Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
894/2010
GZ:
StU
Sitzungstermin: 24.03.2011
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Frau Gallmeister sp
Betreff: Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM)
Grundsatzbeschluss für eine sozial ausgewogene und städtebaulich qualifizierte Bodennutzung in Stuttgart
... (vollständiger Betreff siehe unten)

Da aus technischen Gründen der Betreff nicht in ganzer Länge im oberen Feld wiedergegeben werden kann, wird er hier vollständig aufgeführt:

Betreff: Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM)
Grundsatzbeschluss für eine sozial ausgewogene und
städtebaulich qualifizierte Bodennutzung in Stuttgart
Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 14.12.2010, nicht öffentlich, Nr. 539
Ergebnis: Einbringung

Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 17.12.2010, öffentlich, Nr. 184
Ergebnis: Vertagung

Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 04.03.2011, öffentlich, Nr. 34
Ergebnis: Ziffer 1 der Vorlage:
Dem Änderungsantrag Nr. 74/2011 stimmt der Ausschuss mit
9 Ja- und 8 Nein-Stimmen mehrheitlich zu.

Ziffer 2 der Vorlage
stimmt der Ausschuss mit 9 Ja- und 8 Nein-Stimmen mehrheitlich zu.

Ziffer 3 der Vorlage
stimmt der Ausschuss mit 9 Ja- und 4 Nein-Stimmen bei 4 Enthaltungen mehrheitlich zu.

Ziffer 4 der Vorlage:
Der Änderungsantrag Nr. 379/2010 wird mit 1 Ja-Stimme und 16 Nein-Stimmen mehrheitlich abgelehnt.
Dem Antrag Nr. 74/2011 stimmt der Ausschuss mit 9 Ja- und
8 Nein-Stimmen mehrheitlich zu.
Die Anträge Nr. 382/2010 und Nr. 69/2011 haben sich damit erledigt.

Ziffer 5 der Vorlage:
Der Antrag Nr. 379/2010 wird vom Ausschuss mit 1 Ja-Stimme
und 16 Nein-Stimmen mehrheitlich abgelehnt. Dem Antrag
Nr. 74/2011 stimmt der Ausschuss mit 9 Ja- und 8 Nein-Stimmen mehrheitlich zu. Damit haben sich die Anträge Nr. 382/2010 und Nr. 69/2011 erledigt.

Ziffer 6 der Vorlage
stimmt der Ausschuss einmütig zu.

Ziffer 7 der Vorlage:
Dem Antrag Nr. 74/2011 stimmt der Ausschuss mit 9 Ja- und
8 Nein-Stimmen mehrheitlich zu.

Ziffern 8 und 9 der Vorlage
stimmt der Ausschuss jeweils einmütig zu.

Der Gesamtvorlage in der geänderten Fassung stimmt der Ausschuss mit 9 Ja- und 8 Nein-Stimmen mehrheitlich zu.

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 15.03.2011, öffentlich, Nr. 91
Ergebnis: mehrheitliche Zustimmung in der Fassung WA

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau und Umwelt vom 08.12.2010, GRDrs 894/2010, mit folgendem

Beschlussantrag:

Das Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM) wird mit den nachfolgend beschriebenen Konditionen und Verfahrensweisen als Grundlage für die künftige Verwaltungspraxis beschlossen. Nach einer zweijährigen Testphase erfolgt nach Auswertung der Ergebnisse eine Fortschreibung des SIM.

Geltungsbereich:

1. SIM gilt stadtweit ab einer Baugrundstücksgröße von 2000 qm, sofern neues Planungsrecht zugunsten einer höherwertigen Nutzung geschaffen wird und wenn
2. mindestens 1/3 der Grundstückswertsteigerung als Investitionsanreiz beim Planungsbegünstigten verbleibt
3. SIM gilt auch bei geringerer Wertsteigerung, bei denen Ausnahmen möglich sind (Empfehlung modifizierter Konditionen durch eine einzurichtende Baulandkommission und Entscheidung durch Gemeinderat)

Ziele und Konditionen:

4. Sicherung von 20 % der (für Wohnen) neu geschaffenen Geschossfläche für die Wohnbauförderung, unter Gewährleistung ausreichender Flexibilität und mit dem Ziel eines möglichst ausgeglichenen Verhältnisses beim Einsatz der Programme
5. Sicherung eines Wohnanteils mit mind. 20 % bei allen Bauvorhaben im Bereich der Stuttgarter City, der Stadtteilzentren und an sonstigen städtebaulich geeigneten Standorten. Ab 20 Wohneinheiten sind wiederum 20 % zugunsten des geförderten Wohnungsbaus zu verwenden.
6. Gleichbehandlung aller Planungsbegünstigten bei einer nachvollziehbaren und transparenten Verfahrensweise
7. Übernahme von Kosten (Lasten und Bindungen der Wohnbauförderung sowie Kostentragungen für städtebauliche Verfahren, Grundstücksvorbereitung und Erschließung, anteiliger Infrastrukturbereitstellung und Umsetzung der Mindestqualitätsstandards etc.)
8. Mindestqualitätsstandards bezogen auf Energieeinsparung, Konzeptvielfalt, Grünordnung etc.
9. Bauverpflichtung innerhalb einer Frist von drei Jahren


Der Niederschrift angeheftet ist die an die Gemeinderatsmitglieder verteilte SIM-Matrix zur GRDrs 894/2010 mit dem Ergebnis der Beschlussfassung des Ausschusses für Wirtschaft und Wohnen vom 04.03.2011 und des Ausschusses für Umwelt und Technik vom 15.03.2011. Sie ist dem Protokoll auch als Dateianhang hinterlegt.

