Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz:
AKR/41
GRDrs
1224/2023
Stuttgart,
11/08/2023
Haushalt
2024/2025
Unterlage für die
1
. Lesung des
Verwaltungsausschuss
zur
nichtöffentlichen
Behandlung am
13.11.2023
Erinnerungskultur:
- Der Bismarckplatz – Prozess eines Diskurses gestalten
- Erinnerungsorte am Killesberg und Nordbahnhof
- Erinnerungsarbeit in Stuttgart breiter aufstellen
- Stärkung der Koordinierungsstelle Erinnerungskultur
Beantwortung / Stellungnahme
Der Bismarckplatz – Prozess eines Diskurses gestalten
(Antrag 225/2023 von Bündnis 90/ DIE GRÜNEN)
Allgemeines
Im Sinne einer zeitgemäßen Geschichtsauffassung versucht man vermehrt historische Persönlichkeiten in ihrer Ganzheitlichkeit darzustellen. So berücksichtigt auch die heutige Forschung die ambivalente Rolle Otto von Bismarcks als Reichskanzler und federführender Akteur bei der Berliner Afrika-Konferenz und lässt den Stand der Erkenntnisse in erinnerungskulturelle Debatten einfließen - auf kommunaler und nationaler Ebene.
Besonders sichtbar wird dieser Diskurs im Stadtbild. Denn Otto von Bismarck ist Namensgeber zahlreicher Straßen, Plätze und Denkmäler. In Stuttgart gibt es ebenso einige Orte, die den Namen 'Bismarck' tragen. Darunter der Bismarckplatz im Stuttgarter Westen.
Bundesweit haben einige Städte bereits Aufarbeitungs- und Diskursprozesse rundum Bismarck und das Thema „Straßennamen“ angestoßen. In Hamburg beispielsweise wurden mit 'Rethinking Bismarck' erste Maßnahmen zur Auseinandersetzung mit der Person entwickelt. Darüber hinaus haben Städte wie Tübingen, Freiburg, Darmstadt oder München bereits Prozesse etabliert, wie mit kritischen Fragen der Erinnerungskultur im Stadtbild umgegangen werden soll. Tübingen reflektiert z.B. diskutable Straßenbenennungen innerhalb eines Expert*innenbeirats und kontextualisiert diese mit künstlerischen Interventionen. Auch Freiburg ließ alle seine Straßennamen wissenschaftlich untersuchen. Zahlreiche weitere Städte befinden sich bundesweit bereits im Dialog zur Repräsentation von Personen im Stadtbild.
Maßnahmen
Im vorliegenden Antrag vom 27.07.2023 beantragt die Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN eine Auseinandersetzung mit dem zukünftigen Umgang mit dem Stuttgarter Bismarckplatz. Die Koordinierungsstelle Erinnerungskultur wird beauftragt, ein Diskursformat durchzuführen und einen partizipativen Prozess zu entwickeln.
Die Koordinierungsstelle Erinnerungskultur schlägt vor – falls der Antrag eine Mehrheit erhält und zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden – ab 2024 einen Dialogprozess zu starten, der drei Termine umfasst. Mit Hilfe einer externen Prozessmoderation soll zu einem Konzept für einen konstruktiven Umgang mit der historischen Figur Otto von Bismarck im Stuttgarter Stadtbild gefunden werden. Während der dialogischen Veranstaltungsformate werden unterschiedliche Anliegen zum und Perspektiven der Bürgerschaft, Initiativen und Nachbarschaft auf das Thema zusammengetragen und in Zusammenarbeit mit weiteren zuständigen Ämtern Rahmenbedingungen und Folgen möglicher Entscheidungen geprüft. Ziel ist es, ein Austauschverfahren zu konzipieren, welches eine Zusammenführung der Stimmen der Stadtbevölkerung anstrebt aber auch lokale Institutionen der Erinnerungskultur und bundesweite Experten und Expertinnen miteinbezieht.
