Landeshauptstadt Stuttgart
Technisches Referat
Gz: T
GRDrs 383/2021
Stuttgart,
11/10/2021


Bericht zur Straßenerhaltung 2021



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Stadtentwicklung und TechnikKenntnisnahmeöffentlich23.11.2021

Bericht:



Überblick

Über den Zustand der Straßen in der Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) und den Mittelbedarf wurde zuletzt in der Mitteilungsvorlage zum Haushaltsplan 2020/2021 (GRDrs 566/2019) und im Ergebnisbericht über die Straßenzustandserfassung 2019 (mündlicher Bericht im UTA am 5. November 2019) berichtet. Mit der Stellungnahme zum Antrag der CDU-Gemeinderats-fraktion Nr. 279/2021 wurde ein erster Überblick über den Straßenzustand und die umgesetzten und geplanten Maßnahmen gegeben.

In diesem Jahr wurde erstmalig in zwei Stadtbezirken der Straßenzustand der Nebenstraßen erfasst. Die Ergebnisse und Erkenntnisse sind in diesem Bericht dargestellt.

Im Doppelhaushalt 2020/2021 stehen für die Unterhaltung und Erneuerung der Straßen und Gehwege 18 Mio. EUR pro Jahr dauerhaft zur Verfügung.

Zum Doppelhaushalt 2022/2023 steht vor allem der Breitbandausbau im Fokus. Im Zuge der Tiefbauarbeiten bietet es sich aus wirtschaftlichen und verkehrlichen Gründen an, insbesondere die Gehwege in den betroffenen Abschnitten mit zu sanieren. (GRDrs 644/2021).


Straßen- und Wegenetz, Zustandserfassung Vorbehaltsstraßen

Das Stuttgarter Straßennetz hat derzeit eine Gesamtlänge von 1.441 km. Hiervon sind rund 502 km sogenannte Vorbehaltsstraßen und rund 939 km Nebenstraßen, jeweils einschließlich der Gehwege. Die Vorbehaltsstraßen sind größten Teils Hauptverkehrsstraßen mit übergeordneten Verkehr und Busverkehr mit Tempo 50. Die Nebenstraßen sind meistens Wohn- und Erschließungsstraßen mit Tempo 30 sowie Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche.

Das Stuttgarter Straßennetz wächst, sowohl in seinem Vorbehaltsstraßennetz als auch im Nebennetz. Entsprechend wachsen auch die Unterhaltungsaufgaben für diese Straßen, Wege und Plätze sowie die dazugehörigen Bauwerke. Neue Erschließungsgebiete sind z.B. der NeckarPark, die S21-Areale, das Rosensteinviertel, das Neubaugebiet Langenäcker-Wiesert in Stuttgart-Stammheim, die Neubebauung des Hansa-Areals in Stuttgart-Möhringen usw. In diesen Gebieten werden aufgrund städtebaulicher und ökologischer Aspekte mehr Pflaster- und Plattenbeläge verlegt, die höhere Unterhaltungsaufwände erfordern, um dauerhaft ihre Funktion zu gewährleisten.

Die Stuttgarter Infrastruktur wächst zudem durch den zunehmenden Radverkehr. Neben neuen Strecken, die (aus)gebaut werden, müssen Radwege in einer Qualität gebaut und wiederhergestellt werden, damit ein sicheres Radfahren ermöglicht wird. Dies bezieht insbesondere die Nebenstraßen mit ein, die für die Fußgänger und Radfahrer schwerpunktmäßig von Bedeutung sind.

Der Zustand des Vorbehaltsstraßennetzes wird alle 5 Jahre erfasst. Die Nebenstraßen mit ihren Gehwegen werden regelmäßig von Straßenkontrolleuren auf ihre Verkehrssicherheit überprüft. Schäden, welche die Verkehrssicherheit gefährden, werden kurzfristig ausgebessert.

