Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
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GZ:
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Sitzungstermin: 13.02.2008
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:Herr Stumpf (Polizeipräsident)
Protokollführung: Herr Häbe sp
Betreff: Landesregierung kürzt 280 Stellen bei der Stuttgarter Polizei
- Welche Konsequenzen ergeben sich für Stuttgart?
- Antrag Nr. 33/2008 vom 01.02.2008 der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

Der im Betreff genannte Antrag ist diesem Protokoll beigefügt. Ebenfalls beigefügt sind die Powerpoint-Folien zum Vortrag von Herrn Stumpf.

Zu diesem Tagesordnungspunkt begrüßt EBM Föll Herrn Polizeipräsident Stumpf.

Nach einer Wortmeldung von StR Kanzleiter (SPD) wird BM Dr. Schairer durch den Vorsitzenden entschuldigt. BM Dr. Schairer müsse im Rahmen des Netzwerks Cities for Mobility einen schon seit langem feststehenden Termin bei einer Tagung im Ausland wahrnehmen.

Nach einer kurzen Antragserläuterung durch StR Kugler (90/GRÜNE) erfolgt die Berichterstattung durch Herrn Stumpf. Diese ist nachstehend im überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben:

Herr Stumpf:
"Herr Erster Bürgermeister, meine Damen, meine Herren, im Antrag sind neben der Frage 'Was tun wir, wenn die Stellenreduzierung kommt?' noch vier andere Dinge angesprochen. Nämlich wo liegt Stuttgart bei der Sicherheit, Gewalt, Videoüberwachung und Ordnungsdienste. Zu diesen Punkten will ich jeweils kurz Stellung beziehen und dann überleiten zum Stellenthema.

Zunächst einmal kann ich nicht berichten, dass die Stadt beim Thema Sicherheit allenfalls einen Mittelfeldplatz einnimmt. Dies ist in der Tat kein Zitat von mir und von daher kann ich dazu keine weiteren Aussagen machen.

Fünf Tage bevor ein Interview mit mir in der Stuttgarter Zeitung erschienen ist, hat der Landespolizeipräsident eine Aussage zu Gewaltdelikten getroffen. Demnach ist im Land bei der Gewaltkriminalität im Jahr 2007 ein Zuwachs von 10,5 % zu verzeichnen gewesen. Ohne der Kriminalstatistik, welche in Stuttgart in März veröffentlicht wird, vorzugreifen, kann ich sagen, dass diese Entwicklung auch an Stuttgart nicht spurlos vorbeigegangen ist, sondern der Trend trifft auch auf Stuttgart zu.

Von mir gibt es keine Aussage, dass die Videoüberwachung Polizeibeamte ersetzen soll. Allenfalls gibt es von mir eine gegenteilige Aussage. Ich hatte die Projektleitung Videoüberwachung am Rotebühlplatz inne. Auch damals hatten wir die Videoüberwachung in die von mir organisierte Konzeption 'sicherere Innenstadt' eingebunden.

In dem Zeitungsinterview habe ich die Frage gestellt, ob es nicht eine weitere Form der Videoüberwachung geben kann - nicht als Ersatz, aber die Frage ist, ob es für die Polizei ein weiteres sinnvolles Instrumentarium gibt, das angewendet werden kann. Das heißt, Videoüberwachung nicht so wie sie heute gesehen wird (Polizei nimmt Bilder auf); wir haben bisher auch nicht die rechtliche Möglichkeit, abgesehen von Veranstaltungen und Ansammlungen, überhaupt Bilder in die Einsatzzentrale zu übertragen. Von daher war meine Aussage, wir wollen eine rechtliche Grundlage haben, um eine Bildübertragung durchzuführen. Erst dann stellt sich die Frage einer Aufzeichnung. Dieses wäre kein Ersatz von realen Polizisten. Eine solche Grundlage gibt es bereits in sieben Bundesländern, unabhängig davon, welche Partei/en die Landesregierung stellen.