Aus diesem Meinungsbild wird schließlich eine möglichst klare Handlungsempfehlung zum a) weiteren Umgang mit dem Bismarckplatz und b) zur Entwicklung eines zukunftsorientierten Prozesses zum Umgang mit diskutablen Benennungen und Ehrungen formuliert.
Für einen 3-stufigen Dialogprozess zum Thema „Wie weiter? Ein zukunftsfähiger Umgang mit dem Bismarckplatz“ wird ein zusätzliches Budget von 35.000 EUR benötigt. Dieses umfasst eine externe Prozessmoderation, Honorare für Experten und Expertinnen und beteiligte Initiativen, Reisekosten sowie Veranstaltungskosten für drei Dialogveranstaltungen. Der Auftrag kann mit den derzeit vorhandenen Finanz- und Personalressourcen der Koordinierungsstelle Erinnerungskultur ansonsten nicht zeitnah umgesetzt werden.
Für eine nachhaltige Bearbeitung des Themas werden zudem Personalstellen benötigt. Darstellungen der benötigten Ressourcen erfolgen im Rahmen der Stellungsnahmen zu dem Haushaltsantrag: 3064/2023 „Stärkung der Koordinierungsstelle Erinnerungskultur“ der SPD Fraktion.
Erinnerungsorte am Killesberg und Nordbahnhof
(Antrag 2160/ 2023 von CDU)
Die CDU-Fraktion möchte mit in ihrem Antrag, dass die Erinnerungsorte am Killesberg, das Mahnmal zur Erinnerung an die Deportation im Höhenpark Killesberg und das Mahnmal „Zeichen der Erinnerung“ am Nordbahnhof in das Stadt- und Kulturleitsystem der LHS aufgenommen und durch Schilder miteinander verbunden wird.
Die Stadtverwaltung befürwortet dieses Anliegen und wird den Gesamtaufwand detaillierter prüfen. Aus urheberrechtlichen Gründen sollte das Büro Design und mehr, welches das Stadt – und Kulturleitsystem im Zuge der WM 2006 entwickelt hat, diesen Ergänzungsauftrag übernehmen.
Die geeigneten Standorte sind in einem Ortstermin mit Amt für Stadtplanung und Wohnen, Tiefbauamt und dem Kulturamt (Koordinierungsstelle Erinnerungskultur) als Gesamtkonzept zu erarbeiten.
Als grobe Kostenabschätzung ist mit einem Aufwand von mindestens 30.000 Euro für das gesamte Vorhaben auszugehen.
Erinnerungsarbeit in Stuttgart breiter aufstellen (3063/2023)
Stärkung der Koordinierungsstelle Erinnerungskultur (3064/2023)
(Antrag 3063/2023 und 3064/2023 von SPD)
Einleitung
Die SPD-Fraktion fordert mit den Anträgen 3063/2023 und 3064/2023 die deutliche Ausweitung der Erinnerungsarbeit in Stuttgart. Ziel ist die Stärkung der Koordinierungsstelle Erinnerungskultur sowie eine größere Sichtbarkeit ihrer Arbeit zu erreichen. Des Weiteren sollen die Themen des Umgangs mit Benennungen nach ambivalenten Persönlichkeiten, eine größere Sichtbarkeit für Orte der Erinnerung sowie historische Stadtmarkierungen und die Vermittlung von Wissen zu Stuttgart als Ort des Kolonialen zentriert werden. Umfassend wird auch die Aufarbeitung und Sichtbarmachung der Entwicklungen vor 1933 in der Weimarer Republik unter dem Stichwort „Wehrhafte Demokratie“ in den Blick genommen.
Es folgt eine Darstellung der Ressourcen, die aus Sicht der Verwaltung notwendig sind, um die bereits bestehenden Aufgaben in der städtischen Erinnerungsarbeit und die vorgeschlagenen neuen Projekte angemessen umsetzen zu können sowie den Anforderungen des Gemeinderats in Zukunft besser gerecht zu werden.
