Protokoll:
Sozial- und Gesundheitsausschuss
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
71
1
Verhandlung
Drucksache:
GZ:
Sitzungstermin:
14.06.2021
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BMin Dr. Sußmann
Berichterstattung:
Herr Prof. Dr. Ehehalt (GesundhA),
Herr Dr. Heinsohn (StatA), Frau Reichhardt (SozA) und Herr Wagenknecht (WFB-K)
Protokollführung:
Herr Krasovskij
fr
Betreff:
Corona - Aktuelle Lage
- mündlicher Bericht -
Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigten Präsentationen sind dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen werden sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei sind die Präsentationen in Papierform angehängt.
Die Anträge Nrn. 173/2021 vom 06.05.2021 (90/GRÜNE), 174/2021 vom 04.05.2021 (SPD) und 181/2021 vom 12.05.2021 (90/GRÜNE) sind dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.
Zu Beginn wird vereinbart, diesen Tagesordnungspunkt gemeinsam mit den Tagesordnungspunkten 1a "Strukturdatenanalyse Corona", siehe heutige NNr. 72, und 1b "Informationen über die Impfkampagne", siehe heutige NNr. 73, zu behandeln.
Nach kurzen einleitenden Worten durch BMin
Dr. Sußmann
informiert zunächst Herr
Prof. Dr. Ehehalt
(GesundhA) die Ratsmitglieder ausführlich analog der Präsentation über die aktuelle Corona-Lage in Stuttgart.
Anschließend stellt Herr
Dr. Heinsohn
(StatA) dem Gremium analog der Präsentation in Kurzform die Ergebnisse der durch das Statistische Amt durchgeführten Studie Strukturdatenanalyse Corona vor. Neben der Präsentation ist diesem Protokoll auch eine Kurzversion dieser Studie mit einer Erläuterung der Zielsetzungen, der Herangehensweise und einer Interpretation der gewonnenen Erkenntnisse angehängt.
In seinem Vortrag verweist Herr Dr. Heinsohn insbesondere auch auf die Erkenntnis, dass in Stadtvierteln mit einem erhöhten Anteil an Nicht-EU-Ausländer*innen an der Gesamtbevölkerung ein erhöhtes Infektionsgeschehen festgestellt werden konnte. Er macht anschließend deutlich, wonach dies nicht bedeute, dass Nicht-EU-Ausländer*innen oder insgesamt Menschen mit einem Migrationshintergrund häufig an Corona erkrankten. Die Studie und ihre Ergebnisse würden keinen Rückschluss auf die Individualebene ermöglichen, somit bleibe weiterhin unklar, wer genau sich in den untersuchten Stadtvierteln mit dem Virus angesteckt habe. Zweifellos könne nur festgestellt werden, dass in Stadtvierteln mit einem erhöhten Anteil an Nicht-EU-Ausländer*innen an der Gesamtbevölkerung ein erhöhtes Infektionsgeschehen vorherrsche. Ähnlich äußert sich in diesem Zusammenhang auch BMin
Dr. Sußmann
. Die Vorsitzende betont dabei, dass in strukturschwächeren Stadtvierteln oder Stadtbezirken eine leichtere Ansteckung mit dem Corona aufgrund der häufig prekären Arbeits- und Lebensbedingungen der dort lebenden Menschen, bspw. durch enge Wohnverhältnisse oder fehlende Möglichkeiten für das Homeoffice, begünstigt werde. Davon unabhängig sei, ob die in diesen Vierteln lebenden Menschen einen Migrationshintergrund aufwiesen oder nicht.
In diesem Sinne äußern sich im Verlauf der nachfolgenden Aussprache übereinstimmend auch die
Ratsmitglieder
. Es wird allseits bedauert, dass die Studienergebnisse und Zahlen von manchen nicht wirklich hinterfragt worden sind, sondern zum Anlass genommen wurden, um Ressentiments gegenüber Menschen mit einem Migrationshintergrund zu schüren.