Die Grundsatzausführungen des Vorsitzenden und der Sprecher/-in der Fraktionen, der Fraktionsgemeinschaft sowie von StR Dr. Schlierer werden nachstehend in leicht überarbeitetem Wortlaut wiedergegeben:


OB Dr. Schuster:

"Wir kommen dann zu einem größeren Thema, das nicht ganz einfach ist: Stuttgarter Innenentwicklungsmodell - SIM genannt -, Grundsatzbeschluss. Ich will vorweg einfach noch mal zu der Motivation, warum so etwas im Grundsatz richtig ist, etwas anmerken, und ich gehe davon aus, dass wir über die Grundsätze zumindest keinen Dissens haben. Nämlich erstens, wir wollen die Innenstadtentwicklung mit einer möglichst großen Vielfalt von Nutzungen. Und dazu gehört auch das Wohnen. Und zweitens, wir brauchen Wohnungen in Stuttgart. Wir haben einen hohen Bedarf an Wohnungen insgesamt, aber natürlich auch speziell an bezahlbarem Wohnraum. Und zum Dritten, wenn wir durch unsere planungsrechtlichen Entscheidungen den Wert von Grundstücken steigern, dann halte ich es für fair, dass ein Teil dieser Wertsteigerung auch der öffentlichen Hand - sprich den Bürgern - wieder zurückgegeben wird. Das ist ja die Philosophie, die hinter dieser Idee steht. Jetzt gibt es die Kritik, dass das jetzt alles zu eng, zu wenig flexibel, zu kompliziert sei. Ich denke, dass es zunächst einmal ohnehin sich nur auf bestimmte Fälle begrenzt, nämlich dann, wenn ein neuer Bebauungsplan gemacht wird und dann, wenn eine entsprechende Wertsteigerung der Grundstücke nachgewiesen ist. Das ist die Kernvoraussetzung, das heißt, das ist ohnehin begrenzt.

Das Zweite ist, wir bitten Sie, dass wir eine zweijährige Pilotphase machen. Mir ist es wichtig, dass wir Erfahrungen sammeln. Und mir ist es wichtig, dass wir das nicht ideologisch anwenden, sondern pragmatisch. Und deshalb gibt es ja diese Öffnungsklausel. Und bislang haben wir die Dinge in der Regel ja in Form von städtebaulichen Verträgen ausgehandelt. Das hat, wie immer, eine höhere Flexibilität, aber hat natürlich auch Vor- und Nachteile, nämlich auch für den Investor die Frage: Wie kann er das eigentlich im Vorgriff berechnen? Und jeder will ja letztlich so eine Investition auch rechnen können. Diese Vorgaben, die jetzt entwickelt wurden, haben sicher den Vorteil, dass es leichter rechenbar ist und damit berechenbar ist auch im Sinne der administrativen, letztlich auch politischen Entscheidung. Das ist der Vorteil. Der Nachteil ist, dass man eine gewisse Flexibilität verliert. Ich meine aber, dass wir in der Gesamtabwägung dieses ausprobieren sollten. Deshalb ist mir diese Pilotphase auch wichtig. Und dass wir zum anderen, darüber haben wir uns ja verständigt, nochmals mit der Immobilienwirtschaft sprechen, die ja - alle Mitglieder des Gemeinderats haben diesen Brief bekommen - das sehr kritisch sieht. Ich muss sagen, ich sehe das nicht so kritisch; und deshalb, je nachdem, was Sie heute beschließen, würden wir auf jeden Fall nochmals intensiv in den Dialog treten mit der Immobilienwirtschaft."

StRin Fischer (90/GRÜNE):
"Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, die Debatten um den richtigen Weg in der Wohnungspolitik der Landeshauptstadt schlagen traditionsgemäß hohe Wellen. Die aktuelle Liste der möglichen Wohnbauflächen zeigt uns wieder einmal, dass sich unsere Vorstellungen von Stadtentwicklung durchgesetzt haben, nämlich dass auf den Verbrauch von Freiflächen verzichtet wird und stattdessen Flächen für das Wohnen baureif gemacht werden, die aufgrund des Strukturwandels frei werden, also bereits versiegelt sind und sich meist im Kern der Stadt befinden. Richtig, auch die Flächen von Stuttgart 21 liegen im Herzen der Stadt. Die kommen allerdings erst ab 2020 zur Bebauung, genau dann, wenn die Nachfrage weiter zurückgeht. Und selbst das C1-Gebiet wurde in die Zeitstufe 3 verschoben, weil es mit Baulogistik für den Tiefbahnhof belegt wird, obwohl es ansonsten sofort für den Bau von 750 Wohneinheiten zur Verfügung stehen würde. Aber mit der gezielten Vorgehensweise des nachhaltigen Bauflächenmanagements konnte seit 2004 eine reichhaltige Ernte eingefahren werden. Die Zahl der Baukapazitäten hat sich um 105 % mehr als verdoppelt. Und nicht nur Ältere kehren wieder zurück in die Stadt, auch für junge Familien ist das innerörtliche Leben und Wohnen mit den Vorteilen einer guten Infrastruktur wieder attraktiv.