Überblick über den Ressourcenbedarf aus Sicht der Kulturverwaltung
Eine Prüfung der im Folgenden aufgeführten Stellen- und Sachmittelbedarfe konnte kurzfristig durch die Abteilungen Organisationsstrategie und -entwicklung (17-3) sowie Haushalt (20-2) nicht erfolgen. Für den Umfang und die Wertigkeit möglicher Stellenschaffungen gibt es erst zu den Stellenplanberatungen eine valide Entscheidungsgrundlage.
Stellen
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1,0 Assistenzstelle mit Verwaltungsaufgaben (siehe Stellenplan und Antrag 3012/2023 sowie Antrag 4279/2023)
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1,0 wissenschaftliche Referent*in Straßennamen, historische Stadtmarkierungen und Grabmale (Antrag 3064/2023)
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1,0 wissenschaftliche Projektmitarbeiter*in, 3 Jahre, Aufarbeitung und Vermittlung Kolonialismus (Antrag 3064/2023)
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0,5 Mitarbeiter*in Öffentlichkeitsarbeit, Sachmittelbudget 15.000 EUR jährlich, für die direkte und nachhaltige Kommunikation über den üblichen städtischen Rahmen hinaus (Antrag 3064/2023)
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0,5 Projektstelle, 3 Jahre, wissenschaftliche Mitarbeiter*in zur Gesamtkoordination des Vorhabens „Erinnerungsarbeit in Stuttgart breiter aufstellen – Wehrhafte Demokratie“ und Erinnerungsarbeit (Antrag 3063/2023), Koordination der Projektgruppe und Projektmanagement, inhaltliche Gesamtkonzeption, Etablierung neuer Erinnerungszeichen und -orte
Stellenbedarf im Stadtpalais und Stadtarchiv
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1,0 Projektstelle
für das Stadtpalais
, 3 Jahre, zur Erarbeitung der Ausstellungen „Wehrhafte Demokratie“ und zur Betreuung eines wissenschaftlichen Beirats zum Thema (Antrag 3063/2023)
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0,5 Projektstelle
für das Stadtarchiv
, 3 Jahre, zur wissenschaftlichen Aufarbeitung und personengeschichtlichen Recherche „Wehrhafte Demokratie“ (Antrag 3063/2023), wissenschaftliche Erforschung, Archivrecherche, bundesweite Vernetzung im akademischen Kontext, Erarbeitung personengeschichtlicher Darstellungen, Veröffentlichung der Ergebnisse
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1,0 Projektstelle
für das Stadtpalais
, 3 Jahre, zur Koordination eines Bildungsnetzwerkes „Wehrhafte Demokratie“, das gemeinsam Vermittlungsangebote für verschiedene Zielgruppen konzipiert und umsetzt (Antrag 3063/2023)
Sachmittel
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35.000 EUR Sachmittelbudget für den Dialogprozess „Bismarckplatz“ (vgl. Antrag 225/2023), darüber hinaus 30.000 EUR jährlicher Bedarf „Benennungen, Stadtmarkierungen, Grabmale“ (Antrag 3064/2023)
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150.000 EUR Ausstellungen „Kolonialismus“ und Veranstaltungen für 2024/2025/2026 (Antrag 3064/2023)
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15.000 EUR Sachmittelbudget jährlich, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit (Antrag 3064/2023)
Sachmittel für Stadtpalais und Stadtarchiv
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75.000 EUR Sachmittel für das
Stadtpalais
für das notwendige Projektmanagement zur Ausstellung „Wehrhafte Demokratie“, die wahrscheinlichen Mehrbedarfe des Leihverkehrs und der Restaurierung sowie zur Konzeption und Umsetzung eines umfangreichen Begleitprogramms (Antrag 3063/2023)
