Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 506/2023
Stuttgart,
07/12/2023


Ganztagesangebote für Grundschulförderklassen an Ganztagsgrundschulen



Mitteilungsvorlage zum Haushaltsplan 2024/2025


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Schulbeirat
Verwaltungsausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
18.07.2023
19.07.2023

Bericht:

Grundschulförderklassen

Gemäß der Verwaltungsvorschrift „Öffentliche Grundschulförderklassen“ des Landes Baden-Württemberg (AZ III/2-6411-11/409 in der Fassung vom 6. Juli 1998) haben Grundschulförderklassen „die Aufgabe, schulpflichtige, aber […] vom Schulbesuch zurückgestellte Kinder zur Grundschulfähigkeit zu führen. Durch gezielte Förderung und freies Spiel sollen diese Kinder in ihrer geistigen, seelischen und körperlichen Entwicklung so gefördert werden, dass eine Aufnahme in die Grundschule möglich wird. Hierbei kommt dem sozialen Lernen innerhalb der Gruppe besondere Bedeutung zu.“. Dabei ist eine Klassengröße von 15 bis 20 Kindern sowie eine Förderungs- und Betreuungszeit von 22 Wochenstunden durch eine pädagogische Fachkraft (keine Lehrkraft) des Landes vorgesehen. Dies entspricht etwa dem Unterrichtskontingent für die erste Klasse. Eine darüber hinaus gehende verlässliche Betreuung ist in der VwV von Seiten des Landes jedoch nicht vorgesehen.

Hier besteht demnach eine Lücke zwischen Kita-Betreuung und (Regel-)Schulkindbe-treuung, was zum einen eine Ungleichbehandlung der betroffenen Familien darstellt und zum anderen nicht mehr der Lebensrealität vieler Familien entspricht, insbesondere durch die Zunahme von Ganztagesbetreuung im Kita-Alter. Eine Lösung von Seiten des Landes steht derzeit nicht in Aussicht. Dieses unzureichende Betreuungsangebot führt dazu, dass Eltern sich oft gegen den Besuch einer Grundschulförderklasse für ihr Kind entscheiden, obwohl dieser für die Entwicklung ihres Kindes möglicherweise hilfreich wäre. Da nicht jede Grundschule eine Grundschulförderklasse anbieten kann, ist für viele Kinder nach einem Jahr ein erneuter Wechsel der gewohnten Umgebung erforderlich, was ebenfalls eine Ungleichbehandlung gegenüber Kindern, denen eine Grundschulförderklasse in ihrem Schulbezirk angeboten wird, darstellt. Dieser Umstand führt ebenfalls dazu, dass Eltern sich für einen Verbleib ihres Kindes in der Kita bzw. für die Einschulung in eine Regelklasse mit entsprechender Betreuung entscheiden. Lediglich 0,5% aller Schüler*innen in Stuttgart besuchen eine Grundschulförderklasse. Die eher geringe Nachfrage zeigt deutlich, dass Eltern mit dem System der Grundschulförderklassen nicht zufrieden sind. Darüber hinaus führt die Grundschulförderklasse in ihrer derzeitigen Form das Prinzip der inklusiven Betreuung und Beschulung ad absurdum, indem separate Klassen für einen Teil der Kinder gebildet werden anstatt diese mithilfe individueller Fördermaßnahmen in Regelklassen zu integrieren.


Aktuelle Situation der Grundschulförderklassen in Stuttgart

In Stuttgart können Kinder der Grundschulförderklassen in der Regel an der Betreuung im Rahmen der Verlässlichen Grundschule bis 14 Uhr für die Halbtagesklassen an Ganztagesschulen in Wahlform teilnehmen. An reinen Halbtagesschulen und in Schülerhäusern haben Kinder der Grundschulförderklassen die Möglichkeit, an der flexiblen Nachmittagsbetreuung (soweit angeboten) bzw. den langen Schülerhausgruppen teilzunehmen, sofern die personellen Kapazitäten dafür vorhanden sind. Das derzeitige Betreuungsangebot für Grundschulförderklassen in Stuttgart führt demnach zu einer Ungleichbehandlung, da nicht allen Kindern in Grundschulförderklassen das gleiche Angebot gemacht werden kann. Darüber hinaus handelt es sich um ein reines Betreuungsangebot, das dem individuellen Förderbedarf der Kinder nicht gerecht werden kann.