Darauf eingehend äußert Herr
Dr. Heinsohn
Bedauern darüber, dass die Studienergebnisse von manchen missbräuchlich dazu verwendet wurden, um bestimmte Bevölkerungsgruppen an den Pranger zu stellen. Er versichert, dass dies zu keinem Zeitpunkt Absicht der Studienersteller gewesen sei.
Grundsätzlich werden die Studie und deren Ergebnisse von den
Ratsmitgliedern
übereinstimmend aber als wichtiges Instrument bezeichnet, um mehr über die strukturellen Zusammenhänge im Hinblick auf das Infektionsgeschehen in Stuttgart und die Ausbreitung des Virus in bestimmten Stadtbezirken erfahren zu können, nicht zuletzt um anschließend in besonders betroffenen Bezirken und Stadtvierteln präventive Kampagnen, wie bspw. die zuletzt stattgefundene städtische Impfkampagne, durchführen zu können.
Im Folgenden zeigen sich die Stadträtinnen und Stadträte in ihren Wortmeldungen fraktionsübergreifend sehr erfreut über den Rückgang der Inzidenzwerte und Infektionszahlen in Stuttgart in den vergangenen Tagen und Wochen. Die StRinnen
Bulle-Schmid
(CDU) und
Yüksel
(FDP) warnen jedoch vor einem leichtsinnigen Verhalten der Bevölkerung und einer Missachtung der geltenden Abstandsregeln und Schutzmaßnahmen angesichts der aktuellen positiven Entwicklungen, da sich die Situation nicht zuletzt aufgrund der Ausbreitung der Virusmutationen auch schnell wieder verschlechtern könne. Konkret nehmen sie Bezug auf die vielen in der Stuttgarter Innenstadt am vergangenen Wochenende aufgrund des Sommerwetters feiernden Menschen und bezeichnen solche Menschenansammlungen als sehr besorgniserregend.
Auch Herr
Prof. Dr. Ehehalt
appelliert in diesem Zusammenhang an die Vernunft der Bevölkerung und spricht sich für die Einhaltung der Abstands- und Schutzmaßnahmen bei gemeinsamen Feiern aus. Gegenüber StRin Bulle-Schmid erklärt er, dass eine Maskenpflicht für öffentliche Plätze in der Innenstadt politisch diskutiert werden müsse. Grundsätzlich gebe es eine Empfehlung, überall dort eine Maske zu tragen, wo der gebotene Mindestabstand von 1,50 Metern auch im Freien nicht eingehalten werden könne.
Auf Fragen der StRinnen
Nuber-Schöllhammer
(90/GRÜNE) und
Meergans
(SPD) bezüglich der Ansteckungsfähigkeit von Geimpften eingehend, erklärt der
Gesundheitsamtsleiter
, dass eine Infektion bzw. ein positives Testergebnis auch bei vollständig geimpften Menschen leider nicht ausgeschlossen werden könne. Die aktuell verwendeten Impfstoffe würden nach der zweiten Impfung einen Infektionsschutz von 80 - 90 % bieten, der Schutzstatus nach der ersten Impfung liege bei ungefähr 30 %. Grundsätzlich gehe von positiv getesteten geimpften Personen in der Regel insgesamt ein geringes Ansteckungsrisiko für Andere aus, wenn auch Einzelfälle von Übertragungen, z. B. in sehr beengten Wohnverhältnissen, nicht ausgeschlossen werden können. Die Wahrscheinlichkeit der Übertragung hänge von bestimmten Faktoren ab, wie z. B. der Höhe der Viruslast, der Kontaktnähe und auch davon, ob die andere Person auch über einen Impfschutz verfügt. Unabhängig davon, sollten auch vollständig geimpfte Personen sich nach wie vor an die geltenden Abstands- und Schutzmaßnahmen halten, so Herr Prof. Dr. Ehehalt.
Gegenüber StRin
Nuber-Schöllhammer
erklärt der
Gesundheitsamtsleiter
weiter, dass man die Entwicklung der Situation an den Kitas und Schulen seit der Wiedereröffnung genau beobachte. Der erste Eindruck aber sei überaus positiv und bestätige die Annahme, dass die getroffenen Schutzmaßnahmen, dazu zählten auch die Impfungen des Lehrpersonals, erfolgreich gewesen seien.
