Landeshauptstadt Stuttgart
Technisches Referat
Gz: T
GRDrs 569/2022
Stuttgart,
10/21/2022


Bericht zum Bauwerkszustand der Rosensteinbrücke



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
Bezirksbeirat Bad Cannstatt
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
25.10.2022
26.10.2022

Bericht:


Von den Ergebnissen des Büros Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure (LAP) vom 16.09.2022 zum Bauwerkszustand der Rosensteinbrücke wird zustimmend Kenntnis genommen.


1. Bericht zum Bauwerkszustand der Rosensteinbrücke

1.1 Angaben zur Rosensteinbrücke

Die bestehende Rosensteinbrücke wurde 1953 errichtet. Die Brücke überquert den Neckar als Bundeswasserstraße und verknüpft Bad Cannstatt mit der Neckarvorstadt. Mit einer lichten Weite von 66,5 m überführt das Bauwerk vier Fahrspuren und zwei Stadtbahngleise und verbindet die Neckartalstraße mit der Schöne- bzw. Badstraße. Die Brückenbreite beträgt 24,5 m.

Die Rosensteinbrücke wurde als Spannbetonkonstruktion konzipiert und im Spannblockverfahren hergestellt. Bei diesem speziellen Spannverfahren werden sehr viele Spanndrähte lagenweise konzentriert in einem Spanngliedkasten verlegt. Das Tragsystem ist außergewöhnlich filigran ausgebildet. Die Querschnittsgeometrie der Längs- und Querträger wurden soweit reduziert, dass im bestehenden Bauwerk keine wesentlichen Traglastreserven vorhanden sind.


1.2 Anlassbezogene Bauwerksprüfung

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat mit Obmannschreiben vom November 2021 auf neue Erkenntnisse zu wasserstoffinduzierten Spanungsrissen infolge korrosiver Belastung hochempfindlicher Spannstähle bei Bauwerken, die im Spannblockverfahren errichtetet wurden, hingewiesen.

Anlässlich dieses Schreibens wurde der gesamte Brückenbestand im Stadtgebiet einer Recherche unterzogen. Im Ergebnis wurde die Rosensteinbrücke als im Spannblockverfahren hergestellte Brücke identifiziert. Entsprechend der Empfehlung des Obmannschreibens des Bundesministeriums wurde eine vertiefte Bauwerksprüfung mit einer Spanndrahtentnahme und –beprobung an der Rosensteinbrücke durchgeführt, um den beschriebenen Hinweisen, die auf einen Ausfall von Spanndrähten hindeuten, nachzugehen. Die Bauwerksprüfung wurde vom Büro Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure (LAP) durchgeführt.


1.3 Erkennen sicherheitsrelevanter Brückenschäden

Im Ergebnisbericht zur Bauwerksprüfung der Rosensteinbrücke von LAP wird das Schadensbild wie folgt beschrieben:

- Spanngliedparallele Risse an allen Stegaußenflächen
- gebrochene Einzeldrähte
- Korrosion an Drähten, teilweise mit Querschnittsverlust
- ungenügender Verpresszustand der Spanndrähte

Die von LAP festgestellten Schäden an der Rosensteinbrücke sind mit den im Obmannschreiben dargelegten Schadensbild vergleichbar. Entsprechend den Hinweisen des Schreibens können die Längsrisse an den Stegflächen der Spannbetonträger als Signal für den Ausfall mindestens eines Drittels aller Spanndrähte eines konzentrierten Spannglieds in einem Querschnitt gewertet werden.

Auf die Rosensteinbrücke bezogen deuten die festgestellten Schäden auf eine erhebliche negative Beeinflussung der Standsicherheit des Bauwerkes hin.

Um die Auswirkungen des Spanngliedausfalls auf die Resttragfähigkeit des Bestandsbauwerks bewerten zu können wurde von LAP eine statische Nachrechnung des Bauwerkes unter Berücksichtigung verschiedener Schadenszustände und Gebrauchslastzustände veranlasst.

Im Ergebnis wurde festgestellt, dass unter der Annahme eines Ausfalls der Spannglieder von bis zu 30 % und der Begrenzung der Verkehrslasten auf reinen Fußgänger- und Radverkehr auf den Kragarmen aktuell eine noch ausreichende Tragfähigkeit vorhanden ist. Im Falle einer fortschreitenden Schädigung und einer Ausfallrate der Spannglieder von > 30 % ist die Standsicherheit des Bauwerks nicht mehr gegeben. Eine konkretere Aussage zur Resttragsicherheit des Bauwerkes ist nicht möglich.

