Protokoll:
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
75
2
Verhandlung
Drucksache:
562/2017
GZ:
8013-07.05
Sitzungstermin:
21.07.2017
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
EBM Föll
Berichterstattung:
Herr Kromer (LMS)
Protokollführung:
Frau Sabbagh
pö
Betreff:
Landesmesse Stuttgart GmbH
Jahresabschluss 2016
Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 12.07.2017, GRDrs 562/2017, mit folgendem
Beschlussantrag:
Der Vertreter der Landeshauptstadt in der Gesellschafterversammlung der Landesmesse Stuttgart GmbH wird beauftragt:
1. den Jahresabschluss zum 31.12.2016 und den Lagebericht in der vorgelegten Form festzustellen.
2. die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2016 zu entlasten.
3. den Bilanzgewinn in Höhe von 6.400.385,02 EUR auf neue Rechnung vorzutragen.
4. als Abschlussprüfer für den Einzel- und Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2017 Ebner Stolz GmbH & Co. KG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, Stuttgart zu bestellen.
Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.
Zunächst berichtet Herr
Kromer
kurz im Sinne der Vorlage und ergänzt im Ausblick auf das laufende Jahr, dieses stehe unter dem Zeichen der Halle 10, der Paul-Horn-Halle, die Ende des Jahres fertiggestellt und mit dem Neujahrsempfang bzw. der CMT eröffnet werde. Im Oktober werde die LMS mit der EVS den Weltgipfel der Elektromobilität in Stuttgart ausrichten.
Die Vertreter der Fraktionen danken für den Bericht.
StR
Rudolf
(CDU) betont, die Messe habe sich sehr erfolgreich entwickelt und sei ein unverzichtbarer Bestandteil der regionalen Wirtschaft. Sie diene auch dazu, etwas von der Automobillastigkeit wegzukommen. Neben Veranstaltungen mit neuen Autos seien aber auch solche mit alten - Retro Classics - sehr erfolgreich.
Wie ihr Vorredner dankt auch StRin
Fischer
(90/GRÜNE) Herrn Kromer und seinem Team für die erfolgreiche Arbeit. Für ihre Fraktion sei wichtig, dass traditionelle Aussteller gehalten und zugleich aber auch mehr Messen für nachhaltige Produkte entwickelt würden. Das gehöre zu einem zukunftsfähigen Messestandort.
Dem Dank schließt sich StR
Lutz
(SPD) im Namen seiner Fraktion ebenfalls an. Er räumt seine anfängliche kritische Haltung gegenüber der Messe ein, doch habe diese die Veränderungen gut gemeistert, und er stehe nun hinter ihr. Gerade für Mittelständler sei eine gute internationale Ausrichtung als Element der Wirtschaftsförderung wichtig. Allerdings müssten die Geschäftsbedingungen so formuliert sein, dass man die Möglichkeit habe, eine Messe, die sich in eine unerwünschte Richtung entwickle, aus dem Programm zu nehmen. Niemand habe Interesse an einer Messe, die ein zweifelhaftes Licht auf die Stadt werfe. Er bittet, dies zu verankern.
StR
Adler
(SÖS-LINKE-PluS) schickt voraus, dass die Messe als öffentliches Unternehmen keinen Auftrag der kommunalen Daseinsvorsorge erfülle. Deshalb sollte sie auch schwarze Zahlen schreiben, was ja der Fall sei. Er hätte im Ausblick allerdings einen Hinweis zur Ausrichtung der ITEC 2018 erwartet. Immerhin handle es sich um eine Veranstaltung, die Ausrüstung zur Kriegsführung beinhalte. Seine Fraktionsgemeinschaft lehne eine solche Messe ab, da die Zerstörung von Lebensgrundlagen durch Krieg eine der großen Fluchtursachen sei. Zudem sei Stuttgart Mitglied bei
"Mayors for Peace", und der Gemeinderat habe 2016 beschlossen, städtisches Vermögen nicht mehr bei Unternehmen anzulegen, die Militärwaffen oder Munition herstellten und vertrieben. Er stimmt StR Lutz zu, dass man die Verträge mit solchen Messen künftig so gestalten müsse, dass man problemlos und ohne finanziellen Schaden zurücktreten könne. Offensichtlich fehle es hier an Sensibilität. Und auch der Hinweis von EBM Föll, dass die Messe die Unterbringung von 2.000 Flüchtlingen ermöglicht habe, rechtfertige in keiner Weise die Durchführung der ITEC. Seine Fraktionsgemeinschaft fordere weiterhin, dass diese Messe gekündigt werde, selbst wenn dies Regressforderungen des Veranstalters nach sich ziehen würde. Seine Fraktionsgemeinschaft werde die Geschäftsführung der Messe nicht entlasten, deshalb bitte er um getrennte Abstimmung der Ziffern.
Mit dem Dank an Herrn Kromer und sein Team für das gute Ergebnis verbindet StR
Zaiß
(FW) den Hinweis, dass eine Messe von Neuheiten lebe und so den Fortschritt zeige. Dafür brauche sie Platz, der mit der zehnten Halle nun geschaffen werde. Er hoffe, dass Stuttgart weiterhin ein guter Schauplatz für Neuheiten bleibe.
StR
Klingler
(AfD) schließt sich dem Dank für die hervorragende Arbeit der Geschäftsführer und ihrem Team an. Wichtiger als das gute Ergebnis der Messe sei, dass sie sehr viel Geld in die Stadt bringe. Hotellerie, Gastronomie und Einzelhandel profitierten davon. Die ITEC sei aus seiner Sicht eine Fachmesse, und die Produkte gebe es auch ohne diese Veranstaltung.