Ferner sagt Herr Prof. Dr. Ehehalt zu, dass erste Ergebnisse der Cokos-Studie am 26.07.2021 von Vertretern der Uni Tübingen und des Klinikums Stuttgart im Sozial- und Gesundheitsausschuss vorgestellt werden sollen.
Bezugnehmend auf die Strukturdatenanalyse Corona bedauert StRin
Bulle-Schmid
, dass die Studie keine Erkenntnisse darüber liefere, wo genau sich die Menschen mit dem Corona-Virus angesteckt hätten. Genau diese Erkenntnis betrachtet die Stadträtin aber als die entscheidende Information. Außerdem stellt StRin Bulle-Schmid die Frage, weshalb gerade in Stadtvierteln mit einem erhöhten Anteil an von Nachtlärm Betroffenen an der Gesamtbevölkerung ein erhöhtes Infektionsgeschehen festgestellt worden sei.
Im Hinblick auf die Frage nach dem Ansteckungsort und der Quelle erklärt Herr
Prof. Dr. Ehehalt
, dass dies weiterhin bei ungefähr der Hälfte der Infektionsfälle nicht nachvollziehbar sei, was natürlich sehr unbefriedigend ist. Eine gewisse Unterstützung bei der Kontaktnachverfolgung könnte ein Projekt leisten, das in dieser Woche im Verwaltungsausschuss und anschließend im Gemeinderat vorgestellt werde, und mit dessen Hilfe man künftig ggf. die Bewegungsprofile der Infizierten besser nachvollziehen könnte. Bislang ist das familiäre Umfeld und der eigene Haushalt mit ca. 28 % aller bekannten Infektionsfälle der häufigste bekannte Ansteckungsort, so der Gesundheitsamtsleiter weiter. Das berufliche Umfeld hingegen spiele mit etwa 3,7 % nur eine untergeordnete Rolle bei den Ansteckungen, wobei hier naturgemäß Verfälschungen und Dunkelfelder möglich seien.
Generell würden die sinkenden Inzidenzwerte in Stuttgart zeigen, dass die Bundesnotbremse sowie die zur Kontaktreduktion getroffenen Maßnahmen neben den weiterhin geltenden Abstands- und Hygieneregeln erfolgreich gewesen seien. Eine Kontaktreduktion führe immer zu einer geringeren Viruszirkulation in der Stadt. Trotzdem gebe es in einer Großstadt wie Stuttgart auch mit den getroffenen Maßnahmen nach wie vor vielfältige Kontaktmöglichkeiten und eine hohe Anzahl an absoluten Kontakten, wodurch Ansteckungen nicht gänzlich verhindert werden könnten, was auch die Tatsache erkläre, dass die Inzidenzwerte in Stuttgart und in Großstädten im Allgemeinen nicht vergleichbar schnell absinken wie auf dem Land. Im Vorfeld hatte sich StRin
Meergans
erkundigt, weshalb der 7-Tage-Inzidenzwert für Stuttgart schon seit einiger Zeit nicht unter Marke von 35 falle.
Gegenüber StR
Pantisano
(Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei), der auf die nach wie vor hohen Inzidenzwerte bei den 3- bis 5-Jährigen sowie in der Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen (siehe hierzu Präsentation) verwiesen und nach den Gründen hierfür gefragt hatte, erklärt Herr
Prof. Dr. Ehehalt
, dass der Zusammenhang zwischen der Inzidenzentwicklung bei bestimmten Altersgruppen und solchen Menschenansammlungen in der Stadt, wie der am vergangenen Wochenende, unklar sei. Grundsätzlich könnten in einer Großstadt wie Stuttgart mit einer Vielzahl möglicher Kontakte Ansteckungen nicht gänzlich vermieden werden.
