Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz: SI
GRDrs 168/2017
Stuttgart,
05/08/2017


Flexiblisierung ambulant betreuter Wohnformen: Weiterentwicklung des Wohntrainings



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Sozial- und GesundheitsausschussKenntnisnahmeöffentlich29.05.2017

Bericht:


Mit der GRDrs 415/2015 „Stuttgarter Fokus-Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ wurde der Verwaltung der Auftrag erteilt, das ambulant betreute Wohnen mit Wohntraining für erwachsene Menschen mit geistiger, körperlicher und mehrfacher Behinderung weiterzuentwickeln und für weitere Zielgruppen (v. a. für Personen mit höherem Hilfebedarf) zu öffnen.

Ansatzpunkt ist die Weiterentwicklung des ersten Modellprojekts zur Erweiterung ambulant betreuter Wohnformen, das im März 2011 erfolgreich abgeschlossen wurde (GRDrs 110/2011 „Flexibilisierung ambulant betreuter Wohnformen“).

Von den 224 Stuttgarter Bürgerinnen und Bürgern, die in der Landeshauptstadt Stuttgart nach der Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum ambulant betreuten Wohnen mit Wohntraining nach §§ 53, 54 ff SGB XII ambulant betreut werden, erhielten zum Stichtag 30.03.2017 insgesamt 43 Personen Leistungen des Wohntrainings, davon 22 Personen Wohntraining I und 21 Personen Wohntraining II.

Die Sozialplanung des Sozialamts hat gemeinsam mit den Leistungserbringern der Behindertenhilfe und dem Fallmanagement des Sozialamts ein Vorhaben entwickelt, um den Auftrag gemäß der GRDrs 415/2015 „Stuttgarter Fokus-Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ umzusetzen. Hintergrund und Entwicklung des Vorhabens, der genaue Ablauf und die Ziele sowie der Zeitplan werden in Anlage 1 (Bericht zur Weiterentwicklung des Wohntrainings) beschrieben.

Während eines Zeitraums von fünf Jahren wird die bestehende Vereinbarung (GRDrs 110/2011 „Flexibilisierung ambulant betreuter Wohnformen“) in ausgewählten ambulant betreuten Wohngemeinschaften unter folgenden Gesichtspunkten geprüft:

1. Einführung eines Wohntrainings für Menschen mit hohem Hilfebedarf durch Schaffung einer Hilfebedarfsgruppe 4, die bislang nur im stationären Wohnen vorgesehen ist

2. Überprüfung der derzeitigen Regelung zur Dauer des Wohntrainings (in der Regel jeweils 2 Jahre für Wohntraining I und Wohntraining II)

3. Aufzeigen von Hindernissen bei der Nutzung des Kriseninterventionskonzepts


Folgende 6 Leistungserbringer der Behindertenhilfe in der Landeshauptstadt Stuttgart nehmen an dem Projekt teil: Caritasverband für Stuttgart e. V., Lebenshilfe Stuttgart e. V., Diakonie Stetten e. V., Köperbehindertenverein-Stuttgart e. V., Nikolauspflege - Stiftung für blinde und sehbehinderte Menschen, Liebenau - Therapeutische Einrichtungen gGmbH.

Das Projekt beginnt mit dem Bezug der ersten Wohngemeinschaft von Menschen mit Behinderung und hohem Hilfebedarf, voraussichtlich zum 01.07.2017 in einer Wohngemeinschaft der Diakonie Stetten e. V. in Stuttgart-Weilimdorf. Zur Mitte der Projektlaufzeit (1. Quartal 2020) wird ein Zwischenbericht vorgelegt. Das Projekt wird mit einem Abschlussbericht (3. Quartal 2022) beendet.

