördermöglichkeiten nach dem Landeswohnungsbau- programm 2000 ist als Anlage 3 beigelegt.

Aus Anlagen 4 sind die in das Landeswohnungsbauprogramm 2000 aufgenommenen 59 allgemeine Mietwohnungen mit kombinierter Objekt- und Subjektförderung (4. Förderweg) und 40 Mietwohnungen für besondere Bedarfsgruppen ersichtlich. Bei einer durchschnittlichen städtischen Mitfinanzierung von 45.000 DM/Wohnung sind dafür städtische Haushaltsmittel von 4,45 Mio. DM vorgesehen.

4. Landeswohnungsbauprogramm 2001

Der Gesamtrahmen für Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaus beträgt 116 Mio. DM (2000: 125,6 Mio. DM). Wie im Vorjahr, sollen damit rund 2.400 Wohnungen, nämlich 2.100 Eigentumsmaßnahmen und 300 Mietwohnungen gefördert werden. In der Mietwohnungsbauförderung werden die in Anlage 3 dargestellten Förderangebote des Programmjahres 2000 im Wesentlichen unverändert weiter geführt. Auch in der Eigentumsförderung ist mit keinen größeren Veränderungen zu rechnen.

Für Stuttgart gehen wir davon aus, dass es uns wie im Vorjahr wieder gelingt mindestens 100 Mietwohnungen und 400 Eigentumsmaßnahmen in das Landeswohnungsbauprogramm aufgenommen zu bekommen. Außerdem soll das in Stuttgart entwickelte neue Fördermodell
"Ankauf von Belegungsrechten aus dem Wohnungsbestand",
das inzwischen auch im Rahmen des Landeswohnungsbauprogramms gefördert wird, weitergeführt werden. Um weitere Angebote von privaten Vermietern zu erhalten, wird die Stadt ihre Werbungsmaßnahmen verstärken.

5. Zu den im Einzelnen vorgeschlagenen Maßnahmen wird folgende Stellungnahme abgegeben:

5.1 Vermietung zu marktüblichem Zins an Mieter, deren soziale Notlage entfallen ist (Möglinger Modell)

Dabei handelt es sich um eine Fördervariante zu der in Stuttgart seit Jahren praktizierten einkommensorientierten Objekt-/Subjektförderung (4. Förderweg). Der wesentliche Unterschied liegt in der Höhe der Subjektförderung, die im 4. Förderweg einkommensabhängig 1,00 bis 5,00 DM/m²/mtl. beträgt und beim Möglinger Modell unter Einrechnung des Wohngeldes auf 20 % des Bruttoeinkommens festgelegt ist. Damit ist die Subjektförderung im Möglinger Modell wesentlich niedriger und die Nettobelastung der Mieter deutlich höher. Im Einzelnen wird auf die Aufstellungen in Anlagen 5 Bezug genommen. Im Übrigen erscheint für die Landeshauptstadt das Möglinger Modell aus den in der Verhandlung des Ausschusses für Wirtschaft und Wohnen vom 18.7.1997 (öffentlich, Nr. 112) vorgetragenen Gründen nicht vorteilhaft. Insbesondere ist die Nettokaltmiete von 13,59 DM/m² (vgl. Anlage 5, Seite 2) für die hier vorgemerkten Wohnungssuchenden (Einkommensgrenze § 25 II. WoBauG) oft nicht bezahlbar. Hinzu kommt, dass die Entwicklung des Wohngeldes, auf das sich das Modell stützt, nach wie vor als unsicher zu beurteilen ist und durch die Koppelung an das Wohngeld ein nicht unerheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand erforderlich ist.

Unter Inkaufnahme dieser Gesichtspunkte könnte sich die Verwaltung vorstellen, im nächsten Jahr ein Bauvorhaben mit 10 bis 20 Wohnungen in diesem Fördermodell zu realisieren, um eigene Erfahrungen zu sammeln. Der Bauträger müsste dazu ein städtisches Baugrundstück zum Verkehrswert kaufen und der Stadt ein 10-jähriges Belegungsrecht an den geförderten Wohnungen einräumen. Die Stadt müsste die Subjektförderung übernehmen und würde davon 50 % vom Land wieder erstattet bekommen.

5.2 Verkauf von Wohnungen an Mieterinnen und Mieter (Wohnungsprivatisierung)

Die Stadt hat städtische Belegungsrechte an 24.000 Wohnungen. Dies sind 8,4 % des gesamten Wohnungsbestandes. Für einen Verkauf von Wohnungen der SWSG und der Stadt bestehen deshalb nur geringe Spielräume. Diese sollten vor allem genutzt werden, um eine Stabilisierung/Verbesserung der Sozialstrukturen in den Gebieten zu erreichen.

5.3 Bessere Koordinierung der Bewilligung von pauschaliertem Wohngeld (Sozialamt) und individuellem Wohngeld (Amt für Liegenschaften und Wohnen)

Das Wohngeldrecht und das Sozialhilferecht sind zwei unterschiedliche Rechtssysteme. Das Wohngeld wird zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens als Miet- oder Lastenzuschuss zu den Aufwendungen für den Wohnraum geleistet. Sozialhilfe dient der Daseinsvorsorge für Menschen, die nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt durch eigene Kräfte zu bestreiten oder in besonderen Lebenslagen sich selbst zu helfen. Finanziert wird das Wohngeld je zu 50 % durch den Bund und die Länder, die Sozialhilfeaufwendungen werden von den Kommunen getragen.

Das Amt für Liegenschaften und Wohnen gewährt Wohngeld nach den Anlagen 1 bis 8 des Wohngeldgesetzes (WoGG), auch Tabellenwohngeld genannt, während das Sozialamt Wohngeld nach dem 5. Teil des WoGG (pauschaliertes Wohngeld) gewährt. Das Tabellenwohngeld richtet sich im wesentlichen nach dem Einkommen des Antragstellers, nach der Mietzahlung und nach den im Haushalt lebenden Familienangehörigen. Das pauschalierte Wohngeld wird in einem vereinfachten Verfahren zusammen mit Hilfen zum Lebensunterhalt (HLU) nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gewährt.

Im Jahr 1999 wurden insgesamt 46,8 Mio. DM Wohngeld ausbezahlt. Auf das Tabellenwohngeld entfielen 12,6 Mio. DM und auf das pauschalierte Wohngeld 34,2 Mio. DM.

Im Rahmen des derzeit beim Amt für Liegenschaften und Wohnen laufenden Organisationsentwicklungsprozesses wird untersucht werden, ob und unter welchen Voraussetzungen organisatorische Verbesserungen möglich sind.








Dr. Wolfgang Schuster


Anlagen: 6

A1.docA2.docA3.docA4ListeA.docA4ListeB.docA5S1.docA5S2.doc