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25.000 EUR Sachmittel für das
Stadtpalais
zur Koordination eines Bildungsnetzwerkes „Wehrhafte Demokratie“ und zur Umsetzung der Formate (Antrag 3063/2023)
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6.000 EUR Sachmittel für das
Stadtarchiv
für Archivreisen zur wissenschaftlichen Recherche „Wehrhafte Demokratie“ (Antrag 3063/2023)
Mittel für Förderprojekte
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96.600 EUR, Lernort Geschichte, Web-App Go-Stuttgart
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20.000 EUR, Projekt zur Übersicht und Aufarbeitung Erinnerungsorte mit Bezug zur
NS-Zeit
Sachmittel „weitere Projekte“
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43.000 EUR Sachmittel für einen künstlerischen Wettbewerb zur „Doppelte Lücke“
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75.000 EUR Sachmittel für die Entwicklung und Umsetzung eines Erinnerungskonzepts für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt
Detailliertere Darstellungen
Zum Antrag 3063/2023 Erinnerungsarbeit in Stuttgart breiter aufstellen
Vgl. Stellen- und Ressourcenbedarfsbeschreibung oben, Sachmittel 106.000 EUR
Mit Bezug auf den Antrag 256/2023 vom 8.9.2023 „Wehrhafte Demokratie in Stuttgart – eine historische Aufbereitung und Würdigung des Einsatzes republikanischer Kräfte vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933“ stellt die SPD-Fraktion den Haushaltsantrag „Erinnerungsarbeit breiter aufstellen“. Weitere Verbindungen ergeben sich zu dem Antrag 280/2022 zu „Kurt Schumacher“ und zum Antrag 214/2023 zu „Fritz Bauer“.
Die SPD-Fraktion fordert die Ausweitung der städtischen Erinnerungsarbeit. Besonders in den Blick sollen dabei der Zeitraum und die Entwicklungen nach dem ersten Weltkrieg und vor der Machtergreifung sowie der Abschaffung der kommunalen Selbstverwaltung genommen werden. Die historische Aufarbeitung des benannten Zeitraums soll auch gegenwärtige und zukünftige Fragen nach demokratischen Werten, nach der Bedeutung des demokratischen Diskurses und nach Wehrhaftigkeit von demokratischen Systemen ins Zentrum rücken. Personen wie Fritz Bauer, Anna Blos, Kurt Schumacher, Eugen Bolz, Charlotte Armbruster, Karl Albert Lautenschlager, Reinhold Maier, Thekla Kaufmann und Fritz Elsas sollen im Fokus stehen.
Für die Vermittlungs- und Erinnerungsarbeit spielen Personen eine wichtige Rolle. Gleichzeitig sind Menschen facettenreich und vielschichtig. Zudem dürfen - dem berühmten Brecht-Wort "Unglücklich das Land, das Helden nötig hat" folgend - beim Fokussieren auf Identifikationsfiguren, die häufig mit mutigen Akten des Widerstandes in Verbindung stehen, die Handlungsspielräume der Mehrheitsbevölkerung bzw. der 'Durchschnittsmenschen' nicht aus dem Blick geraten. Gleiches gilt für die Sensibilität für gesamtgesellschaftliche Veränderungsprozesse, etwa die Erosion der Zustimmung zu einer bestimmten Verfassungsform als Legitimationsgrundlage staatlicher Macht, die schleichenden Verluste sicher geglaubter Errungenschaften, das Aufkommen latent oder offen aggressiver Mentalitäten.
Die wissenschaftliche Vertiefung der ‚wehrhaften Demokratie‘ in Stuttgart vor der Machtergreifung muss diese strukturellen Zusammenhänge ebenso in den Blick nehmen wie die Vielschichtigkeit der Persönlichkeiten und ihres Handelns.