Das Projekt steht unter dem Vorbehalt der neuen leistungsrechtlichen Regelungen, die in Folge des am 16.12.2016 verabschiedeten Bundesteilhabegesetz (BTHG) zu erarbeiten sind. Zum derzeitigen Zeitpunkt ist nicht im Detail absehbar, wie ab dem 01.01.2020 die Hilfebedarfsbemessung und die Vereinbarungen zu betreuten Wohnangeboten für Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung in Baden-Württemberg geregelt sein werden. Das Vorhaben entspricht der Stärkung des personenzentrieren Ansatzes, der durch das BTHG betont wird. Es können dadurch bereits jetzt Menschen mit hohem Hilfebedarf in kleine, dezentrale und ambulant betreute Wohngemeinschaften umziehen. Durch die Erprobung und Auswertung können weitere wichtige Erkenntnisse gewonnen werden, unter welchen Bedingungen Menschen mit einer geistigen Behinderung und hohem Hilfebedarf ambulant betreut leben können.

Das Vorhaben trägt somit zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in der Landeshauptstadt Stuttgart bei und setzt den Auftrag des Gemeinderats an die Verwaltung gemäß der GRDrs 415/2015 „Stuttgarter Fokus-Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ um. Es unterstützt darüber hinaus die Weiterentwicklung der Angebote für Menschen mit geistiger, körperlicher und mehrfacher Behinderung in der Landeshauptstadt Stuttgart und trägt dazu bei, eine ausdifferenzierte und innovative soziale Infrastruktur zu entwickeln, die individuelle und flexible Lösungen für die Unterstützungsbedarfe von Menschen mit Behinderung bereitstellt.


Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

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Werner Wölfle
Bürgermeister





1. Bericht zur Weiterentwicklung des Wohntrainings

Bericht zur Weiterentwicklung des Wohntrainings

1. Ausgangslage

Mit der GRDrs 110/2011 „Flexibilisierung ambulant betreuter Wohnformen“ wurde das Leistungssystem im ambulant betreuten Wohnen für Menschen mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung in der Landeshauptstadt Stuttgart um zwei zusätzliche Stufen ergänzt.

Zusätzlich zu den drei Hilfebedarfsgruppen (HBG), die dem Landesrahmenvertrag Baden-Württemberg entsprechen, wurden das Wohntraining I und das Wohntraining II eingeführt. Es handelt sich dabei um Zuschläge zum regulären ambulant betreuten Wohnen.
Das Wohntraining I entspricht einem Zuschlag von 80 % der Summe, die im ambulant betreuten Wohnen für die Betreuung einer Person gezahlt wird, das Wohntraining II einem Zuschlag von 40 %. Die beiden Zuschläge werden in der Regel jeweils für 2 Jahre gewährt. Laut der aktuell gültigen Vereinbarung liegen die Pauschalen in folgender Höhe:
AbW-Pauschale
(in EUR)
AbW-Pauschale
+ Wohntraining I
(in EUR)
AbW-Pauschale
+ Wohntraining II
(in EUR)
HBG 1
623,76
1.122,78
873,27
HBG 2
891,28
1.604,32
1.247,80
HBG 3
1.561,35
2.810,44
2.185,90

Das Wohntraining ist in zwei Stufen gestaltet, um Übergänge von stationären zu ambulant betreuten Wohnformen zu erleichtern und das Leistungssystem insgesamt durchlässiger zu gestalten. Das Wohntraining I ermöglicht eine sehr intensive Begleitung von Neuaufnahmen in das ambulant betreute Wohnen und wird bei Bedarf direkt im Anschluss einer stationären Unterbringung gewährt. Das Wohntraining II kann einen weniger intensiv betreuten Übergang in das ambulant betreute Wohnen ermöglichen und dabei sowohl im Anschluss an das Wohntraining I, als auch ohne vorhergehendes Wohntraining I gewährt werden. Es bietet zudem die Möglichkeit einer zeitlich begrenzten Krisenintervention für alle Menschen mit Behinderung im ambulant betreuten Wohnen, auch wenn sie zuvor nie in einer stationären Einrichtung gelebt haben.

Die Entscheidung zu einer Gewährung des Wohntrainings trifft das Sozialamt, Art und Dauer des Wohntrainings wird dabei in der Regel im Rahmen des Hilfeplanverfahrens zwischen dem Fallmanagement des Sozialamts, dem Menschen mit Behinderung sowie dem Leistungserbringer vereinbart.

