Protokoll:
Ausschuss für Klima und Umwelt
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
27
3
Verhandlung
Drucksache:
403/2022
GZ:
SWU
Sitzungstermin:
08.07.2022
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BM Pätzold
Berichterstattung:
Herr Dr. Görres (AfU)
Protokollführung:
Herr Haupt
pö
Betreff:
Energie- und Klimaschutzbericht 2020
Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Städtebau, Wohnen und Umwelt vom 09.06.2022, GRDrs 403/2022. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt. Der Energie- und Klimaschutzbericht ist lediglich dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.
Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll ist sie in Papierform angehängt.
BM
Pätzold
betont, der vorliegende Energie- und Klimaschutzbericht 2020 zeige die deutliche Wirkung der entsprechenden Maßnahmen. Der bisherige Reduktionspfad werde sehr gut eingehalten, wobei dieser angesichts des neuen Ziels der Klimaneutralität bereits im Jahr 2035 genau überprüft werden müsse. Die Maßnahmen müssten verstärkt werden, damit der Reduktionspfad steiler abfalle.
Der Energie- und Klimaschutzbericht 2020, so Herr
Dr. Görres,
sei das Element hinsichtlich der zuvor unter TOP 2 diskutierten Steuerung und des übergeordneten Controllings. Daraufhin berichtet er im Sinne der angehängten Präsentation. Er ergänzt in Bezug auf den auf Folie 7 der Präsentation dargestellten Abfall des Heizkennwerts der Bäder im Jahr 2020, dieser leite sich aus der Corona bedingten Schließung der Bäder und aus dem konsequenten Einstieg in das Thema Energieeinsparung ab. Seiner Auffassung nach stelle der auf Folie 22 aufgeführte CO
2
-Reduktionspfad ein Controlling-instrument für die Haushaltsplanberatungen dar, da hieraus das jährlich verfügbare Budget hervorgehe. Der Reduktionspfad solle daher möglichst in die Vorlage 397/2022 aufgenommen werden. Die auf Folie 24 aufgeführte Steigerung der Sanierungsrate bei den Verbrauchern im Mittel auf 4,3 %/Jahr müsse ab dem Jahr 2030 auf etwa 6 %/Jahr gesteigert werden. Dies stelle ein enormes Konjunkturprogramm dar, welches mit dem Handwerk angeschoben werden müsse. Ebenso sei dieses de facto mit einer Umstrukturierung in der Arbeitswelt verbunden: Diejenigen Mitarbeiter*innen, die derzeit noch am Produktionsband in der Industrie arbeiteten, könnten zukünftig im Bereich der Haustechnik tätig sein und dort die aktuell vorhandene Personallücke auffüllen. Für den Bereich der Photovoltaik sei auf Landesebene eine Nachrüstpflicht wünschenswert; diese greife bislang lediglich bei Dachsanierungen. Im Zusammenhang mit der auf Folie 29 dargestellten CO
2
-Bilanz des Stuttgarter Flughafens weist Herr Dr. Görres auf einen Pressebericht hin, nach dessen Aussage einige Personen über einen Zweitwohnsitz in Athen verfügten. Diese flögen monatlich nach Athen, was jedoch problematisch für die CO
2
-Bilanz sei. Nach Kenntnisnahme des McKinsey-Gutachtens werde die Verwaltung mit der Ausgestaltung, Konkretisierung und Umsetzung aller Maßnahmen im Bereich Energie und Klimaschutz - differenziert nach Sektoren - nicht auf den Beschluss des neuen Zieljahrs 2035 der Klimaneutralität am 27.07.2022 warten, sondern gleich beginnen.