Die Frage, die uns umtreibt, ist: Wie kann ein gedeihliches Zusammenleben der Stadtgesellschaft gelingen? Auf die gute Mischung kommt es an. Keine unbelebten Geschäftsviertel in der Innenstadt und in den Stadtteilzentren. Deshalb wollen wir bei allen Bauvorhaben einen Mindestwohnanteil von 20 % festsetzen. Wichtig ist auch eine gute Mischung von verschiedenen Wohnformen in allen Quartieren. Alt und Jung, Familien und Singles, sollen einander begegnen können, die Kinder in der Schule voneinander lernen, die Nachbarschaft soll zu einem sozialen Netz werden können. Wir wollen künftig gemischte Quartiere von Anfang an. Mit einem Anteil von 20 % gefördertem Wohnungsbau, der künftig bei allen Vorhaben verbindlich festgesetzt ist, bei denen ein Baurecht erst geschaffen werden muss, können wir auf dieses Ziel zusteuern. Die Mindestgrundstücksgröße von 2.000 m² kann entfallen. Es kann nicht sein, dass die Verwaltung im Wirtschaftsausschuss immer wieder lapidar feststellt, dass eben einfach keine Grundstücke zur Verfügung stehen würden und dass wir die im Haushalt eingestellten Wohnungsbaufördermittel schon seit einiger Zeit gar nicht mehr für diesen Zweck ausgeben können. Wir wollen hier Abhilfe schaffen und den geförderten Wohnungsbau verstetigen. Wir sagen: Die Versorgung der Bevölkerung mit günstigem Wohnraum ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es reicht nicht, immer nur die Städtische Wohnungsgesellschaft und ein paar wenige Genossenschaften dafür in die Verantwortung zu nehmen. Wir wollen, dass diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe künftig von allen Investoren erbracht wird. Verbindliche Vorgaben und ein transparentes Verfahren, auf das sich alle verlassen können, schaffen Klarheit. Und wenn der Herausgeber des Immobilienbriefes die Beschlussfassung über das SIM am heutigen Tag als 'Schwarzen Donnerstag' bezeichnet, dann sind ihm hier die Maßstäbe wohl völlig durcheinander geraten.

Entsprechend dem Münchner Modell der sozial gerechten Bodenordnung haben wir uns um einen Ausgleich bemüht und wollen den Investoren entgegenkommen und damit auch Flexibilität ermöglichen. Die Wohnbauförderquote von 20 % kann mit besonderer Begründung am Standort des Vorhabens erlassen werden, wenn in räumlicher Nähe eine Ersatzmaßnahme mit 30%iger Förderquote erfolgt. Die städtischen Wohnungsbauprogramme sollen mit je einem Drittel zur Anwendung kommen: Preiswertes Wohneigentum, Mietwohnungen für mittlere Einkommensbezieher und klassische Sozialwohnungen. Und zwar auch mit einer Flexibilisierung. Wer sich stärker im günstigen Mietwohnungsbau engagieren möchte und mindestens die Hälfte klassische Sozialwohnungen erstellt, erhält für die andere Hälfte die freie Wahl. In München gab es für das Modell der sozial gerechten Bodennutzung Mitte der 90er-Jahre eine große Einmütigkeit im Stadtrat und eine starke Unterstützung durch den Oberbürgermeister. In Stuttgart haben wir einige 'Dagegen-Parteien' und bisher, was Sie vorher gesagt haben, Herr Oberbürgermeister, zumindest die Aussage, dass Sie im Grundsatz die Vorlage unterstützen. Und was wir sagen ist, dass man klare Richtlinien schaffen muss, damit man nicht beliebig bleibt und viel Papier beschrieben hat und zum Schluss doch wieder alles so bleibt wie es immer schon war. Aber zugegebenermaßen, auch in München war es ein kleines Kunststück, diejenigen zu überzeugen, die am Anfang die Sache noch für ein Marterwerkzeug aus der sozialistischen Folterkammer hielten. Wir meinen jedoch, es ist längst überfällig, dass das Stuttgarter Modell, das es ja schon längst gibt, das Stuttgarter Modell der Bodenordnung in der Außenentwicklung, an die Stuttgarter Bedingungen der innerörtlichen Entwicklung angepasst wird. Da mit dem SIM, mit dem Stuttgarter Innenentwicklungsmodell, die Rahmenbedingungen für alle Investoren gleich sind, da Klarheit und Transparenz über die Bedingungen bestehen und sie damit eine hohe Kalkulationssicherheit haben, meinen wir, dass das SIM vertretbar ist und eine erfolgreiche Wirkung bei der Schaffung von günstigem Wohnraum entfalten wird. Vielen Dank."

StR Rudolf (CDU):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es ist schon abenteuerlich, wenn man sich die Sonntagsreden der letzten Monate anhört - hauptsächlich von Rot, Grün, Dunkelrot - und stärkere Bürgerbeteiligung fordert und von stärkerem Einfluss von Betroffenen auf Entscheidungen gesprochen wird. Und sobald Entscheidungen anstehen, werden diese ohne die hauptsächlich Betroffenen einfach aufgrund dessen, dass gerade eine existierende Mehrheit von Rot, Dunkelrot und Grün sich hier ergibt, gefällt. Dabei reicht es aber nicht aus, die Verwaltungsvorlage zur Abstimmung zu bringen, nein, es sollte die komplette Abschreckung der Investoren und der Immobilienwirtschaft noch verschärft werden. Wie z. B. erste geförderte Wohnung ab 450 m² neue Geschossfläche, erste Sozialwohnung ab 1.350 m² neuer Geschossfläche. Die großzügige Flexibilisierung, von der Sie gesprochen haben, Frau Fischer, bei besonderer Begründung Ersatzmaßnahmen im Radius von einem Kilometer möglich, dann aber Förderquote von 30 %, sieht bei uns allerdings anders aus.

Es kommt noch besser. Geplant war, ab 20 Wohneinheiten 20 % zugunsten des geförderten Wohnungsbaus - Rot, Grün, Dunkelrot fordert es generell.

Liebe Frau Dr. Blind, Sie haben es mehrfach ja in den Ausschüssen schon gesagt, es wäre aus unserer Sicht besser gewesen, Sie hätten sich nicht allzu oft mit Ihren Münchner Kollegen getroffen und hätten sich mal mit der Stuttgarter Immobilienwirtschaft an den Tisch gesetzt. Die Zeiten, dass Stuttgart nach München schaut, haben sich seit einigen Jahren bereits schon geändert. Außer man betrachtet noch den bürgerlich konservativ geführten Bayern München und nicht das rot/grün geführte Stadtparlament.