Beim Punkt Ordnungsdienst ist zu sagen, zum einen muss die Polizei als Landesinstitution erklären, ob sie alle niederschwelligen Ordnungsaufgaben im Land erledigen kann, oder ob es auch andere Einrichtungen gibt, die Ordnungsaufgaben wahrnehmen, unterhalb der Schwelle wo man Polizei benötigt. Hier gibt es Kombinationen. So läuft z. B. in Tübingen der Ordnungsdienst mit der Polizei Streife. Ich persönlich halte von dieser Variante nichts. Für großstädtische Verhältnisse sehe ich das für nicht richtig an. Diese Frage wird landesweit bei der Polizei diskutiert, und soweit sich diese Diskussion auf die Stadt Stuttgart bezieht ist es so, dass wir uns letztmals im Oktober 2005 aufgrund einer entsprechenden Anhörung durch die Stadt für eine Ausweitung des Ordnungsdienstes ausgesprochen haben. Dies ist, wenn ich mich richtig erinnere, in den letzten 10 Jahren schon einige Male passiert.

Nun komme ich zur Frage 'Was passiert nach dem Personalabbau?'.

(Powerpoint-Folien 1 - 3)
Mir geht es heute darum deutlich zu machen, warum es eine Stellenneuverteilung gab, die die Konsequenzen für uns hat, dass Personal abgebaut wird. Hintergrund ist zum einen der Personalabbau bei der Landespolizei in Gänze. Hinzu kommt, dass die Stellen bei der Polizei im Land nach teilweise bekannten Kriterien neu verteilt werden. Daraus resultiert in der Summe die im Moment aktuelle Personalreduzierung um 200 Polizeibeamtinnen/-beamtenstellen und um ca. 80 Stellen im Verwaltungsbereich. Landesweit beträgt der Abbau 910 Vollzugsstellen. Insbesondere wird dies mit der Arbeitszeitverlängerung begründet, welche Arbeitspotenziale mit sich bringt. Dann gibt es noch Einsparverpflichtungen aus der Einführung der Datenverarbeitung; die Anzahl von wegfallenden Verwaltungsstellen beläuft sich landesweit auf ca. 410 Stellen.

Entscheidend ist die Frage, nach welchen Kriterien wird die Polizei im Land neu verteilt und wie schlägt sich dieser Vorgang in Stuttgart nieder. Zur Verteilung der Polizei im Land gibt es, wie auch schon im Jahr 1995, Parameter. Da spielt die Einwohnerzahl in der Städten und Landkreisen eine Rolle und zudem ist der Landesentwicklungsplan (Einteilung Großstadt, ländlicher Bereich, Mittelzentren) entscheidend. Auch die Belastung durch Kriminalität und Verkehrsunfälle ist relevant. Darüber hinaus gibt es noch gewisse Sonderfaktoren wie den Personen- und Objektschutz, welcher insbesondere in Karlsruhe und hier in Stuttgart zu Buche schlägt. Diese Strukturdaten nehmen Rücksicht auf die Unterschiede zwischen Stadt und Land. So gibt es in Stuttgart pro 1000 Einwohner quasi doppelt so viel Polizeistellen als z. B. im Ostalbkreis.

Diese Stellenneuverteilung führt dazu, dass es nach Struktur und Belastung eine den örtlichen Verhältnissen angemessene Verteilung gibt. Darüber hinaus bekommt die Landeshauptstadt bzw. das Stuttgarter Polizeipräsidium einen Zuschlag als Landeshauptstadt und Regierungszentrale in Höhe der Einsatzhundertschaft und in Höhe von weiteren 100 Beamten. Gemessen an den Städten Freiburg, Mannheim und Karlsruhe habe wir als Regierungszentrale und Landeshauptstadt also 200 Beamtinnen/Beamte mehr. Das ist die Größe einer kleinen Polizeidirektion. Meines Erachtens ist dies eine sachlich richtige Berücksichtigung unserer Tätigkeit und damit ist das Präsidium angemessen berücksichtigt. Sie müssen immer daran denken, der Personalkörper der Polizei des Landes ist gedeckelt. Aufgrund verschiedener Kriterien hatte die Stuttgarter Polizei im Jahr 1995 eine gute Personalausstattung. Wenn nun im Land die Kriminalität ansteigt und der Strukturplan veränderte Aussagen trifft, führt dies zu einem Absinken des Stuttgarter Personalkörpers. Zu fordern, über die 200 Beamtenstellen für die Funktion Regierungssitz und Landeshauptstadt hinaus weitere zusätzliche Stellen zu erhalten, würde dazu führen, dass solche Stellen in anderen Bereichen des Landes abgezogen werden müssten. Da die Stellenverteilung durchaus fachlich solide ist, wäre dieses nicht sachgerecht. Theoretisch würde dies dazu führen, dass an anderen Stellen Polizei fehlt. Das kann auch nicht in unserem Interesse sein. Es ist durchaus ein Anliegen von uns, dass die angrenzenden Polizeidirektionen in Ludwigsburg, Esslingen, Böblingen ausreichend mit Stellen versorgt sind.