Um diesem umfassenden Themenkomplex und den verschiedenen Ebenen der wissenschaftlichen Aufarbeitung, Ausstellungs- und Vermittlungsarbeit sowie der Forderung nach der Etablierung neuer und Überprüfung alter Erinnerungszeichen gerecht zu werden, bildet sich für dieses Großprojekt eine Projektgruppe aus Stadtarchiv, Stadtpalais und Koordinierungsstelle Erinnerungskultur, das zusätzlicher personeller wie finanzieller Ressourcen bedarf. Diese Kerngruppe wird durch die Einbindung externer Partner erweitert.
Detailliertere Darstellungen
Zum Antrag 3064/2023 Stärkung der Koordinierungsstelle Erinnerungskultur
Die SPD-Fraktion fordert die Stärkung der Koordinierungsstelle Erinnerungskultur. Ziel ist es, die 2021 ins Leben gerufene Stelle in einen Zustand zu versetzen, in dem die bestehenden Aufgaben im Bereich der Verwaltung, Projektarbeit, Konzeption und Kommunikation mit der Stadtgesellschaft bewältigt und den Erwartungen des Gemeinderats mit Blick auf das Thema Straßennamen, Stadtmarkierungen und Straßennamen entsprochen werden können.
Zu 1.: Überblick
Zum Thema Sichtbarkeit und Öffentlichkeitsarbeit
Vgl. Stellen- und Ressourcenbedarfsbeschreibung oben, 15.000 EUR Sachmittel
Die Koordinierungsstelle Erinnerungskultur nutzt bereits alle Möglichkeiten der LHS, die für die übliche Öffentlichkeitsarbeit vorhanden sind (Pressemitteilungen, Social-Media-Kanäle der LHS, Veranstaltungskalender). Doch wird die geleistete Arbeit bisher nicht ausreichend wahrgenommen. Auch zeigt die Erfahrung anderer Bereiche und Einrichtungen im kulturellen Bereich, dass die üblichen Kanäle der LHS lange nicht ausreichen, um ein breites Publikum und vor allem auch jüngere Zielgruppen zu erreichen und für Themen wie Erinnerungskultur begeistern zu können. Für eine direkte, konstante und nachhaltige Kommunikation, die dem Anspruch einer breiten gesellschaftlichen Ansprache über alle Generationen hinweg Rechnung tragen kann, benötigt die Koordinierungsstelle daher für diesen Bereich personelle und finanzielle Ressourcen.
Zu 2. Ressourcen und Mittel für im Antrag benannte neue Arbeitspakete
Zu 2.1 Zusammenstellung aller Bezeichnungen von Straßen, Plätzen und öffentlichen Gebäuden, die nach historisch belasteten Menschen (z.B. mit Bezug zu Nationalsozialismus oder Kolonialismus) benannt sind
Vgl. Stellen- und Ressourcenbedarfsbeschreibung oben, benötigte Sachmittel: 30.000 EUR jährlich
Das beschriebene Arbeitspaket ist Ergebnis eines zukünftigen Prozesses zur Überprüfung und Bewertung der Stuttgarter Straßennamen. Die oben beschriebenen Personalressourcen werden u.a. zur Überprüfung der Benennungen benötigt, um anschließend überhaupt eine Bewertung und Auflistung relevanten Benennungen vornehmen zu können. Zum jetzigen Zeitpunkt ist nur ein minimaler Bruchteil der betroffenen Benennungen bekannt, da eine solche Erforschung noch aussteht. Die benötigten Sachmittel werden die Gestaltung nachhaltiger Strukturen, für die Einberufung eines Expert*innengremiums zur Begleitung des Aufarbeitungsprozesses aber auch insbesondere für ergänzende Schilder und Informationstafeln sowie weiterführende Informationstele im öffentlichen Raum benötigt.
