Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Referat Städtebau/Wohnen und Umwelt
Gz:
SWU, SI
GRDrs
292/2023
Stuttgart,
06/01/2023
Ergebnis des 4. Suchlaufs für Pflegeheimstandorte
Mitteilungsvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
öffentlich
20.06.2023
24.07.2023
25.09.2023
Bericht:
Anlass und Hintergrund
Die Versorgung von Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf ist eine der zentralen Herausforderungen in der Landeshauptstadt Stuttgart. Eine hohe Versorgungssicherheit für pflegebedürftige Menschen bieten stationäre Pflegeinrichtungen, ambulant betreute Pflegewohngemeinschaften und das pflegenahe Wohnen.
Der Stuttgarter Kreispflegeplan wird gemäß dem Gesetz zur Umsetzung der Pflegeversicherung in Baden-Württemberg (Landespflegegesetz – LPflG) fortgeschrieben. Die letzte Fortschreibung des Kreispflegeplans erfolgte mit der GRDrs 109/2019 „Kreispflegeplanung 2030 – Fortschreibung“. Die nächste Fortschreibung ist für das dritte Quartal 2023 geplant. Für den 4. Suchlauf für Pflegeheimstandorte wurde die Kreispflegeplanung 2030 auf Basis der Einwohnerzahlen 2021 und der Pflegezahlen 2021 aktualisiert.
Derzeit gibt es
5.035
Pflegeplätze in Einrichtungen der stationären Altenhilfe und in ambulant betreuten Wohngemeinschaften für Menschen mit Pflegebedarf (Stand August 2022). Bis zum Jahr 2030 wird laut aktualisiertem Kreispflegeplan 2030 unter Berücksichtigung der Bevölkerungsprognose aus dem Jahr 2018 des Statistischen Amts der Landeshauptstadt Stuttgart ein Bedarf von insgesamt
6.216
Langzeitpflegeplätzen prognostiziert.
Ein weiterer Bedarf an Pflegeplätzen entsteht durch die Umsetzung der Landesheimbauverordnung (LHeimBauV). Diese sieht vor, dass Pflegeheime ab dem Jahr 2019 ausschließlich Einzelzimmer anbieten. In der Landeshauptstadt Stuttgart gibt es in den Pflegeeinrichtungen 612 Doppelzimmer (Stand Juni 2021). Hieraus ergibt sich aktuell ein Fehlbedarf bis zum Jahr 2030 von
1.793
Pflegeplätzen mit hoher Versorgungssicherheit.
Für die Berechnung der Bedarfe der stationären Dauerpflege hat der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart mit der GRDrs 1138/2001 „Pflegeheimverzeichnis“ beschlossen, sich aufgrund der soziodemografischen Entwicklung in der Landeshauptstadt Stuttgart an der oberen Variante (Gewichtungsfaktor 1,315) zu orientieren. Der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) geht in der Publikation „Planungsperspektiven für die Stadt- und Landkreise 2019 - 2030“ davon aus, dass für die künftige Bedarfsdeckung das Zusammenspiel der einzelnen Versorgungsformen von Bedeutung ist. Auf dieser Grundlage wird davon ausgegangen, dass durch den Ausbau ambulanter Pflegestrukturen in Verbindung mit teilstationären Angeboten der Bedarf an Dauerpflegeplätzen perspektivisch geringer ausfallen wird, als ursprünglich vorausberechnet.
Der weitere Ausbau von Kapazitäten in der stationären Dauerpflege und in ambulanten Pflegearrangements wird maßgeblich durch die Personalsituation in der Pflege bestimmt.
Das Amt für Stadtplanung und Wohnen führt in Zusammenarbeit mit dem Sozialamt seit 2016 alle zwei Jahre den gesamtstädtischen Standortsuchlauf Pflege durch. Dabei werden dem prognostizierten Bedarf potenzielle Standorte gegenübergestellt, die für die Sicherung und Weiterentwicklung der pflegerischen Infrastruktur entwickelt werden. Zusätzlich werden die dabei erarbeiteten Standortlisten im AK Pflege besprochen und aktualisiert, in welchem Vertreter*innen des Amts für Stadtplanung und Wohnen, des Sozialamtes, des Baurechtsamtes und des Liegenschaftsamtes zusammentreffen. Ziel des AK-Pflege ist die Umsetzung von Pflegeplätzen zu beschleunigen, Ursachen von Verfahrensverzögerungen zu identifizieren und Maßnahmen zur Beschleunigung zu ergreifen.
