Protokoll: Jugendhilfeausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
40
3
VerhandlungDrucksache:
350/2020
GZ:
SI
Sitzungstermin: 15.03.2021
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BMin Fezer
Berichterstattung:die Vorsitzende, Herr Benneweg (SozA)
Protokollführung: Frau Kappallo
Betreff: 40. Stuttgarter Flüchtlingsbericht

Vorgang: Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 16.11.2020, öffentlich, Nr. 134
Jugendhilfeausschuss vom 16.11.2020, öffentlich, Nr. 137
jeweiliges Ergebnis: Vertagung
Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 14.12.2020, öffentlich, Nr. 153
Ergebnis: Kenntnisnahme
Jugendhilfeausschuss vom 05.02.2021, öffentlich, Nr. 28
Ergebnis: Zurückstellung

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration vom 03.11.2020, GRDrs 350/2020.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Herr Benneweg berichtet im Sinne der Präsentation zum 40. Stuttgarter Flüchtlingsbericht der Landeshauptstadt Stuttgart. Als Ziele formuliert Herr Benneweg neben der Erarbeitung von neuen Lösungsansätzen zur Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen in den Gemeinschaftsunterkünften die Umstellung der verbleibenden Unterkünfte auf 7 m² Wohnfläche sowie die Einführung einer flächendeckenden WLAN-Versorgung in den Gemeinschaftseinrichtungen.

StRin Ciblis (90/GRÜNE) lobt die Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung, den Ehrenamtlichen sowie den Bildungspartnern vor Ort. Die Schulschließungen als Maßnahme gegen die Pandemie sieht ihre Fraktion kritisch in Bezug auf das fehlende WLAN in den Unterkünften. Unabhängig von der Pandemie sei die WLAN-Versorgung im Sinne einer nachhaltigen Kommunikation unabdingbar als Investition in die Zukunft. Kinder und Jugendliche litten sehr unter der Pandemie, und für Geflüchtete mit traumatischen Fluchterfahrungen müsse die Situation erheblich schwieriger sein, so StRin Ciblis. Sie erkundigt sich, ob für die psychologische Unterstützung von Flüchtlingen vermehrt Ressourcen eingeplant seien. Darüber hinaus interessiert sie die Weiterführung des ehrenamtlichen Engagements im Flüchtlingsbereich.

Herr Benneweg unterrichtet, in den meisten Unterkünften sei die ehrenamtliche Mitarbeit nahezu zum Erliegen gekommen, da es sich häufig um Personen handle, die als vulnerabel angesehen werden können. Ebenso seien fast alle Projekte, die die Freizeitgestaltung betreffen, zum Stillstand gelangt. Im Rahmen der Corona-Regelungen sei das ehrenamtliche Engagement nach wie vor erlaubt. Aufgrund dessen werde dieser Punkt in den Fokus gerückt und auf die Ehrenamtlichen zugegangen.

StR Mörseburg (CDU) äußert sich erfreut über die Umstellung auf 7 m² Wohnraum in den Flüchtlingsunterkünften. In diesem Zusammenhang weist er auf die Problematik für Familien hin, privaten Wohnraum in Stuttgart zu finden. Die Betreuung von Kindern und Jugendlichen in Regelbetrieben von Kita und Schule sollte seitens der Stadt aktiv angegangen werden.

Dem Dank sich anschließend äußert StR Pantisano (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRA-TEN Tierschutzpartei), das Thema sei bereits in anderen Ausschüsse erörtert worden, weswegen ihn heute ausschließlich die Frage der Betreuung von Kindern unter 3 Jahren interessiert.

StRin Meergans (SPD) erkundigt sich, was mit den geflüchteten Menschen passiert, die vorübergehend eine Bleibe in Stuttgart gefunden hätten, ob diese Mietverhältnisse längerfristig ausgelegt seien. Wenn die Geflüchteten einen privatrechtlichen Mietvertrag unterzeichneten und nach kurzer Zeit die Kündigung erhielten, greife das Wohnungsnotfallhilfesystem der Stadt, erläutert Herr Benneweg. Mit den Trägern der Flüchtlingshilfe und den Ehrenamtlichen werde versucht, im Vorhinein die Mietverhältnisse zu überprüfen und die Flüchtlinge hinsichtlich der Konsequenzen zu beraten.