Unsere Verwaltung ist sich ebenfalls nicht einig. Die Vorlage der Verwaltung und Teile von Ihnen gehen auch davon aus, dass wir noch ein strukturelles Wohnungsdefizit haben. Seit Montag liegt die Antwort auf unseren Antrag vor. Im Jahre 2010 haben wir einen rechnerischen Überschuss immerhin von 2.500 Wohnungen. Dies gehört aus unserer Sicht auch bewertet und muss auch in Zusammenhang mit weiteren Forderungen nach Wohnen betrachtet werden. Der Spielraum wird unserer Ansicht nach hier größer.

Wir begrüßen ebenfalls mehr Wohnraum im Bereich der Stuttgarter City, in den Stadtteilzentren und auch an den geeigneten Stellen, wo es städtebaulich verträglich ist. Auch einen Wohnungsanteil überall von 20 % halten wir für sinnvoll - was übrigens bei den letzten umgesetzten Bebauungsplänen bereits Tatsache geworden ist, ohne die Vorgaben von SIM nach dem Geschmack von Grün/Rot. Wir sind für die Fortsetzung des Stuttgarter Modells, nämlich für die Gespräche, den Austausch und die Prüfung der besten Lösung für die Stadtentwicklung, für die Bürger und für unsere Stadt. Der Gemeinderat trägt die Verantwortung für den Bebauungsplan und kann somit den Prozentsatz mal unter oder auch mal über 20 % festlegen. Wir sind gut damit gefahren. Die Vorlage ist zu starr, zu strikt und zu unflexibel. Die Vorlage fördert nicht den öffentlichen Wohnungsbau, sondern die Investitionen in den Bestand. Die zusätzlichen Belastungen führen zur Verteuerung von Mieten und insbesondere von Wohnraum. Damit werden Sie genau die belasten, die Sie eigentlich entlasten wollen.

Die positive Entwicklung unserer Stadt in den letzten Jahren ist ja nicht von der Hand zu weisen, dank der Einzelfallentscheidungen, dank der Investoren und aller Beteiligten, die sich hier in der Stadt bemüht haben und die Stadt zu der Stadt mit dem höchsten Wohlfühlfaktor geführt haben. Die Bürger leben gerne hier und sie fühlen sich auch wohl. So verkehrt kann es auf jeden Fall in der Vergangenheit nicht gewesen sein. Der Vorlage ohne Änderungen können wir in dieser Form nicht zustimmen. Wir sehen hier langfristig negative Folgen für Stadtentwicklung und unseren Standort.

Noch einen Satz, Frau Dr. Blind, zu Ihrem Antrag MIPIM <Nr. 120/2011>. Dies sind die ersten Erfolge einer rot/grünen/dunkelroten Politik hier im Rathaus. Die ersten Investoren bleiben aus und die Zuschüsse der Investoren bleiben auch aus. Also, das können Sie sich relativ einfach beantworten. Es wird nicht so sein, dass es keine Investoren mehr gibt, aber die Auswahl der Investoren wird kleiner, die Projekte werden mickriger. Die innovative Projektförderung oder vielmehr die Überlegungen, was man innovativ nach vorne bringen kann, werden ebenfalls geringer. Das wird sich auswirken. Und die Zahl haben Sie in München wahrscheinlich noch nicht mitbekommen.

Ich kann Ihnen nur von unserer Seite anbieten, nehmen Sie uns mit, nehmen Sie unsere Anregungen auf, damit sich die Stadt weiterhin so positiv entwickelt, wie sie sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Und von daher, lassen Sie uns die Vorlage in der Form, wie sie vorliegt, ablehnen und noch mal überarbeiten. Danke."

StRin Dr. Blind (SPD):
"Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, zwei Jahre sind eine lange Zeit in der Politik. Vor fast zwei Jahren, am 6. April 2009, haben wir - die SPD - den Antrag gestellt, dass das Münchner Modell der sozialgerechten Bodenordnung auf Stuttgart übertragen wird. Jetzt ist es soweit und darüber freuen wir uns.

Welches Bild von Gesellschaft, welches Bild von Stadt haben wir? Das ist das Thema, um das es beim Stuttgarter Innenentwicklungsmodell geht. Die SPD will eine lebende City und lebendige Kerne von Stadtteilen. Dafür ist es notwendig, dass Menschen in der City und in den Stadtteilkernen wohnen. Deshalb verlangen wir schon heute einen Wohnanteil von mindestens 20 % überall dort, wo wir neues Baurecht erstellen. Denken Sie nur an das Quartier S oder an das Hoch-Tief-Projekt am Österreichischen Platz, das ist überhaupt nichts Neues. Und in SIM wird dieser Wohnanteil nun einfach festgeschrieben. Der Vorteil ist, dass damit die Investoren Planungssicherheit haben; dann wissen sie von Anfang an, was auf sie zukommt. Und ich möchte jetzt noch bemerken, dass bei mir im Zimmer schon Investoren saßen, die geklagt haben, dass man in Stuttgart nie weiß, was alles auf einen zukommt. Und genau die gleichen sagen heute, das ist schlimm, dass wir es jetzt wissen.

