Protokoll:
Gemeinderat
der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
294
21
Verhandlung
Drucksache:
1379/2011
GZ:
OB 5200-00
Sitzungstermin:
15.12.2011
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
OB Dr. Schuster
Berichterstattung:
der Vorsitzende, BM Wölfle
Protokollführung:
Frau Gallmeister
Betreff:
Klinikum Stuttgart
4-seitiger Vertrag
Vorgang:
Krankenhausausschuss vom 23.09.2011, nicht öffentlich, Nr. 38
Ergebnis: Vorabinformation
Krankenhausausschuss vom 18.11.2011, nicht öffentlich, Nr. 52
Ergebnis: Vertagung
Krankenhausausschuss vom 02.12.2011, öffentlich, Nr. 60
Ergebnis: Einmütige Zustimmung unter der Maßgabe, dass der Gremienvorbehalt in den 4-seitigen Vertrag mit aufgenommen wird.
Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 30.11.2011, GRDrs 1379/2011, mit folgendem
Beschlussantrag:
Dem 4-seitigen Vertrag zwischen der Stadt Stuttgart, dem Klinikum Stuttgart, dem Personalrat des Klinikums und ver.di Stuttgart zur dauerhaften wirtschaftlichen und qualitativen Sicherung und Weiterentwicklung des Klinikums wird zugestimmt.
OB
Dr. Schuster
erinnert an die positiven Ergebnisse der zwischenzeitlich abgelaufenen Vereinbarung. Durch die Folgevereinbarung soll die Zusammenarbeit zum Nutzen des Klinikums und seiner Beschäftigten fortgesetzt werden. Da nach der dualen Krankenhausfinanzierung die laufenden Kosten des Betriebs über die Krankenkassen und die Investitionen durch das Land abgedeckt werden, habe die Stadt entsprechende Erwartungen an das Land, dass sich dieses ebenfalls finanziell beteiligt, um das Klinikum der Maximalversorgung langfristig abzusichern. Die Investitionen in der Größenordnung von 850 Mio. € werde die Stadt nämlich nicht alleine aufbringen können. Er sage dies sehr bewusst, da Stuttgart die einzige Landeshauptstadt in Deutschland ist, die kein Universitätsklinikum hat, sondern das Klinikum alleine tragen muss.
Bedanken wolle er sich für die Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikums, diesen Weg mitzugehen, der leider auch weitere Rationalisierungen mit sich bringe, um das laufende Defizit nicht anwachsen zu lassen. Danken wolle er auch dem Personalrat und ver.di für die vertrauensvolle, konstruktive Zusammenarbeit. Ebenso bedanke er sich bei BM Wölfle, EBM Föll und Herrn Dr. Schmitz. Der Vorsitzende zeigt sich optimistisch, dass mit der Vereinbarung das Klinikum langfristig abgesichert werden kann und dass für alle Bürgerinnen und Bürger die medizinische und pflegerische Versorgung in Stuttgart langfristig gewährleistet ist. Er bitte um die Zustimmung des Gemeinderats, um diesen Weg gemeinsam weitergehen zu können.
Positiv äußert sich StRin
Fischer
(90/GRÜNE) namens ihrer Fraktion dazu, dass sich die vier Vertragspartner wieder auf diesen gemeinsamen Vertrag zu einer guten Zusammenarbeit für ein Klinikum in städtischer Hand verständigt haben. Das Klinikum sei wie jedes andere Krankenhaus zur Finanzierung von Investitionen in Gebäude und Medizintechnik auf öffentliche Mittel angewiesen. Da das Land seiner Verpflichtung hier nicht in geeigneter Weise nachkomme, erachte es ihre Fraktion als sehr positiv, dass durch den Stadtkämmerer die entsprechenden Summen für den Haushalt bereits aufgenommen worden sind. Der städtische Haushalt erfahre dadurch allerdings auch eine erhebliche Belastung. Ihre Fraktion wünsche allen an dem Prozess Beteiligten, dass sie die Konflikte, die nicht ausbleiben werden, auf eine konstruktive Weise bewältigen werden.
StR
Kotz
(CDU) hebt die Bedeutung des 4-seitigen Vertrags für das Klinikum hervor. Angesichts der immer schwieriger werdenden Rahmenbedingungen sei es wichtig, dass die vier Vertragsparteien bis 2018 zumindest für den Teil, den die Stadt beeinflussen könne, eine Planungssicherheit für die Stadt Stuttgart, das Klinikum und die dort beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter herstellen.