Der Zustand der Vorbehaltsstraßen wurde zuletzt 2019 erfasst. Mit speziellen Fahrzeugen werden mit Laser und Kameras Ebenheit und baulicher Zustand aufgenommen und ausgewertet und in 5 Bewertungsklassen, die Zustandsklassen 1 bis 5, eingeteilt (s. Anlage 2).

Die Ergebnisse der letzten Befahrungen der Vorbehaltsstraßen sind in der Anlage 3 dargestellt. Die Entwicklung zeigt, dass sich der Zustand kontinuierlich verschlechtert hat und 35% der Straßen in den schlechten Zustandsklassen 4 und 5 liegen. Da sich höhere Investitionen erst zeitverzögert in der Statistik zeigen, ist davon auszugehen, dass sich der Zustand seit 2019 eher weiter verschlechtert hat.


Straßenzustandserfassung der Firma vialytics

Das Tiefbauamt beobachtet die technischen Entwicklungen im Bereich der Straßenzustandserfassung. Die Erfassung der Vorbehaltsstraßen erfolgt nach den Vorgaben der aktuellen technischen Regelwerke.

Bereits 2019 hat man sich ausführlich mit der Firma vialytics auseinandergesetzt und bei vor Ort-Terminen über eine mögliche Erfassung und Anforderungen seitens der LHS ausgetauscht. Bei der mobilen Befahrung durch vialytics werden Bilder vom Straßenraum, insbesondere von den Oberflächen der Straßen, Radwege und Gehwege aufgenommen. Durch diese Methode könnten relativ kostengünstig mehrere Straßen im Vorbehalts- und im Nebennetz aufgenommen werden. Gute trockene, helle Witterungsbedingungen müssen hierfür gegeben sein.

Bei dieser Art der Erfassung werden jedoch keine Messungen an der Straße (z.B. Längs- und Quer-ebenheit, Rillen etc.) durchgeführt, wie es die technischen Regelwerke vorgeben. Die bisher durchgeführten Erfassungen im Vorbehaltsstraßennetz basieren auf fotographischen Aufnahmen und laserbasierten Messungen, um qualitativ hochwertige Aussagen über den Zustand zu bekommen. Bei der mobilen Straßen- und Gehwegkontrolle werden die Wege turnusmäßig begangen und auch hierbei ggf. Tiefen von Schlaglöchern, Rillen, Abrutschungen etc. per Messung erfasst. Für die rein visuelle Erfassung durch vialytics ist eine Vergleichbarkeit mit dem bisherigen System nicht gegeben. Eine neue Grundlage müsste erst geschaffen werden. Dieselbe Qualität der Erfassung wie mit parallelen Messungen kann nicht erreicht werden.

Im Vergleich zu einer messtechnischen Erfassung mit Messfahrzeug sind die Kosten für eine rein visuelle Erfassung günstiger. Aber auch hier müssen die Daten (Bilder) aufbereitet werden, wozu eine zusätzliche Firma bzw. Personal nötig wäre.


Zustandserfassung und Straßenzustand Nebenstraßen und Radwegenetz

In diesem Jahr wurden erstmals in zwei Stadteilen mit der gleichen Methodik wie bei den Vorbehaltsstraßen die Straßenzustände im Nebenstraßennetz erfasst. Als Pilot hierfür wurden der Stadtteil Gablenberg und der Stadtteil Vaihingen Mitte ausgewählt. Nach den Technischen Regelwerken gelten für die Einteilung in die Zustandsklassen für die Vorbehaltsstraßen „schärfere“ Grenzwerte als für die Nebenstraßen. Die Ergebnisse mit beiden Grenzwerten sind in Anlage 4 dargestellt.

Im Stadtteil Gablenberg sind 43% bzw. 52% der Straßen in den beiden schlechtesten Zustandsklassen 4 und 5 und im Stadtteil Vaihingen Mitte 26% bzw. 35%. Die Straßenzustände in diesen beiden ausgewählten Stadtteilen sind damit insgesamt noch schlechter als der Durchschnitt des Straßenzustands im Vorbehaltsstraßennetz und entspricht damit den Einschätzungen des Tiefbauamts für den Zustand des gesamten Nebenstraßennetzes.