Im Zusammenhang mit der Frage nach dem Ort der Ansteckung machen die StRinnen
von Stein
(FW),
Schumann
(PULS) und
Nuber-Schöllhammer
darauf aufmerksam, dass manche Fahrgäste in den Bussen und Bahnen sich trotz der regelmäßigen Ansagen häufig nicht an die geltende Maskenpflicht halten würden, bzw. die Maske nicht korrekt über Nase und Mund tragen würden. StRin
Schumann
regt häufigere Kontrollen an. Darauf eingehend berichtet BMin
Dr. Sußmann
, dass die Einhaltung der Maskenpflicht durch die SSB regelmäßig kontrolliert werde. Dieses Thema werde mit Vertretern der SSB auch oft im städtischen Verwaltungsstab diskutiert. Die Vorsitzende sagt zu, die Anregung aus dem Gremium, die Kontrollen zu intensivieren, im Verwaltungsstab vorzubringen. In diesem Kontext ergänzt Herr
Prof. Dr. Ehehalt
, dass es derzeit keine Hinweise darauf gebe, dass der ÖPNV einen maßgeblichen Einfluss auf das Infektionsgeschehen in Stuttgart habe.
StRin
von Stein
stellt im Folgenden die Frage, welche Berufsgruppen, die nicht im Homeoffice arbeiten könnten, besonders von einer Ansteckung gefährdet seien. Die Stadträtin macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass gerade in vielen Lebensmittelmärkten die Maskenpflicht für das Personal nicht selten großzügig ausgelegt werde.
In seiner weiteren Wortmeldung macht StR
Pantisano
Zusammenhänge zwischen Erkenntnissen aus der Strukturdatenanalyse Corona und der bestehenden Stadt- und Verkehrsplanung in der Stadt Stuttgart aus. Der Stadtrat bezeichnet insbesondere die engen Wohnverhältnisse für Familien in den Sozialunterkünften und Flüchtlingsunterkünften aber auch bei den Empfängerinnen und Empfängern der Bonuscard insgesamt als ursächlich für die Ausbreitung der Pandemie in den besonders betroffenen Stadtbezirken. Er plädiert für eine Entzerrung der engen Wohnverhältnisse, dadurch, dass die Menschen z. B. in leerstehenden Hotels untergebracht würden.
Ferner spricht sich StR Pantisano dafür aus, dass die Erkenntnisse aus der vorliegenden Strukturdatenanalyse Corona genau betrachtet und diskutiert werden müssten, um Schlussfolgerungen zu ziehen, wie die Lebenssituation der Menschen in den besonders betroffenen Stadtbezirken und Stadtvierteln künftig verbessert werden könnte. Im Hinblick auf die anstehenden Haushaltsplanberatungen fordert der Stadtrat, dass wieder über die Idee einer sozialen Stadtentwicklungsplanung für die gesamte Stadt Stuttgart nachgedacht werden müsse. Ähnlich äußert sich im Folgenden hierzu auch StRin
Schumann
.
Abschließend kritisiert StR
Pantisano
, dass der Gemeinderat erst spät über die Existenz der Studie und deren Erkenntnisse erfahren habe, bzw. dem Rat bisher auch nur die Kurzversion der Studie und nicht die Langfassung vorliege.
Im weiteren Verlauf der Aussprache werden verschiedene Fragestellungen rund um das Thema Impfen und den aktuellen Stand der Impfkampagne diskutiert.
Allgemein berichtet Herr
Prof. Dr. Ehehalt
, dass in der Stadt Stuttgart weiterhin eine Impfstoffknappheit vorherrsche. Die gewünschte Beschleunigung der Impfkampagne und eine Steigerung des Impftempos seien maßgeblich abhängig von der Bereitstellung von zusätzlichen Mengen an Impfstoff. Der Gesundheitsamtsleiter merkt in diesem Zusammenhang an, dass die Stadt Stuttgart im Vergleich zu anderen Städten und Kommunen in Baden-Württemberg eine niedrigere Durchimpfungsquote der Bevölkerung aufweise. Zugleich sei es in einer Großstadt schwieriger als bspw. auf dem Land, sich vor einer Ansteckung zu schützen. Aufgrund dieser besonderen Lage und auch vor dem Hintergrund dessen, dass die derzeitige Inzidenz in Stuttgart den Wert des Vorjahres um das 6fache überschreite, spricht sich Herr Prof. Dr. Ehehalt dafür aus, dass der Stadt Stuttgart seitens des Bundes oder des Landes zusätzlicher Impfstoff zur Verfügung gestellt werden sollte, damit auch die niedergelassenen Hausärzte mit mehr Impfstoff versorgt werden könnten. Diese Fragestellung, so der Gesundheitsamtsleiter, müsse man weiter gemeinsam mit dem Referat WFB und im städtischen Verwaltungsstab besprechen.
