Protokoll: Sozial- und Gesundheitsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
443/2018
GZ:
SI
Sitzungstermin: 23.07.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Wölfle
Berichterstattung:Herr Luz, Herr Spatz (beide SozA)
Protokollführung: Herr Krasovskij fr
Betreff: 38. Stuttgarter Flüchtlingsbericht

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration vom 17.07.2018, GRDrs 443/2018. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Zu Beginn der Beratung schlägt BM Wölfle vor, den Tagesordnungspunkt in drei separate Unterpunkte zu gliedern. Zunächst solle der 38. Stuttgarter Flüchtlingsbericht als Gesamtwerk behandelt werden, anschließend werde er unter dem Tagesordnungspunkt 1b (siehe heutige Niederschriftsnummer 95) über das Thema Rückkehrberatung informieren und als Tagesordnungspunkt 1c (siehe heutige Niederschriftsnummer 96) werde dann der gemeinsame Dringlichkeitsantrag Nr. 226/2018 "Stuttgart nimmt gerettete Geflüchtete auf - Seenotrettung ist kein Verbrechen" der Fraktionsgemeinschaft SÖS-Linke-PluS und der STAdTISTEN aufgerufen. Gegen diese Vorgehensweise gibt es keine Widersprüche.

Der vorliegende Flüchtlingsbericht biete traditionell wieder umfangreiche Informationen zu den aktuellen Flüchtlingszahlen in der Stadt, der Unterbringungs- und Betreuungssituation sowie den Integrationsprojekten und -maßnahmen auf den verschiedenen Ebenen, erklärt der Bürgermeister. Der Bericht bringe deutlich zum Ausdruck, dass sich die Situation nach den Jahren 2015 und Anfang 2016 entspannt habe. Dennoch stelle das Ziel, jedem Flüchtling in den Unterkünften langfristig sieben Quadratmeter Wohnraum zu gewähren, die Stadt weiterhin vor Herausforderungen. Denn viele der Gebäude, die jetzt belegt würden, seien zukünftig für eine Wohnbebauung vorgesehen.
Hinsichtlich der Zusammenarbeit der flüchtlingsbetreuenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Freien Trägern und dem Jobcenter, erklärt BM Wölfle, er hoffe, dass sich diese in Zukunft noch weiter verbessern werde und verbindliche Standards eingeführt würden.

Zusätzlich zur Vorlage ist die Stellungnahme von Frau Dr. Matschke (OB-ICG) zum Thema ausgeteilt worden, so BM Wölfle. Aufgrund eines Versehens ist diese nicht im Flüchtlingsbericht beinhaltet. Dies werde aber nachgeholt, sobald der Bericht auf der städtischen Homepage veröffentlicht wird.

Anschließend bedankt sich der Vorsitzende bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, den Betreuern in den Unterkünften, den Ehrenamtlichen und den Vertretern der Freien Träger, die ihren Beitrag zur Flüchtlingsarbeit leisten. Insbesondere hebt er bei der Verwaltung Herrn Luz (SozA) und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Flüchtlinge beim städtischen Sozialamt sowie Herrn Wacker (Jobcenter) und die Mitarbeitenden der Abteilung Migration und Teilhabe beim Jobcenter hervor.
Dem Dank des Vorsitzenden schließen sich im weiteren Verlauf der Aussprache StR Fuhrmann (CDU), StR Stopper (90/GRÜNE), StRin Dr. Hackl (SPD), StR Pantisano (SÖS-Linke-PluS), StRin Bodenhöfer-Frey (FW) und StRin Yüksel (FDP) an. Übereinstimmend betonen die Ratsmitglieder vor allem auch den so wichtigen Einsatz der Flüchtlingsfreundeskreise und Ehrenamtlichen bei der Betreuung und Integration der Flüchtlinge. Die Ehrenamtlichen hätten einen entscheidenden Anteil an der erfolgreichen Bewältigung der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung in der Stadt, vor allem auch bei der Vermittlung der Menschen in eine eigene Wohnung, und würden durch ihr bürgerschaftliches Engagement auch zu einer höheren Akzeptanz der Flüchtlinge in der Stadtgesellschaft beitragen.

