Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
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GZ:
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Sitzungstermin: 20.07.2011
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:Herr Züfle (Polizeipräsident)
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Neuer Polizeipräsident in Stuttgart
- Antrag Nr. 256/2011 der CDU-Gemeinderatsfraktion vom 01.07.2011

Der im Betreff genannte Antrag ist diesem Protokoll beigefügt.

Die Einführung des Vorsitzenden in diesen Tagesordnungspunkt sowie der Vortrag von Herrn Züfle sind nachstehend im überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben.

OB Dr. Schuster:
"Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen und freue mich, dass unser neuer Polizeipräsident, Herr Züfle, heute Morgen zu uns gekommen ist. Vorweg möchte ich anmerken, dass wir in Stuttgart lange Zeit eine eigene Polizei hatten. Insoweit ist die Verbindung zwischen Polizei, Rathaus und Kommunalpolitik traditionell sehr eng. Das hat sich sehr positiv ausgewirkt auf die Sicherheit unserer Bürger, auf das Vertrauen in die Polizei. Wir haben, als wir vor rund 15 Jahren eine schwierigere Sicherheitslage hatten, ein neues Konzept entwickelt, nämlich die Stuttgarter Sicherheitspartnerschaft, dieses Miteinander von bürgerschaftlichem Engagement, Polizei vor Ort mit entsprechenden Präventionsbeamten und dem Rathaus. Natürlich verstärkt dadurch, dass der frühere Polizeipräsident jetzt neben mir sitzt als Bürgermeister. Wir haben immer großen Wert gelegt auf dezentrale Strukturen. Deshalb gab es eine sehr intensive Debatte über die Frage des neuen Revierkonzepts, was schwierig war, weil die Polizei erhebliche Personalstellen abbauen musste. Ich denke aber, es ist gelungen, dass wir trotz dieses heftigen Sparkonzepts bei der Polizei doch noch leistungsfähige Revierstrukturen in Stuttgart haben. Damit ist dieser dezentrale Ansatz, die Polizei, die man kennt, die vor Ort ist, erhalten geblieben.

Kurzum, meiner Auffassung nach ist das Zusammenwirken von Polizei und Bürgerschaft sehr gut und intensiv. Auch das Vertrauen in die Arbeit der Polizei ist sehr hoch. Das ergibt sich nicht zuletzt aus unseren Bürgerumfragen, wo wir jedes Mal das Thema Sicherheit - objektiv wie subjektiv, das Sicherheitsempfinden - abfragen. Beim Ranking der Probleme steht das Thema Sicherheit erfreulicherweise ganz unten. Ein Zeichen dafür, dass unsere Polizei in Stuttgart anerkannt ist und gute Arbeit leistet.

Deshalb freue ich mich, dass wir mit Ihnen - und Sie werden es ja in Ihrer Vita kurz noch darstellen - diese Zusammenarbeit fortsetzen können. Wir wissen, dass seit letztem Sommer durch die Demonstrationen auch im Zusammenhang mit Stuttgart 21 zum Teil eine sehr schwierige polizeiliche Situation entstanden ist. Wir alle haben den 30.09.2010 in unserem Gedächtnis. Ich kann nur hoffen, dass es Ihnen durch eine entsprechende Defensiv- und Vermittlungsstrategie gelingt, einen erneuten Vorfall wie den vom 30.09. zu vermeiden. Ansonsten kann ich nur sagen, wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen. Ich bin sicher, wir werden erfolgreich für die Sicherheit unserer Bürger gemeinsam sorgen können."


Herr Polizeipräsident Züfle:

"Herr Oberbürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst vielen Dank, Herr Oberbürgermeister, für die angenehmen Worte. Das tut gut.

Zu meiner Vita ganz kurz. Vor Ihnen sitzt ein 55jähriger halb Badischer, halb Württembergischer, der unmittelbar vor den Toren Stuttgarts in der Nähe von Herrenberg wohnt. Zu meinen beruflichen Stationen. Ich bin seit 1973 bei der Polizei, habe bei der Bereitschaftspolizei angefangen. Meine erste echte berufliche Station war genau hier um die Ecke in der damaligen Schmale Straße 11 beim damaligen 1. Polizeirevier. Im Anschluss daran hatte ich verschiedene Funktionen inne beim Landeskriminalamt, beim Mobilen Einsatzkommando im Bereich der organisierten Kriminalität. Nach den Studien zum gehobenen und höheren Dienst, war ich dann wieder beim Landeskriminalamt, damals als Leiter der neu eingerichteten gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift. Gemeinsame Ermittlungsgruppe heißt Landespolizei und Zoll, also Land und Bund zusammen.

