Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Gz: KBS
GRDrs 63/2014
Stuttgart,
02/17/2014



Anstehende Schulgesetzänderung Ganztagsgrundschulen
1.) Information zur Vereinbarung zwischen Land und kommunalen Landesverbänden
2.) Auswirkungen auf die Stuttgarter Konzeption




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Schulbeirat
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Beratung
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
25.02.2014
12.03.2014
13.03.2014



Beschlußantrag:

1. Vom Bericht über die zur Gesetzgebung zu Ganztagsgrundschulen getroffene Vereinbarung zwischen Land und Kommunalen Landesverbänden wird Kenntnis genommen.

2. Ausgehend vom Grundsatzbeschluss (GRDrs 199/2011) zur Neukonzeption der Schulkindbetreuung in Stuttgarter Grundschulen wurden das pädagogische Rahmenkonzept und die Standards an Ganztagsgrundschulen (GRDrs 6/2013) sowie die Trägervereinbarung zur Ganztagsgrundschule (GRDrs 485/2013 und 1008/2013) erarbeitet und zwischenzeitlich beschlossen. An diesen qualitativ hochwertigen Rahmenbedingungen wird grundsätzlich weiterhin festgehalten.

3. Die Landeshauptstadt Stuttgart als Schulträgerin entscheidet sich pro Schulstandort verbindlich für ein Ganztagsschulmodell. Hierbei kann die Schule künftig wählen zwischen dem Modell 4 Tage à 8 Zeitstunden oder dem Modell 4 Tage à 7 Stunden.

4. Wählt die Schule das Modell 4 Tage à 7 Stunden, wird den Eltern bei den ergänzenden Angeboten nachmittags nach der Ganztagsgrundschule (von 15 bis 17 Uhr) eine tageweise Buchung - die Tage jeweils festgelegt auf ein ganzes Schuljahr - angeboten.

5. Die Landeshauptstadt Stuttgart entscheidet sich grundsätzlich für die Verwendung der zusätzlichen Lehrerwochenstunden und nicht für eine monetäre Umrechnung anteiliger Lehrerwochenstunden, um die pädagogische Qualität der Angebote möglichst hochwertig zu gestalten.

6. Die Priorität der Stadt Stuttgart liegt auf dem Ausbau weiterer Grundschulen zu Ganztagesgrundschulen und somit in der Beantragung weiterer Tranchen. Da für bestehende Ganztagesgrundschul-Standorte Bestandsschutz besteht, können diese mit Zustimmung der jeweiligen Schule sukzessive auf das neue Modell umgestellt werden.


Begründung:


1.) Wesentliche Eckpunkte der Vereinbarung zur Schulgesetzänderung

Die Landesregierung und die Kommunalen Landesverbände haben sich am 16. 01. 2014 nach ausführlichen Verhandlungen auf Eckpunkte und eine gemeinsame Finanzierung für den Ausbau von Ganztagsschulen an Grundschulen und den Grundstufen der Förderschulen geeinigt. Danach kann die Ganztagsschule an drei oder vier Tagen an sieben oder acht Stunden in verbindlicher Form für alle Schüler - wenn die gesamte Schule umstellt -, oder in Wahlform eingerichtet werden. Bei der Wahlform haben die Schüler an der jeweiligen Schule die Wahl, am Ganztag teilzunehmen oder nicht, so wie dies schon jetzt in Stuttgart in den teilgebundenen Ganztagsgrundschulen der Fall ist.

Die wesentlichen Eckpunkte der zwischen Land und Kommunalen Landesverbänden getroffenen Vereinbarung zur Gesetzgebung an Ganztagsgrundschulen sind der Anlage 1 zu entnehmen. Auf dieser Grundlage wird nun das Land die Gesetzesänderung weiterbearbeiten. Zum Schuljahr 2014/2015 soll das Gesetz in Kraft treten. Zudem sind auch noch viele Details zur konkreten Umsetzung im Rahmen von Rechtsverordnungen zu klären und festzuschreiben.

Die Auswirkungen dieser Eckpunkte auf das „Stuttgarter Modell“ konnten daher nur auf der Grundlage der bislang vorliegenden Erkenntnisse geprüft werden.