Von den 224 Stuttgarter Bürgerinnen und Bürgern mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung, die in der Landeshauptstadt Stuttgart ambulant betreut werden, erhielten zum Stichtag 30.03.2017 insgesamt 43 Personen Leistungen des Wohntrainings, davon 22 Personen Wohntraining I und 21 Personen Wohntraining II.

Die Pauschalen im ambulant betreuten Wohnen liegen selbst einschließlich der Zuschläge im Wohntraining unter den Vergütungen im stationären Wohnen. Diese werden mit jedem Leistungserbringer einzeln verhandelt, so dass sie je nach Größe einer Einrichtung und Zusammensetzung der Bewohnerschaft sehr unterschiedlich ausfallen können.

Im Gegensatz zu stationären Wohnformen erhalten Menschen im ambulant betreuten Wohnen über die Eingliederungshilfe hinaus Grundsicherung. Zudem besteht bei anerkanntem Pflegebedarf die Möglichkeit, Pflegeleistungen zu erhalten. Im stationären Wohnen ist dies gemäß § 43a SGB XI auf aktuell maximal 266 EUR begrenzt, auch bei sehr hohem Pflegebedarf. Dieser wird in stationären Einrichtungen dann aus der Vergütung der Eingliederungshilfe gedeckt.

Die Erfahrungen aus dem Modellprojekt zur Flexibilisierung ambulant betreuter Wohnformen im Zeitraum von Januar 2006 bis März 2011 hatten deutlich gemacht, dass mit Hilfe des Wohntrainings die Lebensqualität der beteiligten Menschen mit Behinderung deutlich gesteigert werden konnte (GRDrs 110/2011 „Flexibilisierung ambulant betreuter Wohnformen“). Durch das Wohntraining wurde ermöglicht, dass Menschen mit Behinderung aus stationären Einrichtungen in kleine, dezentrale und ambulant betreute Wohngemeinschaften umziehen und dort dauerhaft leben können. Menschen mit Behinderung, die noch bei ihren Eltern leben, können durch das Wohntraining neue Alternativen geboten werden. Die Aufschlüsselung in einem variablen Modell hat sich dabei als äußerst sinnvoll erwiesen, um personenzentrierte und passgenaue Unterstützungs- und
Assistenzangebote entwickeln zu können.


Diese ausgesprochen positiven Erfahrungen aus dem Modellprojekt haben sich in der anschließenden Laufzeit der „Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum ambulant betreuten Wohnen mit Wohntraining nach §§ 53, 54 ff SGB XII“, die zum 01.04.2011 in Kraft trat, bestätigt.

Im Rahmen des Beteiligungsprozesses zum Stuttgarter Fokus-Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention haben sich in der Zeit von Oktober 2014 bis Mai 2015 betroffene Menschen und deren Angehörige gemeinsam mit Experten aus der Behindertenhilfe und Vertretern aus Politik und Verwaltung der Landeshauptstadt Stuttgart mit dem aktuellen Leistungssystem in der Behindertenhilfe beschäftigt. Sie haben konkrete Vorschläge gemacht, wie die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) im Hinblick auf Wohnangebote in der Landeshauptstadt Stuttgart umgesetzt werden kann. Diese beinhalten unter anderem die Forderung, das bestehende Wohntraining im ambulant betreuten Wohnen weiterzuentwickeln und für weitere Zielgruppen (v. a. für Personen mit höherem Hilfebedarf) zu öffnen.

Mit der GRDrs 415/2015 „Stuttgarter Fokus-Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ wurde der Verwaltung der konkrete Auftrag erteilt, das ambulant betreute Wohnen mit Wohntraining auf der Grundlage dieser Forderung weiterzuentwickeln.