Welches Bild von Gesellschaft, welches Bild von Stadt haben wir? Die SPD will eine Stadt, in der Arme und Reiche friedlich zusammenleben. Wir wollen eine Stadt, in der wohl situierte junge Familien, besser und schlechter Verdienende in guter Nachbarschaft zusammen wohnen. Sozial gemischte Wohnquartiere sind ein Markenzeichen der europäischen Stadt. Wir beobachten eine langsame, schleichende, aber kontinuierlich voranschreitende soziale Entmischung unserer Stadtquartiere. Wo auch immer in Stuttgart in guten Wohngebieten ältere, preiswerte Wohnungen oder gar Sozialwohnungen abgerissen werden, werden anschließend luxuriöse Eigentumswohnungen gebaut, die sich die vorherigen Bewohner nicht mehr leisten können; so geschieht soziale Entmischung. Und das ist natürlich nicht einfach ein Stuttgarter Problem, es ist ein europäisches Problem, es ist ein weltweites Problem. Ich nenne nur das Schlagwort Gated Communities. Wir müssen hier gegensteuern. Und zunehmend mehr Städte steuern dagegen: München, Frankfurt, Nürnberg, Heidelberg, Freiburg. Sie alle verlangen inzwischen von Investoren einen gewissen Anteil an gefördertem Wohnungsbau. Und wir machen das jetzt auch.

Das Münchner Modell der sozial gerechten Bodenordnung verlangt 30 % geförderten Wohnungsbau und wir in Stuttgart verlangen nur 20 %. 30 % wären besser, mit 30 % könnten wir unsere Ziele besser erreichen. Wir haben lange überlegt, ob wir nicht auch auf 30 % gehen sollten, aber das hat Herr Dr. Schuster vorhin schon gesagt, der geförderte Wohnungsbau wird ja dadurch finanziert, dass ein Teil der Bodenwertsteigerung abgeschöpft wird. Die Investoren müssen den Bodenpreis verbilligen, und die Bodenwertsteigerung in Stuttgart ist geringer als in München. Bei uns in Stuttgart gibt die Bodenwertsteigerung nur 20 % her. Das müssen wir ernst nehmen und das haben wir ernst genommen. Eine kleine Bemerkung an die Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Die sozial gerechte Bodenordnung in München gibt es seit 17 Jahren und sie wird seit 17 Jahren von der CSU mitgetragen. Und ich frage mich sehr, warum Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, etwas ziemlich vehement bekämpfen, was Ihre Schwesterpartei in München ganz harmlos mit trägt. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie auch die CSU wären, dann hätten wir es hier leichter. Mit SIM wird unsere Stadt sozialer werden, die Wohnquartiere werden im Lauf der Jahre wieder durchmischter werden, das ist gut so, und deshalb stimmen wir der Vorlage natürlich mit den Ergänzungen unseres grün-roten Antrags gerne zu."

StR Klingler (FDP):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Bürgermeister/-innen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren. Die FDP-Gemeinderatsfraktion begrüßt die Diskussion um ein Stuttgarter Innenentwicklungsmodell mit der Zielsetzung der Sicherung einer sozial ausgewogenen und städtebaulich qualifizierten Wohnnutzung in der Innenentwicklung der Landeshauptstadt Stuttgart. Zielsetzung und Konditionen bedürfen jedoch einiger Klarstellungen und der Ausgewogenheit, um mögliche Investoren nicht abzuschrecken und damit baulichen Stillstand zu erreichen und ferner, um eventuelle gerichtliche Streitigkeiten um den Geltungsbereich zu vermeiden.

Auch bei meiner Vorrednerin haben wir wieder sehr viel von München gehört, vor allem das Münchner SoBoN als Modell der sozial gerechten Bodennutzung wird gerne als Vergleichsmodell, als Vorreitermodell oder als Mustermodell herangezogen. Die Vorrednerin ist sogar so weit durcheinander gekommen, dass die hier schon Christsoziale ins Parlament nach Stuttgart berufen hat. Vor allem aber: Der Bereich im Münchner Modell "Miete" ist durchaus ein Erfolgsgarant. Die Landeshauptstadt München bietet dabei Wohnungsinvestoren hierfür verbilligte Grundstücke und städtische Baudarlehen an. Somit hat eine breite Bevölkerungsschicht positiven Nutzen. Vorrangig Familien mit Kindern wird es ermöglicht, attraktive und bezahlbare Mietwohnungen zu finden. Das Münchner Modell ist viel flexibler als es das SIM je wäre, wenn es so kommt, wie es momentan auf dem Papier steht. Das SIM wäre das bundesweit mit Abstand rigideste Modell, alle anderen Städte praktizieren ihre Modelle deutlich flexibler. Zum Beispiel lassen sie eine generelle Ablösung oder Erfüllung der Wohnquote auch an anderer Stelle zu oder sehen an ungeeigneten Standorten von einer Erfüllung der Quote sogar ganz ab.

Wir benötigen definitiv auch in Stuttgart für Familien mit Kindern Möglichkeiten, Räume, dass sie sich bei uns in Stuttgart auf Stuttgarter Markung ansiedeln können. Wir Liberalen stehen deswegen zu unseren aktuellen Förderprogrammen der Landeshauptstadt Stuttgart. Mit der SME Allgemeine Sozialraumförderung, MME Mietwohnung für mittlere Einkommensbezieher und natürlich dem Preiswerten Wohneigentum wurden in den letzten Jahren mit der bisherigen Praxis zahlreiche Erfolge eingefahren. Aber, meine Damen und Herren, die starre Festlegung auf eine 20 %-Quote halten wir für ausgesprochen unflexibel. Damit werden Investoren abgeschreckt und die Dynamik der Stadtentwicklung wird abgeschwächt. Es ist zu befürchten, dass Projektentwickler künftig einen Bogen um Stuttgart machen, denn für Büro- oder Gewerbeinvestoren bedeutet der vorgeschriebene Wohnungsanteil in vielen Fällen, dass das Vorhaben unwirtschaftlich wird. Die Festlegung auf mindestens 20 % sollte daher auf ca. 20 % geändert werden.