2.) Grundsätzliche Beibehaltung der bisherigen Standards

Ausgehend vom Grundsatzbeschluss (GRDrs 199/2011) wurden mit GRDrs 6/2013 ein qualitativ ausgereiftes pädagogisches Rahmenkonzept und vergleichsweise hohe, sich am Hort orientierende Standards für die Stuttgarter Ganztagsgrundschulen beschlossen, die deutlich über dem Vereinbarungsergebnis liegen. Darauf basiert auch die mit GRDrs 485/2013 und 1008/2013 abgesegnete Trägervereinbarung.

Dieser hohe Standard soll beim weiteren Ausbau der Ganztagsgrundschulen in Stuttgart für die qualitative Arbeit vor Ort an den Schulen grundsätzlich beibehalten werden.


3.) Neue Flexibilität im Stuttgarter Ganztagsschulmodell

Das Stuttgarter Modell sieht bislang nach den bislang gültigen Rahmenbedingungen des Landes ein Ganztagsschulmodell mit 4 Tagen à 8 Zeitstunden vor. Um dem Wunsch der Eltern nach mehr Flexibilität entgegenzukommen, kann sich die Schule auch für das Modell 4 Tage à 7 Zeitstunden entscheiden.

Wählt die Schule das Modell 4 Tage à 7 Stunden, wird den Eltern bei den ergänzenden Angeboten nachmittags nach der Ganztagsgrundschule (von 15 bis 17 Uhr) eine tageweise Buchung - die Tage jeweils festgelegt auf ein ganzes Schuljahr - angeboten. Da die personellen Ressourcen in den Schulen dennoch vorgehalten werden müssen, werden dadurch geringere Einnahmen erzielt. Für den kooperierenden Träger ergeben sich durch den längeren Zeitraum der ergänzenden Betreuung zusätzliche Stunden.


4.) Zusätzliche Lehrerwochenstunden

Bisher erhalten die 19 bestehenden Ganztagsgrundschulen pro Klasse acht Lehrerwochenstunden zusätzlich. Die organisatorische Einteilung nach Klassen ist unumgänglich, weil entsprechend der Stundenplangestaltung immer ganze Klassen ihren täglichen Arbeitsplan durchlaufen.

Unabhängig von diesen organisatorischen Notwendigkeiten erfolgt künftig die Zuweisung von Lehrerwochenstunden im Grundschulbereich (für die Grundstufe der Förderschule ist dies lt. Auskunft des Kultusministeriums noch nicht definiert) rechnerisch nach Gruppen à 25 Kinder, ab jeweils vier Kinder mehr (29, 54, 79, 104 usw.) wird eine weitere Gruppe angerechnet. Es gibt im Modell 4 Tage à 8 Zeitstunden pro Gruppe 12 Lehrerwochenstunden, im Modell 4 Tage à 7 Zeitstunden pro Gruppe 8 Lehrerwochenstunden. Da die Klassenfrequenz in Stuttgart im Schnitt eher bei 21 Kindern liegt, ist nach dieser Rechenweise mit zusätzlichen Lehrerwochenstunden in unterschiedlicher Höhe zu rechnen.

Gemäß mündlicher Auskunft von Städtetag und Kultusministerium kann dies an nachfolgenden Beispielen deutlich gemacht werden:

Beispiel 1: Einzügige Grundschule mit unterdurchschnittlicher Klassenstärke
derzeitneu (12 LWS pro Gruppe)
Klasse 117 Schüler8 LWS
Klasse 218 Schüler8 LWS
Klasse 316 Schüler8 LWS
Klasse 417 Schüler8 LWSinsgesamt 3 Gruppen
68 Schüler32 LWS36 LWS

Ergebnis: Es gibt nicht zusätzlich 4 x 4 = 16 LWS, sondern-> + 4 LWS, also 1 Stunde pro Klasse


Beispiel 2: Dreizügige Grundschule mit durchschnittlicher Klassenstärke
derzeitneu (12 LWS pro Gruppe)
Klassenstufe 160 Schüler24 LWS
Klassenstufe 263 Schüler24 LWS
Klassenstufe 361 Schüler24 LWS
Klassenstufe 462 Schüler24 LWSinsgesamt 10 Gruppen
246 Schüler96 LWS120 LWS

Ergebnis: Es gibt nicht zusätzlich 12 x 4 = 48 LWS, sondern-> + 24 LWS, also 2 Stunden pro Klasse

Mit 12 Lehrerwochenstunden anstelle von jetzt 8 Lehrerwochenstunden kann also nur in solchen Schulen gerechnet werden, wo entsprechend der neuen Gruppenberechnung die durchschnittliche Klassenstärke bei 25 Schülern und mehr liegt, was aber in Stuttgart die Ausnahme ist.