Im Jahr 2000 wurde ich ins Innenministerium abgerufen (sechs Jahre Referententätigkeit, hauptsächlich im Bereich des Staatsschutzes, aber auch Allgemeinkriminalität). Ich habe jedes Jahr die Landespressekonferenz vorbereitet für den Innenminister, um die gesamte Kriminalitätssituation in Baden-Württemberg darzustellen. Kriminaltechnische Fragen, Kapitaldelikte haben auch noch zu meinem Aufgabenbereich gehört.

Nach dieser Zeit im Innenministerium, 2006, war ich für ein Jahr beim Polizeipräsidium Stuttgart. 2006 war das schöne Jahr der Fußball-Weltmeisterschaft. Und danach, 2007, wurde ich abberufen, um die Leitung der Polizeidirektion Tübingen zu übernehmen, was ich sehr, sehr gerne gemacht habe. Seit wenigen Wochen bin ich nun hier in Stuttgart.

2002 war ich noch für ein Jahr im Ausland. Das war unmittelbar nach dem Sturz der Taliban, Wiederaufbau einer demokratischen Polizei in Afghanistan. Diese Station war aber nicht unmittelbare Voraussetzung, um hier nach Stuttgart berufen zu werden. Das möchte ich ausdrücklich sagen. Das zu meiner Vita.

Zu den Themen rund um Stuttgart 21. Beginnen wollte ich mit unseren, mit meinen Schwerpunkten und Zielen bei den Einsatzmaßnahmen von Stuttgart 21. Oberste Linie ist die Deeskalation. Das heißt aber nicht, dass wir untätig bleiben, dass kein polizeiliches Handeln erfolgt.

Unser polizeiliches Handeln wird auch nicht - ich habe es auch in vielen Interviews schon gesagt - nicht nach unserem eigenen Gutdünken bestimmt, sondern wird bestimmt durch Recht und Gesetz. Das ist der Zwiespalt. Einerseits ist die Versammlungsfreiheit, die Demonstrationsfreiheit ein hohes Gut. Andererseits haben wir die berechtigten Interessen der Deutschen Bahn aufgrund der gesetzlichen Grundlagen durchzusetzen. Auch im Hinblick auf Deeskalation: Strafverfolgung hat bei uns eine hohe Priorität. Zudem werden wir Gefahren und Störungen unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes abwehren. Das heißt für unser Einschreiten grundsätzlich, friedliche demonstrative Aktionen als Ausdruck der Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit werden wir mit einer hohen Einschreitschwelle gewährleisten. Allerdings, wenn es unfriedlich oder gar gewalttätig wird, werden wir bei niedriger Einschreitschwelle, insbesondere durch konsequentes Vorgehen gegen erkannte Störer, einschreiten. Häufig gehen Störungen ja von Einzelpersonen oder kleineren Gruppierungen aus. Diese versuchen wir zu separieren und festzunehmen. Dort gehen wir auch, wenn es erforderlich ist, mit unmittelbarem Zwang vor. Das große Problem ist stets die Anonymität; gewalttätige Teilnehmer werden gewollt oder ungewollt durch große Menschenansammlungen geschützt.

Wir fahren abgestufte Konzepte. Die lassen sich schon anhand unserer Einschreitschwellen ableiten. Wir kündigen unsere Konzepte auch über die Medien an. Bis hin zu den Gebührenerhebungen machen wir unsere Maßnahmen transparent.

Offensive Kommunikation ist das nächste Stichwort. Diese gibt es sowohl intern als auch extern. Wir sind im Gespräch mit den Akteuren der Protestbewegung, mit den Meinungsführern, bei entsprechenden Lagen, durch unsere Beamten, die als Anti-Konflikttrainer ausgebildet sind und im Einsatzraum auch erkennbar unterwegs sind. Ihre Rolle ist, unsere Aufgaben, unsere Maßnahmen transparent zu machen, mit den Leuten vom Aktionsbündnis, die zuhören wollen - nicht jeder ist ansprechbar -, ins Gespräch zu kommen. Transparenz zielt darauf ab, uns weitestgehend berechenbar zu machen. Wir werden natürlich nie unsere absolute Taktik offenlegen, aber unsere Maßnahmen, unser abgestuftes Konzept im Groben, werden wir immer vermitteln.