Die Sicherung der ca. 20 % für den geförderten Wohnungsbau sollte nicht auf einzelne Gebäude, sondern auf ein ganzes Quartier bezogen werden. Dies ermöglicht, gehobenen Wohnungsbau zu erstellen und gleichzeitig rentable Sozialwohnungen, und zwar in verschiedenen, auf die jeweilige Nutzergruppe optimierten Gebäuden. In der praktischen Umsetzung unterscheiden sich beispielsweise Fassade, Fenster, Raumhöhe, Balkone, Treppenhäuser und Aufzüge erheblich in beiden Wohnqualitäten und sind nur schwer in einem Gebäude zu vereinen. Dazu sind in Stuttgart Quartiere zu definieren. In diesen Quartieren kann dann der 20-%ige Ausgleich erfolgen. In besonderen Quartieren, in denen sozialer Wohnungsbau aufgrund der Grundstückspreise wirtschaftlich nicht möglich ist und nur zum Fernbleiben der Investoren und Käufer der Wohnungen führen würde, kann die Sozialverpflichtung dann abgelöst werden. Der Ablösebetrag, den die Stadt dann erhält, soll in Sozialwohnungen investiert werden, die dann an anderer Stelle gebaut werden. Es muss auch einmal klar gesagt werden, dass wir Investoren benötigen in Stuttgart, um die Stadtentwicklung zu realisieren.

Deswegen machen wir Politik für die Menschen in Stuttgart, wenn wir die Rahmenbedingungen für alle mit einer sinnvollen Ausgewogenheit angehen. Wir wollen, dass die Stadt in Menschen und nicht in Steine oder Beton investiert. Wir, die FDP-Gemeinderatsfraktion wollten auch beim SIM konstruktiv mitgestalten. Wenn Ideologien jedoch sämtliche Sachargumente ausblenden und die aktuelle linke Mehrheit im Hause sich wieder einmal auch den besten Änderungswünschen verschließt, wird es selbst für uns sehr schwer. Es sollte kein Schwarz- oder Weißdenken geben; wie so oft im Leben kommt es auf einen sinnvollen und gerechten Mix an. Es fehlt in Stuttgart nicht an einfachem, sondern an attraktivem, gutem Wohnraum zu erschwinglichen Preisen. Dieser Mangel ist doch nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die linke Mehrheit im Gemeinderat sich stets weigert, bebaubare Flächen in guter Lage auszuweisen. Es ist dann zumindest doch nachdenkenswert, wie man einerseits mit dieser Politik eine Wohnungsverknappung und in Folge davon die Erhöhung der Grundstückspreise billigend in Kauf nimmt und sich dann beklagt, dass es zu wenig Wohnraum gibt. Manche im Hause sind halt immer nur dafür, dass man dagegen ist. Das SIM soll zunächst für einen Zeitraum von zwei Jahren zur Anwendung kommen. Es soll gleichzeitig für eine Akzeptanzverbesserung und eine höhere Mitwirkungsbereitschaft der Bau- und Immobilienwirtschaft bei Vorhabenplanungen in den Stadtbezirken beitragen. Dabei wird während der Pilotphase ein kontinuierlicher Dialog insbesondere mit der Wohnungswirtschaft stattfinden. Dieser Prozess ist unerlässlich. Die FDP-Gemeinderatsfraktion wird diesen Prozess im Rahmen ihrer Möglichkeiten konstruktiv begleiten. Wir müssen jedoch diese starre, unflexible und für die Stadtentwicklung schädliche Vorlage ablehnen."

StR J. Zeeb (FW):
"Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, das Stuttgarter Innenentwicklungsprogramm SIM beschäftigt weite Kreise in Stuttgart und es hat neben anderen Top-Themen zu einer starken Lobbyarbeit von Befürwortern und Gegnern dieser Regulierung der Boden- und Bauplatznutzung geführt. Diese Regulierung der Boden- und Bauplatznutzung ist nicht im Sinne der Freien Wähler. Die angestrebten Ziele, ja, die sind zwar in Ordnung, aber der Weg ist falsch. Wenn wir mehr Bauland hätten und dies nicht von der Gemeinderatsmehrheit ständig beschnitten würde, gäbe es auch genügend passende Flächen, um kostengünstigen Wohnraum mit bezahlbaren Mieten zu erstellen. SIM ist für die Freien Wähler Planwirtschaft, Theorie und gibt starre Regelungen vor, die den hiesigen engen Grundstücksmarkt blockieren und leider nicht fördern. Wir würden uns gerne wieder stark machen zu Themen, die früher aktuell waren, die hießen Subjektförderung statt Objektförderung, denn damit, hätten wir gedacht, hätten wir das Ziel besser erreichen können.

Mit der pauschalen und rigiden Festlegung ist SIM für uns ausgesprochen unflexibel. Und das passt zu einem Flächenmarkt und Bauflächenmarkt in Stuttgart nicht. Es schreckt, das wurde schon mehrfach gesagt, Bauträger und Investoren ab. Und Sie können mir glauben, wir sind in dieser Branche tätig, das ist so und das ist nicht nur so dahergeschwätzt. Und das wird auch die Dynamik der Stadtentwicklung abschwächen. Und zu befürchten ist wirklich, dass vor allem Projektentwickler künftig einen Bogen um Stuttgart machen werden, denn durch SIM wird nichts klarer. Es wird Vieles komplizierter. Bei Büro- und Gewerbeinvestitionen, das glaube ich auch, bedeutet der vorgeschriebene Wohnungsanteil in vielen Fällen, sicher nicht immer, dass das Vorhaben unwirtschaftlich wird. So einfach ist das.