Die Sozialplanung des Sozialamts hat daraufhin im Zuge der jährlichen Planungsgespräche mit den Leistungserbringern der Behindertenhilfe die Erfahrungen mit dem Wohntraining abgefragt und anschließend ausgewertet. Zudem wurden die Rückmeldungen des Fallmanagements des Sozialamts zur Nutzung des Wohntrainings ebenfalls gesammelt und ausgewertet. Unter der Fragestellung möglicher Weiterentwicklungen sind dabei folgende Punkte relevant:

1. Menschen, die in stationären Angeboten leben und in der Hilfebedarfsgruppe 4 eingestuft sind, finden sich in den Leistungsstufen des ambulant betreuten Wohnens, das nur drei Hilfebedarfsgruppen vorsieht, nicht wieder. Um diesen Personen dennoch eine ambulante Betreuung zu ermöglichen, wurden bislang in Einzelfällen Absprachen getroffen. Eine allgemeingültige Vereinbarung für Menschen mit einer Hilfebedarfsgruppe 4 existiert im ambulant betreuten Wohnen jedoch nicht.


2. Die Regellaufzeiten von jeweils 2 Jahren im Wohntraining I und II sind nicht für alle Menschen angemessen. Rückmeldungen aus dem Fallmanagement und von den Leistungserbringern machen deutlich, dass regelmäßig Fälle auftreten, bei denen die o. g. Regeldauer nicht ausreichend ist, um die Verselbständigungspotentiale der betroffenen Menschen so zu erschließen, dass sie mit der regulären Pauschale im ambulant betreuten Wohnen auskommen. Gemäß der geschlossenen Vereinbarung zum ambulant betreuten Wohnen mit Wohntraining wurde bei diesen Personen das Wohntraining über die Regeldauer von jeweils 2 Jahren in den beiden Stufen Wohntraining I und II hinaus fortgesetzt. Eine Auswertung der der Sozialverwaltung vorliegenden Datensätze zum Stichtag 30.03.2017 hat ergeben, dass von den insgesamt 43 Personen, die Wohntraining erhalten, bei insgesamt 10 Personen das Wohntraining über die Regeldauer hinaus bewilligt wurde. Bei 5 Personen wurde dabei bereits im Wohntraining I aufgrund hohen Hilfebedarfs die Laufzeit über 2 Jahre hinaus bewilligt, weitere 5 Personen erhalten bereits seit mehr als zwei Jahren Wohntraining II.

3. Das Kriseninterventionskonzept, das ebenfalls Teil der Vereinbarung ist, wird selten genutzt. Zum Teil liegt dies laut Aussagen einiger Leistungserbringer an der mangelnden Bekanntheit des Konzepts, zum Teil an einer von manchen Leistungserbringern als aufwändig empfundenen Struktur des Konzepts.

Ausgehend von diesen Rückmeldungen sowie einer Bestandserhebung im Wohntraining I und II hat die Sozialplanung gemeinsam mit den Leistungserbringern der Behindertenhilfe in einem Vorgespräch im Oktober 2016 folgendes Vorhaben erarbeitet, mit dem gemäß dem Auftrag aus der GRDrs 415/2015 „Stuttgarter Fokus-Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ das Wohntraining im ambulant betreuten Wohnen weiterentwickelt und für Menschen mit hohem Hilfebedarf geöffnet werden soll.

2. Vorhaben

In einem Zeitraum von 5 Jahren wird in ausgewählten, ambulant betreuten Wohngemeinschaften erprobt, wie Menschen mit hohem Hilfebedarf aus stationärer Betreuung oder einer Betreuung bei Angehörigen in eine eigene Wohnung bzw. Wohngemeinschaft wechseln können.

Erreicht werden soll dieses Ziel durch die modellhafte und zeitlich zunächst auf die Projektlaufzeit von 5 Jahre befristete Einführung einer vierten Hilfebedarfsgruppe im ambulant betreuten Wohnen. Die Höhe der HBG 4 richtet sich dabei nach dem Ansatz, mit dem bereits in Einzelfällen Menschen, die zuvor stationär betreut wohnten, ein ambulant betreutes Wohnen ermöglicht wird. Dabei wird die HBG 3 zu Grunde gelegt und um den Zuschlag des Wohntrainings II ergänzt. Die Sätze der einzelnen Hilfebedarfsgruppen sowie des Wohntrainings liegen somit in folgender, monatlicher Höhe:

AbW-Pauschale
(in EUR)
AbW-Pauschale
+ Wohntraining I
(in EUR)
AbW-Pauschale
+ Wohntraining II
(in EUR)
HBG 1
623,76
1.122,78
873,27
HBG 2
891,28
1.604,32
1.247,80
HBG 3
1.561,35
2.810,44
2.185,90
HBG 4 (neu)
2.081,80
3.747,24
2.914,52



Bei einem insgesamt höheren Hilfebedarf ist davon auszugehen, dass auch das Erschließen von Verselbständigungspotentialen eines höheren Aufwands bedarf und unter Umständen auch Schwankungen in der Entwicklung wahrscheinlicher sind (v. a. bei vorangegangener starker „Hospitalisierung“ oder hohem Hilfebedarf in Folge unangepasster Verhaltensweisen). Aus diesem Grund wird die Entwicklung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projekts im Hinblick auf die Notwendigkeit von Wohntraining I und II und deren jeweilige Laufzeiten dokumentiert und am Projektende ausgewertet. Dadurch soll eine Aussage ermöglicht werden, ob die derzeitige Regelung zur Dauer des Wohntrainings einer Ergänzung oder Flexibilisierung bedarf.

Die Dokumentation erfolgt einerseits durch die Auswertung der im Fallmanagement vorliegenden Entwicklungsberichte und andererseits durch freiwillige Interviews mit einzelnen Projekteilnehmerinnen und Projektteilnehmern mit HBG 4. Die Interviews sollen jeweils einmal zu Beginn und einmal zum Ende des Wohntrainings bzw. des Erprobungszeitraums durchgeführt werden.

Ergänzend werden auch die Entwicklungsberichte aller Personen herangezogen, die nicht an dem Projekt teilnehmen aber bereits in der Vergangenheit länger als 4 Jahre Wohntraining erhalten haben und bei denen eine erneute Verlängerung beantragt wurde oder im Projektzeitraum wird. Hierbei sollen vor allem die Gründe der Verlängerung betrachtet werden.

Im Bezug auf das Kriseninterventionskonzept werden die Informationen zum Ablauf des Verfahrens überarbeitet und so weit wie möglich vereinfacht.

Folgende Kriterien müssen erfüllt sein, damit eine Wohngemeinschaft an dem Vorhaben teilnehmen kann:

1. Es handelt sich um ein neues Wohnangebot oder ein neu beantragtes ambulant betreutes Wohnen für Betroffene mit HBG 4 in einem bestehenden Wohnangebot.

2. Wenn es sich um ein neues Wohnangebot handelt, muss darin mindestens eine Person in einer HBG 4 eingestuft werden bzw. zuvor in einem stationären Angebot in einer HBG 4 eingestuft worden sein.

3. Während der fünfjährigen Laufzeit der Erprobung muss eine Mindestteilnahme von 3 Jahren möglich sein (d. h. der späteste Einstieg in das Projekt ist 2 Jahre nach Beginn der Erprobung möglich).

4. Bereitschaft zur Dokumentation und Auswertung.

Der Erprobungszeitraum von 5 Jahren beginnt mit dem erstmaligen Bezug der ersten teilnehmenden Wohngemeinschaft.

3. Teilnehmende Leistungserbringer

Alle Leistungserbringer der Behindertenhilfe in der Landeshauptstadt Stuttgart wurden über den Auftrag der Weiterentwicklung des Wohntrainings gemäß GRDrs 415/2015 „Stuttgarter Fokus-Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ informiert und zu einer Informationsveranstaltung am 28.10.2016 eingeladen. Während dieser Veranstaltung wurde das hier beschriebene Vorhaben erarbeitet und abgestimmt.


Folgende Leistungserbringer haben daraufhin ihr Interesse an einer Teilnahme an dem Vorhaben bekundet:

Der Caritasverband für Stuttgart e. V. möchte mit einem neuen ambulant betreuten Angebot in Stuttgart-Wangen für 18 Personen in insgesamt vier Wohngemeinschaften teilnehmen. Der Startzeitpunkt steht derzeit noch nicht fest.