Nach der Vereinbarung soll den Schulen die Möglichkeit eingeräumt werden, von den für den Ganztagsbetrieb zusätzlich bereitgestellten Lehrerwochenstunden bis zu 50 % zu „monetarisieren“, um außerschulische Partner für den Ganztagsschulbetrieb zu finanzieren. Um die Angebote in den Schulen möglichst hochwertig zu gestalten, soll in Stuttgart - auch im Blick auf den absehbar hohen Verwaltungsaufwand für Schulleitung und Sekretariat - generell von einer Monetarisierung Abstand genommen werden. Da das Stuttgarter Modell jeweils Doppelbesetzung pro Klasse vorsieht, werden im jeweiligen Umfang der Lehrerzuweisung die Stunden für die Träger der Jugendhilfe mit Einfachbesetzung (also Arbeit im Tandem) vorgesehen.


5) Zuschüsse für Verlässliche Grundschule und Flexible Nachmittagsbetreuung

Das Land Baden-Württemberg bezuschusst die Angebote des Trägers im Rahmen der Ganztagsschule bisher nach den Förderrichtlinien für die Angebote der Verlässlichen Grundschule und der flexiblen Nachmittagsbetreuung. Bereits bestehende Ganztagsschulen unterliegen dem Bestandsschutz und erhalten die Förderung weiterhin. Für Ganztagsschulen, die ab dem Schuljahr 2014/15 nach den neuen Kriterien neu eingerichtet bzw. umgewandelt werden, entfallen die Landeszuschüsse für alle anderen Angebote an dieser Grundschule. Nach Rückfrage im Kultusministerium gilt dies auch für die jetzigen teilgebundenen Ganztagsschulen (künftig Ganztagsschule in Wahlform). Für die Regelklassenzüge an der teilgebundenen Ganztagsschule wird die Betreuung im Rahmen der verlässlichen Grundschule bis 14 Uhr damit nicht mehr bezuschusst.

Zuschussanträge für neue Angebote der Verlässlichen Grundschule und Flexiblen Nachmittagsbetreuung sind beim Land letztmalig zum Schuljahr 2014/2015 möglich. Die Fortsetzung bestehender Angebote erhalten Bestandsschutz. Dies muss vor allem auch bei den Schülerhäusern beachtet werden.

Es ist zwar verständlich, dass die Verhandlungspartner nur noch ein Ganztagsmodell zulassen wollen. Dieses Ziel hätte auch durch den alleinigen Wegfall der Zuschüsse für die Flexible Nachmittagsbetreuung erreicht werden können. Unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten wären nun die kommunalen Schulträger gezwungen, möglichst nur reine Ganztagsschulen oder Halbtagsschulen einzurichten, was jedoch dem Grundsatz „kurze Beine, kurze Wege“ widersprechen würde.
Bei Umwandlung der jetzigen teilgebundenen Ganztagsschulen in „gesetzliche Ganztagsschulen in Wahlform“ nimmt der kommunale Schulträger daher finanzielle Nachteile in Kauf. Dagegen genießen die jetzigen teilgebundenen Ganztagsschulen Bestandsschutz auch im Blick auf die Zuschüsse für Verlässliche Grundschule und Flexible Nachmittagsbetreuung. Ein begrenzender Zeitrahmen wird nicht benannt.


6) Mittagspause – finanzieller Ausgleich über den kommunalen Finanzausgleich

Im Stuttgarter Konzept werden die Klassen im zweistündigen Mittagsband (i.d.R. 12 bis 14 Uhr) durch jeweils zwei Personen beim Mittagessen und in den anschließenden Freizeitangeboten begleitet.

Wie dies künftig geregelt werden soll, war einer der strittigsten Punkte in den Verhandlungen. Das Ergebnis ist sehr interpretationsbedürftig. In der Pressemitteilung wird dies auszugsweise wie folgt beschrieben:

„Land und Kommunen haben sich auch bei der Frage der Finanzierung der Mittagspause auf einen fairen Kompromiss geeinigt. Das Land übernimmt die Aufsicht während der Mittagspause. Im Gegenzug übernehmen die Schulträger die Bereitstellung und Ausgabe des Mittagessens im Speiseraum sowie die Beaufsichtigung der Schülerinnen und Schüler in dieser Zeit. Sie beteiligen sich zudem im Rahmen eines pauschalen Ausgleichs an den Kosten, die für die Aufsicht der Schülerinnen und Schüler in der Pause nach dem Essen entstehen.“

Rückfragen beim Kultusministerium haben ergeben, dass in den Verhandlungen die Mittagspause mit einer Stunde definiert wurde. Da die Kinder nur ca. 20 bis 30 Minuten davon das Mittagessen einnehmen, müssen sie in der übrigen Zeit beaufsichtigt werden. Um dies zu gewährleisten, sollen die Schulen in organisatorischer Anlehnung an das Jugendbegleiter-Programm ein Budget erhalten und diese Aufsicht organisieren. Lehrer dürfen hier definitiv nicht eingesetzt werden. Die praktische Umsetzung ist noch nicht näher definiert.