Und das Ziel, mit SIM jährlich 300 geförderte Wohnungen entstehen zu lassen, ist eigentlich unrealistisch, denn dies würde ja bedeuten, dass künftig in Stuttgart auf den entsprechenden Flächen jährlich 1.500 Wohnungen geschaffen werden müssten, ein Wert, der in den vergangenen Jahren nicht einmal im gesamten Wohnungsbau im Stadtgebiet erreicht wurde. Die Pflicht, geförderten Wohnraum zu bauen, wird Wohnen, und zwar sowohl im Kauf als auch in der Miete, tendenziell verteuern. Denn die Bauträger, das ist ja klar, das sind ja keine karitativen Einrichtungen, die werden die gestiegenen Kosten an die Käufer und die Mieter weitergeben. Und da wir in Stuttgart einen Nachfrageüberhang haben, ist auch davon auszugehen, dass ihnen dies möglich sein wird und das so das eintreten wird.

Insofern ist SIM für die Freien Wähler und für potenzielle Käufer und auch Mieter ein Nachteil. Es ist eine Art Preistreiberei. Dass an bezahltem Wohnraum Mangel herrscht, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass sich die Mehrheit des Gemeinderats aus ideologischen oder aus anderen Gründen weigert, bebaubare Flächen in guter Lage auszuweisen. Wenn dieselben, die mit dieser Politik eine Wohnungsverknappung und infolge davon die Erhöhung der Grundstückspreise billigend in Kauf nehmen, nun gleichzeitig beklagen, es gebe zu wenig Wohnraum, dann sprechen sie mit 'gespaltener Zunge'. Nachverdichtung und zusätzliche Flächen, und die gibt es in Stuttgart, führen zu mehr Wohnungen, was letztlich zu der gewollten Entspannung führt.

Wir, die Freien Wähler, fordern daher, dass keine pauschal fixierten Festlegungen, sondern wie bisher flexiblere Verfahren zur Anwendung kommen. Es kann nicht angehen, dass die Stadt die Pflicht, geförderten Wohnraum zu schaffen, jetzt auf künftige fragwürdige Investoren abwälzt. Die Stadt könnte durchaus zwei Drittel der Planungsgewinne, die sie abschöpft, auch zweckgebunden in die Wohnbauförderung investieren. Und dabei, auch das ist natürlich ein Wunsch der Freien Wähler, wollen wir sehen, dass junge Familien in der Stadt bleiben und ihr Leben in Stuttgart genießen. Und das, glauben wir, ist mit SIM nicht zu erreichen. Den Satz vom Herrn Oberbürgermeister, dass nochmals Gespräche mit der Immobilienwirtschaft geführt werden, hören wir gerne und begrüßen ihn. Und vielleicht gibt es da doch noch ein paar positive Punkte, die hier reinspielen können. Ansonsten können wir dieser Vorlage in der Form nicht zustimmen. Vielen Dank."

StR Stocker (SÖS und LINKE):

"Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, am 14. Dezember letzten Jahres hat die Fraktionsgemeinschaft SÖS und LINKE einen Antrag eingebracht. In diesem Antrag hatten wir gefordert, den Wohnanteil auf 30 % festzulegen und davon jeweils ein Drittel sozialer Wohnungsbau, ein Drittel Wohnungsbau für mittlere Einkommen. Dieser Antrag hat bis jetzt, ich würde es einmal so sagen, nicht die Rolle gespielt eigentlich in der Diskussion, weil diese ganze Diskussion, die jetzt etwas eingeengt worden ist auf den gemeinsamen Antrag der GRÜNEN und der SPD - tut mir leid, auch wenn Frau Dr. Blind sagt, 30 % wären besser, und begründet die 20 % damit, dass die Bodenwertsteigerung in Stuttgart nicht das Ausmaß hätte wie in München. Da frage ich mich: Hat Regensburg eine höhere Bodenwertsteigerung als Stuttgart? Was ich mir eigentlich kaum vorstellen kann.

Die Forderung nach mehr sozialem und gefördertem Wohnungsbau ist auch früher schon von der Kollegin Küstler, von Kollege Rockenbauch, gestellt worden in den Haushaltsberatungen. Damals waren sie Einzelstadträte und da spielte das offenbar gar keine Rolle, was die irgendwo gefordert haben. Wir sind deshalb froh, dass es jetzt da in diesem Thema ein Stückchen weitergeht.

Der jetzt zur Abstimmung vorliegende Antrag ist kein Münchner Modell. Das muss man deutlich betonen. Es ist auch nicht das, was der Mieterverein will. Es ist auch nicht das, was der Paritätische Wohlfahrtsverband will. Es ist auch nicht das, was in Frankfurt stattfindet. Es ist auch nicht das, was in Regensburg stattfindet. Wir werden deswegen, ich bitte dafür um Verständnis, unseren Antrag aufrechterhalten. Wie die Reaktion des Immobilienbriefs aussehen würde, Frau Kollegin Fischer hat ja schon was dazu gesagt, der 'Schwarze Donnerstag' ist mir irgendwie anders in Erinnerung, das vermag ich mir gar nicht auszumalen, wenn wir einen Anteil von 30 % reinschreiben würden. Wir wollen schlichtweg einen höheren Anteil an Wohnen. Wir wollen davon einen höheren Anteil an gefördertem Wohnungsbau, wie ich schon sagte - ein Drittel sozialer Wohnungsbau, ein Drittel Mietwohnungen für mittlere Einkommen. Wir bitten also, diesen Antrag vorab abzustimmen. Wenn dieser Antrag dann voraussichtlich nicht die Mehrheit findet, so weit kann ich in die Zukunft schauen, dann denke ich - und ich möchte vielleicht eine Anmerkung noch machen an die Kollegen von der SPD und von den GRÜNEN, man muss den Antrag nicht ablehnen, man kann sich auch enthalten - wenn dieser Antrag dann abgelehnt werden würde, wenn der Antrag von SPD und den GRÜNEN dann eine Mehrheit findet, und das wage ich auch vorauszusagen, dann ist das kein 'Schwarzer Donnerstag', sondern dann ist das ein hoffnungsvoller Donnerstag. Ich möchte daran erinnern: Wir sind alle gewählt worden, wie das so schön heißt, zum Wohle der Stadt zu wirken und nicht zum Wohle der Investoren. In diesem Sinne, denke ich, werden wir dem Antrag dann nachher auch zustimmen."

