Stellungnahme zum Antrag
80/2005

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 04/04/2005
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 3715-00



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    SPD-Gemeinderatsfraktion
Datum
    03/18/2005
Betreff
    Umnutzung des Gebäudeensembles Bellingweg 21 zum Stadtarchiv Stuttgart
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

1. Synopse Machbarkeitsstudie Drees & Sommer/ Realisierungsstudie CPM

Die Aufbereitung beider Gutachten in Form einer klassischen Synopse mit tabellarischer Gegenüberstellung einzelner Aspekte ist als Anlage 1 beigefügt. Dessen ungeachtet lassen sich die wesentlichen beiden Unterschiede, welche zu der enormen Kostendifferenz von ca. 10 Mio. € geführt haben, in wenigen Worten wie folgt beschreiben:

1. In der Machbarkeitsstudie von Drees & Sommer ist das Gebäude Bellingweg 15 aufgrund des ermittelten Raumbedarfs in die Umbauplanungen einbezogen, bei CPM konnte aufgrund des optimierten Raumprogramms darauf verzichtet werden.

2. Bei Drees & Sommer beträgt der Kostenrahmen für Unvorhergesehenes
15 - 23 %, während bei der Realisierungsstudie von CPM fixe Kosten mit baulich definierten Einsparmöglichkeiten und eventuellen Zusatzkosten angegeben sind.

Auf die Einbeziehung des Gebäudes Bellingweg 15 bei CPM konnte wiederum aus zwei Gründen verzichtet werden:

1. Wegen der Nutzbarmachung von Untergeschossbereichen durch Einbau einer weißen Wanne.

2. Wegen der Optimierung des Raumprogramms mit Eintragung der konkreten Raumbedarfsflächen in die Grundrisse des bestehenden Gebäudes unter Berücksichtigung der vorhandenen Zugänge, Treppenhäuser und Aufzugsschächte.

Die Optimierung des vom Stadtarchiv vorgegebenen Flächenbedarfs für die einzelnen Nutzungsbereiche führte insbesondere im Bereich der Regalierungen zu erheblichen Flächeneinsparungen, da hier seitens CPM konkrete Angaben bei den führenden Herstellern für Regalanlagen (Kompaktus und Mauser) eingeholt wurden. In diesem Zusammenhang wurde auch festgestellt, dass seitens Drees & Sommer ein Berechnungsfehler für die Regalierungsflächen vorlag, da den Bedarfsflächen des Stadtarchivs, welche bereits die Verkehrsflächen beinhalteten, nochmals Verkehrsflächen hinzugerechnet wurden.

Hinsichtlich der Bearbeitungstiefe des Drees & Sommer Gutachtens sei abschließend folgender Satz zitiert: “Zunächst wurden die Gebäude durch eine erste Inaugenscheinnahme auf Standsicherheit und Gebrauchsfähigkeit beurteilt. Da nur teilweise Unterlagen zu finden waren, wurden die Belastungsangaben an den Wänden zugrunde gelegt”. Diese wurden dann als ausreichend für die mit einer Regalierung verbundenen Lasten bewertet

Die statische Berechnung durch CPM hat ergeben, dass dies nicht stimmt.


2. Weiße Wannen

Referenzliste:

1. Anschluss von wasserundurchlässigen Bauteilen (WU - Bauteilen)
an vorhandene Bauteile:

- Rommelcenter, Kornwestheim
- Altenpflegeheim der Paul – Riebeck - Stiftung, Halle
- Spreewaldklink, Lübben

2. Vollständig eingezogene Weiße Wanne in einem Bestandsgebäude:

- Wohnanlage Mozartstraße, Leipzig - Alte Nationalgalerie, Berlin Museumsinsel - Schulungszentrum der Sparkasse, Sigmaringen
Wieviele Stützen jeweils eingebunden wurden, ist nicht bekannt. Allerdings ist dies aus fachlicher Sicht auch unerheblich, da es sich beim Anschluss an Stützen ebenso wie beim Anschluss an Wände immer um die gleiche Detailausbildung handelt.



Anschluss an vorhandene Bauteile:

Das Anschlussdetail ist in Anlage 2 dargestellt. Hierbei handelt es sich um eine seit über 10 Jahren bewährte Konstruktionsweise.