StR
Boy
(90/GRÜNE) betont, die Verwaltung habe mit dem Energie- und Klimaschutzbericht 2020 eine umfassende Datenbasis vorgelegt. Die zweite Folie der Präsentation (Energieflüsse) bilde die Grundlage der Arbeit des Gemeinderats und sei hilfreich bei der Entwicklung von Maßnahmenpaketen. Angesichts der acht Maßnahmenpakete der Unternehmensberatung McKinsey im Strom- und Wärmebereich unter Ausschluss des Wasserstoffs und der Fernwärme befinde man sich auf einem guten Weg in Bezug auf die skizzierten sechs Maßnahmenpakete. Das aufgeführte 48%ige Einsparungsvolumen im Vergleich zu 1990 sei sehr positiv zu bewerten. Jede aktuell eingesparte Tonne CO
2
sei hilfreicher als eine im Jahr 2030 eingesparte Tonne CO
2
. Ebenso seien die dargestellten Daten beim Endenergieverbrauch sehr begrüßenswert. Den städtischen Gebäudebestand betrachte die Verwaltung sehr detailliert. Er äußert hierzu sein Lob an die Verwaltung für deren großes Engagement in diesem Bereich. Angesichts des finanziellen Aufwands bei den Kosteneinsparungen werde die Schere aufgrund der aktuellen Energiepreise zukünftig wesentlich deutlicher auseinandergehen. Der Stadtrat gibt zu bedenken, es gebe angesichts der Daten noch vieles zu tun.
Die dargestellten Stromeinsparungen seien in den letzten 15 Jahren durch die vermehrt eingesetzte elektronische Technik wie beispielweise mit Laptops und den damit verbundenen gestiegenen Strombedarf schwer umzusetzen. Im Bereich der Erzeugung von erneuerbaren Energien liege die LHS bei 21,9 %. Um eine 100%ige Erzeugung zu erreichen, bedürfe es eines enormen Schrittes. Die Energiebilanz für das Jahr 2021 werde sich sicher anders gestalten: Einerseits sei der Energieverbrauch wieder gestiegen, und andererseits habe ein katastrophales Windjahr stattgefunden. Diese Aspekte würden zu einer deutlichen Überschreitung des Budgets führen. Dies bedeute, den eingeschlagenen Weg weiter vorangehen zu müssen und diesen noch deutlich forcieren zu müssen. Hierzu seien wesentlich mehr personelle Kapazitäten und finanzielle Mittel notwendig. Der Stadtrat erkundigt sich, ob der Fokus der Verwaltung weiter sehr stark auf dem städtischen Gebäudebestand liegen werde oder ob mehr Daten über den Energieverbrauch und die Sanierungsrate in der gesamten Stadtgesellschaft erfasst werden sollten. Es sei besser, den Anteil von 96 % der Gesamtgebäude, als lediglich den Anteil von 4 % der städtischen Liegenschaften zu betrachten.
Herr
Dr. Görres
betont, in den vergangenen 3 bis 5 Jahren sei die Gesamtstadt weitgehend nicht in dem Energie- und Klimaschutzbericht enthalten gewesen. Mittlerweile sei dieser Aspekt aufgenommen worden. Das Thema des Controllings der städtischen Liegenschaften habe die Verwaltung nicht aus dem Bericht herausnehmen wollen. Er wolle jedoch prüfen, den Bereich der städtischen Liegenschaften im Bericht zurückzufahren und dafür andere, sich möglicherweise auf den Scope 3 beziehende, Indizien aufzunehmen. Somit würden alle zu betrachtenden Gesamtfaktoren in dem Bericht enthalten sein. Der Bericht werde dadurch zwar umfassender, allerdings sei es wichtig, die anderen Aspekte zu stärken.
Das Jahr 2020 sei ein besonderes Jahr gewesen, so StR
Sakkaros
(CDU). Dies sei im Energiebericht und in dem Vortrag von Herrn Dr. Görres explizit erwähnt worden. Die Coronapandemie mit den Schließungen und sonstigen Maßnahmen habe dazu beigetragen, dass sich der Energieaufwand in der LHS positiverweise reduziert habe. Dennoch werde durch die Öffnungen wieder ein Mehrverbrauch entstehen. Er erkundigt sich, welches tatsächliche Einsparungspotenzial die Industrie im Jahr 2020 erreicht habe, was "coronabereinigt" betrachtet werden müsse. Er sei sich unabhängig davon sicher, dass die aufgeführten Ziele geeignet formuliert seien und zielstrebig erreicht würden. Es solle Druck auf Landes- und Bundesebene aufgebaut werden, gewisse Förderungen und Gesetzesänderungen aufzuzeigen. In diesem Zusammenhang könnten Atomkraftwerke umfassender gefördert werden. Dieses sei eine positive Ergänzung bei der Gestaltung der Energiewende. In der Präsentation sei aufgeführt worden, die Zielvorgabe im PV-Bereich liege bei 1.100 Anlagen pro Jahr. Dieses auf rund 250 Arbeitstage im Jahr heruntergerechnet ergebe eine Anzahl von etwa vier Anlagen pro Tag, welche mit 15 Kilowatt peak (kWp) auf den Dächern platziert werden müssten. Dieses Ziel sei sehr ambitioniert. Es stelle sich die Frage, ob dies hinsichtlich der Ressourcen wie der PV-Module und des Personals umsetzbar sei.