Im Schuljahr 2022/2023 gab es an 15 Ganztagsgrundschulen 18 Grundschulförderklassen mit insgesamt 210 Schüler*innen (Quelle: Amtliche Schulstatistik 2022/2023). Davon befindet sich der Ganztag bei 8 Schulen in freier Trägerschaft und bei 7 Schulen in städtischer Trägerschaft (Jugendamt). Bei 4 Ganztagesschulen in freier Trägerschaft wird die Betreuung im Rahmen der Verlässlichen Grundschule für die Grundschulförderklassen vom Schulverwaltungsamt organisiert, da der derzeitige Betreuungsschlüssel von bis zu 20 Kindern pro Gruppe aus Sicht der freien Träger nicht ausreicht. Die freien Träger erhalten derzeit Personalkosten bzw. der städtische Träger Stellenanteile für täglich 2 Stunden Betreuung der Kinder aus Grundschulförderklassen.

Mögliche Ganztagesangebote für Grundschulförderklassen an Ganztagsgrund-
schulen


Mit GRDrs 953/2021 „Ganztagesangebote für Grundschulförderklassen“ wurde die Verwaltung beauftragt, ein Konzept zu erstellen.

1. Ausweitung der Betreuung

Da beim Bildungsauftrag der Grundschulförderklassen die Wissensvermittlung nicht die primäre Rolle spielt, ist ein „echter“ rhythmisierter Ganztag mit dem Ziel einer Vernetzung von Schulsystem (Lehrkraft) und freizeitpädagogischen Angeboten durch einen Träger in der Grundschulförderklasse mit dem derzeitigen System der Grundschulförderklassen nicht umsetzbar. Auch der häufig erforderliche Schulwechsel spricht gegen eine vollständige Integration der Grundschulförderklassen in den Ganztag. Vielmehr ist eine Ausweitung des bisherigen Betreuungsangebotes auf bis zu 5 Stunden täglich mit Anpassung an die Erfordernisse der Grundschulförderklassen inklusive Teilnahme am Mittagstisch angezeigt. Die Betreuungszeit für die Kinder der Grundschulförderklassen wird ab dem Schuljahr 2024/2025 auf bis zu 5 Stunden nach Ende des jeweiligen Stundenplanes ausgeweitet. Hierbei muss allerdings festgelegt werden, dass eine zeitliche Ausweitung der Betreuung bis maximal 17 Uhr nur für die Kinder der Grundschulförderklassen gelten kann, da sonst eine Untergrabung des Ganztagskonzeptes erfolgen würde. Kooperationen zwischen der Betreuung für Grundschulförderklassen und dem Ganztag für einzelne freizeitpädagogische Angebote des Trägers sind jedoch denkbar. Da es sich im Gegensatz zur Ganztagsschule um ein freiwilliges Betreuungsangebot handelt, ist die Betreuung für Grundschulförderklassen entgeltpflichtig gemäß Entgelttabelle Anlage 1 zur GRDrs 1396/2015.

Der Betreuungsschlüssel von derzeit bis zu 20 Kindern pro Gruppe wird an den Schlüssel der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren mit Schwerpunkt Lernen von 12 Kindern angeglichen. Kinder aus Grundschulförderklassen sind in ihrer Entwicklung in der Regel noch etwas verzögert und haben daher einen erhöhten Betreuungsbedarf. In einigen Schulen ist eine solche Gruppengröße aufgrund schwächerer Nachfrage heute schon der Fall, in anderen Schulen bedarf es einer Nachsteuerung. Ein kooperativer Austausch zwischen den pädagogischen Fachkräften des Landes und des Trägers ist erforderlich.

Ergänzend zu den Personalkosten für einen angepassten Personalschlüssel wird den freien Trägern ein Inklusionszuschlag in Höhe von 10% auf die Personalkosten zur Verfügung gestellt, analog zum Inklusionszuschlag für die Ausstattung von Räumen.