Wenn Flüchtlingskinder kein WLAN in den Unterkünften vorfänden, bemerkt StRin Meergans, könnte die Bildungsgerechtigkeit nicht greifen. Darüber hinaus richtet sie die Bitte an die Verwaltung, zukünftig die Situation der UMA innerhalb des Berichts aufzunehmen. Dazu erörtert Frau Dr. Heynen (JugA), bei den UMAs könne insgesamt ein Rückgang festgestellt werden. Bei dieser Personengruppe sei es sehr wichtig, den Übergang in eigenen Wohnraum, in Ausbildung und in die Selbstständigkeit zu unterstützen. Allerdings habe sich hierbei eine Routine entwickelt. Sie hoffe allerdings, dass das Jugendstärkegesetz, das im Mai verabschiedet werde, die Situation der UMAs insgesamt verbessert.

StRin Höh (FDP) freut sich, dass der Wohnraum auf 7 m² fast flächendeckend erfolgt sei. Allerdings müsste ebenso flächendeckend der WLAN-Zugriff in den Unterkünften gewährleistet sein.

Im Namen der Träger merkt Frau Preiß an, auf die Geflüchteten unter 28 Jahren müsste nach dem KJHG ein größerer Fokus gerichtet werden, da diese Gruppe mehr als 50 % der Geflüchteten ausmache. Hinsichtlich des Übergangs von Jugendlichen in die Volljährigkeit greife das SGB II, wobei die Unterstützung durch die Jugendhilfe ende. In welcher Art und Weise werden die jungen Erwachsenen fortan vom Jobcenter betreut, möchte sie wissen. Darüber hinaus bemängelt sie wie ihre Vorrednerinnen die ungenügende WLAN-Versorgung für Jugendliche und Kinder, da diese Situation ein hohes Bildungsrisiko darstelle. Aufgrund dessen fordere sie von der Verwaltung einen Sachstandsbericht zu diesem Thema mit einer zeitlichen Perspektive. Auf erneute Nachfrage hinsichtlich des Ausbaus und ob sich als Interimslösung eine Ausstattung mit SIM-Karten eigne, erörtert Herr Benneweg, aktuell gebe es keine Unterkunft, die mit einem städtischen WLAN ausgestattet sei. Zwei bis drei Unterkünfte verfügten aufgrund ehrenamtlichen Engagements über WLAN. In anderen Unterkünften gebe es ausschließlich Insellösungen, z. B. mit UMTS als Interim, wobei sich die Betreuung dieser Lösungen schwierig gestaltet. Leider könne er aktuell keinen Zeitplan vorstellen, wann diese Situation behoben werde, äußert Herr Benneweg. In den Unterkünften sollte eine Lösung analog der in der Bibliothek angewandten mit einem öffentlichen WLAN angestrebt werden.

Die Vorsitzende erörtert, der WLAN-Ausbau in den Flüchtlingsunterkünften werde seitens der Verwaltung intensiv verfolgt, wobei sich die Fragen nach der Haftung inzwischen geändert hätten und dadurch weniger rechtliche Vorbehalte vorhanden seien. Nach intensiver Prüfung sei festgestellt worden, VPN-Zugänge sowie ein Zugang über SIM hätten rechtliche sowie technische Defizite. Die Ausstattung mit WLAN werde präferiert, allerdings setze der technische Ausbau häufig bauliche Maßnahmen voraus. Damit Bildung gelinge, werden aktuell die Lernräume ausgebaut sowie das Lernmobil als Unterstützung eingesetzt.

Der Ausbau der Digitalisierung betreffe neben der Stadt sämtliche Träger, merkt Herr Biermann an. Er bitte die Verwaltung um den Einsatz eines strengen Monitorings in den Unterkünften, wie sich die Situation vor Ort darstellt. Der Ausbau sei eine dringende Maßnahme zur Verbesserung der Bildungsgerechtigkeit für Kinder. Seiner Ansicht nach bräuchte es für jede Unterkunft Interimslösungen, auch wenn sie nicht optimal seien. Hinsichtlich des Monitorings sagt die Vorsitzende eine Überprüfung zu. Herr Benneweg unterrichtet über eine Erhebung in den Flüchtlingsunterkünften unter dem Aspekt, ob es Kinder gebe, die von Bildung abgehängt werden. Dem sei nicht so, erörtert Herr Benneweg, da die Kinder durch die Notbetreuung abgedeckt seien, wenn kein Homeschooling möglich sei. Die Standorte werden individuell unter Hinzunahme der Schulen betrachtet, ergänzt Herr Benneweg.