Für eine gesamthafte Bewertung ist zu berücksichtigen, dass im Vergleich zwischen dem aktuellen Bauwerkszustand 2022 und dem Prüfbericht der letzten Hauptprüfung aus dem Jahr 2020 eine fortschreitende Schädigung des Überbaus festgestellt wurde. Es kann angenommen werden, dass Feuchtigkeit und Temperatur zu einer weiter fortschreitenden Schädigung des Tragwerks führen.




1.4 Sperrung des Brückenbauwerks

Auf Basis des Berichts von LAP und der Empfehlung des Obmannschreibens hat das Tiefbauamt entschieden das Bauwerk mit Datum vom 12. Mai 2022 für den gesamten motorisierten Verkehr zu sperren, davon ausgenommen sind Fußgänger und Radfahrer.

Eine Umleitungsstrecke für den motorisierten Verkehr ist eingerichtet. Die Stadtbahnlinien U13 und U16 und die Buslinien 52 und 56 verkehren seither über die König-Karls-Brücke.

Zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit ist ggf. auch eine vollständige Sperrung der Brücke erforderlich. Der Fuß- und Radverkehr würde im Fall einer Vollsperrung über die benachbarte Wilhelmsbrücke umgeleitet. Die Umleitungsstrecke hat eine Länge von knapp 400 m und ist barrierefrei.


1.5 Prüfung temporärer Hilfsunterstützungen für die Bestandsbrücke

Unter Berücksichtigung der Vorgaben des Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes wurde von LAP geprüft, ob eine mögliche Unterstützung der Brücke mit Hilfsstützen im Neckar eine verlängerte Restnutzungsdauer der Rosensteinbrücke ermöglichen könnte. Eine statische Betrachtung führte zu der Erkenntnis, dass die Hilfsstützen eine Lastumlagerung verursachen, die von dem bestehenden filigranen Tragsystem nicht aufgenommen werden kann. LAP empfiehlt die Planung temporärer Hilfsunterstützungen nicht weiterzuverfolgen.


1.6 Prüfung von Verstärkungen bzw. Ertüchtigungen der Bestandsbrücke

Als mögliche Option wurde untersucht, ob die Bestandsbrücke verstärkt bzw. ertüchtigt werden kann, um die vorhandenen Traglastdefizite zu kompensieren. Denkbare Verstärkungen bzw. Ertüchtigungen sind bei der Rosensteinbrücke aufgrund der konstruktiven Besonderheiten und dem hohen Schädigungsgrad der Brücke nach Aussage von LAP nicht umsetzbar.


1.7 Prüfung einer Behelfsbrücke über den Neckar

Eine Behelfsbrücke könnte theoretisch neben der heutigen Brückenachse errichtet werden, außerhalb der für einen Brückenneubau benötigten Flächen. In dieser Lage ist eine Nutzung der Brücke durch die Stadtbahnen und den motorisierten Individualverkehr ausgeschlossen. Die Behelfsbrücke könnte demnach nur Fuß- und Radverkehr aufnehmen. Im Hinblick darauf, dass dem Fuß- und Radverkehr mit der Wilhelmsbrücke eine alternative Neckarquerung zur Verfügung steht, sind der Aufwand und die Kosten für die Planung und Errichtung einer Behelfsbrücke allein für diese beiden Verkehrsarten unverhältnismäßig hoch. Aus diesem Grund wird die Planung einer Behelfsbrücke über den Neckar nicht weiterverfolgt.


2. Empfehlung zum Rückbau der bestehenden Rosensteinbrücke

Die Standsicherheit der Brücke ist nicht mehr dauerhaft gewährleistet, bzw. kann nicht wiederhergestellt werden. Um ein unangekündigtes Versagen der Brücke zu verhindern und um die Verkehrssicherheit der Schifffahrt auf der Bundeswasserstraße zu gewährleisten empfiehlt LAP den möglichst zügigen Rückbau der Rosesteinbrücke. Bis zum Zeitpunkt des Rückbaus wird die Brücke in verdichteten Zeitintervallen einer Bauwerksprüfung unterzogen.

Die Vorlage 535/2022 behandelt den Rückbau und den Ersatzneubau der Rosensteinbrücke. Die Geometrie einer neu zu planenden Brücke wird maßgeblich bestimmt vom Verkehrsstrukturkonzept für Bad Cannstatt und die Neckarvorstadt. Aus dem Konzept lassen sich die Brückenbreite und die Kreuzungsgeometrie vor und hinter der Brücke ableiten. Diese konzeptionellen Überlegungen sind der Brückenplanung vorgelagert und werden derzeit vom Amt für Stadtplanung und Wohnen erarbeitet.




Beteiligte Stellen

WFB, SOS, SWU, SSB


Vorliegende Anträge/Anfragen

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Dirk Thürnau
Bürgermeister





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