Anschließend teilt Herr
Wagenknecht
(WFB-K) mit, dass die durch das Land zunächst bis zum 30.06.2021 geplante Impfkampagne an den Zentralen und Kommunalen Impfzentren bis zum 15.08.2021 verlängert worden sei. Das vom Klinikum Stuttgart betriebene Impfzentrum in der Liederhalle werde seinen Betrieb nach derzeitigem Stand bis zum 31.07.2021 aufrechterhalten, da die notwendige Infrastruktur nur bis zu diesem Datum bereitstehe.
Aufgrund des weiterhin vorherrschenden Impfstoffmangels könnten an den Impfzentren derzeit nur wenige Erstimpftermine angeboten und durchgeführt werden. Die Anzahl der Erstimpftermine am Impfzentrum in der Liederhalle liege aktuell pro Tag im dreistelligen Bereich, während an manchen Tagen in der Vergangenheit bereits schon über 5.000 Erstimpfungen durchgeführt worden sind. Trotz der Impfstoffknappheit an den Impfzentren werde durch ein gutes Impfstoffmanagementsystem nach allen Möglichkeiten versucht zu verhindern, dass vereinbarte Impftermine wieder abgesagt werden müssten.
Herr Wagenknecht berichtet weiter, dass man sich in Stuttgart, ungeachtet der voraussichtlichen baldigen Schließung der Impfzentren, dafür entschieden habe, bis zum Ende des Betriebs Erstimpftermine durchzuführen. Die Zweitimpfung müsste nach Schließung der Impfzentren dann bei den niedergelassenen Ärzten erfolgen. Tatsächlich werde angesichts der geplanten Betriebsaufgabe an den Impfzentren auch versucht, möglichst Impfstoffe mit einer nicht allzu langen Zeitspanne zwischen den beiden Impfungen zu verabreichen, damit vor der Schließung noch möglichst viele Menschen einen vollständigen Impfschutz erhielten.
Im Folgenden informiert Frau
Reichhardt
(SozA), bezugnehmend auf die vorliegenden Anträge Nr. 173/2021 (90/GRÜNE), Nr. 174/2021 (SPD) und Nr. 181/2021 (90/GRÜNE), die Ratsmitglieder über den Ablauf der kürzlich durchgeführten städtischen lokalen Impfkampagne. Diese sehr niedrigschwellige und durch mobile Impfteams des Städtischen Klinikums sowie begleitende niedergelassene Ärzte umgesetzte Impfaktion habe vom 22. - bis zum 29.05.2021 in vier Stadtbezirken mit einem erhöhten Infektionsgeschehen (ausgehend von den Ergebnissen der Strukturdatenanalyse Corona) stattgefunden. Dies waren Bad-Cannstatt, Zuffenhausen, Mühlhausen und Feuerbach. Koordiniert und geplant wurde die Impfaktion durch die Abteilung Sozialplanung in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt, dem Statistischen Amt und der Abteilung SI-IP sowie unter Beteiligung von Bezirksvorsteher*innen, zahlreichen Ehrenamtlichen und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, sowie verschiedener Vereine und sozialer sowie öffentlicher Institutionen in den Stadtbezirken.
Im Vorfeld habe die Verwaltung die geplante Impfaktion mit dem Sozialministerium des Landes Baden-Württemberg abgestimmt, sodass die damals noch geltende Impfpriorisierung für die Interessierten ausnahmsweise aufgehoben werden konnte und somit der Zugang zu den Impfungen für alle Bürgerinnen und Bürger im Stadtbezirk offenstand. Die Stadt Stuttgart, so Frau Reichhardt weiter, habe vom Land jedoch leider keinen zusätzlichen Impfstoff für die Impfkampagne zur Verfügung gestellt bekommen, sondern musste auf bestehende Reserven der Impfzentren zurückgreifen. Dieser Umstand wird anschließend auch durch BMin
Dr. Sußmann
bedauert.