Das Stuttgarter Konzept geht im Standard auch in dieser Mittagspause deutlich über diesen Ansatz der reinen Beaufsichtigung (pro Schule min. 2 Personen, ab 161 Schüler drei und ab 241 vier Personen) hinaus. Die Kinder werden dort durch zwei sozialpädagogische Fachkräfte pro Klasse pädagogisch begleitet. Diese Qualität soll auch weiter beibehalten werden.


7) Weiterer Ausbau von Ganztagsgrundschulen

Die Genehmigungen der gesetzlichen Ganztagsschulen stehen unter Ressourcenvorbehalt des Landes. Nach der Pressemitteilung erwartet die Landesregierung, dass sich bis zum Jahr 2023 etwa 70 % der bestehenden Grundschulen und Grundstufen von Förderschulen zu Ganztagsschulen entwickelt haben.

Stuttgart strebt weiterhin den flächendeckenden Ausbau der teilgebundenen Ganztagsgrundschulen bis 2020 an. Jährlich sollen gemäß Gemeinderatsbeschluss bis zu acht neue Ganztagsgrundschulen beim Land beantragt werden. Da für bestehende Ganztagesgrundschul-Standorte Bestandsschutz besteht, können diese mit Zustimmung der jeweiligen Schule sukzessive auf das neue Modell umgestellt werden.


Finanzielle Auswirkungen

Eine Hochrechnung der finanziellen Auswirkungen dieser Vereinbarung würde bei einem Vollausbau der 72 (teilgebundenen) Ganztagsgrundschulen folgendes ergeben (siehe Anlage 2):

Bei der Umstellung auf das neue Modell 4 Tage à 8 Zeitstunden Mehrausgaben in Höhe von rd. 1.1 Mio. € jährlich.
Bei der Umstellung auf das Modell 4 Tage à 7 Zeitstunden Mehrausgaben in Höhe von rd. 730.000 € jährlich.

Beim von Land Baden-Württemberg vorgesehenen Mindeststandard beim Modell 4 Tage à 8 Zeitstunden Minderausgaben in Höhe von rd. 22 Mio. € jährlich, beim Modell 4 Tage à 7 Zeitstunden Minderausgaben in Höhe von rd. 19 Mio. € jährlich.


Beteiligte Stellen

Referat WFB hat mit folgender Position mitgezeichnet:

"Im Hinblick auf die sich in den kommenden Jahren abzeichnende zunehmende Verschlechterung der Finanzlage im Ergebnishaushalt ist es nach Auffassung des Referates WFB nicht möglich über die gesetzliche Verpflichtung hinaus zusätzliche freiwillige Betreuungsleistungen zu finanzieren", siehe Anlage 2.


Vorliegende Anträge/Anfragen

SPD-Gemeinderatsfraktion Nr. 15/2014 vom 27. 01. 2014
Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion Nr. 16/2014 vom 27. 01. 2014
CDU-Gemeinderatsfraktion Nr. 47/2014 vom 14.02.2014





Dr. Susanne Eisenmann

Anlagen

Anlage 1, Pressemitteilung des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg vom 16. 01. 2014 mit Anhang: Gemeinsames Eckpunktepapier von Land Baden-Württemberg und den kommunalen Landesverbänden zur Ganztagsschule
Anlage 2, Modellrechnung - Verankerung GTS im Schulgesetz




zum Seitenanfang
Modellrechnung Verankerung Schulgesetz 30012014.xlsxModellrechnung Verankerung Schulgesetz 30012014.xlsxAnlage 1 Eckpunktepapier Ganztagesschule.pdfAnlage 1 Eckpunktepapier Ganztagesschule.pdf Anlage 2 PM des KM mit Ganztagesgrundschuleckpunkten.pdfAnlage 2 PM des KM mit Ganztagesgrundschuleckpunkten.pdf