Stellungnahme zum Antrag

299/2002

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 03/04/2003
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 4210-02



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Dr. Unold Ilse (CDU), Hill Philipp (CDU), Kauderer Robert (Freie Wähler), Metke Christina (CDU)
Datum
    08/19/2002
Betreff
    Umstellung der Möbelversorgung der Sozialhilfeempfänger von "Neumöbel" auf "Gebrauchtmöbel"
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Zu Ziffer 1:

Mit dem Antrag wird das Ziel verfolgt, ein neues Verfahren für die Verwertung von gebrauchten Möbeln (Abholung, Aufrichtung, Ausgabe) für die Versorgung von Haushalten von Sozialhilfebeziehern bzw. Haushalten von Geringverdienern zu initiieren. Ein neues Verfahren für die Abholung von noch verwendbaren Möbeln von Privathaushalten, die Lagerung und Wiederherstellung der Gebrauchsfähigkeit sowie die Ausgabe der Möbel sollte in einer Kooperation des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) mit den Sozialunternehmen konzipiert und durchgeführt werden. Die Einrichtung eines Wertstoffhofes wird bei der AWS erst bei einer Umstellung des Sperrmüllsystems zum Tragen kommen. Die Beschlussvorlage hierfür ist derzeit in Vorbereitung und soll im April/Mai diesen Jahres behandelt werden.

Die Sozialunternehmen (z. B. die Neue Arbeit) verfügen nicht über die erforderlichen Lagerkapazitäten, um eine flächendeckende Versorgung der Haushalte der Sozialhilfebezieher mit Gebrauchtmöbeln zu organisieren. Der Gebrauchtwareneingang über Spenden ist zudem nur begrenzt steuerbar. Der nachgefragte Bedarf (z. B. rd. 1.000 Kleiderschränke jährlich, errechnet aus
261 Einzelbewilligungen und 227 Komplettmöblierungen für eine Person im ersten Halbjahr 2002) kann nach Einschätzung der Fachleute ohne entsprechende Logistikstrukturen auch in Kooperation mit anderen Trägern nicht bereitgestellt werden.

Zum Aufbau dieser Strukturen ist eine Planungssicherheit über einen Zeitraum von fünf Jahren sowie der beständige entsprechende Bedarf und die Abnahme der Waren erforderlich. Unabhängig vom Kosten-/Nutzenverhältnis dieses Verfahrens kann die Verwaltung aufgrund der derzeit unsicheren Gesetzeslage (Hartz-Papier) keine sichere Aussage zum Bedarf für die nächsten fünf Jahre geben (vgl. GRDrs 751/2002).

Die Verwaltung wird zu gegebener Zeit einen Vorschlag zur Möbelversorgung der Haushalte von Sozialhilfeempfängern vorlegen.

Zu Ziffer 2:

Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden für den Vergleich nur die im o. a. Antrag explizit benannten Kommunen Ludwigsburg, Köln und München sowie mit Hannover und Bremen zwei weitere Städte in vergleichbarer Größe mit Stuttgart ausgewählt. Pauschalierte einmalige Beihilfen im Rahmen der Experimentierklausel gemäß
§ 101 a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) werden in den Städten München (seit 01.04.2002) und Stuttgart (seit 01.01.2001) gewährt.

Der Vergleich der Städte zeigt die Bandbreite der denkbaren Möglichkeiten zur Versorgung der Sozialhilfeempfänger mit Möbeln und Hausrat, vom strikten Sachleistungsprinzip mit Gebrauchtmöbelversorgung bis hin zur reinen Geldleistungsgewährung zu Neupreisen. Alle betrachteten Kommunen lassen jedoch Ausnahmen vom jeweiligen Grundsatz zu. Insofern liegen überall Mischformen in unterschiedlicher Ausprägung vor, was die Vergleichbarkeit erschwert.

Gemäß dem Individualitätsprinzip in der Sozialhilfegewährung (§ 3 BSHG) soll die Hilfe immer die Besonderheiten des Einzelfalles und der örtlichen Verhältnisse berücksichtigen. Deshalb sind alle dargestellten Regelungen als Richtlinien zur Entscheidungshilfe für die Sozialhilfesachbearbeiter/innen und als Instrument zur Sicherstellung einer einheitlichen Gewährungspraxis im Zuständigkeitsbereich eines Sozialhilfeträgers zu verstehen. Ausnahmen von den jeweiligen Grundsätzen der Beihilfegewährung sind daher in den internen Regelungen stets vorgesehen.