Frau
Reichhardt
berichtet weiter, dass die Impfkampagne in den vor Ort bekannten sozialen oder öffentlichen Institutionen wie Moscheegemeinden, Jugendhäusern, Begegnungsstätten für Ältere etc. durchgeführt worden sei. Für die Impfinteressierten sei keine vorherige Anmeldung erforderlich gewesen und beim Ausfüllen und Verstehen der zahlreichen Dokumente hätten die zahlreichen Ehrenamtlichen die Menschen unterstützt.
Die Verwaltungsmitarbeiterin betont ferner, dass sich die Impfaktion ausschließlich an die Bürger*innen der vier Stadtbezirke richtete. Alle Impfinteressierten seien durch Dokumentenkontrolle überprüft worden, Impfwillige aus anderen Stadtbezirken oder Landkreisen mussten leider abgewiesen werden. Um Stigmatisierungen, Impfneid oder Impftourismus von vornherein zu verhindern, sei über die einzelnen Impfaktionen zudem im Vorfeld nicht öffentlich oder medial berichtet worden. Alle Informationen und Termine wurden ausschließlich lokal durch die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und die verschiedenen Institutionen vor Ort an die Impfinteressierten kommuniziert. Diese Vorgehensweise habe sich bewährt.
Trotz der eingeschränkten Öffentlichkeitsarbeit könne die städtische lokale Impfkampagne als überaus erfolgreich bezeichnet werden, so Frau Reichhardt. Das Angebot sei durch die Bürger*innen vor Ort sehr gut angenommen worden, und die Menschen hätten sich vielfach sehr dankbar gezeigt. Insgesamt seien an den acht Tagen der Impfaktion über 2.400 Impfdosen verschiedener Impfstoffe in 13 unterschiedlichen Einrichtungen verabreicht worden. Die Zweitimpfungen sollen im Impfzentrum Liederhalle oder über die Hausärzte erfolgen. Alle notwendigen Informationen hierzu hätten die Impfinteressierten erhalten.
Es sei gelungen, in allen vier Stadtbezirken vor allem auch Menschen mit einem besonderen Unterstützungsbedarf zu erreichen. Zudem habe man bspw. auch Menschen, die über keinen Hausarzt verfügen, für die Zweitimpfung an einen Arzt vermitteln können. Auch sei es wichtig gewesen, die Gelegenheit zu nutzen, um Interessierte mit einem Unterstützungsbedarf für die weitere Begleitung an soziale oder gesundheitliche Institutionen und Strukturen vor Ort wie die Bürgerstiftung oder das Bürgerservice Leben im Alter zu vermitteln.
Außerdem seien im Rahmen der städtischen lokalen Impfaktion auch Videos in verschiedenen Sprachen gedreht worden, in denen auf die Wichtigkeit des Impfens auf der einen Seite und andererseits auch auf die weitere konsequente Einhaltung der Abstands- und Hygienemaßnahmen hingewiesen werde und die nun veröffentlicht werden sollen.
Abschließend erklärt Frau Reichhardt, dass die Verwaltung voraussichtlich Ende Juni 2021 eine weitere Impfaktion speziell für Menschen mit einem besonderen Unterstützungsbedarf in sozialen Institutionen plane, sofern genügend Impfstoff sowie mobile Impfteams zur Verfügung stünden. Unter den genannten Voraussetzungen seien künftig weitere lokale Impfaktionen in sozialen und öffentlichen Institutionen auch in anderen Stadtbezirken Stuttgarts denkbar.
Im weiteren Verlauf bezeichnet auch BMin
Dr. Sußmann
die durchgeführte städtische lokale Impfkampagne als überaus erfolgreich und dankt allen Beteiligten für die Koordination und die Umsetzung. Dem schließt sich auch Frau
Reichhardt
an.
