Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz:
GRDrs
1064/2018
Stuttgart,
12/14/2018
Bericht zur Auswirkung der Stellenerhöhung im Sachgebiet Zahngesundheit des Gesundheitsamtes im Doppelhaushalt 2018/2019
Mitteilungsvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Jugendhilfeausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
21.01.2019
11.02.2019
Bericht:
Hintergrund
Das Sachgebiet Zahngesundheit gehört zur Abteilung Kinder-, Jugend- und Zahngesundheit, Gesundheitsförderung, Soziale Dienste des Gesundheitsamtes. In das Sachgebiet Zahngesundheit organisatorisch eingebunden ist die Arbeitsgemeinschaft Zahngesundheit Stuttgart (AGZ).
Wesentliche Aufgaben des Sachgebietes sind Maßnahmen zur Umsetzung der zahn-medizinischen Gruppenprophylaxe in Stuttgarter Kindertageseinrichtungen und Schulen mit dem Ziel der Erhaltung und Förderung der Zahngesundheit. Das Betreuungskonzept ist wissenschaftlich begründet und besteht im Wesentlichen aus jährlicher Unter-suchungsfrequenz, konsequenter Elterninformation und gegebenenfalls Weitervermittlung in die zahnärztliche Praxis.
Ch. H. Splieth, Ch. Heyduck, K.G. König. Gruppenprophylaxe nach dem Caries Decline. Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 28(2): 60-64, 2006
Die Arbeit des Sachgebiets Zahngesundheit hat dazu beigetragen, die Zahngesundheit der Stuttgarter Kinder in den letzten Jahren wesentlich zu verbessern (GRDrs 865/2012 und GRDrs 17/2015). Dies trifft insbesondere auf die so genannten „Kariesrisikogruppen“ zu, bei denen spezifische Karies-Prophylaxe-Programme mit häufigeren Untersuchungsfrequenzen und Intensivfluoridierungen durchgeführt werden. Im Mittelpunkt aller Bemühungen steht, das Zähneputzen in den Alltag als selbstverständlich zu integrieren. Hierbei kommt den Eltern und den pädagogischen Fachkräften eine wichtige Rolle zu.
Aufgrund gesetzlicher und organisatorischer Veränderungen im Bereich der Kindertageseinrichtungen (steigende Kinder- und Einrichtungszahlen) und Schulen (Inklusion, veränderte Schullandschaft) wurde es notwendig, das bisher bestehende Konzept anzupassen (vgl. GRDrs 17/2015). Das angepasste Konzept hatte zum Ziel, die Arbeit mit gleichbleibenden Ressourcen erfolgreich fortzusetzen.
Die daraus resultierende reduzierte Untersuchungsfrequenz wurde vom Sozial- und
Gesundheitsausschuss kritisch bewertet (vgl. Bericht im SGA vom 23.02.2015, Niederschrift Nr. 21). Das Gesundheitsamt wurde daraufhin beauftragt, dem Gemeinderat zu den kommenden Haushaltsplanberatungen ein neues Konzept vorzulegen, bei dem die bisherige Untersuchungsfrequenz beibehalten wird. Die daraufhin beantragten Stellenanteile (0,5 Stelle Zahnarzt und 0,5 Stelle Assistenzkraft) wurden vom Gemeinderat im Doppelhaushalt 2016/2017 bewilligt.
In der hier vorgelegten Gemeinderatsdrucksache soll nun berichtet werden, wie sich
diese Stellenerhöhung auf die Untersuchungszahlen und die Zahngesundheit bei
Stuttgarter Kindern ausgewirkt hat. Hierfür wird das frühere Konzept (Schuljahre 2013/14 und 2014/15) mit dem aktuellen Konzept (Schuljahre 2016/17 und 2017/18, also mit
zusätzlichen Stellenanteilen) verglichen. Die Inhalte der unterschiedlichen Konzepte sind in Anlage 1 dargestellt.
Gesetzliche Grundlagen
·
§ 21 SGB V
·
§ 8 ÖGDG
·
§ 2 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg zur Durchführung der Jugendzahnpflege
Ergebnisse
1. Auswirkung der Stellenerhöhung für den KiTa-Bereich
In Tabelle 1 sind die Untersuchungszahlen in Tageseinrichtungen für Kinder sowie der Anteil der Kinder mit naturgesunden Gesamtgebissen dargestellt.