Bezugnehmend auf den 38. Stuttgarter Flüchtlingsbericht begrüßt StR Fuhrmann, dass sich die bereits im letztjährigen Bericht angekündigte Entspannung der Gesamt-Flüchtlingszahlen in der Stadt weiter fortgesetzt habe. Zum Stichtag Ende April 2018 seien in den 114 Stuttgarter Unterkünften 7.000 Bewohner/-innen untergebracht gewesen (Ende Mai 2017 hätten rund 7.700 Menschen in 124 Flüchtlingsunterkünften gelebt). Derzeit würden 120 Zuzügen in die Gemeinschaftsunterkünfte pro Monat 180 Auszüge gegenüberstehen. Vor diesem Hintergrund stelle sich langfristig auch die Frage der Auflösung bestimmter Flüchtlingsheime.

Sehr positiv sei weiterhin, so der Stadtrat, dass trotz des angespannten Wohnungsmarktes in Stuttgart, pro Monat rund 140 Geflüchtete in Privatwohnraum umziehen konnten. Ähnlich äußern sich auch StR Stopper und StRin Yüksel. Beide schließen sich dem Dank der Verwaltung an die Stuttgarter Wohnungseigentümer und Vermieter, die Flüchtlingen Wohnraum zur Verfügung stellen, an. Dennoch sei es bedauerlich, so StRin Yüksel weiter, dass aufgrund der Wohnungssituation in der Stadt noch immer sehr viele anerkannte Asylbewerber weiterhin in der Anschlussunterbringung leben müssten, weil es keine passende Wohnung für sie gebe. Im Hinblick auf die Integration der Menschen halte man dies nicht gerade für förderlich.

Auf die Einzüge in Privatwohnraum eingehend, spricht StRin Dr. Hackl das Thema Wohnsitzpflicht an. Ihre Fraktion würden immer wieder Meldungen von Freundeskreisen erreichen, dass Flüchtlinge nicht aus Stuttgart wegziehen dürften, selbst wenn sie in den umliegenden Landkreisen eine bezahlbare Wohnung gefunden hätten. In Baden-Württemberg würden damit bezogen auf die Wohnsitzpflicht weitaus strengere Regelungen gelten als vom Bundesgesetzgesetzgeber vorgeschrieben. Laut dem Bundesgesetz dürften die Flüchtlinge in den ersten drei Jahren das Bundesland nicht verlassen, wohl aber den Land- oder Stadtkreis. Die Stadträtin stellt eine derart strenge Gesetzauslegung wie in Baden-Württemberg in Frage.

BM Wölfle erklärt, die Wohnsitzauflage sei ein kompliziertes Thema. Er befinde sich unter anderem diesbezüglich immer wieder im Kontakt mit dem Amt für öffentliche Ordnung und man bemühe sich in Einzelfällen um Lösungen. Es liege grundsätzlich nicht an der Stadt Stuttgart, dass die Flüchtlinge die Stadt nicht verlassen dürfen, um in eine eigene Wohnung zu ziehen. Vielmehr seien die Nachbarkommunen zurückhaltend bei der Aufnahme, da sie für öffentliche Leistungen zuständig werden, wenn der Geflüchtete beispielsweise seine Arbeit verliere.

Im Zusammenhang mit dem Thema Wohnraum bedankt sich StR Pantisano bei der Verwaltung für die bislang reibungslose Umstellung von 4,5 auf 7 Quadratmeter Wohnfläche pro Bewohner in den städtischen Flüchtlingsunterkünften. Das Mehr an Wohnraum habe zur Verhinderung von Konflikten und einer Entspannung in den Unterkünften geführt - nicht zuletzt, weil auch die Gemeinschaftsräume weniger frequentiert würden. Ähnlich äußert sich im Folgenden auch StRin Yüksel.

Zu einer Nachfrage von StR Fuhrmann erläutert Herr Luz, die Zahl der monatlichen Zuzüge setze sich aus rund 60 Personen, die aus den Landeserstaufnahmestellen zugewiesen würden, 30 Personen, die im Rahmen des Familiennachzuges aufgenommen würden und etwa 30 Geburten zusammen. Von den 180 Auszügen aus den Unterkünften pro Monat würden rund 140 Personen in eine eigene Wohnung umziehen, die restlichen 40 Personen verließen die Stadt Stuttgart durch Abschiebungen, freiwillige Rückkehr in die Heimatländer oder auf andere Art und Weise.

