Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Gz: KBS
GRDrs 1329/2009
Stuttgart,
11/27/2009



Haushalt 2010/2011

Unterlage für die 2. Lesung des Verwaltungsausschuss zur öffentlichen Behandlung am 07.12.2009



Bewertung eines Vorschlags zum Betrieb eines Kommunalen Kinos;
Mietsituation Filmhaus


Beantwortung / Stellungnahme

A) Bewertung eines Vorschlags zum Betrieb eines Kommunalen Kinos

In der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 4. November 2009 wurde die Kulturverwaltung beauftragt, das kurzfristig eingereichte Konzept eines privaten Anbieters zu bewerten und diese Bewertung dem Gemeinderat in den Haushaltsplanberatungen vorzulegen. Da das schriftliche Konzept nicht vorlag, war eine Bewertung bis zur 1. Lesung am 11.11.2009 nicht möglich. Der Auftrag wurde in die 2. Lesung vertagt.
In der ersten Lesung wurde die Streichung der bisher zur Verfügung stehenden Mittel von 123.400 Euro im Kulturhaushalt ab 2010 beschlossen.

Bewertung des Vorschlags von Herrn Erasmus zum Betrieb eines Kommunalen Kinos

1. Allgemeine Bemerkungen
Das Kino Delphi, Tübinger Straße 6, verfügt über einen großen und einen kleinen Kinosaal. Der Betreiber des Kinos, Herr Erasmus, bezieht sich im nun vorgelegten Konzept für ein Kommunales Kino auf den kleinen Saal 2 (77 Plätze). Der Vorschlag von Herrn Erasmus steht für eine mittelfristige Interimslösung und keinen dauerhaften Betrieb eines Kommunalen Kinos. Aus dem Konzept geht nicht hervor, inwieweit ehrenamtliches Engagement vorgesehen ist. Als Rechtsform ist eine gGmbH geplant.

2. Konzept
Geplant sind mindestens 3 Vorstellungen am Tag. Das Programm wird von Herrn Erasmus erstellt.

Für Kinder soll ein anspruchsvolles Programm geboten werden. Bei den dargestellten Ausgaben (Ziffer 3) sind jedoch keine Mittel für ein medienpädagogisches Angebot vorgesehen. In den zur Verfügung stehenden Räumen wäre ein entsprechendes Angebot auch nicht machbar.

Weitere Aussagen zur programmatischen Arbeit werden nicht gemacht. Es kann daher nicht beurteilt werden, ob fast ausschließlich nur Filme abgespielt werden sollen oder inwieweit tatsächlich eine kommunale Kinoarbeit, zugeschnitten auf die Stuttgarter Bedürfnisse, geplant ist. So ist zum Beispiel auch nicht dargestellt, ob eine publikumswirksame Aufbereitung von Filmen erfolgen soll oder eine Öffnung hin zu Neuen Medien geplant ist. Aus dem Vorschlag ist nicht ersichtlich, um welche Programminhalte es sich in Zukunft handeln wird.

Der Vorschlag beinhaltet ferner, dass der Betrieb des Kommunalen Kinos weder räumlich noch personell vom Programmkinobetrieb getrennt wird.

Das Delphi verfügt über eine moderne Abspieltechnik. Für das Abspielen von historischen Aufnahmen oder Aufnahmen mit verschiedenen Formaten, wie das in Kommunalen Kinos zum Programm gehört, scheint keine entsprechende Technik vorhanden zu sein. Ein Umbau ist aufgrund des geringen Platzangebots nicht möglich.

3. Kosten- und Finanzierungsplan
Die vorgelegte Kalkulation geht vom monatlichen Kosten in Höhe von 28.000 Euro, jährlich also 336.000 Euro aus. Die Ausgaben sollen durch die geschätzten Einnahmen in Höhe von 192.000 Euro und einen städtischen Zuschuss in Höhe von 144.000 Euro finanziert werden. Im städtischen Haushaltsplanentwurf waren bisher 123.400 Euro für den Betrieb im Etat des Kulturamts und 186.600 Euro (Mietkosten) im Etat des Amtes für Liegenschaften und Wohnen vorgesehen. Ein Zuschuss der MfG wäre bei dieser Lösung nicht möglich.

Damit die kalkulierten Einnahmen aus den Eintrittserlösen in Höhe von 192.000 Euro erzielt werden können, müssten ca. 38.000 Personen im Jahr das Kino besuchen. Zum Vergleich: Das Kommunale Kino konnte 2006 ca. 121.000 Euro aus Eintritten erlösen, das Ambo-Konzept ging von geschätzten 150.000 Euro aus.
Den Einnahmen stehen folgende Ausgaben gegenüber:

- Pachtkosten Kino 84.000 Euro/Jahr
- Honorar künstlerische Leitung 36.000 Euro/Jahr
- Druck Programm 48.000 Euro/Jahr
168.000 Euro/Jahr
Nicht beziffert werden Kosten für:
- Filmmieten
- Reisekosten/Honorare
- Verwaltungskosten (auch Fracht)

Entsprechend der Einnahmenkalkulation stünden für die nicht bezifferten Kosten noch 168.000 Euro zur Verfügung.

