Protokoll: Jugendhilfeausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
584/2023
GZ:
JB
Sitzungstermin: 10.07.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BMin Fezer
Berichterstattung:Frau Heugel, Herr Radecke (beide JugA)
Protokollführung: Frau Kappallo fr
Betreff: Entwicklung im Bereich der Inobhutnahme für unbegleitete minderjährige Ausländerinnen und Ausländer (UMA ION)

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Jugend und Bildung vom 03.07.2023, GRDrs 584/2023, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Von der Entwicklung im Bereich der UMA ION wird Kenntnis genommen.

2. Der befristeten Bereitstellung von weiterhin 15 Plätzen in der Kupferstr. 29 und 20 Plätzen in der Wollinstr. 4 im Bereich der UMA ION und dem damit verbundenen Personalbedarf im Umfang von insgesamt 38,35 VZK bis zum 31.12.2025 wird zugestimmt.
3. Dem zusätzlichen vordringlichen Personalbedarf in Höhe von 24,9 VZK im Zuge der Bereitstellung von weiteren 25 Plätzen im Bereiche der UMA ION verbunden mit der Inbetriebnahme eines zusätzlichen Standortes in der Siemensstraße 43 wird zugestimmt.

4. Zur Abdeckung des zusätzlichen Platzbedarfs in Höhe von 20 Plätzen und dem damit verbundenen vordringlichen Personalbedarf in Höhe von 18,25 VZK zur Einrichtung eines Stellenpools bzw. zur Abdeckung der Quarantänevorschriften im Bereich der UMA ION wird zugestimmt.

5. Es wird zugestimmt, die vorhandene 1,0 VZK in S17 SuE (510.6022.001) zur Unterstützung der Leitung für den gesamten ION Bereich in der Kernerstr. 36 einzusetzen.

6. Dem bis 31.12.2025 befristeten Personalbedarf im Umfang von 12,2 VZK für das Sachgebiet UMA (1,0 VZK Sachgebietsleitung 510.3064.0014, 5,0 VZK Sozialarbeit, 0,7 VZK Alterseinschätzung, 4,0 VZK Wirtschaftliche Jugendhilfe (WJH) UMA, 1,5 VZK Sekretariat) wird zugestimmt.

7. Dem bis 31.12.2025 befristeten Personalbedarf im Umfang von 0,5 VZK in EG 11 TVöD für den Bereich Entgeltfinanzierung und 2,0 VZK in A11 für den Bereich der Amtsvormundschaften wird zugestimmt.

8. Die Verwaltung wird ermächtigt, für die unter Beschlussziffer 3, 4 und 6 benannten Personalbedarfe, ab sofort bis zum 31.12.2023 Personal im Umfang von 49,15 VZK zu beschäftigen.

9. Liegt der Auslastungsgrad der UMA ION über eine Zeitdauer von drei Monaten bei über 115 %, wird die Verwaltung ermächtigt, zur Schaffung weiterer Plätze zunächst außerhalb des Stellenplans in entsprechendem Umfang Personal zu beschäftigen. Über formale Stellenschaffungen ist spätestens im Rahmen des darauffolgenden Stellenplanverfahrens zu entscheiden.

10. Die Personal- und Sachaufwendungen werden im Teilergebnishaushalt 510 - Jugendamt, Amtsbereich 5103633 - Förderung der Erziehung (HzE) gedeckt. Den entsprechenden überplanmäßigen Aufwendungen im Haushaltsjahr 2023 - sowie im Vorgriff auf das Haushaltsjahr 2024 - wird, wie im Abschnitt "Finanzielle Auswirkungen" dargestellt, zugestimmt. Die Deckung erfolgt über Mehrerträge bei Kontengruppe 348 - Kostenerstattungen und -umlagen im selben Amtsbereich.


Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Eingangs führt die Vorsitzende in die Vorlage ein und erwähnt, mit der Vorlage werde über die aktuellen Entwicklungen und Ressourcenbedarfe im Bereich der UMA ION informiert.