Anschließend äußert sich Herr
Wagenknecht
zur Frage der allgemeinen Verfügbarkeit und der Kapazität von mobilen Impfteams sowie den Überlegungen hinsichtlich dem Aufbau von weiteren mobilen Impfteams. Er berichtet, dass mobile Impfteams grundsätzlich ein Teil der Zentralen oder Kommunalen Impfzentren, und damit ein Instrument der Impfkampagne des Landes für die Laufzeit der Impfzentren, seien. Die Impfzentren würden entsprechend den Vorgaben des Landes den Impfauftrag erfüllen und erhielten hierfür einen Kostenersatz. Der Verwaltungsmitarbeiter macht deutlich, dass die Stadt Stuttgart dementsprechend nicht beliebig über die mobilen Impfteams und deren Ein-sätze sowie Einsatzgebiete verfügen könne und sich da an die Rahmenvorgaben des Landes richten müsse.
Dank der mobilen Impfteams konnte in Stuttgart bereits im März dieses Jahres die vollständige Impfung von besonders vulnerablen älteren Menschen in Alten- und Pflegeheimen abgeschlossen werden. Daran anschließend, hätten die mobilen Impfteams aufsuchend Impfungen in Gemeinschaftseinrichtungen mit einer erhöhten Verletzlichkeit der Bewohner*innen, wie in Frauenhäusern, Obdachlosen- oder Flüchtlingsunterkünften, durchgeführt. In Absprache mit dem Sozialministerium könnten die mobilen Impfteams auch Vor-Ort-Impfaktionen in besonders sozial und ökonomisch benachteiligten Stadtbezirken oder Regionen durchführen, wie kürzlich im Rahmen der städtischen lokalen Impfaktion in den vier Stadtbezirken geschehen, um Menschen zu erreichen, bei denen aufgrund ihrer Arbeits- oder Lebensumstände ein deutlich erhöhtes Infektionsrisiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung bestehe.
Trotz ihrer Flexibilität könnten mobile Impfteams pro Tag nur ca. 500 Impfungen verabreichen, während die Kapazität der stationären Impfzentren täglich bei bis zu 6.000 Impfungen liege. Bislang hätten die mobilen Impfteams seit dem Start der Impfkampagne ungefähr 17 % der insgesamt verabreichten Impfungen durchgeführt.
Abschließend erklärt Herr Wagenknecht, dass derzeit ein weiterer Aufbau von zusätzlichen mobilen Impfteams aufgrund des nach wie vor bestehenden Impfstoffmangels nicht vorgesehen sei. Endgültig müsse über diese Frage im Lichte der weiteren Entwicklungen auf dem Impfstoffmarkt entschieden werden. Auch der weitere Einsatz der verfügbaren mobilen Impfteams sei von der Verfügbarkeit des Impfstoffes abhängig. Dabei sei nicht unwahrscheinlich, dass die Stadt Stuttgart aufgrund der im Vergleich zu anderen Landkreisen und Kommunen niedrigeren Durchimpfungsquoten der Bevölkerung weitere zusätzliche Impfdosen von Bund oder Land erhalte.
Im Folgenden zeigen sich die StRinnen
Rühle
(90/GRÜNE),
Meergans
,
Bulle-Schmid
,
Yüksel
,
von Stein
und StR
Pantisano
sehr erfreut über die erfolgreich durchgeführte städtische lokale Impfkampagne in den vier Stadtbezirken mit einem erhöhten Infektionsgeschehen und danken der Verwaltung für die Planung und allen Beteiligten, und vor allem auch den Ehrenamtlichen, für ihre Mitarbeit vor Ort.