Von daher haben wir in Stuttgart die beste Polizeidichte in Baden-Württemberg. Die Stellenneuverteilung zu kritisieren bzw. mehr Stellen zu fordern halte ich für fachlich nicht richtig. Auch vor dem politischen Hintergrund sehe ich das als nicht sinnvoll an. Da kommt man schnell in die Diskussion, warum soll Stuttgart trotz des angesprochenen Zuschlags noch mehr Stellen erhalten. Wenn man das aufgreifen will, muss das Thema lauten 'Wie sieht die Polizeidichte im Land aus?'. Auch entsprechend einer Verlautbarung des Innenministeriums zeigt sich, dass Baden-Württemberg bei den Flächen-staaten an drittletzter Stelle steht.

Ich darf daran erinnern, 2003 war es schon in den Medien ein Thema, dass uns der Rechnungshof 2002 untersucht hat. Damals ging der Rechnungshofbericht davon aus, dass wir in Stuttgart etwa 180 Beamte, gemessen an der Belastung, zuviel haben. Damals schlug der Rechnungshof bereits eine deutliche Reduzierung der Reviere vor (Reduzierung von 16 auf 10). Von daher ist das Thema der Personalreduzierung in Stuttgart und die Frage einer Veränderung der Revierstruktur nicht neu. Die Frage, dass wir Personal vor dem Hintergrund der Gesamtbelastung im Land abbauen müssen, verfolgt uns schon seit 10 Jahren. Seit 1997 gibt es Berechnungen, die noch von weit höheren Zahlen ausgegangen sind, als man nun betroffen sein wird. Letztlich war es nur eine Frage des Zeitpunktes und in welcher Größenordnung uns der Umstand des Stellenabbaus treffen wird.

(Powerpoint-Folien 4 - 7)
Nun stelle ich die Stellenentwicklung der Polizei seit 1995 dar. Hier sehen Sie, es gab einmal ein Bedarfssoll. Damals sagte man, was braucht die Polizei in den verschiedenen Landkreisen an Personalstärke. Dabei ging man davon aus, dass Stuttgart einen Bedarf von etwa 2500 Haushaltsstellen hat. Diese Zahl hatten wir auch einmal erreicht. Die von damals bis heute stattgefundene kontinuierliche Entwicklung führt uns aktuell zu 2.366 Stellen. Prognostizieren können wir, wenn wir den Stellenabbau bringen müssen, wie sich das bis 2009/2010 auswirkt. Zu erkennen ist, dass dieses nicht unmerklich an der Organisation vorbei gehen kann. Wir hatten zwar bisher schon Veränderungen auch bei den Revieren, aber auch den Verwaltungsbereich darf man dabei nicht außer Acht lassen (früher 538 Stellen/ca. 438 Stellen im Jahr 2009). Diese Zahlen zeigen, dass Veränderungen notwendig sind. Die bisherige Organisation ist in weiten Teilen auf die Stellenzahl der Vergangenheit abgestellt.

Zur Frage, wie sich dieses im Verhältnis zu anderen Städten darstellt, ist anzumerken, Stuttgart wird bei einem Verhältnis von ca. 1 : 270 liegen. Zwar sind wir, was die Polizeidichte anbelangt, nicht die besten, aber im Vergleich zu Städten wie Köln, Dortmund und Düsseldorf liegen wir doch noch recht gut.

Wir müssen sehen, wie wir durch innerbetriebliche Organisationsänderungen die Sicherheit aufrecht erhalten können. Hier geht es um die Organisation von Stab, Linie und Kriminalbekämpfung und auch um Überlegungen, wie die Kriminalpolizei aufzustellen ist. Darüber hinaus das wichtige Thema 'Wie sind die Polizeireviere und Polizei-posten aufgestellt?'. Im Weiteren werden wir auch noch andere Teile untersuchen.