Insgesamt ist die Kalkulation sehr vage gehalten. Die Ausgaben scheinen zu gering angesetzt, da wesentliche Aufgaben eines Kommunalen Kinos nicht etatisiert sind, wohingegen die Einnahmen sehr optimistisch kalkuliert sind. Sollte sich nach einem Jahr zeigen, dass die veranschlagten Einnahmen nicht zur Ausgabendeckung reichen, soll - nach dem vorliegenden Vorschlag - der Betrieb eingestellt oder die Zuschüsse entsprechend erhöht werden.

4. Bewertung des Vorschlags durch Medienfachleute
Der Bundesverband kommunaler Filmarbeit steht dem vorgeschlagenen Modell sehr kritisch gegenüber, da die originären Aufgaben eines Kommunalen Kinos in der Regel zu kurz kommen und Programmkinobetrieb etwas grundsätzlich anderes sei als der Betrieb eines Kommunalen Kinos. Derlei Versuche, kommerziell arbeitende Kinos mit den Aufgaben einer kommunalen Kinoarbeit zu verknüpfen, haben in der Vergangenheit in keiner Stadt zu einem befriedigenden Ergebnis geführt.

Kinospezialisten in Stuttgart wie Frau Röthemeyer (MfG), Frau Gassner (ehemalige Geschäftsführerin Film Commission Region Stuttgart) und Constantin Schnell stehen einer Zusammenlegung dieser divergierenden Kinobereiche unter einem Dach und in einer Organisation ebenfalls sehr kritisch gegenüber.


B) Mietsituation Filmhaus

Dem Kulturamt wurden für das Filmhaus 160.200 Euro an Miete und 26.400 Euro an Mietnebenkosten (gesamte Mietkosten: 186.600 Euro) verrechnet.

Das Amt für Liegenschaften hat wie folgt Stellung genommen:

Das Gebäude Friedrichstr. 23 a hat das Amt für Liegenschaften und Wohnen von der Industriehof AG angemietet. Der Mietvertrag hat eine Laufzeit bis 31.12.2011. Die Untervermietungen erfolgten für Nutzungen aus dem Kulturbereich (ausgenommen der Gastronomiebetrieb im EG).

Infolge der Insolvenz des Kommunalen Kinos stehen derzeit nicht nur die Kinosäle leer. Aus der Tabelle (siehe Anlage) ist ersichtlich, dass zwischenzeitlich weitere Untermieter gekündigt haben. Die Kündigungsfrist für die Untermietverhältnisse beläuft sich (beidseitig) auf 3 Monate zum Quartalsende. Eine bis Jahresende ausgesprochene Kündigung würde also zum 31. März 2010 wirksam. Der Untermietvertrag für den Gastronomiebetrieb im EG hat - angepasst an den Gesamtanmietvertrag - eine feste Laufzeit bis 31.12.2011.

Aufgrund der Leerstände entsteht derzeit ein erhebliches Defizit und dies mit zunehmender Tendenz. Die Einnahmen aus der Untervermietung decken die Mietausgaben nicht einmal mehr hälftig.

Eine vorzeitige Räumung und Rückgabe (ausgenommen die Gastronomie im EG) an die Industriehof AG wäre seitens der Stadt frühestens zum 31.03.2010 denkbar. Vor einer Räumung müsste das Kulturamt jedoch noch das in den Räumen des ehemaligen Kommunalen Kinos aufbewahrte Kinoinventar (hat das Kulturamt vom Kommunalen Kino abgekauft) entfernen. Dies wäre jedoch auch für eine anderweitige, nicht kinobezogene Untervermietung erforderlich.

Vor dem Hintergrund der direkten Verhandlungen durch das Ref. KBS in Sachen Ambo haben bisher noch keine eigenen Verhandlungen seitens des Amts für Liegenschaften und Wohnen mit der Industriehof AG über eine vorzeitige Mietvertragsauflösung stattgefunden. Es gab auch noch keine Signale bezüglich eines diesbezüglichen Interesses seitens der Industriehof AG. Eine weitere Anmietung über den 31.12.2011 hinaus wird vom Amt für Liegenschaften und Wohnen aus wirtschaftlicher Sicht auf jeden Fall nicht für sinnvoll erachtet. So wären für die Weiternutzung für Zwecke der Stadt verschiedene Investitionen im Gebäude erforderlich, an denen der Gebäudeeigentümer kein Interesse hat und die damit zu Lasten des Mieters gingen.

Die Stadt nimmt nun umgehend Verhandlungen mit der Industriehof AG zwecks vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses auf.




Vorliegende Anträge/Anfragen

keine

389/2009 B90/G Ziff. 1
HH-Vorlage 1050/2009





Dr. Susanne Eisenmann



<Anlagen>


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Übersicht der Vermietungssituation im Filmhaus.pdf