Für uns ist wichtig, ich sage das auch mit Blick auf meine Leute, gegenseitige Achtung und Wertschätzung und keine Gewalt gegen Polizeibeamte. Das möchte ich hier an dieser Stelle ausdrücklich schon einflechten. Uns belasten weniger die häufig wiederkehrenden Einsätze. Uns belastet weniger, wenn wir damit rechnen müssen, dass es zu einem unfriedlichen Verlauf kommt. Die tagtäglichen Demütigungen, die unsere Beamtinnen und Beamten wegstecken müssen, gehen aber an die Substanz. Das sind nicht unbedingt die Sachen, die strafrechtlich relevant sind, wie eine Beleidigung oder eine Körperverletzung. Solche Dinge kann man ahnden. Es sind die Sachen, die an der Schwelle darunter liegen. Das vermeintlich unabsichtliche Anrempeln, Ausspucken. Es gab Situationen, da geht man hin zu unseren Leuten, sagt, da vorne werden Sie gebraucht. Die rennen los, weil sie denken, da ist irgendwo eine Hilfeleistung nötig. Und schauen dann in zehn, zwölf feixende Gesichter. Das macht unseren Leuten schwer zu schaffen. Deshalb noch mal: Gegenseitige Achtung und Wertschätzung. Wir bemühen uns. Wir machen das. Und wir versuchen, so professionell wie möglich zu sein. Das fordere ich auch ein von der anderen Seite.

Zur aktuellen Lage bei Stuttgart 21. Die Bautätigkeit wurde am 14.06. wieder aufgenommen. Seither verzeichnen wir wieder verstärkte Protestaktionen. Wie sieht das Protestpotenzial aus? Ich meine das nicht so objekthaft. Da stehen Menschen dahinter, und für uns stellen, wie bereits gesagt, Demonstrationsfreiheit, Versammlungsfreiheit hohe Güter dar, die wir respektieren. Die Bewegung zeichnet sich aus durch einen hohen Mobilisierungsgrad, das geht in den fünfstelligen Bereich. Eine breite Entschlossenheit, aber auch, was uns zu schaffen macht, was die rationale Zugänglichkeit manchmal erschwert, eine hohe Emotionalisierung und ein hohes Maß an Kreativität. Das muss man schon unterstellen.

Neben den regelmäßig stattfindenden Versammlungen sowie den Dauermahnwachen, die wir am Nordausgang vom Hauptbahnhof haben, am Grundwassermanagement und im mittleren Schlossgarten, verzeichnen wir in letzter Zeit insbesondere täglich Blockadeaktionen vor dem Grundwassermanagement. Dort werden Firmenfahrzeuge blockiert und davon abgehalten, in das Grundwassermanagement einzufahren. Also die Bauarbeiten werden blockiert. Regelmäßig - auch das ist Teil unserer Strategie - lösen wir die Blockaden auf. Meine Leute sprechen schon vom "Wegsprechen". Die Menschen sind sehr kommunikativ. Man kennt sich dort auf beiden Seiten, man schätzt sich auch
überwiegend. Trotzdem müssen wir nahezu täglich 15 bis 60 Personen wegtragen. In der Spitze teilweise bis zu 100. Die Spitzenzeiten sind insbesondere dienstags beim sogenannten Blockadefrühstück.


Am 20.06. wurden im Anschluss an die regelmäßig wiederkehrende Versammlung, das war die 79. Montagsdemo, das umzäunte Bauareal des Grundwassermanagements und das Dach des dortigen Zentralgebäudes, das auf dem Grundwassermanagement ist, besetzt. Es kam zu gewalttätigen und nicht hinnehmbaren Übergriffen gegen Polizeibeamte und zu erheblichen Sachbeschädigungen. Die ersten groben Schätzungen der Sachverständigen beliefen sich auf bis zu 1,5 Mio. €. Der aktuelle Sachstand dürfte sich auf etwas über 1 Mio. € einpendeln.