Ergebnisse der Standortsuchläufe 2016, 2018 und 2020
Der vorliegende Standortsuchlauf baut auf den drei durchgeführten Standortsuchläufen auf und schreibt diese fort. Dabei fand bereits eine kontinuierliche Steigerung und Konkretisierung der identifizierten Pflegepotenziale statt. Von 287 potenziellen Pflegeplätzen an neun Standorten im Jahr 2016 (s. GRDrs 630/2016 „Kreispflegeplanung 2025 – Fortschreibung“), über 976 potenziellen Pflegeplätzen an 31 Standorten im Jahr 2018 (s. GRDrs 109/2019 „Kreispflegeplanung 2030 – Fortschreibung“) bis hin zu 1955 potenziellen Pflegeplätzen an 96 Standorten im Jahr 2020 (s. GRDrs 320/2021 „Ergebnis des 3. Suchlaufs für Pflegeheimstandorte“).
Durchführung und Ziel des 4. Standortsuchlaufs
Aufbauend auf den bisherigen Erfolgen der beiden vorangegangenen Suchläufe wurde durch das Amt für Stadtplanung und Wohnen zusammen mit dem Sozialamt ein 4. Standortsuchlauf für Pflegeeinrichtungen im Dezember 2022 initiiert und durchgeführt.
Mit dem 4. Standortsuchlauf sollten weitere Potenzialflächen für Pflegeinfrastrukturen ermittelt und eine zeitliche Priorisierung der Potenziale vorgenommen werden.
Der jeweilige Planungshorizont bezieht die mögliche Erteilung einer Baugenehmigung mit ein. Die ermittelten Potenziale werden dabei in vier zeitliche Kategorien eingeteilt:
- „Im Bau“: Bau ist absehbar/Vorhaben befindet sich im Bau
- „Kurzfristig“: Mögliche Erteilung einer Baugenehmigung 2023 – 2024
- „Mittelfristig“: Mögliche Erteilung einer Baugenehmigung 2025 – 2027
- „Langfristig“: Mögliche Erteilung einer Baugenehmigung 2028 – 2032
Die Ergebnisse des 4. Standortsuchlaufs wurden im Rahmen eines Abstimmungstermins am 16. Februar 2023 mit Vertretern des Liegenschafts- und Baurechtsamts abgestimmt (s. Anlage 1).
Ergebnisse des 4. Standortsuchlaufs
Mit dem 4. Standortsuchlauf konnte die Soll-Zahl für den Bedarf an Pflegeplätzen übertroffen werden. Der prognostizierte zusätzliche Bedarf bis zum Jahr 2030 in Höhe von
1.793
Pflegeplätzen mit hoher Versorgungssicherheit kann durch die im 4. Suchlauf identifizierten Standorte gedeckt werden.
Im Vergleich zu den Suchläufen 2016, 2018 und 2020 wurden sechs neue Standorte für Pflege identifiziert.
Insgesamt sind 57 potenzielle Standorte für potenzielle Standorte für Pflegeeinrichtungen, ambulant betreute Pflegewohngemeinschaften, Tagespflege und pflegenahes Wohnen mit hoher Versorgungssicherheit identifiziert worden. Von diesen 57 Standorten sind 24 in städtischem Eigentum oder im Eigentum städtischer Eigenbetriebe und Gesellschaften, drei in städtischem und nicht-städtischem Eigentum sowie 30 Standorte in nicht-städtischem Eigentum (Wohnbaugenossenschaften, Kirchen, kirchliche Träger, Land und privat).
Von den angegebenen 57 Standorten können fünf Standorte in den Planungshorizont „im Bau“ eingeordnet werden. In der Auflistung sind auch Bauprojekte aufgeführt, die bereits eine Baugenehmigung erhalten haben, bei denen jedoch der Baubeginn noch nicht erfolgt ist. Bei drei Standorten ist eine kurzfristige Erteilung einer Baugenehmigung zu erwarten. Mittelfristig ist bei 24 Standorten mit einer möglichen Baugenehmigung bis 2028 zu rechnen. Bei den verbleibenden 25 Standorten besteht eine langfristige Perspektive (mögliche Erteilung einer Baugenehmigung 2028 – 2032).