Tab. 1 Tageseinrichtungen für Kinder
(Früheres Konzept: Schuljahre 2013/14 und 2014/15
vs. aktuelles Konzept: Schuljahre 2016/17 und 2017/18)
Früheres Konzept
Aktuelles Konzept
Untersuchungszahl gesamt
11.632
19.795
Mittlerer Anteil der Kinder
mit naturgesunden Gesamtgebissen
79,5%
79,5%
Die Auswertung zeigt, dass die Untersuchungszahlen durch die Stellenerhöhung, wie
geplant, deutlich gesteigert werden konnten. Darüber hinaus konnte auch der seit Ende 2015 bestehende gesetzliche Auftrag der Untersuchung der Altersgruppe der unter
3-Jährigen umgesetzt werden (vgl. §8 ÖGDG).
2. Auswirkung der Stellenerhöhung für den Bereich der Grundschulen
In Tabelle 2 sind die Untersuchungszahlen sowie der Anteil der Kinder mit naturgesunden bleibenden Gebissen in Grundschulen (Klassenstufe 1 und 4) dargestellt.
Tab. 2 Grundschulen (Klassenstufe 1 und 4)
(Früheres Konzept: Schuljahre 2013/14 und 2014/15
vs. aktuelles Konzept: Schuljahre 2016/17 und 2017/18)
Früheres Konzept
Aktuelles Konzept
Untersuchungszahl gesamt
19.293
21.122
Mittlerer Anteil der
Schüler/-innen mit naturgesunden bleibenden Gebissen
94,3%
93,8%
Trotz gestiegener Schülerzahlen konnte das Konzept Dank der Stellenerhöhung, wie vorgesehen, umgesetzt
werden. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit naturgesunden bleibenden
Gebissen ist in etwa gleichgeblieben.
Grundschul-Prophylaxe-Programm
Häufigere Untersuchungsintervalle sowie Fluoridierungsprogramme haben sich in der Literatur als wirksam erwiesen.
² C. Wempe, U. Schiffner.
Die Zahngesundheit von Förderschülerinnen und Förderschülern 10 Jahre nach Intensivierung der gruppenprophylaktischen Betreuung
.
Oralprophylaxe Kinderzahnheilk
d 36: 58-67, 2014
Ausgehend hiervon wurde an Grundschulen mit erhöhtem Kariesaufkommen ein sog. Grundschul-Prophylaxe-Programm initiiert. Die Anzahl der teilnehmenden Schulen wurde aufgrund der zur Verfügung stehenden Personal-ressourcen auf neun begrenzt. Eingeschlossen wurden diejenigen Grundschulen, bei
denen der Anteil der naturgesunden Gesamtgebisse über einen 4-Jahreszeitraum am niedrigsten war. Das Prophylaxe-Programm beinhaltet die zahnärztliche Untersuchung aller Klassen (Klassenstufe 1 bis 4 sowie Grundschulförderklassen) mit halbjährlicher Fluoridierung der Klassenstufen 1 und 2. Die Teilnahme an der Fluoridierung ist freiwillig. Die in Tabelle 3 und 4 dargestellten Ergebnisse zeigen, dass die Akzeptanz der
Maßnahme erfreulich hoch war.
Tab. 3 Zahnärztliche Untersuchung der Klassenstufen 1 bis 4
Schuljahr
Anzahl der
Schulen
Anzahl der
Klassen
Anzahl der
Schüler insgesamt
Anzahl der untersuchten
Schüler
Teilnahme-
quote
2016/17
9
110
2.318
2.231
96,2%
2017/18
9
109
2.350
2.253
95,9%
Tab. 4 Halbjährliche Fluoridierung der Klassenstufen 1 und 2
Schuljahr
Anzahl der
Schulen
Anzahl der
Klassen
Anzahl der
Schüler insgesamt
Anzahl der an Fluoridierung teilnehmenden
Schüler
Teilnahme- quote
2016/17
9
53
1188
942
79,3 %
2017/18
9
50
1150
927
80,1 %
3. Auswirkung der Stellenerhöhung für den Bereich der Internationalen Vorbereitungsklassen
In Tabelle 5 sind die Untersuchungszahlen sowie der Anteil der Schüler/-innen mit naturgesunden bleibenden Gebissen in Internationalen Vorbereitungsklassen (IVK) dargestellt.
Tab. 5 Internationale Vorbereitungsklassen
(Früheres Konzept: Schuljahre 2013/14 und 2014/15
vs. aktuelles Konzept: Schuljahre 2016/17 und 2017/18)
Früheres Konzept
Aktuelles Konzept
Untersuchungszahl gesamt
822
1.720
Mittlerer Anteil der Schüler/-innen mit naturgesunden bleibenden Gebissen
57,8%
53,6%
Es wurden alle Kinder aus Internationalen Vorbereitungsklassen an Grundschulen, Werkrealschulen, Gemeinschaftsschulen untersucht. Wie in der Literatur berichtet haben Schülerinnen und Schüler aus IVK eine relativ hohe Kariesprävalenz, was die Notwendigkeit der Untersuchung in Internationalen Vorbereitungsklassen unterstreicht.