Die Vorsitzende äußert sich erfreut über die Hinweise, da das Vorurteil herrsche, Kinder in den Flüchtlingsunterkünften würden seit Schulschließung keine Bildung mehr erfahren. Es gebe eine Vielzahl von Angeboten jenseits der Unterkünfte, die sich speziell an die Gruppe von Kindern und Jugendlichen richteten, wie Notbetreuung, die erweiterten Wohnzimmer der Träger, Nachhilfe und Unterstützung durch die Träger sowie die Mentorenprogramme in diesem Bereich. An WLAN hänge viel, allerdings entscheide WLAN nicht über Bildung, so die Vorsitzende.

Herr Arpad schließt sich seinen Vorredner*innen an und bemerkt, die Lernräume müssten in den Unterkünften ausgebaut werden. Bezogen auf die Verweildauer in den Vorbereitungsklassen interessiert ihn, wie ein Übergang in die Regelklassen beschleunigt werden könne.

Zu der WLAN-Versorgung in den Unterkünften führt Herr Benneweg aus, er sehe die Situation ebenso wie die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses, dass der Ausbau forciert werden müsse. Mit Nachdruck werde dieses Thema seit Beginn der Pandemie verfolgt. Allerdings komme erschwerend hinzu, für 102 Unterkünfte ein flächendeckendes Konzept zu erstellen. Aktuell werde geprüft, was in den Unterkünften als Interimslösung vorhanden sei, um diese mehr Menschen zur Verfügung zu stellen. Der zweite Schritt sehe die Erstellung einer Konzeption vor, die einen infrastrukturellen Ausbau mit einem Standard und gleichen Zugangsmöglichkeiten in allen Unterkünften ermögliche, ergänzt Herr Benneweg.

Im Rahmen der letzten Online-Sitzung zur Mädchenpolitik führt Frau Olgun-Lichtenberg (OB-ICG) aus, dass ein intensiver Blick auf die Mädchen in den Gemeinschaftsunterkünften vorgenommen worden sei. Dabei seien große Unterschiede im Freizeitverhalten zwischen den Jungen und Mädchen in den Unterkünften festgestellt worden. Die Mädchen verschwänden aus dem öffentlichen Leben, da die Schulen geschlossen seien. Aufgrund dessen müssten die Mädchen gestärkt und ermutigt werden, Angebote außerhalb der Unterkünfte, sofern möglich, wahrzunehmen.

Frau Weegmann regt ein Rundschreiben für die Träger an mit Informationen zur Kitaplatzsuche vonseiten der geflüchteten Familien. Ein entsprechendes Schreiben gebe es im Bereich der Hilfen zur Erziehung, das für die Träger sehr hilfreich sei. Zu den Kindern, die einen Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung haben, führt Frau Dr. Heynen aus, die Situation sei aufgrund fehlender Plätze schwierig. Darüber hinaus komme erschwerend hinzu, dass die Eltern nicht den Zugangskriterien entsprächen, wie Berufstätigkeit oder in Ausbildung befindlich. Hinsichtlich der Aufnahmekriterien sei zwischenzeitlich das Alter des Kindes mit aufgenommen worden, da es hochproblematisch sei, wenn Kinder bis zum 4. oder 5. Lebensjahr noch keine Kita besucht hätten. Deswegen sei die niederschwellige Betreuung in den Spielstuben in den Unterkünften so bedeutsam. Allerdings sei selbstverständlich das Ziel, so Frau Dr. Heynen, die Kinder in die Kitas aufzunehmen. Zu dem Ausbau der Angebote in den Unterkünften sehe sie den Ausbau der Lernräume sowie den der Gruppenangebote als hilfreich an. Allerdings müsse noch mehr für die Kinder in den Gemeinschaftsunterkünften unternommen werden.

BMin Fezer stellt fest:

Der Jugendhilfeausschuss hat von der GRDrs 350/2020 Kenntnis genommen.
zum Seitenanfang
File Attachment Icon
PPP TOP 3 GRDrs 350-2020 - Flüchtlingsbericht.pdf