StRin
Fischer
erklärt, die Vertreterin ihrer Fraktion im Aufsichtsrat habe sich dafür ausgesprochen, dass geprüft werde, ob der Vertrag mit ITEC, ohne dass Regressansprüche gestellt würden, aufgelöst werden könne. Dafür habe es aber keine Mehrheit gegeben. Für ihre Fraktion sei deshalb wichtig, dass in der Zukunft Mittel und Wege gefunden würden, dass eine solche Messe nicht mehr in Stuttgart stattfinde. Ihre Fraktion werde die Geschäftsführung aber trotzdem entlasten.
Zur ITEC merkt EBM
Föll
an, der Ausschuss müsse zur Kenntnis nehmen, dass der Aufsichtsrat in seiner letzten Sitzung diese Thematik behandelt und mit Mehrheit beschlossen habe, dass diese Messe 2018 durchgeführt werden könne. Er persönlich halte diese Messe für Sicherheitstechnik in unterschiedlichen Variationen im Übrigen für vertretbar. Auch die Bundesrepublik sei zur Wahrung der inneren und äußeren Sicherheit auf diese Sicherheitstechnik angewiesen.
Auf Nachfrage von StRin
Yüksel
(FDP) informiert Herr
Kromer,
in Bezug auf die Türkei habe sich die Messe zum Zeitpunkt der Übernahme der Restanteile mit der aktuellen Entwicklung dort auseinandergesetzt. Allerdings habe sich die Entwicklung seit dem Beschluss Ende 2016 zugespitzt. Das Messegeschäft der Landesmesse entwickle sich in der Türkei weitestgehend normal. Allerdings habe sich die internationale Wahrnehmung verändert. Vor allem für westliche Aussteller sei es dort momentan schwieriger. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Wirtschaft in der Türkei komplett kollabieren werde, doch sei erhöhte Aufmerksamkeit geboten. Insgesamt seien die Umsätze im Ausland alternierend. Der im Vergleich zum Vorjahr etwas schwächere Umsatz liege an den Situationen in Amerika und China.
Die Internationalität sei im Fokus und gehe in zwei Richtungen. Auf der einen Seite habe man den Inbound-Verkehr, der vor allem für den Mittelstand interessant sei. Die mittelständischen Aussteller aus Baden-Württemberg und Deutschland sollten möglichst internationale Kunden finden. Dieses Geschäft entwickle sich sehr gut. Momentan kämen ca. 20 % der Besucher aus dem Ausland. Parallel versuche man die interessanten Themen auch ins Ausland zu tragen, um wiederum den Mittelständlern die Plattform zu geben, sich auch dort zu entwickeln.
Zur ITEC führt er aus, im Geschäftsbericht könne er nicht über Dinge schreiben, die er noch gar wisse. Er bitte hier, den Zeitpunkt der Veröffentlichung zu berücksichtigen. Die ITEC sei eine Entwicklung des Jahres 2017. Er weise aber von sich, dass es ihm an Sensibilität fehle. Selbstverständlich gebe es kritische Themen, und man arbeite daran, einen Umgang mit diesen sensiblen Themen zu finden und umzusetzen. Doch könne die Messe als öffentliche Einrichtung, die Dritten zur Miete angeboten werde, nicht nach Gusto Veranstaltungen annehmen oder absagen. Faktisch könnten sich Organisationen, egal welcher Couleur, bei der Messe einmieten und im Falle einer Ablehnung einklagen. Das bitte er den Ausschuss hinsichtlich der Auslegung der AGBs zu berücksichtigen. Nach Ansicht der Messe sei die ITEC eine Fachmesse für Trainings- und Simulationssoftware für zivile und militärische Anwendungen. Parallel finde eine Advanced Engineering Conference statt. Bei dieser Veranstaltung gehe es um die Entwicklung entsprechender Technologien. Sie habe dreimal in Köln sowie in Rom, Amsterdam, Brüssel und Warschau stattgefunden und finde alle vier Jahre in London statt. Die Namen dieser Veranstaltungen begründeten nicht zwingend eine Ablehnung durch die Messe nach den ihr vorliegenden Kenntnissen. Nach Abwägung sei die Messe zum Ergebnis gekommen, dass diese Veranstaltung vielleicht nicht idealtypisch, aber im weitesten Sinne vertretbar sei.
StR
Rockenbauch
(SÖS-LINKE-PluS) fordert dennoch die politischen Vertreter, die sich für ein friedliches Zusammenleben auf der Welt einsetzten, auf, ein klares politisches Signal zu senden. Das habe seine Fraktionsgemeinschaft getan, und ihm sei es auch völlig egal, ob irgendwelche Regressforderungen auf die Messe zukämen. Nach Ansicht seiner Fraktionsgemeinschaft mache die Geschäftsführung mit der ITEC einen Fehler und müsse dafür die Verantwortung übernehmen. An dieser Stelle weist EBM
Föll
darauf hin, dass die Messe nach dem Landesmessegesetz eine öffentliche Einrichtung sei. Die Bundesrepublik sende ihre Armee auf UN-Friedensmissionen in alle Welt, dies könne doch nicht ohne jedwede Sicherheitstechnik geschehen.
Er stellt abschließend fest:
Der Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen
beschließt
die Ziffern 1, 3 und 4 je einstimmig sowie die Ziffer 2 bei 3 Gegenstimmen mehrheitlich
wie beantragt.
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