Zur Frage der Polizeireviere - die Zahlen zeigen auf, dass die Reviere eine sehr inhomogene Personalstärke haben. Je kleiner eine Organisationseinheit ist, desto größer ist in Relation der Aufwand, um die Administration aufrecht zu erhalten. Hinzu kommt, dass wir bei den Revieren eine sehr unterschiedliche Arbeitsbelastung der Beschäftigten haben. Das ist nicht nur eine Frage gegenüber den Beschäftigten selbst, sondern die Frage ist auch, wie die Beamtinnen/Beamte in der Lage sind, die Bevölkerung zu betreuen.

(Powerpoint-Folie 8)
Wir verteilen das Personal auch nach Belastungskriterien (Einwohner, Kriminalität, Straßenverkehrsunfälle und anderes). Bei sogenannten Kleinrevieren (z. B. Wangen, Untertürkheim, Duisburger Straße, Weilimdorf) muss man über die Arbeitsbelastung hinaus Personal bereitstellen, damit diese Reviere organisatorisch überhaupt lebensfähig sind.

Wenn man die Anforderung stellt, pro Revier möglichst zwei Streifen auf der Straße zu haben, benötigt man mindestens fünf Personen. Dazu benötigt man aufgrund des Schichtbetriebs, Urlaub, Krankheitsausfälle mindestens weitere sieben Personen, was bei fünf Dienstgruppen 35 Personen ausmacht, unabhängig vom Ausmaß der Kriminalität. Dieses Personal, welches über die Arbeitsbelastung zusätzlich bereitzustellen ist, kann nur von dort herangezogen werden, wo es eigentlich aufgrund der Arbeitsbelastung notwendig wäre. Daher ist es z. B. so, dass das Revier Innenstadt jeweils Personal stellen muss, um die kleinen Reviere funktionsfähig zu halten. Dies führt zu einer sehr unterschiedlichen Arbeitsbelastung (Bearbeitung der doppelten Anzahl von Straftaten je Stelle im Revier Innenstadt im Vergleich zu Kleinrevieren). Dies ist der Kriminalitätsbekämpfung und auch dem Verhältnis zum Bürger nicht zuträglich. Das heißt, die unterschiedliche Arbeitsbelastung führt auch zu einer nicht ganz gerechten Betreuung der Bürger in den jeweiligen Stadtteilen.

(Powerpoint-Folie 9)
Was die Revier- und Postenstruktur anbelangt, muss gesehen werden, was man an Abläufen/Prozessen effizienter gestalten kann. Wenn z. B. zwei Reviere zusammengelegt werden, setzt man ca. 5 Dienstgruppenführer, 1 Revierleitung und 1 dreiköpfige Führungsgruppe frei. Schnell handelt es sich um 10 Stellen, welche dann in den operativen Bereich, die Ermittlung oder die Präsenz gehen können. Wir dürfen aber nicht nur auf die Revierstruktur schauen, sondern wir müssen den Blick auf das Ganze richten. Bei den Planungen dürfen wir nicht danach verfahren, dass man demjenigen - auch innerhalb der Organisation - recht gibt, welcher am lautesten klagt. Sondern man muss über die Reviere hinaussehen, wie es in anderen Bereichen aussieht. So müssen wir bei vielen Tätigkeiten, welche sich um ein Revier ranken, erkennen, dass diese nicht mehr dort, sondern an anderen Stellen angesiedelt sind (z. B. Ausnüchterung). Unser Bestreben sollte sein, dass wir im Präsidium eine Struktur schaffen, die nicht nach drei Jahren schon wieder hinterfragt wird; schon 2002 hatten wir eine Reorganisation, 2003 fand die Verwaltungsreform statt, 2002 hat man Freiberg zusammengelegt, 2003/2004 Wolframstraße. In der Organisation benötigt man auch einmal Ruhe und eine Organisationsform, die ein mehr oder weniger an Personal verträgt, ohne im Zwei- oder Dreijahresrhythmus in die Organisation eingreifen zu müssen.

(Powerpoint-Folie 10)
Vom zeitlichen Auflauf stelle ich mir vor, bis Ende März die eigene Prüfphase abgeschlossen zu haben. Derzeit arbeiten Arbeitsgruppen. Mit deren Ergebnissen wird man sich in einem Workshop befassen (Gegenprüfung). Ende April wollen wir mit den Ergebnissen in eine kommunale Beteiligung gehen. Anschließend sollen dann die Vorstellungen dem Innenministerium vorgelegt werden. Von dort müssen diese abgesegnet werden. Aus verschiedenen Gründen strebe ich an, vor der Sommerpause zu einer Entscheidung zu kommen. Das heißt, es bedarf dann noch Zeit, um eine Entscheidung umzusetzen. Hier spielen organisatorische Überlegungen eine Rolle.