Gegenüber StR Fuhrmann und StRin Dr. Hackl erläutert Herr Luz, die Differenz der Planansätze im Haushaltsplan für die Jahre 2018 mit rund 38,6 Mio. Euro und 2019 mit rund 29,7 Mio. Euro bei den Gesamt-Erträgen für die Unterkünfte erkläre sich durch die nachlaufende Spitzabrechnung durch das Land im Bereich der vorläufigen Unterbringung. Im Ansatz für das Jahr 2018 seien noch große Beträge aus dem Jahr 2017 beinhaltet. Durch den Rückgang der Flüchtlingszuweisungszahlen im Bereich der vorläufigen Unterbringung würden sich die Aufwendungen verringern, da weniger Unterkünfte akquiriert, ausgestattet und betrieben werden müssen. Entsprechend gingen auch die Erträge in den Bereichen der Pauschalen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz und der Benutzungsgebühren zurück.

Neben der Vermittlung in privaten Wohnraum seien die gesellschaftliche und berufliche Integration der Geflüchteten, deren Ausbildung sowie die erfolgreiche Vermittlung der deutschen Sprache nach wie vor Hauptaufgaben für die Zukunft, erklärt StR Fuhrmann weiter. Er sehe die Stadt Stuttgart hier ebenfalls auf einem guten Weg. Mit dem "Pakt für Integration" habe man bereits wichtige Maßnahmen beschlossen und im Gemeinderat herrsche grundsätzlich eine große Übereinstimmung beim Thema Integrationsmanagement. Insgesamt könne man die Flüchtlingspolitik in Stuttgart mit dem "Stuttgarter Weg", der Task Force "Integration von Flüchtlingen" sowie der Gewährung von sieben Quadratmeter Wohnfläche trotz Wohnraummangel als "vorbildlich" bezeichnen. Seine Fraktion werde die Verwaltung auch weiterhin bei der Arbeit in diesem Bereich unterstützen.

Im Folgenden bemängelt der Stadtrat jedoch die hohe Anzahl der Geduldeten und die Tatsache, dass heute weniger Personen ohne Bleibeperspektive abgeschoben würden, als noch in den Jahren 2013 und 2014 vor Beginn der Flüchtlingskrise. StR Fuhrmann spricht sich dafür aus, Menschen ohne Bleibeperspektive entweder konsequenter abzuschieben oder einen anderen rechtssicheren Status für diese Personen zu schaffen. Eine Duldung sei für alle Seiten kein guter Zustand. Denn die Menschen, die hierzulande die Sprache erlernen, womöglich eine Ausbildung beginnen oder eine Beschäftigung aufnehmen und sich integrieren, befänden sich immer in der Gefahr wieder ausgewiesen zu werden. Diese Unsicherheit sei auch für die ausbildenden Betriebe, die Arbeitgeber und die Ehrenamtlichen, die die Menschen unterstützen höchst unzufrieden stellend. Diese Meinung teilen im weiteren Verlauf der Aussprache auch StR Pantisano und StRin Yüksel.

Hierzu erklärt BM Wölfle, dass die Stadt Stuttgart als ausführendes Organ keinen Einfluss auf die Anzahl der Geduldeten habe. Besonders ungerecht finde er es, wenn Menschen mit einer Duldung auch noch mit einem Arbeitsverbot belegt würden.

Im weiteren Verlauf spricht StR Fuhrmann das Thema Netto-Ressourcenbedarf im Unterkunftsbereich an und verweist darauf, dass der Planansatz für das Jahr 2019 mit 9,6 Mio. Euro den aus 2018 (2,8 Mio. Euro) bei sinkenden Aufwendungen deutlich übersteige.