StRin
Schanbacher
(SPD) betont, der erste Bericht seit dem Klimaaktionsplan 2020 sei ein Indiz für das Anlaufen der beschlossenen Maßnahmen. Die Kommunikation in die Stadtgesellschaft stelle einen wichtigen Punkt dar. Angesichts der zum zweiten Mal verschärften Klimaschutzmaßahmen könne festgestellt werden, dass Aktivitäten erfolgten. Während zwar die Erkenntnis bestehe, sich der Jahrhundertaufgabe annehmen zu wollen und auch nachzusteuern, müsse allerdings in einigen Bereichen nachjustiert werden. Die Abteilung von Herrn Dr. Görres im AfU trage hierbei eine zentrale Rolle, diese Klimawende mitzugestalten. Es stelle sich die Frage, ob der Energie- und Klimaschutzbericht in der Tiefe ein Monitoring-Element sei und ob er ein kurzfristiges Nachschärfen erlaube. Es sei mehrfach diskutiert worden, ob Aufwand in der Verwaltung gespart und zudem für die Stadträt*innen passgenauer nachgeschärft werden könne.
Die Flughafenbilanz betreffe das Thema des im Stadtbeirat diskutierten Scope 3, dessen Ausweisung sich die Bürgerschaft wünsche. Im Scope 3 seien ebenso u. a. der Einfluss von Bundestraßen und des eigenen Konsums auf das Klimabudget enthalten. Hinsichtlich der Entwicklung von 2019 auf 2020 sei über eine Umsetzungsstruktur nachzudenken. Der Anteil an erneuerbaren Energien sei gegenüber 2019 gesunken und betrage auf der Gemarkung Stuttgart erneut lediglich 2 %. In Zusammenhang mit der von der Bundesregierung vorgegebenen Ausweisung, bis 2030 einen Anteil von 80 % erneuerbaren Energien zu erreichen, stelle sich die Frage, ob die Stadt nicht deutlich über dem aktuellen Anteil von aktuell 2 % liegen müsse und wie sie dieses Ziel erreichen müsse. Im Bereich der Fernwärme müsse berücksichtigt werden, dass der dort ausgewiesene Anteil an erneuerbaren Energien lediglich dem biogenen Anteil des verbrannten Restmülls entspreche. Daher stehe dies in keinerlei Zusammenhang mit erneuerbaren Energien, sondern es handle sich um ein Zufallsprodukt, da Teile der Bürgerschaft ihren Müll falsch sortierten. Grundsätzlich sei der Anteil von 2 % erneuerbaren Energien zu gering. Dieses Problem betreffe allerdings die EnBW. Die CO
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-Reduzierung gegenüber 2019 sei begrüßenswert. Allerdings sei das Jahr 2020 aufgrund der Pandemie nicht repräsentativ gewesen. Nun sei entscheidend, ob das Niveau auch nach der Pandemie gehalten werden könne. Es sei ausgeführt worden, eine CO
2
-Einsparung könne in Bezug auf den Bundesstrommix stattfinden. Da deutlich werde, dass nicht ausreichend gehandelt werde, müssten diese Punkte über den Klimafahrplan angegangen werden. In Hinblick auf die Suffizienz sei bei den Investitionen für die Energieeinsparung ein Rückgang von 50 % zu verzeichnen.
In diesem Zusammenhang betont Herr
Dr. Görres,
dies sei in der gemeinsamen Umsetzung mit dem Hochbauamt begründet. Nach einem Beschluss im Rahmen der Doppelhaushaltsberatungen werde im darauffolgenden Jahr mit den Planungen begonnen. Ein weiteres Jahr später werde mit der Umsetzung begonnen. Dieses Vorgehen habe in den vergangenen Jahren zu diesen Schwankungen bei den Investitionen geführt.