Gewährleistungsfristen:

Die übliche Gewährleistungsfrist für weiße Wanne beträgt 10 Jahre. Längere Fristen sind Verhandlungssache. Da Schäden an weißen Wannen in der Regel innerhalb der ersten 10 Jahre oder überhaupt nicht auftreten, wird eine zehnjährige Gewährleistung als ausreichend erachtet.


3. Generalplaner - Subplaner

Der Vorschlag zur Beauftragung eines Generalplaners basiert auf Überlegungen der Verwaltung, mit Blick auf die teilweise als untragbar zu bezeichnenden Lager- und Archivierungsbedingungen und mit Blick auf die Erweiterungspläne der WGV eine schnellstmögliche Inbetriebnahme des neuen Stadtarchivs am Bellingweg bei gleichzeitig größtmöglicher Kostensicherheit für die Umbaumaßnahmen zu gewährleisten.

“Der Generalplaner ist ein Planer, dem der Auftraggeber alle oder zumindest den wesentlichen Teil der für eine Baumaßnahme erforderlichen Leistungen hinsichtlich Planung, Koordinierung, Organisation, Beratung und Überwachung überträgt mit der Maßgabe, dass dieser berechtigt ist, Leistungen durch Subplaner erbringen zu lassen.

Die dem Generalplaner übertragenen Leistungen kann dieser, wenn er dazu in der Lage ist, sowohl im eigenen Büro erbringen, als auch ganz oder teilweise durch Subunternehmer, so dass ihm Koordination, Organisation und Haftung verbleibt (...).

Die Einschaltung von Generalplanern kommt einem weit verbreiteten Bedürfnis der Auftraggeber entgegen, die Planungsaufgaben nicht mehr gesondert an Architekten und einzelne Sonderfachleute vergeben, sondern vielmehr einen Architekten oder Fachingenieur oder eine hierzu gebildete Arge mit der Erbringung sämtlicher Planungsleistungen beauftragen wollen. So kann der Architekt (oder Projektsteuerer oder sonstige Fachplaner, Anmerkung der Verwaltung) verpflichtet werden, die Leistungen der Objektplanung sowie der technischen Ausrüstung, der Tragwerksplanung, der thermischen Bauphysik, des Schallschutzes und der Raumakustik zu erbringen. Dabei besteht zwischen Auftraggeber und Generalplaner Einigkeit darüber, dass der beauftragte Planer einen Großteil der Leistungen im eigenen Namen an andere Planer weitervergeben kann. Der Auftraggeber erwartet dann eine einheitliche Gesamtplanung, vermeidet Lücken in der Ausschreibung sowie Streit um die Verantwortlichkeit einzelnen Baubeteiligter im Falle der Gewährleistung. Fachliche Überlegungen der Fachingenieure können so bereits bei der Entwicklung und Formulierung der Planungsaufgaben im Rahmen der strategischen Planungsphase eingebracht werden” (zitiert nach Locher/Koeble/Frik HOAI Kommentar 8. Auflage, 2002).

Dies bedeutet, dass ein Generalplaner sowohl Leistungen aus den verschiedenen Teilen der HOAI erbringen, sich aber auch auf die reine Generalplanertätigkeit beschränken und sämtliche Planungsleistungen an Subplaner vergeben kann. Im Falle des Bellingwegs wird sich die Verwaltung im Rahmen des Auswahlverfahrens (erste Phase nach VOF) die für eine Beauftragung vorgesehenen Subplaner benennen lassen. Diese werden dann im Falle einer Beauftragung vertraglich festgeschrieben.

Die eigentlichen Generalplanerleistungen sind im Wesentlichen identisch mit denen eines Projektsteuerers und Kostencontrollers, ergänzt um die internen Koordinationsverantwortlichkeiten gegenüber den Subplanern. Sie bestehen aus den Generalplanergrundleistungen mit den Tätigkeitsbereichen Organisation, Beratung, Berichtswesen/ EDV-Dokumentation/ Sonstige Dokumentation und Koordination/ Steuerung, des Weiteren aus dem Vertragsmanagement, dem Nachtragsmanagement, der Objektbetreuung und sonstigen Leistungen.

Auf die Wahrnehmung der Bauherrenfunktionen und hier insbesondere die Projektleitung hat die Beauftragung eines Generalplaners keine Auswirkungen. Diese Aufgaben werden wie bei städtischen Bauvorhaben üblich von der Verwaltung wahrgenommen.