Laut StR Stopper bietet der 38. Stuttgarter Flüchtlingsbericht ein hohes Maß an Informationen und Transparenz zur Situation der Flüchtlinge in Stuttgart und ist damit ein wichtiges Instrument im Rahmen der Flüchtlingsarbeit. Es sei auch richtig, den Bericht auf der Homepage der Stadt zu veröffentlichen. So könnten breite Bevölkerungsschichten erreicht und ausführlich informiert werden, z. B. über die Herkunft der in Stuttgart aufgenommenen Flüchtlinge, deren Zusammensetzung, die Unterbringungsarten, aber auch die Kosten für die Stadt, den Personaleinsatz sowie die vielfältigen Formen des ehrenamtlichen Engagements der Flüchtlingshelfer und Freundeskreise. Eine solche Informationspolitik sorge für mehr Sachlichkeit in der Auseinandersetzung mit dem Thema.
In diesem Zusammenhang begrüßt der Stadtrat, dass im Flüchtlingsbericht explizit auch die Gründungsdaten der einzelnen Flüchtlingsfreundeskreise genannt sind und bemerkt, dass der älteste von ihnen bereits im Jahr 1986 gegründet worden ist.

Der Flüchtlingsbericht zeige ebenfalls, so StR Stopper weiter, dass das Land Baden-Württemberg mit der nachlaufenden Spitzabrechnung, der Förderung des "Paktes für Integration" und dem Lastenausgleich im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes seinen Beitrag für eine gelingende Aufnahme, Unterbringung, Betreuung und Integration der Flüchtlinge leistet.

Die derzeitige Herausforderung bestehe vor allem darin, die Ressourcen vor dem Hintergrund der aktuellen Entspannung intelligent zu steuern. Der Stadtrat plädiert gerade in Sachen Unterbringungskapazitäten und Personal für eine große Sensibilität. Überstürzte Entscheidungen, Unterkünfte, die aktuell nicht genutzt würden, frühzeitig aufzugeben oder Betreuerstellen zu streichen, wären nicht hilfreich, falls sich die Flüchtlingszahlen wieder ändern sollten.

Auch StR Pantisano spricht sich dagegen aus, aufgrund der sinkenden Flüchtlingszahlen zu viele Personalstellen in der Betreuung und den Unterkünften abzubauen. Er ist der Meinung, dass die Flüchtlinge bei der Wohnungs- und Arbeitssuche sowie der gesellschaftlichen Integration weiterhin großer Unterstützung bedürfen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass am Ende wieder die Ehrenamtlichen vieles werden auffangen müssen, falls das hauptamtliche Personal für bestimmte Aufgaben fehle. Der Stadtrat plädiert dafür, den geltenden Betreuungs- und Personalschlüssel vor diesem Hintergrund zu überprüfen.

Zum Thema Personal und Stellenausstattung erstelle die Verwaltung gerade eine neue Vorlage als Fortschreibung der GRDrs 910/2017, erklärt Herr Spatz (SozA). Es bleibe abzuwarten, ob sich der Rückgang der Flüchtlingszahlen entsprechend der Annahme in der GRDrs 910/2017 entwickeln werde. Tendenziell verlangsame sich der Rückgang der Flüchtlings- und Fallzahlen, wie man den Aprilzahlen 2018 entnehmen könne. Die aktuellen Veränderungen und die entsprechende Anpassung der Prognosen und Personalbedarfe würden in der Fortschreibung der GRDrs 910/2017 für 2018 berücksichtigt. Ferner werde man versuchen, Beschäftigten, deren Stelle abgebaut wird, eine andere Tätigkeit innerhalb des Sozialamtes beispielsweise im Bereich Sozialleistungen anzubieten. Dies habe bereits in den vergangenen Jahren, so auch nach dem Jugoslawienkonflikt, gut funktioniert.

Im Weiteren kommt StR Stopper auf die Unterstützungs- und Ermöglichungsstrukturen für das Bürgerschaftliche Engagement zu sprechen. Es sei sehr erfreulich, dass im Rahmen der vergangenen Haushaltsplanberatungen für die Koordinierungsstelle für die Qualifizierung und Vernetzung des Bürgerschaftlichen Engagements in der Flüchtlingsarbeit 1,5 Stellen beschlossen worden sind, davon eine Stelle unbefristet. Ähnlich äußert sich auch StRin Dr. Hackl. Seiner Ansicht nach, so StR Stopper weiter, sollte im Zuge der nächsten Etatberatungen geprüft werden, ob für die Arbeit der Koordinierungsstelle weiterhin 1,5 Stellen benötigt würden oder die eine unbefristete Stelle ausreiche. Diese Stelle sollte, so der Stadtrat, auf jeden Fall dauerhaft aufrechterhalten werden.
In der Folge spricht sich auch Herr Spatz für eine Überprüfung der Stellenanteile für die Koordinierungsstelle des Bürgerschaftlichen Engagements im Zuge der nächsten Etatberatungen aus. Die Sozialverwaltung sei der Auffassung, dass die Aufgaben nur mit einer Stelle langfristig nicht zu bewältigen wären.