Abb. 1: Anzahl der ermittelten Pflegeplatzpotenziale nach Art der Einrichtung
- Gesamtstadt (Suchlauf 12/2022)
Auf den 57 ermittelten potenziellen Standorten könnten insgesamt 2.127 Pflegeplätzen mit hoher Versorgungssicherheit realisiert werden. Aus sozialplanerischer Sicht gliedern sich diese Potenziale zu ca. 2/3 in stationäre Pflegeeinrichtungen (siehe Abb. 1).
Zu einem engmaschigen Versorgungsnetz ergänzt wird das Angebot durch ambulant betreute Pflegwohngemeinschaften, die in kleinen Einheiten eine bedürfnisorientierte Versorgung ermöglichen. Darüber hinaus wird vermehrt Pflegenahes Wohnen mit hoher Versorgungssicherheit umgesetzt. Die Zielgruppe sind Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf mit einem Pflegegrad, die sich eine eigene Wohnung alleine oder mit Partner wünschen. Notwendige Pflegeleistungen werden ambulant erbracht und für eine hohe pflegerische Versorgungssicherheit ist eine 24-Stunden-Präsenzkraft vorhanden.
Abb. 2: Anzahl der Pflegeplätze nach Art der Einrichtung
- Planungsbezirke (Suchlauf 11/2022)
Ein Großteil der im 4. Standortsuchlauf ermittelten Potenziale befinden sich im Planungsbezirk Mitte (siehe Abb. 2). Allerdings ist die Prognoseunsicherheit im Bezirk Mitte hoch. Gründe hierfür sind die Eigentumsverhältnisse und die damit verbundenen, oftmals durch Partikularinteressen geleiteten Nutzungsvorstellungen bzw. konkurrierende Nutzungsansprüche für die Standorte.
Abb. 3: Anteil der Pflegeplätze nach Planungshorizont
- Gesamtstadt (Suchlauf 12/2022)
Im Hinblick auf die zeitliche Umsetzbarkeit wird deutlich, dass bei einem Großteil der ermittelten Potenziale frühestens mittel- bis langfristig mit einer Baugenehmigung zu rechnen ist (siehe Abb. 3). Die Anzahl der Potenziale und die Einteilung in Planungshorizonte sind zudem dynamisch. Das heißt, dass bedingt durch verschiedene (äußere) Umstände Standortpotenziale nicht oder verzögert zur Umsetzung kommen können. Zudem können sich der angestrebte Planungshorizont verschieben und sich Planungen verzögern.
Vier potenzielle Standorte des Suchlaufs 2020 sind in der hier vorliegenden Aktualisierung nicht mehr enthalten:
1. Kaiserslauterer Straße 14, Weilimdorf: Die Machbarkeitsstudie der Ev. Altenheimat empfiehlt den Bestandserhalt des Gebäudes. Die am Standort vorgesehene zusätzliche Pflege-WG (8 Plätze) ist deshalb nicht realisierbar.
2. Am Römerkastell, Hallschlag: Potenzial wird nicht weiterverfolgt, da der notwendige Grundstücksverkauf durch den Eigentümer abgelehnt wurde.
3. Reinsburgstraße, Buschlestraße 1, Stuttgart-West: Der Standort wurde vom ELW auf eine potenzielle Pflegeheimnutzung geprüft und nicht als geeignet angesehen.
4. Areal-A2, Rosenstein: Pflegenutzung weiter vorgesehen, aber zeitliche Verschiebung: Für diesen Bereich sind weiterhin eine Pflegeeinrichtung mit 75 Plätzen und eine Pflege-WG mit 20 Plätzen vorgesehen. Aufgrund des Entwicklungsvorlaufs für das Teilgebiet A2, wie die sukzessiven Flächenübergaben von Seiten der Bahn, Modellierungs- und Erschließungsmaßnahmen, verschiedenen rechtlichen Verfahrensschritten, Vergabe- und Wettbewerbsverfahren, ist von einer Umsetzung erst nach 2030 auszugehen.
Das Haus Schönberg in Birkach wurde im aktuellen Standortsuchlauf nicht erfasst. Am Standort wird eine temporäre Unterbringung von geflüchteten Menschen geplant. Die Wiedernutzung als Pflegestandort wird durch den Eigentümer vorbereitet.
Bei den ermittelten Potenzialen handelt es sich allerdings um „Best-Case-Angaben“.