Soweit mein Vortrag. Ich darf hier nochmals darauf hinweisen, StR Kugler hat es auch schon erwähnt, dass ich morgen beginnen will, die Fraktionen zu besuchen. Schon vor Wochen hat man dazu Termine ausgemacht. Zusätzlich zu den heute noch zu beantwortenden Fragen kann ich dort auf das eine oder andere Detail noch eingehen."

Für die Berichterstattung bedanken sich StR Barg (CDU), StR Kanzleiter, StR Kugler, StR J. Zeeb (FW) und StR R. Zeeb (FDP).

Von einer sachlichen, objektiven und nachvollziehbaren Darstellung der derzeit im Polizeipräsidium angestellten Überlegungen spricht StR Barg. Leitlinie in Stuttgart müsse sein, zumindest das derzeitige Sicherheitsniveau zu erhalten. Von StR Kanzleiter wird die Polizei als Opfer der Landespolitik angesehen. Es sei unbefriedigend, dass die Landeshauptstadt bei gleichbleibender Bevölkerung über weniger Polizisten verfügen werde. Wie StR Kanzleiter erklärt auch StR Kugler, dass der Polizeipräsident das umzusetzen und öffentlich zu vertreten hat, was die Landesregierung vorgibt. In einer Zeit, in der sich die Kriminalitätsbelastung im Anstieg befinde, Stellen abzubauen, könne er als Mitglied des Stuttgarter Gemeinderates nicht begrüßen.

Durch StR J. Zeeb wird unterstrichen, es werde nicht gewünscht, auf Kosten des Umlandes zusätzliche Stellen zu erhalten. Die Bevölkerung Stuttgarts habe allerdings ein Anrecht auf ein hohes Sicherheitsniveau. Man müsse das Gefühl bekommen, dass die Polizei bei der Landesregierung über eine schlechte Lobby verfüge. Dabei erinnert er an die Auswirkungen der Verwaltungsreform im Bereich der Lebensmittelüberwachung und an Diskussionen über die technische Ausstattung der Polizei. Auch die Diskussion zum Stellenabbau finde zur Unzeit statt. In diesem Zusammenhang müssten auch die sogenannten weichen Standortfaktoren gesehen werden. Dazu gehöre nicht nur bei Privatpersonen sondern auch bei Unternehmen der Sicherheitsaspekt.

Verwundert zeigt sich StR R. Zeeb, dass Herr Stumpf in die heutige Sitzung eingeladen worden ist, obwohl er den Fraktionen angeboten hat, ihnen gegenüber direkt zu berichten. Nicht ungewöhnlich sei es, vorhandene Strukturen zu überprüfen. Entscheidend sei die Frage, ob die Sicherheit in Stuttgart gefährdet sei oder ob sich die Stuttgarter Bevölkerung sicher fühlen könne. Er fragt nach, was es bedeuten würde, den Stellenschlüssel von München in Stuttgart einzuführen.

Natürlich, so Herr Stumpf, könne man sich heute in Stuttgart genauso sicher fühlen wie vor einem halben Jahr. Der Stellenabbau habe ja schon in Teilen begonnen und dennoch habe man die Aufgaben im Jahr 2007 geschultert. Wenn der Stellenschlüssel im Land auf den Stuttgarter Schlüssel angehoben würde, müssten über 1000 Stellen neu geschaffen werden. Dieses sei nur schwer leistbar. Zu den Fallzahlen wolle er dann Ausführungen machen, wenn die Kriminalitätsstatistik für Stuttgart Anfang März vorliege. Nicht vergessen werden dürfe, dass mehr als 50 % der Personen, mit denen es die Stuttgarter Polizei zu tun habe, aus dem Umland von Stuttgart stammten. Wie bereits ausgeführt, würden bei der Stellenverteilung nicht nur die Kriminalitätsquoten, sondern auch die Strukturdaten eine wichtige Rolle spielen.

Gegenüber StR Barg informiert er weiter, das Personal für neue Stellen werde entweder 2008 oder 2009 in Ausbildung gebracht. Da die Grundausbildung drei Jahre andaure, könne man von diesen Stellen frühestens im Jahr 2012/2013 profitieren.