Zu einer Nachfrage von StR Stopper erläutert BM Wölfle, die Task-Force Flüchtlingsunterkünfte ruhe gerade, könne aber jederzeit in der Struktur wieder aktiviert werden.

In ihrer Wortmeldung betont auch StRin Dr. Hackl die Wichtigkeit einer gelingenden beruflichen Integration der Flüchtlinge und einer qualifizierten Ausbildung von der Grundschule an. Dem schließt sich auch StRin Yüksel an. In diesem Zusammenhang macht StRin Dr. Hackl mit Verweis auf den Bericht (S. 12) darauf aufmerksam, dass zum Ende des Jahres 2017 rund 67% der in Stuttgart untergebrachten Flüchtlinge Familien gewesen sind und nur 33% alleinstehende Personen. Insgesamt gebe es in den Familien über 1.000 Kinder von null bis sechs Jahren. Viele davon würden schon bald schulpflichtig und kämen in die Grundschulen, was eine weitere große Herausforderung für das System Schule wäre.

Weiterhin erklärt die Stadträtin, sie halte es für gut und richtig, dass der Kinder- und Jugendschutz auch bei den Flüchtlingsfamilien sehr ernst genommen wird und konsequent durch das Jugendamt überprüft werde, ob eine Kindeswohlgefährdung in Einzelfällen vorliegt. Ferner begrüßt StRin Dr. Hackl, dass die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF) dank der Anwendung des § 41 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes auch nach ihrer Volljährigkeit angefangene Maßnahmen weiterhin besuchen könnten. Zum 31.12.2017 seien dadurch 102 junge Volljährige in den Maßnahmen untergebracht gewesen.

Bezug nehmend auf den "Pakt für Integration" merkt die Stadträtin an, dass die finanzielle Förderung der Maßnahmen durch die Landesregierung zunächst nur bis Ende 2019 gewährleistet ist. Damit müsse man sich schon rechtzeitig auseinandersetzen, um darüber zu entscheiden, welche Maßnahmen und in welcher Form weiter aufrechterhalten sollen/können, falls der Pakt wider Erwarten nicht durch das Land verlängert werde.
Ferner erkundigt sich die Stadträtin nach den Erfahrungen zu der Arbeit der Integrationsmanager, die den Flüchtlingen nicht nur bei der Arbeitsvermittlung helfen sollen, sondern auch einen sozialen Betreuungsauftrag hätten. Sie bittet um einen Bericht zu diesem Thema im Sozial- und Gesundheitsausschuss Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres. Dies wird von BM Wölfle zugesagt.

Von StRin Gröger (SPD) werden die Berichte des Staatlichen Schulamtes Stuttgart und des Schulverwaltungsamtes zu den Themen Schulbildung und Betreuung angesprochen (S. 53 f.). Insgesamt würde sie sich im nächsten Flüchtlingsbericht ausführlichere Informationen zu diesen Themenbereichen wünschen, so die Stadträtin. Zudem kritisiert die Stadträtin die ihrer Meinung nach nicht ausreichende Beschulung der Flüchtlingskinder im Grundschulbereich. Die Stadt Stuttgart sollte das Land Baden-Württemberg auffordern, die Stundenzahl aufzustocken, um den Kindern eine ausreichende Schulbildung zu ermöglichen. Andere Bundesländer hätten dies bereits getan.

Dieses Thema sei bereits in der Steuerungsrunde Integration ausgiebig behandelt worden, erklärt BM Wölfle. Er habe diesbezüglich auch an die Bildungsministerin Frau Eisenmann geschrieben, und mitgeteilt, dass die Stadt Stuttgart die Beschulung nicht für ausreichend halte. Im Weiteren schlägt der Bürgermeister vor, den Flüchtlingsbericht in Bezug auf die Themen Schulbildung und Betreuung auch im Schulbeirat zu beraten.