Seine Fraktion habe bereits im Jahr 2005 beantragt, den Energie- und Klimaschutzbericht von einem zwei- auf einen einjährigen Rhythmus umzustellen, so StR
Rockenbauch
(Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei). Erst im Jahr 2007 sei über einen weiteren Antrag positiv entschieden worden. Ebenso habe er im Jahr 2007 ausgesagt, das AfU solle noch vor den Haushaltsplanberatungen einen Notfallplan vorlegen, um die nicht erzielten Klimaschutzziele (damals 30 statt 40 %) nicht erst nach zwei weiteren vergangenen Jahren zu erreichen. Wie auch für Herrn Dr. Görres sei für ihn die Geschwindigkeit der Maßnahmenumsetzung ebenso unbefriedigend, da er bereits im Jahr 2007 Notfallpläne unter der Bezeichnung Klimakatastrophe gefordert habe. Aus dem Energie- und Klimaschutzbericht könne ein Instrument werden, wenn eine CO
2
-Kämmerei geschaffen werde. Daher solle nicht lediglich ein jährlicher Bericht mit Kenntnisnahme des Ausschusses erfolgen. Vielmehr müsse ein permanentes Monitoring durch eine Abteilung stattfinden. Diese solle bereits vor Entscheidungsprozessen angehört werden sowie die Daten liefern und diese in einer Gesamtschau wie bei den Haushaltsplanberatungen darstellen. Zudem würde eine Mitzeichnungspflicht dieser Abteilung benötigt. So könne durchaus möglich sein, aus sozialen Gesichtspunkten in Bezug auf Lärmschutz beispielsweise einen Straßentunnel im Stadtbezirk Zuffenhausen zu benötigen. Allerdings könne es ebenso angehen, hierfür kein CO
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-Budget mehr zur Verfügung zu haben. Der Energie- und Klimaschutzbericht besitze jedoch keine Verbindlichkeit und sei daher kein Klimasteuerungsinstrument, sondern lediglich ein Bericht.
Oftmals befinde er sich zu den auf dem Papier dargestellten positiven Zahlen im Widerspruch, so der Stadtrat: Im Hinblick auf die PV-Anlagen schaue man auf leere Dächer, und die Umsetzungsgeschwindigkeit sei zu träge. Ebenso seien die Entwicklungen bei der Endenergie im Strombereich nicht zufriedenstellend. Dies treffe ebenso auf den Verkehrssektor zu, welcher nicht im Bericht enthalten sei. Der Schwerpunkt des Berichts liege aus einer Tradition heraus auf den städtischen Liegenschaften. Allerdings müsse er dringend um weitere Bereiche erweitert werden. Im Wärmesektor seien die Entscheidungen bezüglich der Infrastruktur sehr langfristig, und es handle sich um eine teilweise 5-jährige Betrachtungsdauer. Die jetzige Klimabilanz falle aufgrund der Coronapandemie zwar positiv aus, aber die Wärmeprojekte funktionierten nicht und die Quartiere würden nicht vorangetrieben. Während die einfachen Projekte umgesetzt worden seien, stünden die wichtigen Projekte erst noch an. In Bezug auf die territoriale Betrachtung und den Aspekt von Scope 3 sei belegt, dass der Flughafen geschlossen werden müsse. Diejenigen, die an Stuttgart 21 und an dem Flughafen festhielten, hätten diese Aspekte nicht verstanden. Es werde schließlich ein großes Verkehrsprojekt zurückgebaut und ein enormer Aufwand in Milliardenhöhe für neue Gebäude und Infrastruktur in den nächsten Jahren betrieben. Alleine durch den immensen Erdaushub und die Erdmodellierung könne das Ziel einer Schwammstadt nicht erreicht werden. Zudem fehlten später die Personenkilometer im Schienenverkehr. Zu all diesen Aspekten lägen keine Instrumente vor. Es handle sich um verschränkte Prozesse der Stadtentwicklung und der Verkehrsentwicklung. In einem Bericht müsse die Aussage enthalten sein, ob sich die Stadt das Rosensteinprojekt mikroklimatisch noch leisten könne. Auf seine Frage, welche fünf wichtigsten Maßnahmen umgehend in den nächsten Doppelhaushaltsplanberatungen beschlossen werden müssten, betont Herr
Dr. Görres,
hierzu werde sich die Verwaltung in der Sitzung des AKU am 30.09.2022 äußern. Hier würden nicht lediglich die fünf größten Maßnahmen, sondern alle notwendigen Maßnahmen vorgestellt.
