Protokoll:
Sozial- und Gesundheitsausschuss
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
139
2
Verhandlung
Drucksache:
700/2022
GZ:
Sitzungstermin:
28.11.2022
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BMin Dr. Sußmann
Berichterstattung:
Frau Faust-Mackensen (GesundhA),
Frau Reistenbach (Klinikum Stuttgart)
Protokollführung:
Herr Krasovskij
th
Betreff:
Verantwortungsbewusster Umgang mit Medikamenten - Eine Aufgabe der Suchtprävention
Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration vom 28.10.2022, GRDrs 700/2022. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.
Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll ist sie in Papierform angehängt.
Dieser Tagesordnungspunkt wird gemeinsam mit dem heutigen Tagesordnungspunkt 2a (siehe Niederschriftsnummer 140) aufgerufen.
BMin
Dr. Sußmann
leitet kurz im Sinne der Vorlage ein und betont, dass das Thema verantwortungsbewusster Umgang mit Medikamenten im Rahmen der Suchtprävention künftig stärker in den Blick genommen werde. Die Vorsitzende dankt allen Akteuren aus dem Bereich der Suchtprävention für ihre gute Arbeit. Dem Dank schließen sich fraktionsübergreifend auch die
Ratsmitglieder
an.
Anschließend stellt Frau
Reistenbach
(Klinikum Stuttgart) dem Gremium analog der Präsentation ein digitales Angebot des Klinikums zum verantwortungsbewussten Umgang mit Medikamenten vor.
In seiner Wortmeldung verweist StR
Dr. Rastetter
(90/GRÜNE) auf die Gefahren eines Medikamentenmissbrauchs, der schließlich zu einer Medikamentenabhängigkeit führen könne. Neben den Patientinnen und Patienten müssten vor allem auch die Ärzte für dieses Thema sensibilisiert werden, so der Stadtrat. In diesem Zusammenhang begrüßt er, dass bspw. die Verordnungszahlen von Benzodiazepinen sich in den vergangenen 20 Jahren nahezu halbiert hätten. Eine weitere positive Entwicklung sei, dass im Bereich der Anästhesie vor Narkosen heute in der Regel kein Beruhigungsmittel mehr verabreicht wird.
Zugleich macht der Stadtrat auf den Anstieg der Verordnungszahlen von Opioiden im Bereich der Schmerztherapie im Allgemeinen und besonders des Medikaments Pregabalin aufmerksam. StR Dr. Rastetter regt an, den verantwortungsbewussten Umgang mit Pregabalin im Rahmen des digitalen Präventionsangebotes ebenfalls zu berücksichtigen.
Im gleichen Kontext erklärt der Stadtrat, dass auch rezeptfreie Medikamente zu einer Abhängigkeit führen können und in den Blick genommen werden sollten, bspw. Nasensprays, die in Apotheken sehr niedrigschwellig erworben werden könnten.
Ferner führt StR Dr. Rastetter aus, dass vor allem viele ältere Menschen, besonders auch Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeeinrichtungen, oftmals Beruhigungsmittel und psychoaktive Medikamente einnehmen würden und er hier einen allgemeinen Aufklärungsbedarf in der Öffentlichkeit, aber auch mit Blick auf Ärzte und Apotheker sehe. Dies problematisieren im weiteren Verlauf der Aussprache auch die StRinnen
Bulle-Schmid
(CDU) und
Meergans
(SPD).
Auf die durchgeführte SCHULBUS-Studie (siehe Vorlage) eingehend, regt StR
Dr. Rastetter
an, die Ergebnisse dieser im Rahmen einer Sitzung des Jugendrates vorzustellen, um bei den Jugendlichen ein höheres Bewusstsein für einen verantwortungsvollen Umgang mit Medikamenten zu erreichen.
Bezugnehmend auf das vorgestellte digitale Präventionsangebot des Klinikums äußert der Stadtrat die Auffassung, dass die konzipierte Webseite durch Bilder und Videos aufgelockert werden und den Nutzern eine aktivere Rolle eingeräumt werden sollte. Zudem sollten eine gute Auffindbarkeit des Angebots und ein möglichst niedrigschwelliger Zugang sichergestellt werden. StR Dr. Rastetter betont abschließend, dass es wichtig sei, dieses Angebot durch das Klinikum und das Gesundheitsamt nun breit in der Öffentlichkeit und bei der Ärzteschaft zu bewerben. Dieselbe Meinung vertritt im Folgenden auch StRin
Meergans
.
StR
Dr. Mayer
(AfD) erklärt ebenfalls, dass die Erreichbarkeit der Zielgruppe durch das Präventionsangebot bestmöglich sichergestellt werden müsse, damit es wirken könne. In diesem Zusammenhang sollte über den Einsatz verschiedener Medien und Kanäle nachgedacht werden.
StRin
Bulle-Schmid
macht im Weiteren darauf aufmerksam, dass viele Menschen einfach aus Medikamentenunkenntnis oftmals zu viele Tabletten einnehmen würden. Deshalb brauche es auch seitens der Ärzteschaft und durch Apothekerinnen und Apotheker ein Mehr an Aufklärung im Hinblick auf die möglichen Neben- und Wechselwirkungen von Medikamenten sowie die empfohlene Einnahmedauer.
Ferner geht die Stadträtin auf Menschen ein, die unter chronischen Schmerzen leiden, und vertritt die Auffassung, dass diese zielführender als durch die einfache Verordnung von Schmerzmitteln durch den Hausarzt, von ausgebildeten Schmerztherapeuten behandelt werden sollten. Hier bestehe laut der Stadträtin ebenfalls ein gesellschaftlicher Aufklärungsbedarf.