StR Pantisano hebt im Folgenden die große Integrationsleitung der Geflüchteten hervor und bedankt sich für ihre Bemühungen und den Willen, sich in der Stadtgesellschaft mit einzubringen. Nach einer Frage von StR Pantisano erläutert Herr Spatz, kommunale Unterkünfte mit Wohncharakter seien Wohnungen, die WG-mäßig belegt würden. Dies sei der Unterschied zu Unterkünften.

Von StRin Yüksel wird das Angebot der Rückkehrberatung als erfolgreiches Gegenmodell zu den Abschiebungen gelobt. Das Angebot werde sehr gut angenommen und es stelle sich ihrer Meinung nach die Frage, so die Stadträtin, ob ein Ausbau Sinn machen würde.

StR Dr. Fiechtner (BZS23) äußert sich im weiteren Verlauf der Aussprache kritisch zum 38. Stuttgarter Flüchtlingsbericht und der Arbeit der Verwaltung in diesem Bereich. Ferner bemängelt der Stadtrat auch die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Nach seiner Auffassung seien die wenigsten, der nach Deutschland kommenden Menschen, wirkliche Flüchtlinge. Zur Untermauerung dessen zitiert StR Dr. Fiechtner aktuelle statistische Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für das Jahr 2018 wonach lediglich 31,7 % der nach Deutschland kommenden Menschen eine Bleibeperspektive hätten. Menschen ohne Bleiberecht müssten Deutschland wieder verlassen bzw. konsequent abgeschoben werden. So könnten auch die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung und Betreuung deutlich gesenkt werden. Finanzielle Aufwendungen, die mit Steuergeldern finanziert würden, seien nur für anerkannte Flüchtlinge gerechtfertigt. StR Dr. Fiechtner bittet um eine differenzierte Darstellung, wie viele der in Stuttgart lebenden Flüchtlinge eine Bleibeperspektive hätten, wie viele geduldet seien und bei wie vielen der Status noch ungeklärt sei.

Hierzu erklärt BM Wölfle, die Verwaltung habe bereits vielfach versucht klar zu machen, dass eine Kommune auch für die Unterbringung und Betreuung der geduldeten Personen zuständig sei, was er im Übrigen auch für richtig halte.

Im Weiteren stellt StR Dr. Fiechtner die angewandte Methode der Alterseinschätzung (qualifizierte Inaugenscheinnahme) von UMF in Frage. Es gebe heute medizinische Verfahren, mit deren Hilfe das Alter genau festgestellt werden könne. Er könne nicht verstehen, warum diese Verfahren nicht konsequent zum Einsatz kämen, zumal 132 der 228 UMF in Stuttgart an der Grenze zur Volljährigkeit, in der, so der Stadtrat, "Grauzone zwischen 15 und 17 Jahren" sind . Der Stadtrat möchte wissen, ob und in wie vielen Fällen es bei der Inaugenscheinnahme Zweifel am Alter der UMF gegeben habe und ob in solchen Fällen zur genauen Feststellung des Alters medizinische Verfahren angewandt worden sind. Zudem fragt er, wie hoch die Kosten für die Unterbringung, Betreuung, etc. der UMF in Stadt sind. Ferner sollten volljährige Flüchtlinge, den UMF zustehende Leistungen und Maßnahmen nicht mehr in Anspruch nehmen dürfen, erklärt der Stadtrat abschließend.
Gegenüber StR Dr. Fiechtner erklärt BM Wölfle, die zuständigen Sachverständigen vom Jugendamt seien heute nicht anwesend. Deshalb würden die Fragen bezüglich der Altersfeststellung und der Kosten für die UMF in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 24.09.2018 im Rahmen der dortigen Beratung dieses Flüchtlingsberichts beantwortet.


Anschließend stellt StRin Seitz (90/GRÜNE) einen Geschäftsordnungsantrag auf Ende der Debatte.

BM Wölfle lässt über diesen Antrag abstimmen und hält fest:

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss stimmt dem Antrag einstimmig zu.



Danach stellt BM Wölfle fest:

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss hat von der GRDrs 443/2018 Kenntnis genommen.

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