StR Dr. Schlierer (REP):
"Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, die Frage, was zum Wohle der Stadt ist, wird immer streitig bleiben. Und die Selbstgewissheit, mit der manche glauben, das definieren zu können, führt mich eigentlich gleich zum zentralen Punkt in der Auseinandersetzung mit diesem SIM. Um welches Bild von Gesellschaft geht es hier? Eine meiner Vorrednerinnen hat das angesprochen. Ich muss feststellen, dass hinter diesem Konzept das Bild einer volkspädagogischen Zwangsgesellschaft steht. Es geht um eine Zwangsquote von 20 %, da brauchen Sie gar nicht aufzuheulen. Das steht in dem Konzept drin. Und es steht da drin nicht ein Weg, mit dem man durch entsprechende Anreize oder mit dem man durch eine entsprechende Förderung zu einem bestimmten Ziel kommt, sondern es steht da drin die zwangsweise Verordnung eines bestimmten Weges. Und Sie rechtfertigen das damit, dass man auf diese Art und Weise der Entmischung der Gesellschaft entgegenwirken wolle. Es wird behauptet, die Stadt würde dann sozialer werden - bei denjenigen, die das behaupten, meinen die natürlich eher sozialistischer werden - aber letzten Endes ist das, was hier als Rechtfertigung gebracht wird, weitaus zu kurz gegriffen. Ich will Sie bei dieser Gelegenheit einmal auf einen anderen Gesichtspunkt hinweisen, der bei diesen ganzen Planungen plötzlich keine Rolle mehr spielt. Ich erinnere mich noch gut an die Klausursitzung des Gemeinderates 2005, wo der Schwerpunkt auf der Erörterung und Auseinandersetzung mit der demografischen Entwicklung in unserer Stadt lag. Damals gab es auch Aussagen zu den Notwendigkeiten im Rahmen der städtebaulichen Planung zur Frage des Wohnungsbaus und der dabei zu berücksichtigenden Aspekte und Zielsetzungen. Das bleibt jetzt völlig außen vor, es interessiert keinen mehr. Jetzt geht es um sozialen Wohnungsbau. Und das ist klar, dass das gewissen ideologischen Vorstellungen sehr nahe kommt. Aber ob das dem Ziel einer wirklich zukunftsgerichteten Stuttgarter Innenstadtentwicklung entspricht, steht in den Sternen. Und ich will bei der Gelegenheit auch mal die Frage an die Schöpfer dieses Projektes und Befürworter richten: Mit welchem Instrumentarium wollen Sie denn im Blick auf die demografische Entwicklung etwas steuern? Dazu höre ich aber gar nichts. Es wird behauptet, die Stadt würde sozialer werden. Aber ob sie sozialer wird, wird genau auch davon abhängig sein, wie wir mit diesem Problem der demografischen Entwicklung umgehen. Die Folgen dieses Konzeptes sind ja schon angesprochen worden, aber ich glaube, dass es durchaus gut ist, das noch mal klar und deutlich zu sagen: Das wird eine Auswirkung auf die Kostenentwicklung haben. Und diese Kosten werden dann umgelegt werden. Es wird eine klare Auswirkung darauf haben, wie weit entsprechende Investoren bereit sein werden, solche Projekte umzusetzen.

Und dann darf ich zum Schluss noch auf Folgendes hinweisen: Auf der letzten Seite der Drucksache ist ja sehr schön das Organigramm mit dem Verfahrensablauf gezeigt. Ich kenne die Diskussion noch gut, die hier immer wieder geführt wird, dass wir Verfahrensabläufe vereinfachen müssen, dass wir, um die Tätigkeit, die Bereitschaft von jedweden Investoren, egal woher sie jetzt kommen, wo ich sie zuordne, um die zu fördern, eigentlich einfachere und schlankere Wege in der Verwaltung suchen sollen. Das hier ist genau das Gegenteil. Und insofern ist das auch richtig, wenn der Vorwurf kommt, dass das eigentlich wieder ein Schritt in Richtung einer sozialistischen Planwirtschaft ist. Aber es ist natürlich auch klar, dass es Leute geben wird, die sagen, am liebsten 30 %, vielleicht auch 40 %, vielleicht auch 50 %. Woher sie die Prozentzahlen nehmen, wird ja auch gar nicht begründet. Und am besten zahlen es irgendwelche anderen Leute. Das, meine Damen und Herren, ist die Haltung jener, die von Geld nichts verstehen, aber gern das Geld anderer Leute ausgeben wollen. Ich werde die Vorlage ablehnen."


OB Dr. Schuster stellt abschließend folgende Abstimmungsergebnisse fest:

Der Gemeinderat lehnt den Antrag Nr. 379/2010 der SÖS und LINKE-Fraktionsgemeinschaft mehrheitlich ab (5 Ja-Stimmen).

Der Gemeinderat beschließt mit 31 Ja-Stimmen bei 1 Stimmenthaltung mehrheitlich die GRDrs 894/2010 entsprechend dem Votum des Ausschusses für Wirtschaft und Wohnen bzw. des Ausschusses für Umwelt und Technik (vgl. Vorgang bzw. beigefügte SIM-Matrix).


Der Vorsitzende merkt nach der Abstimmung an, er hätte sich gewünscht, dass sich der Gemeinderat stärker an der Vorlage der Verwaltung orientiert hätte; im Grundsatz sei das Thema jedoch beschlossen. Die Verwaltung wird dem Gemeinderat wieder berichten und wie angekündigt die Gespräche mit der Immobilienwirtschaft führen.

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