Die Stadterneuerungsvorranggebiete (SVG) können auch als Sanierungsverdachtsgebiete bezeichnet werden. Ihre Abgrenzungen bilden somit die Richtschnur für die Festlegung künftiger Sanierungsgebiete. Die Abgrenzung der neuen Gebiete erfolgte mittels Auswertung sozioökonomischer und städtebaulicher Untersuchungen der einzelnen Fachämter. Überall dort, wo eine ausgeprägte Überlagerung von Defiziten aus beiden Themengruppen festgestellt wurde, erfolgte eine Begehung, um so neben der Statistik auch die tatsächlichen städtebaulichen Gegebenheiten und Zusammenhänge in die Abgrenzungen einbeziehen zu können.
Die Fortschreibung der letztmals 1999 neu abgegrenzten SVG ist erforderlich, weil die Beseitigung der Defizite in den bestehenden Gebieten im Rahmen förmlich festgelegter Sanierungsverfahren weitgehend abgeschlossen ist. Eine weitere Fortschreibung aus dem Jahr 2005 hatte lediglich die Entwicklung eines kommunalen Förderinstrumentariums zum Inhalt, welches aufgrund der angespannten Finanzlage nicht umgesetzt werden konnte. In den SVG bestehen somit auch weiterhin keine gesonderten Fördermöglichkeiten. Für die Eigentümer von Gebäuden in den SVG gelten in dieser Hinsicht die gleichen Rahmenbedingungen wie im übrigen Stadtgebiet. Der einzige Unterschied besteht in einem besonderen Vorkaufsrecht der Stadt gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 2 Baugesetzbuch (BauGB). Mit diesem Vorkaufsrecht soll es der Stadt ermöglicht werden, einzelne Grundstücke zum Zwecke einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zu erwerben. Die Ausübung ist insbesondere dann geboten, wenn der Verkauf ein künftiges Sanierungsverfahren erschwert oder unmöglich macht. Wie schon in der Vergangenheit, so wird es auch künftig möglich sein, im Bedarfsfall Sanierungsgebiete außerhalb der SVG festzulegen. Da es sich bei den SVG um eine Stuttgarter Besonderheit handelt und insofern kein höherrangiges Recht zu beachten ist, steht es dem Gemeinderat jederzeit frei, solche Entscheidungen zu treffen. Die Laufzeit der aktuellen Fortschreibung mit ihren 20 Gebieten ist wiederum auf 10 bis 15 Jahre ausgelegt. Finanzielle Auswirkungen Unmittelbare finanzielle Auswirkungen resultieren aus dieser Vorlage nicht. Sofern im Einzelfall ein Vorkaufsrecht ausgeübt werden soll, müssen die Mittel über den Etat des Amts für Liegenschaften und Wohnen bereitgestellt werden. Beteiligte Stellen Referat WFB Referat SJG OB/82 Referat RSO Vorliegende Anträge/Anfragen Keine Erledigte Anträge/Anfragen Keine Matthias Hahn Bürgermeister Anlagen Anlage 1: Ausführliche Begründung Anlage 2: Fortschreibung 2012 der Stadterneuerungsvorranggebiete, Ergebnisbericht Anlage 3: Aufzuhebende Stadterneuerungsvorranggebiete (Anlage 1 zur Aufhebungssatzung) Anlage 4: Satzung zur Aufhebung der bestehenden Vorkaufsrechtssatzungen Anlage 5: Neu festzulegende Stadterneuerungsvorranggebiete Anlage 6:Neue Vorkaufsrechtssatzungen Anlage 7: Abgrenzungspläne zu den neuen Vorkaufsrechtssatzungen (jeweilige Anlage 1 zu den neuen Vorkaufsrechtssatzungen) Ausführliche Begründung Vorbemerkung Seit über 30 Jahren werden die Aktivitäten in der Stadterneuerung durch die Ausweisung von Stadterneuerungsvorranggebieten (SVG) vorausschauend vorbereitet und gelenkt. So wurden bereits 1979 die ersten 31 SVG förmlich festgelegt. Da die Gebietsabgrenzungen aus dem Jahr 1999 bei der letztmaligen Fortschreibung im Jahr 2005 noch aktuell waren, wurde das Augenmerk beim damaligen Untersuchungsauftrag auf die Entwicklung eines kommunalen Förderinstrumentariums gelegt, welches dann aber auf Grund der schwierigen Finanzsituation nicht umgesetzt werden konnte. Nach weiteren fünf Jahren stand nun wieder die Überprüfung und Neufestlegung der SVG-Abgrenzungen an. Wie schon in der Vergangenheit, so sollen die SVG auch zukünftig den Rahmen für die Ausweisung neuer Sanierungsgebiete vorgeben. Um diesen Rahmen nicht allzu sehr einzuengen, erfolgte auch diesmal wieder eine möglichst großräumige Abgrenzung im Vergleich zu den Abgrenzungen förmlich festgelegter Sanierungsgebiete. Während in der Vergangenheit die Einstufung als SVG lediglich mittels einer begrenzten Anzahl an Indikatoren bezüglich der Bau- und Sozialstruktur, der Infrastruktur, der Wirtschafts- sowie der Umweltbedingungen festgestellt wurde, erfolgte bei der nun zugrunde liegenden Untersuchung eine umfassendere Defiziterhebung des gesamten Stadtgebiets, um den immer spezifischeren Fachförderprogrammen des Bundes und der EU in Sachen Stadterneuerung gezielt Rechnung tragen zu können. Mit den verschiedenen Programmmöglichkeiten verfolgen die Fördergeber das Ziel, auf die unterschiedlichen Defizite möglichst passgenau eingehen zu können, um