Vor dieser 79. sind alle Montagesdemonstrationen ohne gewalttätige Ausschreitungen verlaufen. An diesem Tag, an dem die Bauarbeiten wieder aufgenommen wurden, hatten wir eigentlich mit einer erhöhten Emotionalisierung, mit erhöhten Protestaktionen gerechnet. Die morgens begonnene Blockadeaktion am Grundwassermanagement war erwartungsgemäß größer als üblich. Wir mussten mehr Leute wegtragen als üblich.

Aber der Großteil der Blockierer ist weggegangen, nachdem mehrmals dazu aufgefordert wurde. Es hat sich auch im Laufe des Vormittags und des frühen Nachmittags kein unfriedlicher Verlauf abgezeichnet. Deshalb haben wir - Stichwort Kräftedisposition, Kräftemanagement, wir werden ja unterstützt durch Einsatzkräfte aus den ganzen Landesteilen - frühzeitig eine Hundertschaft entlassen, weil wir eine andere Lage erwartet haben. Das hat sich bei der Montagesdemo fortgesetzt. Die Teilnehmer haben sich, nachdem die Montagsdemo aufgelöst war, noch an die roten Fußgängerampeln gehalten. Also das war ordentlich und gesittet, wie man sich das nur wünschen kann.


Es muss eine kleinere Gruppierung gewesen sein, die dann schlagartig den Zaun am Grundwassermanagement, der nicht sehr gut ist, mehr ein Provisorium, niedergerissen hat. Dies führte zu einer Massendynamik, die nicht mehr aufzuhalten war. Ein Kollege von uns wurde dort angegriffen, nachdem er auf eine Person zuging, die sich an einem Lkw zu schaffen machte. Er hat sich ausgewiesen als Kriminalbeamter und wollte die Personalien feststellen. Die hat er auch bekommen. Derjenige, den er kontrolliert hat, sagte auch, er hat ihn als Polizeibeamten erkannt. Als sich dann dieser Beamte zusammen mit seinem Kollegen entfernte, zurück wollte zu seiner Einheit, kam es auf einmal durch einen Schrei, den der Kontrollierte losgelassen hat als sich die beiden Kollegen bereits entfernt hatten, zu dieser Dynamik, dass der Beamte von einer größeren Personenanzahl angegriffen wurde. Beide Beamten sind geflüchtet, beide wollten raus aus dem Areal. Unser Kollege sagte, er ist immer wieder gegen Menschenmassen gerannt, mal nach links, mal nach rechts. Er kam nicht raus. Es kam auch zu tätlichen Angriffen. Der Hauptangreifer hat mit beiden Fäusten gegen seinen Kopf, gegen seinen Hals geschlagen. Und was das Ganze so schlimm für ihn machte, er war wie bei jedem polizeilichen Einsatz bewaffnet, und man hat versucht, ihm die Pistole wegzunehmen. Also er war auch nur halb handlungsfähig, da er mit einer Hand krampfhaft seine Pistole festgehalten hat. Man erkennt das z. B. auch auf den Bildern in Youtube.

Ich habe hohen Respekt vor diesem Beamten, dass er in dieser Situation, in der er um alles fürchten musste, nicht die Pistole gezogen hat. Das zeigt auch, wie hoch der Stand unserer Ausbildung ist. Auch wenn das von bestimmten Richtungen immer wieder anders dargestellt wird. Es wurde auf jeden Fall eine Ermittlungsgruppe eingerichtet, die in diesem Fall ermittelt. Anfangstatverdacht war ein versuchtes Tötungsdelikt. Mittlerweile sind wir bei versuchtem schwerem Raub, das zielt auf die Schusswaffe, die man versucht hat, ihm zu entwenden, und gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung.

Die ärztliche Diagnose beim Kollegen: Gehirnerschütterung, Kehlkopfprellung und Sehnenabriss am kleinen Finger. Er war nicht blutüberströmt, es müssen aber nicht äußerliche Verletzungen sein. Ich denke, Sie haben es alle mitbekommen, wie das von anderer Seite dargestellt wurde. Drei Beschuldigte wurden bereits ermittelt über Bildmaterial. Der Hauptangreifer, das ist der, von dem ich sagte, der mit beiden Fäusten die Angriffe geführt hat, ist ein 49jähriger arbeitsloser Deutscher, ohne festen Wohnsitz, der bei uns schon hinreichend bekannt ist - quer durchs Strafgesetzbuch und, das sage ich jetzt auch noch mal, nicht kriminalisiert durch Vorgänge um Stuttgart 21. Die Einträge beginnen schon vor rund 15 oder 20 Jahren, quer durchs Strafgesetzbuch, auch schwere und schwerste Straftaten.