Eine bessere Finanzierung der Betreuung von Grundschulförderklassen macht es für die freien Träger attraktiver, diese erweiterte Betreuung zu übernehmen, möglicherweise auch an den Schulen, an denen diese Betreuung derzeit durch Betreuungskräfte des Schulverwaltungsamtes erfolgt. Dies würde den Anteil an Schulen, an denen die Schulkindbetreuung „aus einer Hand“ erfolgt, erhöhen und Verwaltungsaufwand reduzieren. Durch eine Ausweitung und Verbesserung des Betreuungsangebots ist mit einer höheren Inanspruchnahme der Grundschulförderklassen zu rechnen. Eine höhere Nachfrage dürfte sich wiederum auf die Einrichtung von Grundschulförderklassen von Seiten des Landes auswirken.


2. Inklusives Konzept

Im Sinne des Rechtsanspruchs auf Ganztagesbetreuung in der Grundschule wird ein inklusives Konzept erarbeitet, das über ein reines Betreuungsangebot hinausgeht. Das derzeitige System der Grundschulförderklassen wird abgelöst durch eine Integration in den Ganztagesbetrieb mit individuellen Fördermöglichkeiten und ganztägiger Betreuung inklusive Ferienbetreuung vergleichbar mit den Vorbereitungsklassen in Ganztagsschulen nach §4a Schulgesetz. Da es sich hierbei um eine Integration in den Ganztagesbetrieb handelt und das Angebot somit der Schulpflicht unterliegt, ist dieses Angebot entgeltfrei. Ergänzende Betreuung wie Früh-, Spät- und Ferienbetreuung bleibt entgeltpflichtig gemäß Entgelttabelle Anlage 1 zur GRDrs 1396/2015. Ein solches Konzept ist nur mit Zustimmung des Landes und in enger Abstimmung mit dem städtischen und den freien Trägern möglich. Die Zustimmung des Landes ist dabei keineswegs sicher.

Eine wie oben beschriebene Ausweitung der Betreuung kann hier eine Übergangslösung sein.



Umsetzung der Kinderrechte

Die Verwaltung setzt mit den vorgeschlagenen Qualitätsverbesserungen Art. 3, Art.23,
Art. 28, Art. 29 und Art. 31 der UN-Kinderrechtskonvention um.

Finanzielle Auswirkungen

1. Ausweitung der Betreuung

Für Erstattungen von Personalkosten an freie Träger sowie 10% Inklusionszuschlag ergeben sich Mehrkosten von maximal 370.000 Euro, s. Anlage 1. Abhängig von der zukünftigen Nachfrage ist ggf. eine Anpassung des Finanzierungsbedarfes erforderlich.

Für den städtischen Träger müssen entsprechende Stellenanteile für die Ausweitung der Betreuungszeit von 2 auf 5 Stunden täglich sowie für mindestens 3 zusätzliche Gruppen geschaffen werden. Dies entspricht mindestens 5 Vollzeitstellen.

2. Inklusives Konzept

Der Finanzierungsbedarf für dieses Konzept lässt sich derzeit noch nicht beziffern.



Ergebnishaushalt (zusätzliche Aufwendungen und Erträge):
Maßnahme/Kontengr.
2024
TEUR
2025
TEUR
2026
TEUR
2027
TEUR
2028
TEUR
2029 ff.
TEUR
Landeszuschüsse
31410000
64
99
99
99
99
0
Elternentgelt
33210000
34
52
52
52
52
0
Sachkosten GTS
44580050
173
521
521
521
521
0
Finanzbedarf
75
370
370
370
370
0

(ohne Folgekosten aus Einzelmaßnahmen, Investitionen oder zusätzlichen Stellen – diese bitte gesondert darstellen)
Für diesen Zweck im Haushalt/Finanzplan bisher bereitgestellte Mittel:
Maßnahme/Kontengr.
2024
TEUR
2025
TEUR
2026
TEUR
2027
TEUR
2028
TEUR
2029 ff.
TEUR
Sachkosten GTS
44580050
176
176
176
176
176
0


Mitzeichnung der beteiligten Stellen

Die Referate AKR und WFB haben Kenntnis genommen. Haushalts- und stellenrelevante Beschlüsse können erst im Rahmen der Haushaltsplanberatungen erfolgen.





Isabel Fezer
Bürgermeisterin



Anlagen:

Anlage 1 Berechnungsgrundlage GRDrs 506/2023

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Anlage 1 Berechnungsgrundlage GRDrs 506_2023.xlsx