Zu 2.2 Erhebung der Stuttgarter Gedenkstätten, die das Erinnern an die NS-Zeit 1933-45 wachhalten, auch für eine Nutzbarmachung bei historischen
Stadtführungen
Die Verwaltung benötigt Fördermittel zur externen Erstellung einer entsprechenden Übersicht. Es liegt bereits ein Konzept von Beate Müller, der ehemaligen Leiterin des Lernorts Geschichte vor, das die Dokumentation und Beschreibung aller Stuttgarter Erinnerungsorte mit Bezug zur NS-Zeit vorsieht. Diese sollen jedermann zugänglich gemacht werden, voraussichtlich durch eine Online-Präsentation.
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Fördersumme für das Projekt von Beate Müller: 20.000 EUR die Integration der Ergebnisse in die virtuelle Übersichtskarte der „Kunst im öffentlichen Raum“ erfolgen:
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Sachkostenbudget für das Einpflegen der Datensätze durch eine externe Kraft und die technische Anpassung der Webseite: 5.000 EUR
Der Fachbereich Kunst im öffentlichen Raum entwickelt derzeit eine Online-Präsentation, die eine Übersicht über Kunstwerke im Stuttgarter Stadtraum bietet. In diese Übersicht sollen aufgrund der thematischen Nähe und inhaltlichen Überschneidungen ebenfalls die Erinnerungsorte und -zeichen eingepflegt werden, was die Sichtbarkeit und Wahrnehmung der erinnerungskulturellen Orte erhöhen soll.
Zu 2.3 Etablierung eines stadthistorischen Wegeleitsystems z.B. durch Neukonzeption der Web-App GO-Stuttgart aus dem Jahre 2015/16, die seinerzeit von Jugendlichen erarbeitet wurde.
Die Verwaltung schlägt die Förderung der Umsetzung eines Projekts durch Lernort Geschichte, der die App Go-Stuttgart bereits betreut und mit einer Förderung weiterentwickeln könnte, vor. Mit der Umsetzung des Projektes erfolgt auch die lang geforderte Etablierung eines Wegeleitsystems für erinnerungskulturelle Orte.
Lernort Geschichte ha dafür folgende, benötigte Ressourcen ermittelt:
Laufzeit:
01.05.2024-30.04.2026 (2 Jahre)
Gesamtkosten:
96.600 EUR, die sich wie folgt zusammensetzen:
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Personalkosten (75.600 EUR, 60%)
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Sachkosten (21.000 EUR, Programmierung, Design, Datenübernahme und Projektmanagement App, Werbematerial, QR Code Plaketten, Bildrechte und Reproduktionen, Fachliteratur, Leihgebühren, Honorarkräfte Erweiterung Themenmodule)
Die Grundlage für ein niederschwelliges Infoleitsystem zu Orten der Erinnerungskultur in Stuttgart bildet die 2016 von Jugendlichen entwickelte Web-App Geschichte Online Stuttgart, die von Lernort Geschichte gehostet wird (
www.go-stuttgart.org
). Sie dient als Ergänzung zu vielen Gedenkorten in Stuttgart, an denen oft zu wenig oder zu überholende Informationen angebracht sind. Um die Geschichte an den Gedenkorten sichtbarer zu machen und eine kritische Reflexion darüber für alle gesellschaftlichen Gruppen zu ermöglichen, möchten wir die Infos in einfacher Sprache und Englisch mit Bildern etc. über QR Codes und einer App zur Verfügung stellen. Daraus ergeben sich Möglichkeiten, die App im Unterricht zu nutzen oder das Interessensgruppen z.B. Führungen, Workshops und Actionbounds dazu entwickeln.