Bezugnehmend auf die geplante Schließung des Impfzentrums in der Liederhalle äußern die Ratsmitglieder fraktionsübergreifend Kritik und große Bedenken. Es wird übereinstimmend gefordert, dass das Land seine Planungen nochmals überdenken und den Betrieb des Impfzentrums in der Liederhalle aufgrund des großen Bedarfes, und vor allem auch vor dem Hintergrund, dass Stuttgart bei den Durchimpfungsquoten der Bevölkerung aktuell hinter vielen benachbarten Landkreisen und Kommunen liege, über den 31.07.2021 hinaus verlängern sollte. Andernfalls sehen die Stadträtinnen und Stadträte die große Gefahr, dass die gesamte Impfkampagne ins Stocken geraten könnte, da auch die niedergelassenen Ärzte neben ihrem Tagesgeschäft die Schließung der Impfzentren nach Ansicht der Ratsmitglieder wohl kaum ausgleichen könnten. Gleichzeitig machen die Ratsmitglieder fraktionsübergreifend deutlich, dass bei einer möglichen Schließung der Impfzentren die Zweitimpftermine derjenigen, die in den Impfzentren oder durch mobile Impfteams die erste Schutzimpfung bereits erhalten haben, sichergestellt werden müssten. Hier müsse insbesondere die Terminvergabe und konkrete Vermittlung an einen niedergelassenen Hausarzt geklärt sein, wenn die zweite Impfung nicht mehr im Impfzentrum verabreicht werden könne. Dies gelte auch für Menschen, die ihre erste Impfung durch die mobilen Impfteams bekamen oder solche, die über keinen festen Hausarzt verfügen.
In diesem Kontext sagt Herr
Wagenknecht
eine Prüfung bezüglich der Organisation der Zweitimpftermine nach Schließung der Impfzentren zu. Heute sei er dazu allerdings noch nicht sprechfähig.
Auf die ablehnenden Äußerungen aus dem Gremium in Bezug auf die geplante Schließung des Impfzentrums in der Liederhalle eingehend, sagt BMin
Dr. Sußmann
zu, dass sie das Votum des Sozial- und Gesundheitsausschusses im städtischen Verwaltungsstab darlegen werde, sobald man das Thema dort wieder diskutieren wird. Die Ratsmitglieder sollen in der Sache evtl. über den Ältestenrat weiter auf dem Laufenden gehalten werden und auch im Sozial- und Gesundheitsausschuss werde man weiter über die Entwicklungen in Sachen Impfzentren berichten.
Mit Verweis auf die erfolgreiche städtische lokale Impfkampagne sprechen sich die StRinnen
Rühle
,
Bulle-Schmid
und
Meergans
für weitere ähnliche Aktionen insbesondere an (sozialen) Brennpunkten in der Stadt aus. Die Stadträtinnen bedauern dabei, dass das Land für solche Impfaktionen bislang keinen zusätzlichen Impfstoff zur Verfügung stelle. Zudem plädieren sie insgesamt dafür, dass die Stadt Stuttgart aufgrund ihrer besonderen Situation als Landeshauptstadt mit einer großen Anziehungskraft für viele Menschen und der bislang niedrigen Durchimpfungsquoten in Stuttgart weiteren Impfstoff von Bund oder Land erhalten sollte. In diesem Zusammenhang möchte StRin
Rühle
wissen, in welchen weiteren Stadtbezirken in Stuttgart ein erhöhtes Infektionsgeschehen vorliege bei gleichzeitig niedrigen Durchimpfungsquoten der Bevölkerung.
Noch einmal bezugnehmend auf die durchgeführte städtische Impfkampagne regt StRin
Meergans
an, bei weiteren ähnlichen Aktionen in Zukunft das Angebot im Vorfeld doch etwas öffentlichkeitswirksamer zu bewerben, um sicherzugehen, dass auch wirklich alle Interessierten im Stadtbezirk, und nicht nur die sozial gut angebundenen, erreicht würden und andererseits, um auch ggf. eine noch vorhandene Verunsicherung und Impfskepsis bei der Bevölkerung durch medizinische Expertise und evtl. auch aufsuchende Elemente rechtzeitig auszuräumen.
Abschließend werden weitere wenige Verständnisfragen der Ratsmitglieder zu den Berichten durch die Verwaltung beantwortet.
Danach stellt BMin
Dr. Sußmann
fest:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss hat von den Berichten
Kenntnis genommen.
Die
Anträge
sind
damit erledigt
.
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