StR
Dr. Oechsner
(FDP) betont, eine Debatte über das Projekt Stuttgart 21 sei nicht mehr nötig, und der Flughafen befinde sich zum überwiegenden Teil im Eigentum des Landes Baden-Württemberg und gehöre nicht allein der LHS. Der Bericht sei zwar positiv zu bewerten, allerdings gehe aus den Grafiken auf den ersten 15 Seiten hervor, während die Industrie bedeutende Anstrengungen zum Klimaschutz betreibe, verbleibe der Sektor der privaten Haushalte auf dem gleichen Niveau, und die absolute Menge an Primär- und Sekundärenergie sowie der CO
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-Austoss bleibe nahezu konstant. Daher müsse diese Gruppe angegangen werden, um die Klimawende zu erreichen. Der positiv zu bewertende Bericht sei dazu geeignet, durchgeführte Maßnahmen im Nachgang zu bewerten.
Bei der Betrachtung des Energieflussschemas müsse bilanziert werden, so StR
Ozasek
(PULS), dass eine enorme Abhängigkeit von fossilen Energieträgern bestehe. Die Fortschritte seien im Wesentlichen von dem bundesdeutschen Strommix getragen, und die LHS navigiere im Windschatten dieser großen Entwicklung. Dabei spiele die sukzessive Erhöhung der Anteile der erneuerbaren Energien eine wesentliche Rolle. Er nehme einen sogenannten "Not in my backyard Effekt" (Nimby-Effekt oder Sankt-Florians-Prinzip) wahr. So drehe sich lediglich ein Windrad auf städtischer Gemarkung auf dem Grünen Heiner im Stadtbezirk Weilimdorf, und die Dächer seien nicht mit PV-Anlagen bestückt. Dagegen würden die erneuerbaren Energien in Form von Erzeugungsanlagen innerhalb des Stadtgebiets benötigt. Allerdings bestehe in diesem Bereich keinerlei Dynamik, es müsse hier wesentlich mehr geschehen. Hinsichtlich der erwähnten Zielvorgabe von 1.100 Solaranlagen pro Jahr müsse es heißen: "weniger Daimler-Ingenieure, mehr Solarteure". Ein guter Freund des Stadtrats sei promovierter Elektroingenieur mit eigener Firma und errichte und projektiere Solaranlagen. Dessen Auftragsbücher seien voll und mehrfach überzeichnet, und er nehme keine Aufträge außerhalb seiner Kommune an. Zudem sei die Komponentenverfügbarkeit nicht mehr gegeben. Aktuell zeichneten sich die vor zehn Jahren begangenen Fehler ab. Damals sei die deutsche Erneuerbare-Energien-Industrie mit ihren Weltmarktführern de facto abgewickelt worden, da sich der Staat für einen Rückzug aus der Förderung entschlossen habe. Hunderttausend Arbeitsplätze seien verloren gegangen, und es sei nun eine enorme Abhängigkeit von China entstanden. Zudem sei jegliches Know-how abgeflossen, Patente seien ausverkauft worden, und es bestünden Lieferkettenabhängigkeiten. Insgesamt bestehe eine immense Problematik. Zu diesem Thema müssten Gespräche u. a. mit der hiesigen Wirtschaft sowie der Industrie wie beispielsweise mit dem Unternehmen Bosch geführt werden. Die Firmen müssten erneut in den Bereich der erneuerbaren Energien und insbesondere in das Gebiet der E-Wärmepumpe einsteigen, wo nach Auffassung des Stadtrats die Klarheit in der Geschäftsfeldentwicklung fehle und bislang weiter auf die Brennwertheizung und Wasserstoff gesetzt werde. Vielmehr wäre eine Disruption in diesem Bereich wichtig.