Nach Einschätzung von StR Barg hat die Stadt Stuttgart in dem zur Diskussion stehenden Bereich ebenfalls noch die eine oder andere Hausaufgabe zu erledigen. Den städtischen Vollzugsdienst wolle er dabei nicht ausnehmen. Möglicherweise könne sich eine Verlagerung von der einen auf die andere Ebene ergeben. In der Vergangenheit habe Herr Stumpf einmal eine Andeutung in diese Richtung gemacht.

Weiter teilt StR Barg mit, bevor Äußerungen über Revierschließungen/-zusammen-legungen erfolgen könnten, müsse die weitere Diskussion abgewartet werden. Die Struktur von Revieren und Posten müsse unter Einbeziehung des kommunalen Blickwinkels diskutiert werden. Er fragt nach, ob von Herrn Stumpf über Erfahrungen aus Zusammenlegungen der Vergangenheit berichtet werden kann. Im selben Zusammenhang fragt StR R. Zeeb nach, ob zu schließende Reviere durch Polizeiposten ersetzt werden, um die Ansprache der Bürger vor Ort zu gewährleisten.

Durch StR Barg wird unterstrichen, ein besonderes Anliegen seiner Fraktion sei es, die Kriminalprävention in Stuttgart weiter zu betreiben. Dabei verweist er auf Beschluss-fassungen in den vergangenen Haushaltsplanberatungen. Froh und stolz könne man auf das Haus des Jugendrechtes sein. Dieses habe eine Leuchtfunktion. Konkret stellt er hier die Frage, ob die Landespolizei in allen Präventionsbereichen weiter mitarbeiten wird. Wichtig sei, vor Ort u. a. die Sicherheitsbeiräte und Bezirksbeiräte entsprechend einer für sinnvoll angesehenen Dezentralität weiter mit einzubeziehen. Dies bedeute aber nicht, dass an jeder Ecke ein Revier untergebracht sein müsse; die Beamten würden sich in der Regel, wenn sie zu Einsätzen gerufen würden, bereits auf Streife befinden.

Laut StR Kanzleiter ist in den vergangenen Haushaltsplanberatungen nur die Hälfte der im städtischen Konzept enthaltenen Vollzugsstellen beschlossen worden. Seine Fraktion lege Wert darauf, dass die Prävention und "der Polizist im Stadtbezirk" erhalten bleiben.

Daran anknüpfend führt StR Kugler aus, zurzeit finde eine Diskussion über Gesetzesverschärfungen aufgrund einer erhöhten Kriminalitätsbedrohung statt. Zu der Stellenabbaudiskussion zieht er Parallelen zu der vor einigen Jahren in Stuttgart stattgefundenen Diskussion über das Thema "Abschaffung der Bezirksstrukturen". Bei dieser Diskussion habe sich letztlich die Position durchgesetzt, die dezentrale Bezirksverfassung und dezentrale Verwaltungsstruktur aufzuwerten. Natürlich ergebe bei solchen Themen eine erste betriebswirtschaftliche Bewertung Argumente für eine Zentralisierung, indem immer zuerst die Möglichkeit gesehen werde, Overhead-Kosten zu reduzieren. Bei einer Vorstellung des fertig gestellten Konzeptes sollte dem Gemeinderat mitgeteilt werden, ob es alternativ zu Zentralisierungsüberlegungen auch Überlegungen weg von einer Zentralisierung gegeben habe. Dies habe letztlich Stuttgart erfolgreich bei den Bezirken praktiziert. Bei der Verfolgung von Straftaten kann er sich zwar eine Zentralisierung (z. B. bei der Kriminaltechnik) vorstellen, aber bei der Kriminalprävention müsse die Polizei, um effektiv zu arbeiten, in der Fläche präsent sein. Diesbezüglich habe er den Ausführungen von Herrn Stumpf nichts Befriedigendes entnommen. Angesichts der gesetzlichen Aufgaben der Polizei bei der Verfolgung von Straftaten befürchtet er, dass bei der Neukonzeption der Polizei die Prävention gefährdet ist. Dies wäre zum einen für die Bürgerschaft, wenn sie den Polizeibeamten vor Ort nicht mehr antreffe, wenig verständlich. Und zum anderen bestünde die Gefahr, dass sich daraus erhöhte Kriminalitätszahlen in den Folgejahren entwickeln. Er leitet daraus die Frage ab, wie dies seitens der Polizei eingeschätzt wird.