In ihrer Wortmeldung betont StRin
Meergans
, dass insbesondere ältere Menschen, aber auch Frauen von Medikamentenabhängigkeit bedroht oder betroffen seien. Deshalb sei es wichtig, solche Präventionsangebote zu schaffen, um speziell diese Zielgruppen effektiv ansprechen und erreichen zu können.
Im Weiteren erklärt die Stadträtin, dass im Rahmen der Präventionsarbeit auch diejenigen in den Blick genommen werden müssten, die sich selbst noch nicht als medikamentenabhängig einschätzen und deshalb noch nicht aktiv auf der Suche nach Beratungs- und Hilfsangeboten sind, sich evtl. aber bereits bewusst darüber sind, dass ihr Medikamentenkonsum problematisch ist.
Anknüpfend an die Ausführungen von StRin Meergans macht StRin
Schumann
(PULS) darauf aufmerksam, dass viele Frauen und Mädchen aufgrund von Periodenschmerzen nicht selten zu Schmerzmedikamenten greifen würden. Dies sei laut der Stadträtin ein gesellschaftlich tabuisiertes Thema, welchem aber dringend mehr Beachtung geschenkt werden müsse, auch bspw. im Rahmen solcher Erhebungen wie der SCHULBUS-Studie. Insgesamt plädiert StRin Schumann für eine bessere Differenzierung der Umstände und Gründe, weshalb Menschen bestimmte Medikamente einnehmen.
In diesem Kontext verweist die Stadträtin auch auf wissenschaftliche Erkenntnisse, wonach Frauen sensibler als Männer auf körperliche Schmerzen reagieren würden. Auch dies müsse im Rahmen der Präventionsarbeit stärker berücksichtigt werden.
Durch StRin
Halding-Hoppenheit
(Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) wird anschließend ebenfalls wie zuvor durch StR Dr. Rastetter auf die Gefahren hingewiesen, die ein übermäßiger Gebrauch von rezeptfreien Medikamenten mit sich bringt. Die Stadträtin verweist darauf, dass gerade viele Jugendliche solche Mittel, wie z. B. Aspirin, sehr häufig einnehmen, um ihre Leistungsfähigkeit im Alltag zu steigern.
StRin
von Stein
(FW) nimmt noch einmal die älteren Menschen in den Blick und macht darauf aufmerksam, dass sie häufig von verschiedenen (Fach-)Ärzten viele unterschiedliche Medikamente verschrieben bekommen, die dann bei der Einnahme zu negativen und unerwünschten Wechselwirken führen können. Oftmals hätten Ärzte auch keinen genauen Überblick darüber, welche Medikamente ihre Patientinnen und Patienten zusätzlich einnehmen. Hier bestehe ein großer Handlungsbedarf im Hinblick auf eine intensivere Aufklärungsarbeit, so die Stadträtin.
Im selben Zusammenhang erinnert StRin
Bulle-Schmid
an das Projekt "MeinPlan" des Gesundheitsamtes, im Rahmen dessen, mit einem genauen Medikationsplan sowohl Patienten als auch Ärzten zu einem besseren Überblick und sicheren Umgang mit Medikamenten verholfen werden soll.
Auf die Wortmeldungen der Ratsmitglieder eingehend, bestätigt Frau
Faust-Mackensen
(GesundhA), dass eine erfolgreiche Präventionsarbeit mit dem Ziel einen verantwortungsbewussteren Umgang mit Medikamenten zu erreichen, nur durch eine gute Kooperation mit der Ärzteschaft und den Apothekerinnen und Apothekern gelingen könne. Hier gebe es bereits einen Runden Tisch unter Federführung des Gesundheitsamtes und es sei geplant, die Zusammenarbeit und Vernetzung künftig noch weiter auszubauen. Zudem gebe es gemeinsam mit dem Klinikum einen Qualitätszirkel zu den Themen Arzneimitteltherapie und Arzneimittelsicherheit.
Ferner betont Frau Faust-Mackensen, dass im Rahmen der Suchtprävention neben einer breiten gesellschaftlichen Aufklärung oftmals auch sehr spezifisch und zielgruppenorientiert vorgegangen werde. Das Gesundheitsamt habe bspw. das Thema Medikamentenabhängigkeit bei älteren Menschen schon seit Jahren im Blick. In diesem Zusammenhang bestehe neben solchen Angeboten und Projekten wie "MeinPlan" eine enge Kooperation mit dem Stadtseniorenrat, dem Bürgerservice Leben im Alter und auch den Begegnungsstätten in den Stadtbezirken, die Informations- und Aufklärungsarbeit leisten würden. Junge Menschen, die bspw. viel Sport treiben würden und durch die Einnahme von Medikamenten versuchen, ihre Leistungsfähigkeit zu steigern, versuche man künftig über eine stärkere Kooperation mit Sportvereinen besser zu erreichen. Auch Mädchen und junge Frauen habe das Gesundheitsamt im Rahmen der Suchtpräventionsarbeit besonders im Blick.
Frau
Reistenbach
sagt anschließend zu, die Anregungen der Ratsmitglieder im Hinblick auf das vorgestellte digitale Präventionsangebot des Klinikums bei dessen Weiterentwicklung zu berücksichtigen.
Abschließend werden weitere wenige Verständnisfragen der
Ratsmitglieder
zur Vorlage durch Frau
Faust-Mackensen
und Frau
Reistenbach
beantwortet.
BMin
Dr. Sußmann
stellt in Aussicht, dass evtl. im kommenden Jahr in einer Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses (SGA) erneut über das Thema verantwortungsbewusster Umgang mit Medikamenten im Rahmen der Suchtprävention und die Weiterentwicklung des vorgestellten Präventionsangebotes des Klinikums berichtet werde.
Danach stellt BMin
Dr. Sußmann
fest:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss hat von der GRDrs 700/2022
Kenntnis genommen
.
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