Die tatsächliche Umsetzbarkeit hängt von vielen (äußeren) Faktoren, wie beispielsweise der tatsächlichen Grundstücksverfügbarkeit und den Nutzungsvorstellungen des Grund-stückeigentümers ab. Ein Teil der ermittelten Standortpotenziale befindet sich in privatem Eigentum. Eine Standortentwicklung erfolgt überwiegend nach den Konditionen des Stuttgarter Innenentwicklungsmodells (SIM). Pflegeeinrichtungen sind dabei kein Teil des Maßnahmenkatalogs des SIM, sondern unterliegen den sonstigen städtischen Forderungen, die im Zuge eines Bebauungsplanverfahrens eingebracht werden.
Insbesondere bei Potenzialen, für die ein neuer Bebauungsplan erforderlich wird, müssen artenschutzrechtliche Fragestellungen, der Baumschutz sowie sonstige Umweltbelange (z. B. Umgebungslärm) abgehandelt werden. Entsprechende Maßnahmen zum Ausgleich und/oder Minderung des Eingriffs können zu einer Verzögerung bei der Umsetzung führen oder Entwicklungsmöglichkeiten einschränken. Dementsprechend ist die Auflistung der potenziellen Standorte (Anlage 1) aufgrund der beschriebenen Rahmenbedingungen mit Unsicherheiten behaftet.
Seit dem letzten Standortsuchlauf sind zudem auf Seiten der Träger weitere Umsetzungshemmnisse hinzugekommen. Dies sind insbesondere die im Zuge des Ukraine Kriegs gestiegenen Bau- und Energiepreise, die auch zu gesteigerten Betriebskosten führen. Der Ausbau und die Weiterentwicklung der pflegerischen Infrastruktur in Stuttgart hängt zudem unmittelbar mit der Personalsituation in der Pflege zusammen.
Abb. 4: Räumliche Verteilung der Standortpotenziale und Planungshorizont
Insgesamt sind die ermittelten Standortpotenziale für Pflegeeinrichtungen weitgehend gleichmäßig im Stadtgebiet verteilt (siehe Abb. 4).
Insbesondere die Bedarfe in den Planungsbezirken Mitte (mit Rosenstein), Neckar und Filder können potenziell bis zum Jahr 2032 gedeckt werden. Im Planungsbezirk Nord ist selbst bei Umsetzung aller Potenziale auch nach 2032 mit einem geringfügigen Fehlbedarf zu rechnen. Es ist davon auszugehen, dass pflegerische Bedarfe gesamtstädtisch gedeckt werden können.
Weiteres Vorgehen
Die Ergebnisse des 4. Standortsuchlaufs zeigen auf, dass die bedarfsgerechte Versorgung mit Pflegeplätzen nach der Kreispflegeplanung für 2030 – zumindest rechnerisch – weitgehend erreichbar ist, jedoch erst zum Ende des Jahrzehnts bzw. Anfang des nächsten Jahrzehnts.
Zur Ermittlung neuer Standortpotenziale für Pflegeinfrastrukturen soll der bisher zweijährige Turnus der Suchläufe aufrechterhalten werden.
Fazit
Mittlerweile wird bei allen städtebaulichen Quartiersentwicklungen pflegerische Infrastruktur berücksichtigt. Die bisherigen Standortsuchläufe konnten somit zu einer erheblichen Minderung des Fehlbedarfs beitragen. Zudem konnte im Zuge der Standortsuchläufe eine ämterübergreifende Sensibilisierung für das Thema erreicht werden.
Bei den ermittelten Potenzialen handelt es sich allerdings um „Best-Case-Angaben“. Aufgrund von verschiedenen Entwicklungshemmnissen ist es wahrscheinlich, dass sich die Entwicklung einzelner Potenziale verzögert oder nicht erfolgt. Von daher sind weitere Standortsuchläufe notwendig.
Im Hinblick auf die Festlegung der Planungshorizonte zeigt sich allerdings auch, dass ein zeitliches Umsetzungsproblem herrscht. Etwa 40 % der potenziellen Standorte sind erst langfristig umsetzbar. Verfahren sind deshalb soweit wie möglich zeitlich zu straffen. Durch den eingerichteten AK-Pflege und Lenkungskreis Pflege soll soweit möglich eine Beschleunigung der Verfahren erreicht werden.
Beteiligte Stellen
Referat WFB
Peter Pätzold Dr. Alexandra Sußmann
Bürgermeister Bürgermeisterin
Übersichtstabelle potenzielle Standorte für Pflegeeinrichtungen
<Anlagen>
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Anlage_Übersichtstabelle_potenzielle Standorte für Pflegeeinrichtungen.pdf