Der zweite Beschuldigte ist ein 37jähriger Deutscher ohne polizeiliche Vorkommnisse. Dann haben wir noch eine 17jährige Deutsche kurdischer Abstammung, die schon mehrfach aufgefallen ist bei linksorientierten gewalttätigen Demonstrationen oder als gewaltbereit dort aufgefallen ist.

Was auch für Aufregung gesorgt hat: Wir haben auf Beschluss der Staatsanwaltschaft Stuttgart am 07.07. versucht, bei Herrn von Hermann Beweismaterial zu erheben. Er hat ja im Nachgang zum 20.06. in einer Pressekonferenz öffentlich mitgeteilt, dass er Beweismittel habe, die die Situation völlig anders darstellen, als es die Polizei schildert. Und er könne auch Zeugen benennen. Er wurde von der Polizei vorgeladen und gebeten, diese Beweise vorzulegen. Das hat er ignoriert. Ich hatte Ihnen gesagt, wir haben drei Beschuldigte, wir müssen in alle Richtungen ermitteln. Wir brauchen auch das entlastende Material, das von Herrn von Hermann angesprochen wurde. Deshalb wurde ein Durchsuchungsbeschluss bei ihm beantragt, bei einem Zeugen, bei einem Unbeteiligten. Es ging um das Beweismaterial, es ging nicht darum, irgendjemanden zu kriminalisieren.

Im Laufe dieses Vormittags hat dann Herr von Hermann die Beweismaterialien ausgehändigt und auch noch mehrere Zeugen benannt. Das ist der eine Komplex aus dem 20.06. Den anderen Komplex überschreibe ich mit schwerem Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch und Verdacht der Sachbeschädigung. Wir gehen davon aus, dass ca. 700 bis 1.000 Leute sich auf dem Gelände des Grundwassermanagements aufgehalten haben. Dort ermitteln wir derzeit auch. Im Hintergrund stehen ja auch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche. Zudem werden in diesem Ermittlungskomplex Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung geführt. Es kam ja zu dieser Detonation von einem selbstgebastelten Sprengkörper zum Nachteil von 9 Polizeibeamten. Es waren 9, im Nachgang musste sich noch ein Beamter in ärztliche Behandlung begeben, ursprünglich waren es 8. In diesem Komplex haben wir aufgrund von Hinweisen aus der Bevölkerung bereits drei Personen identifiziert. Ansonsten werten wir 30 DVDs eigenes Videomaterial und rund 250 Filme, Filmsequenzen mit teilweise bis zu einer Stunde Länge aus. Diese sind öffentlich zugänglich. Das sind gigantische Ermittlungsmaßnahmen. Beide Ermittlungsgruppen können wir nur bewältigen, weil wir Unterstützung von anderen Polizeidienststellen erhalten.

Wie geht es weiter? Unser Ausblick in die Zukunft. Wir gehen von erheblichem Widerstand und von erheblichen Emotionalisierungen bei Fortsetzung der Baumaßnahmen aus. Zunächst steht ja der Weiterbau der Rohrverlegungsmaßnahmen an, der gestoppt wurde durch den 20.06. Dann kommen insbesondere der Abriss des Südflügels und die Baumfäll- und Baumverpflanzungsarbeiten im mittleren Schlossgarten. Wir stellen fest, dass die überwiegende Mehrheit vom bürgerlichen Spektrum sich öffentlich auch distanziert von Gewalt und von Ausschreitungen. Was übrig bleibt, sind die Widerstandsformen des sogenannten zivilen Ungehorsams, der immer subjektiv definiert wird. Ziviler Ungehorsam kann natürlich auch die Begehung von Straftaten umfassen. Das räumen auch einige ein, dass sie das auch machen, Stichwort Nötigung und Verdacht auf Nötigung.