Splieth H, Takriti M, Alani A (Universitätsmedizin Greifswald, Abt. für Präventive Zahnmedizin und Kinderzahnheilkunde). Abschlussbericht Flüchtlinge in Deutschland - Mundgesundheit, Versorgungsbedarfe und deren Kosten,
https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/b/Studie_Mundgesundheit_Fluechtlinge.pdf
, abgerufen am 30.08.2018
Gesamtbetrachtung
In Tabelle 6 sind die Untersuchungszahlen in Einrichtungen von Kindern sowie allen Schulen sowie der Anteil der Kinder mit naturgesunden Gebissen dargestellt.
Tab. 6 Alle untersuchten Kitas und alle Schulen
(Früheres Konzept: Schuljahre 2013/14 und 2014/15
vs. aktuelles Konzept: Schuljahre 2016/17 und 2017/18)
Früheres Konzept
Aktuelles Konzept
Untersuchungszahl gesamt
35.294
46.493
Mittlerer Anteil der Schüler/-innen mit naturgesunden Gebissen
86,6%
84,7%
Tabelle 6 zeigt, dass die Gesamtuntersuchungszahlen deutlich gesteigert werden
konnten. Der mittlere Anteil der Kinder mit naturgesunden Gebissen hat im Verlauf leicht abgenommen. Dies ist begründet durch vermehrte Untersuchungen von Schüler/-innen in IVK und Grundschulen mit erhöhtem Kariesaufkommen. Wird dieser Umstand bei der Analyse berücksichtigt, dann ergeben sich in etwa gleichbleibende Anteile der Kinder mit naturgesunden Gebissen.
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
Die vom Gemeinderat beschlossene Stellenerhöhung hat sich positiv ausgewirkt. So konnten die Untersuchungszahlen in dem erforderlichen Maß gesteigert und das im
Vergleich zum Landesdurchschnitt relativ hohe Niveau der Kinder mit naturgesunden
Gebissen gehalten werden. Passend zu den in der Literatur berichteten Ergebnissen, zeigt sich der in Stuttgart über die Jahre festgestellte Zugewinn an Zahngesundheit in einem höheren Sanierungsgrad und einem geringeren Behandlungsbedarf.
2
Die positive Entwicklung der Zahngesundheit bei Stuttgarter Kindern und Jugendlichen sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass weiterhin große Anstrengungen unternommen werden müssen, um das erreichte gute Niveau zu erhalten. Denn die frühkindliche Karies stellt eine der häufigsten chronischen Erkrankungen des Kleinkindalters dar mit zum Teil erheblichen langfristigen Auswirkungen:
·
Karies kann zu Zahnverlust mit resultierender Kieferfehlstellung führen.
·
Kinder mit frühkindlicher Karies haben auch im Erwachsenengebiss signifikant mehr Karies.
Isaksson H
1,
Alm A
,
Koch G
,
Birkhed D
,
Wendt LK
: Caries
prevalence in Swedish 20-year-olds in relation to their previous caries experience.
Caries Res.
2013;47(3):234-42
·
Entzündliche Erkrankungen der Mundhöhle erhöhen das Risiko für Diabetes mellitus Typ 2 und/oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
·
Karies kann negative Auswirkungen auf die psychosoziale Entwicklung haben.
Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Kinder immer mehr Zeit in Kitas verbringen, erfüllen uns Berichte mit Sorge, dass nicht in allen Elternhäusern und Kindertageseinrichtungen regelmäßig die Zähne geputzt werden.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wird vom Sachgebiet Zahngesundheit
Folgendes unternommen:
·
Prophylaxe-Fachkräfte besuchen regelmäßig die Einrichtungen und beraten die Kita und Eltern bei themenspezifischen Fragen.
·
Die Kleinkindsprechstunde für Eltern mit Kindern im Alter von 0 bis 3 wird mittels Gutschein im Elternbegleitbuch beworben.
·
Der Austausch mit Kitaträgern zur gesundheitlichen Bedeutung des Zähneputzens und zur praktischen Umsetzung im Alltag und die Beratung von Kindertageseinrichtungen (Durchführbarkeit des Zähneputzens, hygienische Fragen) wurde intensiviert. Dieser sehr konstruktive Austausch mit den Trägern ergab, dass das Zähneputzen als gemeinsame Aufgabe und Verantwortung wahrgenommen und gemeinsam umgesetzt wird.
Über die weitere Entwicklung wird das Gesundheitsamt im Verlauf berichten.
Werner Wölfle
Bürgermeister
1
<Anlagen>
zum Seitenanfang
1064_2018_Anlage1.pdf