Die Infos zu den Orten über die App sollen so niederschwellig wie möglich, insbesondere auch an interessierte Jugendliche und junge Erwachsene gelangen und daher für alle einfach bedienbar sein. Eine Erweiterung zu den Orten des Nationalsozialismus bieten sog. Themenmodule, aus denen die Interessierten zwischen Orten Stuttgarter Kolonialgeschichte und Orten jüdischen Lebens wählen können. Denkbar ist eine Erweiterung auch hin zu Orten von rechter, rassistischer, homophober, sexistischer, ableistischer und antisemitischer Gewalt, wofür zur Unterstützung Honorarkräfte eingesetzt werden sollen, die mehr Fachwissen und Betroffenenperspektiven mitbringen (als eine Art Kuratorium, mit Menschen aus dem Netzwerk Erinnerungskultur).
Zu 2.4 Aufarbeitung des kolonialen Erbes Stuttgarts und Vermittlung erster Erkenntnisse in Form von Veranstaltungen und Ausstellungen
Vgl. Stellen- und Ressourcenbedarfsbeschreibung oben, Sachmittel 150.000 EUR
Die beschriebenen Ressourcen werden benötigt, um weitere Aufarbeitung und Vermittlung in Rahmen eines zusätzlichen Projekts mit Ausstellungen und Veranstaltungen zu gewährleisten. Denn das gemeinsam mit der Universität Freiburg etablierte Dissertationsprojekt wird frühestens – und wie für Dissertationen im vollkommen üblichen Rahmen von mindestens 3 Jahren – Ende 2025 abgeschlossen sein. Mit einer Verlängerung muss jederzeit gerechnet werden, wie ähnliche Vorhaben derzeit zeigen.
Mittelbedarf zur Beschleunigung für bereits vom Gemeinderat beschlossene Projekte
Die Koordinierungsstelle Erinnerungskultur verfügt über ein Budget von 160.000 EUR jährlich. Mit diesem finanziert sie zahlreiche Posten, wie z.B. die Erstellung des neuen Gesamtkonzepts zur städtischen Erinnerungskultur, das Aufstellen von Erinnerungszeichen und Informationsstelen, die Erarbeitung von wissenschaftlichen Texten, Veranstaltungen und die Netzwerkarbeit.
Darüber hinaus setzt sie das Geld auch bereits für kleine Projekte ein, wie z.B. die Erstellung einer Medienstation zum Thema „Doppelte Lücke“. Für Großprojekte reicht das Gesamtbudget allerdings nicht aus. Daher hat die Verwaltung für die nächsten zwei Jahre folgenden, zusätzlichen Finanzbedarf für Projekte ermittelt:
Ausschreibung für einen künstlerischen Wettbewerb zur „Doppelte Lücke“ (2024):
Für die Umsetzung des Wettbewerbs werden 43.000 EUR benötigt. Die Kosten setzen sich wie folgt zusammen:
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Gestaltungswettbewerb (Durchführung, Veranstaltungen, Umsetzung, Honorare):
30.000 EUR
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Externe Dienstleister (Recherche, Konzeption der QR-Code Rallye): 10.000 EUR
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Honorare für die Konzeption von Vermittlungsangeboten: 3.000 EUR
Entwicklung und Umsetzung eines Erinnerungskonzepts für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (2025):
Für die Umsetzung des Open Calls, der Ausstellung, des Veranstaltungsprogramms, der Auszahlung von Honoraren und der Umsetzung der prämierten Konzepte werden 75.000 EUR benötigt. Die Kosten setzen sich wie folgt zusammen:
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Honorare Prozessphase (Jury, Netzwerk, Bewerber und Bewerberinnen 2. Runde):
10.000 EUR
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Honorare Umsetzungsphase (ausgewählte Künstler und Künstlerinnen, weitere Beteiligte): 25.000 EUR
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Umsetzung der prämierten Konzepte (Produktionskosten): 25.000 EUR
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Veranstaltungen und Ausstellung: 5.000 EUR
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Externes Projektmanagement: 10.000 EUR
Vorliegende Anträge/Anfragen
-
2160/2023 CDU, 3063/2023 SPD, 3064/2023 SPD, 225/2023 Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Dr. Fabian Mayer
Erster Bürgermeister
<Anlagen>