Eine entscheidende Rolle spiele die PV-Verordnung des Landes: Beispielsweise seien in einem Sanierungsgebiet im Stadtbezirk Gablenberg zahlreiche Dächer erneuert worden, und bedauerlicherweise sei auf nahezu keinem Dach eine PV-Anlage installiert worden. Daher komme die PV-Verordnung zehn Jahre zu spät. Es sei ebenso bedauerlich, dass die grün geführte Landesregierung dieses Thema nicht als Projekt früher angegangen habe. Dadurch seien zahlreiche Chancen verloren gegangen. Sehr erfreut zeigt sich StR Ozasek über die Flughafenbilanz. Er erinnert an seinen Antrag, den Regionalflughafen Baden-Baden abzustoßen und die städtische Beteiligung zu beenden. Er widerspricht StR Dr. Oechsner, der Flughafen sei lediglich eine Landesangelegenheit. Vielmehr bestehe eine strategische Beteiligung der LHS mit einem Anteil. Es müsse ein politisches Signal gesetzt werden, zukünftig keine Infrastruktur für kleine Regionalflughäfen mehr vorzuhalten. In Bezug auf die Klimaauswirkungen werde ein Commitment bei allen Bürgermeister*innen in der Stadtverwaltung benötigt, dieses Thema gemeinsam angehen zu wollen. In diesem Zusammenhang sagt StR Ozasek BM Pätzold die volle Unterstützung seiner Fraktion zu. Bei allen Vorhaben müssten die Klimaauswirkungen von allen Referaten bilanziert werden. Zudem müsse der Reduktionspfad massiv korrigiert werden. Hier werde ein CO
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-Restbudget benötigt, welches alljährlich bemessen und danach geprüft werde, ob man sich noch im Korridor befinde. Ein lediglich lineares Abschmelzen sei kritisch, und es würden dagegen sogenannte "Quick Wins" (schnelle Gewinne) benötigt. Auf dem verbleibenden Reduktionspfad werde es sehr mühsam, die Emissionen zu reduzieren.
StR
Zaiß
(FW) betont, einige PV-Anlagen seien bereits vor geraumer Zeit installiert worden. Es wäre begrüßenswert gewesen, diese Solaranlagen weiter auszubauen, allerdings bestünden zahlreiche Probleme u. a. mit der Statik oder den Lichtverhältnissen. Wo es möglich sei, sollten PV-Anlagen auf den Dächern installiert werden oder dazu genutzt werden, um Wärme zu gewinnen. Aufgrund des Berichts solle man dankbar sein, dass derart viele Fortschritte erzielt worden seien. Es sei häufig schwierig, der Bürgerschaft die für den Klimaschutz nötigen Maßnahmen zu vermitteln. Seiner Auffassung nach werde der Gemeinderat von maximal der Hälfte der Bürgerschaft gewählt. Der anderen Hälfte sei der Gemeinderat einerlei.
Herr
Dr. Görres
betont, bei der Umsetzung von PV- und Solaranlagen habe die Verwaltung beim Freibad im Stadtbezirk Möhringen sehr gute Erfahrungen gesammelt. Diese Erfahrungen würden in Bezug auf das Bürgerhospital mitgenommen, um gleichzeitig eine PV-Anlage und eine thermische Solaranlage auf dem Dach gemeinsam mit der SWSG und der SWS zu realisieren. Damit würde sowohl Strom als auch Wärme erzeugt. Die entsprechenden Systeme müssten genau analysiert werden, um ihre Funktion in der Praxis bewerten zu können. Das Thema Geothermiefeld unter einem Gebäude sei in der Waldau realisiert worden. Das in der LHS vorhandene Potenzial werde gemeinsam mit den SWS betrachtet und müsse gehoben werden. Das Energiebewusstsein habe sich in der Vergangenheit verändert.
In Bezug auf das Thema Kommunikation in die Stadtgesellschaft erhoffe er sich, dass die Weiterentwicklung des Kommunikationskonzepts mit dem AfU abgestimmt werde, so Herr Dr. Görres. Die in der fachlichen Praxis erarbeiteten Aspekte müssten sich in der Kommunikation wiederfinden.
Der Anteil der erneuerbaren Energien werde sich erhöhen, falls kein Erdgas mehr in der Gemarkung Stuttgart eingesetzt werde. Bislang seien die erneuerbaren Energien nicht genügend berücksichtigt worden, da das Erdgas zu kostengünstig gewesen sei. Dieser Aspekt werde sich zukünftig ändern, und dies sei den SWS deutlich.
Da keine weiteren Wortmeldungen geäußert werden, stellt BM
Pätzold
Kenntnisnahme
des Berichts durch den Ausschuss für Klima und Umwelt mit.
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