In der Gegenüberstellung in Anlage 1 werden die Grundsätze der Beihilfegewährung für Hausrat und Möbel in Kurzform dargestellt. Auf eine detaillierte Schilderung der Ausnahmetatbestände wird aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet. In der Regel handelt es sich bei den Ausnahmen um Personengruppen, denen eine Eigenbeschaffung von Gebrauchtwaren aufgrund persönlicher Einschränkungen nicht zugemutet werden kann (Senioren, schwangere Frauen) oder um Situationen, in denen unabweisbare lebensnotwendige Bedarfe sofort befriedigt werden müssen. Bei der Bewilligung von Elektrogroßgeräten gehen alle in der Übersicht dargestellten Kommunen (bis auf Ludwigsburg) i. d. R. von Neupreisen aus.

In Anlage 2 wird die Höhe der insgesamt gewährten einmaligen Beihilfen je Person im Vergleich der 16 großen Großstädte dargestellt (vgl. auch GRDrs 562/2002). Hier zeigt sich, dass Stuttgart in den Jahren 1999 und 2000 bei der Höhe der Beihilfen je Person an 7. bzw. 6. Stelle lag. Im Jahr 2001 sind die Aufwendungen je Person durch den einmaligen Einfluss der Übergangsregelung bei Einführung der pauschalierten einmaligen Beihilfen wieder angestiegen, so dass Stuttgart die dritthöchsten Aufwendungen je Person im Berichtsjahr 2001 aufzuweisen hat. Nach den Prognosen der Sozialverwaltung wird im Jahr 2002 wieder das Niveau des Jahres 2000 erreicht werden.

Mit Stand vom 30.06.2002 stellt sich die Situation auf der Ausgabenseite in Stuttgart folgendermaßen dar:

Für einmalige Beihilfen an Empfänger laufender Hilfe zum Lebensunterhalt wurden im ersten Halbjahr 2002 insgesamt rund 6,18 Mio. EUR aufgewendet. Davon entfielen auf die Empfänger von pauschalierten einmaligen Beihilfen
ca. 4,35 Mio. EUR (70,4 % der Aufwendungen), die restlichen Hilfeempfänger erhielten insgesamt ca. 1,83 Mio. EUR (29,6 %).

Von den Ausgaben für pauschalierte Fälle entfielen rd. 3,75 Mio. EUR (86 % der Ausgaben für diesen Personenkreis) auf die Pauschale selbst, für die hier relevanten Beihilfen für Hausrat wurden 0,32 Mio. EUR (7,3 % der Ausgaben für pauschalierte Fälle) aufgewendet.

Bei den Fällen ohne pauschalierte Beihilfengewährung wurden für Hausratsgegenstände 0,73 Mio. EUR (39,7 % der Ausgaben für diesen Personenkreis) aufgewendet.

Insgesamt sind also für Hausratsgegenstände im ersten Halbjahr 2002
1,05 Mio. EUR, d. h. rund ein Sechstel der Gesamtaufwendungen für einmalige Beihilfen, aufgewendet worden.

Die Nachfrage nach bestimmten Hausratsbedarfen ist aus den nachfolgenden Zahlen, die einen relativ verläßlichen Überblick über die Größenordnung des Hausratsbedarfs geben, zu entnehmen:

So wurden im ersten Halbjahr 2002 unter anderem folgende Beihilfen gewährt:

Darüber hinaus gab es noch in einer Vielzahl von Fällen Einzelbewilligungen für alle sonstigen Möbel, z. B. Betten, Stühle, sonstige Sitzgelegenheiten wie Sofas und Sessel.

Trotz der bereits erwähnten Ungenauigkeit zeigt sich hier, dass auch in pauschalierten Fällen viele Hausratsbedarfe noch einzeln bewilligt werden (Negativliste und Härtefallregelung).








Dr. Wolfgang Schuster Anlage 1: Modelle ausgewählter Städte und Landkreise mit Gebrauchtmöbelversorgung
Anlage 2: Entwicklung der Ausgaben für einmalige Beihilfen im Vergleich der großen Großstädte


Anlagen 1 und 2.doc