Er wolle sich bei allen an der Aufsetzung des Vertrags Beteiligten herzlich bedanken, ebenso bei allen, die in Zukunft daran beteiligt sind, ihm zum Erfolg zu verhelfen. Besonderer Dank gelte auch dem Personalrat. Seine Fraktion freue sich, so StR Kotz, dass mit dem heutigen Beschluss der Gremienvorbehalt aufgehoben und der Vertrag somit rechtsgültig gemacht werden könne. Seine Fraktion werde dem Vertrag zustimmen, kündigt der Stadtrat an.
Ihre Fraktion werde dem vorliegenden Vertrag ebenfalls zustimmen, erklärt StRin
Dr. Hackl
(SPD). Mit dem vorangegangenen Vertrag sei die Privatisierung des städtischen Klinikums abgewendet worden. Es habe sich herausgestellt, dass das Klinikum in städtischer Trägerschaft funktioniere, und Stadtverwaltung und Gemeinderat stünden hinter dem städtischen Klinikum als einem Krankenhaus der Maximalversorgung. Dies sei gut, da Krankenhäuser zur Daseinsvorsorge gehören.
Der 4-seitige Vertrag berge allerdings auch eine Herausforderung in sich, fährt StRin Dr. Hackl fort, und zwar den Maßnahmenplan zur Gewährleistung des ausgeglichenen Betriebsergebnisses, wie er in Ziffer 8 geregelt ist. Ihre Fraktion appelliere an alle Vertragspartner, im Interesse des Klinikums, der Patientinnen und Patienten sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weiter umsichtig zu verhandeln. Ihre Fraktion bedanke sich bei allen Beteiligten für das Vorliegen des Vertrags und wünsche allen Beteiligten bei der weiteren Detailverhandlung alles Gute, viel Umsicht und Weitblick.
Die Freie Wähler-Gemeinderatsfraktion werde dem Vertrag, der im Grunde unter das Motto "Gemeinsam sind wir stark" gestellt werden könnte, heute gerne zustimmen, bemerkt StR
Zaiß
(FW). Der Vertrag werde das Klinikum heute und auch für die Zukunft weiterbringen, da er das Verhältnis immerhin bis Ende 2018 regle. Ebenso werde der Vertrag für die Bevölkerung sehr viel Gutes bringen.
Dem "schon fast legendären 4-Seiten-Vertrag" werde seine Fraktion zustimmen, lässt StR
Prof. Dr. Dr. Lübbe
(FDP) wissen. Allen Beteiligten gelte der Dank seiner Fraktion; der Vertrag sei geprägt von gegenseitiger Achtung der Vertragspartner, berücksichtige die Aufgaben und Ziele der Partner unter fairen Bedingungen, ohne das Ziel einer Hochleistungsmedizin und der Zuwendung zum Patienten aus dem Auge zu verlieren. Seine Fraktion begrüße die Fortsetzung des Vertrags, gerade auch in Zeiten finanz- und arbeitspolitischer Engpässe, und hoffe, dass das Klinikum hierdurch berechenbar bleibe.
Kritisch merkt StR Prof. Dr. Dr. Lübbe an, dass der Vertrag bereits vor mehreren Wochen von allen Partnern unterschrieben worden ist und heute dem Gemeinderat zur Diskussion und Abstimmung vorgelegt wird. Dieses Vorgehen sei zeitlich nicht ganz korrekt und dürfe daher auch nicht unwidersprochen bleiben. BM
Wölfle
verweist hierzu auf den unter den Unterschriften formulierten Gremienvorbehalt, wodurch der Vertrag erst nach der Beschlussfassung des Gemeinderats Gültigkeit erlangt.
In seinen Ausführungen weist StR
Adler
(SÖS und LINKE) auf den "roten Faden" der Fraktionsgemeinschaft von SÖS und LINKE hin, dass die Kommune ihre Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge erfüllen muss, anstatt die Mittel für "überflüssige und zum Teil schädliche" Prestigeobjekte auszugeben. Das Klinikum Stuttgart sei ein elementarer, unverzichtbarer Bestandteil der Daseinsvorsorge, der nach Auffassung seiner Fraktionsgemeinschaft mit den erforderlichen Mitteln ausgestattet werden muss. Mit dem 4-seitigen Vertrag werde jetzt ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan, für die seine Fraktionsgemeinschaft sich vehement eingesetzt habe. Angesichts der Entlastungen für das Klinikum stimme seine Fraktionsgemeinschaft dem Vertrag gerne zu.