Die Lebenshilfe Stuttgart e. V. wird am 19.05.2017 das ehemalige Irene-Farenholtz-Haus neu eröffnen. Dort werden zwei ambulant betreute Wohngemeinschaften für jeweils 8 Personen mit hohem Hilfebedarf entstehen. Je nach Bezug (bzw. bei Bezug durch mindestens eine Person mit HBG 4) würde die Lebenshilfe mit diesen beiden Wohngemeinschaften gerne an der Erprobung teilnehmen. Darüber hinaus soll bis möglichst 2019 die Wohnanlage am Probstsee zumindest teilweise ambulantisiert sein. Auch dort entstehen Wohngemeinschaften, die für das Projekt in Frage kommen.

Die Diakonie Stetten e. V. hat zwei Wohnungen in Stuttgart-Weilimdorf angemietet. Hier werden zwei Wohngemeinschaften für insgesamt 6 Personen entstehen, unter denen 2 bis 3 Personen sein werden, die derzeit in der HBG 4 eingestuft sind. Der Bezug ist für Sommer 2017 geplant.

Der Körperbehindertenverein-Stuttgart e. V. übernimmt die Betreuung einzelner Bewohnerinnen und Bewohner des Neubaus des Siedlungswerks auf dem ehemaligen Staiger-Areal in Stuttgart-Nord (Ecke Nordbahnhofstraße/Friedhofstraße). In das Gebäude zieht voraussichtlich eine Einzelperson ein, die in Hilfebedarfsgruppe 4 eingestuft ist.

Die Nikolauspflege – Stiftung für blinde und sehbehinderte Menschen hat die Möglichkeit, in Stuttgart-Stammheim eine Wohngemeinschaft für 8 Menschen zu eröffnen. Eine endgültige Entscheidung zur Teilnahme steht noch aus.

Die Liebenau-Therapeutische Einrichtungen gGmbH plant langfristig zwei inklusive Wohnprojekte für Menschen mit höherem Hilfebedarf. In diesen Projekten soll jeweils eine Wohngemeinschaft für bis zu 8 Personen entstehen.

4. Weiteres Vorgehen

Während des Erprobungszeitraums erfolgen regelmäßige Abstimmungen zwischen dem Sozialamt und den teilnehmenden Leistungserbringern (mindestens jährlich).

Im Beirat Inklusion – Miteinander Füreinander wird das Vorhaben am 12.07.2017 vorgestellt. Der Beirat wird regelmäßig über den Fortgang unterrichtet.

Zur Mitte der Projektlaufzeit (1. Quartal 2020) wird ein Zwischenbericht vorgelegt.

Zum Ende der Erprobung (3. Quartal 2022) wird ein Abschlussbericht vorgelegt, der die Ergebnisse zusammenfasst und je nach Projektverlauf den Vorschlag zu einer neuen Vereinbarung enthält.

Das Projekt steht unter dem Vorbehalt der neuen leistungsrechtlichen Regelungen, die in Folge des am 16.12.2016 verabschiedeten Bundesteilhabegesetz (BTHG) zu erarbeiten sind. Zum derzeitigen Zeitpunkt ist nicht im Detail absehbar, wie ab dem 01.01.2020 die Hilfebedarfsbemessung und die Vereinbarungen zu betreuten Wohnangeboten für Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung in Baden-Württemberg geregelt sein werden. Durch das Vorhaben können jedoch bereits jetzt Menschen mit hohem Hilfebedarf in kleine, dezentrale und ambulant betreute Wohngemeinschaften umziehen. Durch die Erprobung und Auswertung können weitere Erkenntnisse gewonnen werden, unter welchen Bedingungen Menschen mit einer geistigen Behinderung und hohem Hilfebedarf ambulant betreut leben können.

Das Vorhaben trägt zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bei und setzt den Auftrag des Gemeinderats an die Sozialverwaltung gemäß der GRDrs 415/2015 „Stuttgarter Fokus-Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ um.

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