Es ist nicht vorgesehen die Zustandserfassung auf das gesamte Nebenstraßennetz auszuweiten, da die Aufwände unverhältnismäßig hoch wären und keine wesentlichen neuen Erkenntnisse zu erwarten sind. Vielmehr sollen in den nächsten Jahren bei der Instandsetzung des Nebenstraßennetzes Straßen und Wege des Radroutennetzes prioritär saniert werden. Hiermit soll der kontinuierlichen Zunahme des Radverkehrs und den besonderen Gefahren für Radfahrer durch Straßenschäden Rechnung getragen werden.


Nachhaltige Straßenbautechnik

Das Tiefbauamt versucht mit verschiedenen Ansätzen auch im Straßenbau nachhaltig und umweltfreundlich zu agieren. Ein wesentlicher Ansatz ist, Bauweisen zu wählen, die dauerhaft sind und erst nach einer möglichst langen Zeit wieder erneuert werden müssen. So sollte z.B. möglichst kein Pflaster in Fahrbahnen, die ständig von Pkw und Lkws befahren werden, verlegt werden. Bei den Bushaltestellen kann inzwischen mit den zusätzlich bereitgestellten Mitteln beim barrierefreien Umbau auch die Fahrbahn in Beton hergestellt werden. Eine Sanierung nach wenigen Jahren ist dann nicht mehr erforderlich.

Beim Materialeinsatz wird, wenn möglich, auch Recyclingmaterial verwendet. Besser noch ist es, das Material direkt Vorort aufzubereiten und wieder einzubauen. Dies geschieht bei der sogenannten Mixed-in-place-Bauweise (siehe Anlage 5), die zuletzt bei der Sanierung des Hofsträßles zwischen Mühlhausen und Kornwestheim angewendet wurde. Dies dient der Ressourceneffizienz und auch der Reduzierung des CO2-Ausstoßes durch die entfallenden Transportwege. An bebauten Straßen ist diese Bauweise leider nicht möglich, da sich in der Regel die Höhen durch den Einbau verändern.

Durch die Vernetzung zur Material- und Logistikentwicklung der Bauwirtschaft sowie zu Forschungseinrichtungen sollen in den kommenden Jahren weitere Entwicklungen zur nachhaltigeren und ressourcenschonenden Realisierung von Tiefbaumaßnahmen aufgegriffen und erprobt werden.


Unterhaltungsbudget

Die Entwicklung der Haushaltsmittel für die Straßenunterhaltung ist in der Anlage 1 dargestellt. In den Berichten zum Straßenzustand wurde regelmäßig auf die notwendige Erhöhung des Budgets hingewiesen. Inzwischen ist der Straßenzustand so schlecht, dass über viele Jahre hohe Investitionen notwendig sind, bis eine nachhaltige Verbesserung des Bestands erreicht wird und sich dies in den Zustandserfassungen niederschlägt. Das aktuelle Budget von 18 Mio. EUR pro Jahr müsste hierfür dauerhaft zur Verfügung stehen, um bis 2040 einen zufriedenstellenden Zustand der Straßen in Stuttgart zu erreichen.

In den vorausgegangenen Jahren mussten die Haushaltsmittel aufgrund des eingeschränkten Budgets vorwiegend in den Vorbehaltsstraßen eingesetzt werden, da die Belastungen und Anforderungen hier deutlich höher sind, als in den Nebenstraßen. Mit großen Bauabschnitten und grundlegenden Erneuerungen wurde das Budget effizient und nachhaltig umgesetzt, wenn möglich gemeinsam mit anderen Baumaßnahmen (Multiprojekte).