Zu der im Vertrag enthaltenen Verpflichtung des Personalrats, mit der Geschäftsleitung ein drastisches Kostensenkungsprogramm zu verhandeln - was eine sehr schwere Bürde für die Beschäftigten des Klinikums sei -, fordere er die Verwaltung, die Klinikleitung und die Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat auf, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu überfordern und bei den Verhandlungen höchste Vorsicht und Zurückhaltung zu üben. Der Vertrag helfe vor allen Dingen auch dem Personal des Klinikums, der Herausforderung und Überforderung zu begegnen, verdeutlicht BM
Wölfle.
Nicht von der Hand zu weisen sei, dass die als Zuschüsse für das Klinikum festgeschriebenen Beträge sich zu beeindruckenden Summen summieren. Dies sei aber deshalb der Fall, so StR
Adler,
weil der Gemeinderat wie bei den Schulsanierungen die notwendigen Finanzen nicht über die Jahre kontinuierlich bereitgestellt habe, was seine Fraktionsgemeinschaft aber ständig gefordert habe. Er wiederholt seine Aussage, dass die Fraktionsgemeinschaft SÖS und LINKE dem Vertrag zustimmt und sich freue, dass damit dem Haushaltsantrag seiner Fraktionsgemeinschaft als weitestgehendem am weitesten entgegengekommen wird.
Auf die Ausführungen seines Vorredners eingehend verweist StR
Dr. Schlierer
(REP) darauf, dass der Vertrag bereits seit 2005 besteht. Die kommunale Daseinsvorsorge habe ihren Sinn und Inhalt, bedeute aber nicht zwangsläufig, dass eine Kommune als Krankenhausträger auftreten müsse. Die Besonderheit in Stuttgart sei, dass die Stadt in einer bundesweit einzigartigen Weise als Träger eines Klinikums Leistungen übernimmt, die eigentlich das Land im Rahmen eines Universitätsklinikums zu erbringen gehabt hätte. Er erinnert an die Überlegungen in den 70er-Jahren, aus dem städtischen Klinikum heraus ein Universitätsklinikum weiterzuentwickeln. Die Landesregierung habe sich seinerzeit für einen anderen Standort entschieden und die Stadt habe es übernommen, ein Klinikum zu betreiben, das nicht nur Maximalversorgung biete, sondern vor allem mit einer Fülle von Angeboten eine Gesundheitssicherstellung praktizieren könne, wie sie sonst nur in Universitätskliniken angeboten werde.
Vor dem Hintergrund, dass viele Krankenhausträger, insbesondere kommunale Träger, um die Existenz ihrer Häuser fürchten müssten, sei der 4-seitige Vertrag wichtig für die Stabilisierung des Erfolgs des Klinikums. Er wolle an dieser Stelle allen vier Beteiligten seinen Dank aussprechen, dass sie sich zu einer solchen gemeinsamen Lösung zusammengefunden haben. Entscheidend sei, dass mit dem Klinikum der Landeshauptstadt Stuttgart auch weiterhin ein Angebot sichergestellt werden könne, das der Region und Stuttgart in deren Zentrum eine wirklich maximale Versorgung bietet, zum Teil mit Alleinstellungsanspruch in manchen Bereichen. Dies sollte dem Gemeinderat die Zuwendungen, die die Stadt auch in Zukunft leisten müsse, wert sein.
BM
Wölfle
bedankt sich herzlich für die breite Zustimmung im Interesse sowohl der Stuttgarter Patientinnen und Patienten als auch derjenigen aus der Region. Wenn neben anderen Parteien auch das Land seiner Aufgabe nachkäme, wäre die Aufgabenerfüllung der Klinikumsleitung und des Personals erheblich leichter. Er würde es begrüßen, wenn der Gemeinderat zusammen mit der Verwaltung die Landesregierung an ihre gegebenen Versprechen erinnern würde.
Abschließend stellt OB
Dr. Schuster
fest:
Der Gemeinderat
beschließt
einstimmig
wie beantragt.
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