Wegen der begrifflichen Nähe des Generalplaners zum Generalunternehmer wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beauftragung eines Generalunternehmers nicht vorgesehen ist und im Generalplanervertrag eine gewerkeweise Ausschreibung der Bauleistungen gemäß den Grundsätzen der Mittelstandsförderung festgeschrieben wird.

In der Anlage 3 sind die Vor- und Nachteile der Generalplanung gegenüber der Einzelplanung nochmals tabellarisch zusammengefasst. In der linken Spalte findet sich die Generalplanung, in der rechten die Vergabe an Einzelplaner, die beiden mittleren Spalten stellen einen dritten Weg dar, bei dem zwar die Generalplanung vergeben wird, zusätzlich jedoch die Beauftragung eines Projektsteuerers erfolgt.

Es ist nicht beabsichtigt, Drees + Sommer und CPM vom VOF-Verfahren auszuschließen, da allen Büros, die im Rahmen des Auswahlverfahrens (1. Phase, §§ 10-13 VOF) für das Auftragsverfahren (2. Phase, §§ 16 und 24 VOF) ausgewählt werden, eine komplette Fassung der Realisierungsstudie von CPM zur Verfügung gestellt wird, so dass bei allen Bewerbern der gleiche Informationsstand vorliegt. Auch enthalten die Verträge mit Drees + Sommer bzw. CPM keine Klauseln, welche diesen die Bewerbung untersagt.

Der Stadt kann aller Voraussicht nach im Rahmen eines eventuellen Nachprüfverfahrens vor der Vergabekammer ein Wissensvorsprung infolge Vorbefassung seitens Drees + Sommer bzw. CPM nicht entgegengehalten werden.


4. Bonus-Malus-Regelung
Es ist vorgesehen, die in der Realisierungsstudie seitens CPM ermittelten Baukosten in Höhe von insgesamt 16,07 Mio. €, reduziert um die Planungs- und Baunebenkosten sowie um die gemäß Rahmenplan durch die EnBW zu erbringenden Planungs- und Bauleistungen, als vertraglich garantierten Preis im Generalplanervertrag festzuschreiben. Maßgebend für die Einhaltung des Preises sind die Rahmenbedingungen, welche in der Realisierungsstudie beschrieben sind; diese werden ebenfalls Vertragsbestandteil. Sollten sich im Laufe der Planung oder Baudurchführung wider Erwarten das Projekt verteuernde Sachverhalte ergeben, so sind diese selbstverständlich dem vereinbarten Preis hinzuzurechnen. Aufgrund der Bearbeitungstiefe der Realisierungsstudie ist das Eintreten solcher Sachverhalte allerdings als relativ gering zu bewerten.

Hinsichtlich der Bonusregelung ist vorgesehen, bei einer Unterschreitung von mehr als 5 % des vertraglich vereinbarten Preises ein Erfolgshonorar zu zahlen, welches 20 % der über die 5 % hinausgehenden Ersparnis beträgt. Diese Regelung entspricht sinngemäß § 5 Abs. 4a HOAI. Im Umkehrschluss ist für alle über eine Verteuerung von 5 % gegenüber dem vertraglich vereinbarten Preis hinausgehenden Kostensteigerungen eine anteilige Vertragsstrafe von 20 % zu entrichten.

Sofern die in der Realisierungsstudie bereits quantifizierten möglichen Einsparungen für Deckenverkleidungen und Stützenfundamente zu tragen kommen, werden diese nicht auf das Erfolgshonorar angerechnet. Gleiches gilt im Umkehrschluss für die bereits quantifizierten Zusatzkosten bei einer Sanierung der Außenwandfundamente, der Errichtung einer Sonnenschutzwand oder dem Einbau einer speziellen Löschanlage.

Die endgültigen vertraglichen Regelungen werden in den Verhandlungen mit den Bewerbern festgelegt.

In Anbetracht der Tatsache, dass der Generalplaner beim Abschluss der Verträge mit den Subplanern zur Einhaltung der HOAI verpflichtet ist, trifft die Malus-Regelung ausschließlich den Generalplaner. Eine Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI kann der Stadt Stuttgart insofern aller Voraussicht nach nicht erfolgsversprechend entgegengehalten werden. Im Leitfaden für Architekten zur Generalplanung, herausgegeben von der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen in Verbindung mit der Bayerischen Architektenkammer heißt es hierzu auf Seite 13: “Etwas anderes gilt für die vom Generalplaner zu erbringenden Steuerungs- und Koordinationsleistungen, die nicht bereits im Leistungsbild Objektplanung für Gebäude enthalten sind, für sie kann das Honorar frei, das heißt außerhalb eines vorgegebenen Preisrahmens vereinbart werden.”