Das Tiefbauamt hat zum Doppelhaushalt 2022/2023 zahlreiche Umgestaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen angemeldet. Mit den Umgestaltungen können auch notwendige Erneuerungen und Sanierungen umgesetzt werden. Diese Maßnahmen und die wesentlichen geplanten und umgesetzten Unterhaltungsmaßnahmen wurden mit der Stellungnahme zum Antrag der CDU-Gemeinderatsfraktion Nr.279/2021 dargestellt.

Ein Schwerpunkt für die nächsten Jahre ist im Zuge des Breitbandausbaus durch die Telekom insbesondere die Gehwege, wo erforderlich, großzügig mit zu sanieren. Die hierfür angemeldeten Mittel sind in der Grünen Liste enthalten. Da die Aufgrabungen durch die Mitarbeiter des Tiefbauamt Vorort intensiv betreut werden müssen, um eine sichere und qualitative Ausführung durch die von der Telekom beauftragten Unternehmer sicherzustellen, wurde zusätzliches Personal angemeldet.

Insgesamt sind in der Grünen Liste zum Doppelhaushalt 2022/2023 für die Jahre 2022 und 2023 folgende Pauschalen für die Straßenerhaltung enthalten:

Damit würden mit dem Doppelhaushalt 2022/2023 insgesamt 5,1 Mio. EUR einmalig in den Jahren 2022 und 2023 zu dem langfristig bereitgestellten Budget von 18 Mio. EUR pro Jahr hinzukommen. Lediglich die Mehraufwendungen für den Breitbandausbau laufen bis zum Jahr 2027. Das Sanierungsprogramm könnte damit beschleunigt werden, sofern die personellen Ressourcen dies zulassen.

Herausforderungen für die Zukunft

Bei der Umsetzung der bereitgestellten Mittel sind in den Prozessen von der Planung bis zur Fertigstellung zahlreiche Hürden zu überwinden. Vielfältige Anforderungen erfordern zunehmend mehr Abstimmungen, Prüfläufe, Stellungnahmen und Auskünfte, die mit dem vorhandenen Personal bei steigenden Budgets und zunehmender Anzahl von Einzelprojekten abgewickelt werden müssen. Vom Tiefbauamt wurden daher auch zum Doppelhaushalt 2022/2023 zusätzliche Stellenbedarfe angemeldet.

Die Gewinnung von Ingenieuren für die Bauausführung gestaltet sich als zunehmend schwierig, insbesondere, wenn die Stellen auf wenige Jahre befristet sind. Oftmals werden Hochschulabsolventinnen und -absolventen aufwändig eingearbeitet und suchen sich dann nach wenigen Jahren eine unbefristete Stelle.

Noch schwieriger ist die Gewinnung von Personal im gewerblichen Bereich. Ein Großteil der Tiefbaumaßnahmen wird von Bautechniker/innen ausgeschrieben und überwacht. Die Stellenausschreibungen für Techniker in den letzten Monaten ergaben keine Bewerbungen.

Eine Erhöhung der Schlagzahl der Projekte und Budgets kann in Zukunft nur umgesetzt werden, wenn die Stellenbesetzungen gesichert und Abläufe vereinfacht werden.




Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Nr.123/2021 Mit KI Straßenschäden schnell und effektiv aufspüren
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Nr. 1320/2021 Start-up-Kultur? Echt jetzt?

CDU Gemeinderatsfraktion, Nr.279/2021 Der Erhalt unserer Verkehrsinfrastruktur ist eine wichtige Investition in die Zukunft unserer Stadt




Dirk Thürnau
Bürgermeister





Anlage 1: Entwicklung Haushaltsmittel für die Straßenunterhaltung
Anlage 2: Bewertungsklassen
Anlage 3: Ergebnisse der Straßenzustandsbefahrung 2009-2019
Anlage 4: Ergebnisse der Straßenzustandsbefahrung in Vaihingen-Mitte und Gablenberg


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GRDrs 383_2021_ Bericht zur Straßenerhaltung 2021_Anlagen 1 bis 4.pdf