Daran, dass Themen wie Sicherheitspartnerschaften, STOP und Haus des Jugendrechtes in Stuttgart entstanden sind, erinnert StR J. Zeeb. Diese Dinge hätten sich auch positiv auf die Polizeistruktur ausgewirkt und diesen Unterbau sollte man nicht weg-brechen lassen.

Eine Vorreiterrolle Stuttgarts bei der Prävention fordert StR R. Zeeb. Zu seiner Anmerkung, Präsenz vor Ort stelle ein großes Anliegen der Bürgerschaft dar, stellt er die Frage, ob Streifenwagen tagsüber nicht nur mit einer Person besetzt werden können.

Laut Herrn Stumpf werfen Revierschließungen nicht die Frage auf, ob Polizei noch vor Ort ist oder nicht. Als er gegenüber den Bezirksvorsteherinnen/Bezirksvorstehern diese Thematik angesprochen habe, sei nicht zu Unrecht aus diesem Kreis angemerkt worden, dass es ihnen um die Aufgabenwahrnehmung und nicht um die Organisation gehe. Eine Revierschließung sei also nicht damit gleichzusetzen, dass keine Polizei mehr vor Ort anwesend sei. In der Struktur sei zu klären, wo Polizei aus dienstlichem und polizeilichem Interesse tagsüber zum Zwecke der Ermittlungsnähe und zum Zwecke der Bürgernähe und wo der Streifendienst (Interventionskräfte) rund um die Uhr im Notfall erforderlich sei. Die letztgenannten Kräfte könnten am ehesten zentral gesteuert werden. Bürger wollten einen Ansprechpartner der weiterhelfen könne. Dabei interessiere es ihn nicht, ob in der Polizeidienststelle Personal arbeite, welches sich um Organisation und Führung kümmere.

Niemand bei der Polizei denke daran, sich aus dem Haus des Jugendrechts zurückzuziehen. Zur Prävention habe sein Präsidium eine Steuerungsgruppe eingerichtet. Sein Anliegen sei, die Prävention etwas zentraler zu steuern. Hier sei bisher vieles auf der Ebene der Polizeireviere nach dem Gießkannenprinzip erfolgt. Die Polizei müsse sich verstärkt an Schwerpunkten wie Jugend, Gewalt, Medien orientieren.

Von weiterhin laufenden Informationen der Landespolizei durch das Polizeipräsidium über Entwicklungen in Stuttgart geht StR Barg aus. Die regelmäßige Teilnahme des Polizeipräsidenten an Referentensitzungen trage zu einer guten, von gegenseitigem Vertrauen geprägten Kommunikationsstruktur bei. Von ihm wird begrüßt, dass die kommunale Beteiligung Ende April stattfinden soll. Zu diesem Zeitpunkt wünscht er sich weitere Informationen darüber, wie sich die Polizei die konkrete Umsetzung des Geplanten vorstellt. Die Kommune müsse in der Folge dann gegenüber den Bezirksbeiräten/Bezirksverwaltungen Erläuterungen vornehmen; die Sicherheitspartnerschaften auf der unteren Ebene müssten beibehalten werden. Am weiteren Prozess werde sich Stuttgart, soweit die Landehauptstadt berührt sei, beteiligen. Von einem großen Diskussionsbedarf im weiteren Verlauf geht StR Kanzleiter aus.

StR J. Zeeb hebt auf das für morgen terminierte nichtöffentliche Gespräch seiner Fraktion mit dem Polizeipräsidenten ab und erklärt, dort wolle er vom Polizeipräsidenten auch etwas zu den Möglichkeiten hören, Stellenstreichungen durch nicht so hoch ausgebildete Beamte zu kompensieren (z. B. durch städtischen Vollzugsdienst). Hilfreich wäre es, der Bevölkerung sagen zu können, es werde nicht nur genommen, sondern auch gegeben.

Nachdem Herr Stumpf seine Ausführungen mit dem Hinweis auf seine Besuche bei den Fraktionen abschließt, merkt EBM Föll an, die Thematik werde im Ausschuss Ende April dann nochmals behandelt, wenn die Konzeption in einer konkreten Form vorliege.

Mit dem Dank gegenüber Herrn Stumpf für dessen Besuch und der Feststellung, dass damit der Antrag Nr. 33/2008 erledigt ist, schließt EBM Föll diesen Tagesordnungspunkt ab.
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