Die Vorlage zeige die deutlich steigenden Bedarfe auf, so StRin Nuber-Schöllhammer (90/GRÜNE), wobei sie davon ausgehe, dass die Zahlen konstant bleiben. In diesem Zusammenhang stellt die Stadträtin bezogen auf die Stellenbesetzungen die Frage, ob es überhaupt realistisch sei, Fachkräfte zu finden, die an einer befristeten Einstellung interessiert wären. Hinsichtlich des Personalbedarfs bemerkt Frau Dr. Heynen (JugA), wenn Sozialarbeiter*innen eingestellt werden, könnten diese aufgrund des Fachkräftebedarfs im Jugendamt davon ausgehen, weiterbeschäftigt zu werden. Sie vermute, dass der Personalbedarf in diesem Arbeitsfeld bestehen bleibt, da die Inobhutnahmen kontinuierlich stiegen. Die Gemengelage gehe mit weiteren Inobhutnahme-Kapazitäten sowie Wohngruppen einher, wobei allerdings die Zusammenarbeit mit den anderen Jugendämtern, dem KVJS sowie der Ausländerbehörde inzwischen besser gelinge. Die Jugendamtsleiterin erwähnt, ihr persönlich sei an einer Grundausstattung gelegen, die dauerhaft beibehalten werden könne. Frau Heugel (JugA) äußert, die Stellen für die Inobhutnahme-Einrichtungen werden befristet geschaffen, das Personal werde aufgrund der Fluktuation allerdings unbefristet eingestellt.

Eine weitere Frage beschäftigt StRin Nuber-Schöllhammer, wie es den jungen Menschen psychisch in den Inobhutnahme-Stellen gehe. Der Prozess der vorläufigen Inobhutnahme der Geflüchteten hänge davon ab, wie gut die jungen Menschen diese Situation aushielten, dass die pädagogische Betreuung niederschwelliger - ohne pädagogisches Begleitprogramm - sei, als bei anderen Jugendhilfeangeboten, so Frau Heugel. Auf eine weitere Frage von StRin Nuber-Schöllhammer bemerkt Frau Heugel, die jungen Ausländer*innen seien "ordentlich" untergebracht, teilweise in regulären 2-Bett-Zimmern, wobei auch 3- oder 4-Bett-Zimmer, je nach Zimmergröße und Belegungsdichte, belegt werden. Stundenweise werde den jungen Menschen Deutschunterricht erteilt, wobei auch der Zugang zu Sport- und Freizeitangeboten möglich sei. Die psychische Belastung der jungen Menschen, so Frau Heugel, sei in der Übergangsphase noch nicht so offensichtlich. Allerdings werde die psychische Belastung im Anschluss in den Wohngruppen sowie im betreuten Einzelwohnen bei den jungen Menschen sichtbar.

StRin Nuber-Schöllhammer möchte wissen, ob in der Kernerstraße auch unbegleitet minderjährige Ausländer*innen untergebracht seien. Am Standort in der Kernerstraße werden noch minderjährige Flüchtlinge untergebracht, merkt Frau Dr. Heynen an. Die bestehenden Standorte für die UMA seien aktuell überbelegt, wobei am Standort in der Kernerstraße zwischen sechs und zehn junge Menschen in der Erstaufnahme-Quarantäne-Einrichtung aufgenommen werden, äußert Frau Heugel. Anschließend werde der Standort in der Siemensstraße mit den UMA belegt. Erklärtes Ziel sei, dass die Inobhutnahme in der Kernerstraße keine jugendlichen Geflüchteten mehr habe, da jeder Platz für die jüngsten Kinder benötigt werde. Ein weiteres Ziel sei, dass der Zeitraum in der Inobhutnahme so kurz wie möglich ist, ergänzt Frau Heugel. Zur Verweildauer fügt Herr Radecke (JugA) an, es dauere ca. einen Monat bis die Alterseinschätzung stattgefunden habe, und dabei erklärt werde, ob eine Umverteilung vorgenommen werde, wobei diese im Regelfall innerhalb von zwei bis drei Wochen stattgefunden habe. Bei Zweifelsfällen hinsichtlich des Alters komme ein weiteres halbes Jahr aufgrund der Wartezeiten am Klinikum Heidelberg hinzu, bis das Alter festgestellt werden könne. Bezogen auf eine Frage von StRin Nuber-Schöllhammer nach den Vormundschaften für die UMA antwortet Herr Radecke, die AGDW berät und betreut Flüchtlinge in Flüchtlingsunterkünften und übernimmt Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Bei der vorläufigen Inobhutnahme werde kein Vormund bestellt, merkt Frau Dr. Heynen an.

Eine Frage von StR Dr. Nopper (CDU) richtet sich nach der eingangs von der Vorsitzenden erwähnten Sachlage, dass die sonstige Inobhutnahme mit der Inobhutnahme der UMA korrelieren würde, was mit dieser Aussage gemeint sei. Wenn insgesamt die Zahlen der Inobhutnahme stiegen, so Frau Dr. Heynen, stelle sich eine herausfordernde Situation für das gesamte System dar.


BMin Fezer stellt fest:

Der Jugendhilfeausschuss stimmt dem Beschlussantrag einmütig zu.

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