Aus dem gleichen Grund ist es möglich das Generalplanerhonorar als festes Honorar auf Basis der Realisierungsstudie zu vereinbaren. Dies wiederum nimmt dem Generalplaner die Möglichkeit eine etwaige Vertragsstrafe über höhere anrechenbare Kosten zumindest teilweise auszugleichen.

Die grundsätzliche Zulässigkeit einer Malus-Regelung wird von den beiden Architektenkammern ebenfalls nicht in Zweifel gezogen. Da heißt es auf Seite 14 des vorgenannten Leitfadens: “Als weitere geschuldete Ergebnisse kann vereinbart werden, dass der Generalplaner einen bestimmten Kostenrahmen, vereinbarte Qualitäten und verbindliche Termine im Rahmen seiner Leistungen einzuhalten hat.” Auf Seite 30 des Leitfadens schließlich ist ausgeführt, dass bei einzelnen Versicherern mittlerweile ein zusätzlicher Versicherungsschutz für das besondere Risiko einer Überschreitung eines etwaigen vereinbarten Kostenrahmens oder eines Kostenlimits oder bei einer Nichteinhaltung der Kostenermittlungen möglich ist.


Die Bonus-Malus-Regelung soll zur zusätzlichen Kostensicherung erstmals von der Verwaltung eingesetzt werden. Erfahrungen mit einer solchen Regelung bestehen in sofern nicht.




Dr. Wolfgang Schuster

Anlagen
Anlage 1: Synopse Drees + Sommer/CPM
Anlage 2: Anschlussdetail
Anlage 3: Übersichtstabelle zu den Vor- und Nachteile Generalplanung/Einzelplanung

Anlage 1

Vergleich Machbarkeitsstudien Drees & Sommer und CPM


1. FlächenAnforderung/Raum-bedarfsprogramm
vom 31.03.2004
DreSo/HBA
CPM
Differenz/Anmerkungen
Programmfläche
7.747 m²
7.747 m²
7.232 m²
benötigt für die
Umsetzung
Raumprogramm!
515 m² = 6,6 %
      Nutzung 2. UG
      als HNF
absolut trockene
Lagerfläche
1. UG gleiche Qualität wie 2. UG
nicht berücksichtigt wg. Grundwasserstand648 m² HNF
Nutzung nach Einbau weiße Wanne möglich (Sammlung Steine etc.)
Durchdringung der weißen Wanne von 32 Stützen (Stand der Technik)
Nutzung
Bellingweg 15
Nutzung nach Modernisierung als Archivfür Archiv nicht benötigt, Verkauf oder anderweitige NutzungKostenvorteil CPM
Funktionsfläche (Technik)nach Bedarf
879 m² (11 %)
168 m² (2 %)
durch Technikplanung ausgelegt
Durchschnittswert für Neubauten 6-8 %
BGF gesamt




Verhältnis
HNF/BGF
vorhanden: 12.780 m²
Bellingweg 21 und 15
ohne 2. UG
12.452 m²



Bellingweg 21 und 15 ohne 2. UG
11.168 m²
Flächenersparnis durch Regalsystem
    nur Bellingweg 21 mit
    2. UG
    1.284 m ² = 10,5 %
    Regalsystem in Kosten enthalten
    62 %
    70 %
    Baukostenindex der Architektenkammer
    diff. nach Nutzung:
    49 % bis 79 %
    2. Kosten
    von 26.178.000 €
    bis 28.178.000 €
    von 15.360.000 €
    bis 16.690.000 €
    Bei CPM sind Einsparungen und Kostensteigerungen bauteilbezogen definiert, bei D+S handelt es sich allgemein um Unvorhergesehenes


    Das seitens CPM optimierte Raum-Funktionsmodell in Verbindung mit einer genaueren Ausarbeitung führt zu einer Differenz von 1.284 m² BGF.
    Diese Differenz ermöglicht es, auf die Nutzung des Gebäudes Bellingweg 15 zu verzichten.


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