diese effektiv zu beheben. Es war daher notwendig, sich an diese geänderte Förderpraxis des Bundes und der EU anzupassen und das Stadtgebiet auf alle für die spezifischen Förderprogramme relevanten Defizite zu untersuchen. Die tatsächliche Zuordnung zu einem bestimmten Fachförderprogramm erfolgt jedoch erst im Rahmen der Antragstellung für die aus den SVG zu entwickelnden förmlich festzulegenden Sanierungsverfahren. Der Auftrag zur Fortschreibung der SVG wurde an das Netzwerk für Planung und Kommunikation, Bürogemeinschaft Sippel & Buff, in Zusammenarbeit mit der Explanandum, Gesellschaft für empirische Sozialforschung, Dr. Luley, erteilt, welche als Arbeitsgemeinschaft das günstigste Angebot abgegeben hatten. Fortschreibung 2012, Vorgehensweise und Ergebnis Der Untersuchungsbericht zur Fortschreibung 2012 gelangt zu dem Ergebnis, dass insgesamt 20 Gebiete einer Festlegung als Stadterneuerungsvorranggebiet (SVG) bedürfen. Überschneidungen mit den derzeit festgelegten und zur Aufhebung anstehenden SVG liegen insbesondere dort vor, wo seit der letzten Fortschreibung der Gebietskulisse im Jahr 1999 keine förmlich festgelegten Sanierungsverfahren zur Behebung der Defizite durchgeführt wurden. Eine Übersicht zur Überlagerung der Stadterneuerungsvorranggebiete aus dem Jahr 1999 mit den SVG 2012 ist dem Ergebnisbericht (Anlage 2) als Plan 35 beigefügt. Der Neufestsetzung der SVG liegt ein methodisches Vorgehen zu Grunde, welches insgesamt fünf Arbeitsschritte umfasst und bei dem mit jedem Arbeitsschritt eine exaktere Eingrenzung der letztlich zur Festlegung empfohlenen SVG erfolgt. Dabei wurden im Rahmen der Untersuchung unterschiedliche statistische Indikatoren wie auch eine fachlich planerische Bewertung hinsichtlich der örtlichen Bestandssituation in die Bewertung einbezogen.
· Arbeitschritt 1: Lokalisierung möglicher Verdachtsgebiete aus statistischem Blickwinkel
· Arbeitschritt 2: Plausibilisierung und Ausschluss möglicher Verdachtsgebiete in Abstimmung mit der Fachverwaltung
· Arbeitschritt 3: Herausfiltern von Stadterneuerungsvorranggebieten durch Kurzbegehung
· Arbeitschritt 4: Konkretisieren der räumlichen Abgrenzung der Stadterneuerungsvorranggebiete durch ergänzende Begehung
· Arbeitschritt 5: Empfehlung zur förmlichen Festlegung der Stadterneuerungsvorranggebiete
Des Weiteren wurde als zusammenfassendes Ergebnis der vorgenannten fünf Arbeitsschritte für jedes der neu festzulegenden SVG ein Gebietssteckbrief mit folgenden Inhalten erstellt: · Luftbildausschnitt mit Abgrenzung der jeweiligen SVG · Zuordnung zum Stadtbezirk und Flächengröße · Erläuterung der stadträumlichen Lage und des Gebietscharakters · Planausschnitt als Ergebnis der statistischen Betrachtung aus der Überschneidung der Merkmalsgruppen “Städtebau“ und “Soziales“ · Darstellung zentraler Mängel und Missstände · Fotodokumentation zu Mängeln und Missständen · Darstellung der prioritären Ziele der Stadterneuerung · Abgrenzung der SVG auf Katastergrundlage (parzellenscharf) Das besondere Vorkaufsrecht nach § 25 BauGB Mit dem besonderen Vorkaufsrecht gemäß § 25 Baugesetzbuch (BauGB) soll es der Stadt ermöglicht werden, einzelne Grundstücke innerhalb der neu festzulegenden SVG zum Zwecke einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zu erwerben. Die Ausübung dieses Vorkaufsrechts ist insbesondere dann geboten, wenn der Verkauf den im jeweiligen Gebietssteckbrief aufgeführten städtebaulichen Zielen zuwider läuft und somit zu erwarten ist, dass dies die Durchführung eines künftigen Sanierungsverfahrens erschwert oder unmöglich macht. Das besondere Vorkaufsrecht nach § 25 BauGB bedarf zur Festlegung einer Satzung. Aus diesem Grund muss durch den Gemeinderat für jedes der 20 neuen Stadterneuerungsvorranggebiete ein parzellenscharfer Abgrenzungsplan und eine entsprechende Vorkaufsrechtssatzung beschlossen werden (siehe Nr. 3 des Beschlussantrags). Deshalb müssen auch die bestehenden Stadterneuerungsvorranggebiete aus dem Jahr 1999 einschließlich ihrer zugehörigen Vorkaufsrechtssatzungen durch den Gemeinderat mittels Satzung förmlich aufgehoben werden (siehe Nr. 2 des Beschlussantrags). Neben dem besonderen Vorkaufsrecht bestehen in den SVG keine gesonderten gesetzlichen Regelungen gegenüber dem sonstigen Stadtgebiet. Keine gesonderten Fördermöglichkeiten in den SVG In den SVG besteht kein eigenes Förderszenario. Förderungen sind nur dann möglich, wenn in einzelnen Bereichen der SVG Sanierungsgebiete ausgewiesen werden. Der Versuch, im Rahmen einer Fortschreibung der SVG im Jahr 2005 ein eigenes kommunales Förderszenario zu entwickeln, ist an der seither angespannten Finanzlage gescheitert und wird derzeit nicht weiterverfolgt.