Das Ereignis vom 20.06. hat uns gezeigt, dass auch das bürgerliche Protestpublikum aufgrund der hohen Emotionalität, ja zum Teil vielleicht auch aus massendynamischen, aus gruppendynamischen Aspekten gewalttätige Übergriffe von Aktivisten durch Sympathiebekundungen und durch den Schutz der Masse teilweise begünstigt. Ich möchte hier keinen Vorsatz unterstellen. Das macht für uns aber das Einschreiten ungeheuer schwierig. Wir würden gerne präzise vorgehen, die Leute, die Agitatoren, die Gewalttäter würden wir gerne herauspicken. Das ist aber schwierig, wenn sich der Polizei Ältere, Gutbürgerliche in den Weg stellen und wenn man fürchten muss, dass es da zu schweren Verletzungen kommt, wenn ein älterer Mensch stürzt.

Wir stellen uns darauf ein, dass es auch zukünftig über einen längeren Zeitraum im Zusammenhang mit Stuttgart 21 zu Ausschreitungen kommen wird. Wobei der Begriff Ausschreitungen nicht zu eng ausgelegt werden darf. Wir haben täglich Konfliktsituationen bei den Blockadeaktionen, die überwiegend ruhig und besonnen ablaufen. Aber täglich kommt es dort zu Konfliktsituationen. Auch da kommt es zu diesen Beleidigungen, zu diesen Herabwürdigungen, die ein hohes Maß an Standing und an Sensibilität von meinen Leuten erfordern und Anlass für Eskalationen bieten könnten.

Wir haben drei verschiedene Kategorien, mit denen wir es zurzeit zu tun haben. Das sind die täglichen Baustellenblockaden. Da möchte ich jetzt gar nicht mehr viel dazu sagen, nur, wir gehen hin, sprechen die Leute an, ein Großteil entfernt sich dann. Die, die sitzen bleiben, werden weggetragen oder weggeführt und angezeigt wegen Verdachts der Nötigung. Und wir erheben auch Gebühren. Die einmalige Gebühr fürs Wegtragen beträgt 80 €. Das wird schon diskutiert, das führe ich jetzt ein als Schmankerl, es sind ja auch viele ältere Leute, viele Rentner dort vor Ort. Und da kursiert schon: 'Ja, einmal im Monat gebe ich es mir, einmal im Monat zahle ich die 80 €.' Ansonsten gehen sie aber freiwillig.

Das Nächste sind die demonstrativen Aktionen. Da beschäftigen uns insbesondere die sogenannten Montagsdemos. Aber auch Großkundgebungen. Da muss man immer das erhöhte Mobilisierungspotenzial im Hintergrund sehen; es gibt rund 33.000 registrierte Parkschützer. Wir stellen noch nicht fest, dass sich Extremisten jedweder Couleur unter das Bündnis gemischt haben. Wir stellen aber fest am Rande, dass diese Leute dabei sind und sich offensichtlich abwartend und beobachtend verhalten.

Im mittleren Schlossgarten und der Zeltstadt hat sich neben der ursprünglichen Bewegung eine eigene Subkultur gebildet, die das Aktionsbündnis selber nicht will. Die sprechen uns teilweise an. Es handelt sich dabei um eine bunte Mischung aus Alternativen, auch aus Obdachlosen, Punks. Wer dort vorbeigeht, sieht sie auch, zum Teil mit Hunden, und andere Aktivisten.

Wir haben auch herausragende Einsatzlagen, das sind die, die uns die meisten Probleme bedeuten. Da können die Gruppierungen, die ich eben angedeutet habe, dann auch zur Entfaltung kommen. In der Vergangenheit haben wir mit dem Abriss des Nordflügels diese Erfahrung gemacht. Und natürlich auch mit den Baumfällarbeiten im Oktober 2010. Mit diesen Einsatzlagen und Störungen in größerem Ausmaß müssen wir auf jeden Fall bei den Abbrucharbeiten am Südflügel und den Baumfäll- und Baumverpflanzungsarbeiten im mittleren Schlossgarten rechnen.

Wie wollen wir das Ganze handhaben, was sind unsere möglichen Maßnahmen und Einsatztaktiken? Ich habe es bereits gesagt, wir setzen auf Deeskalation in allen Einsatzlagen. Wir sind uns auch mit dem Aktionsbündnis einig - mit den Wortführern stehen wir in Kontakt -, dass kein Interesse an gewalttätigen Verläufen besteht und daran, dass es zu Ausschreitungen kommt. Das Problem ist natürlich, dass für die Sprecher einige Personen nicht erreichbar, nicht steuerbar sind. Deshalb müssen wir trotzdem mit allen, auch mit unerwarteten Verläufen rechnen.

Wir setzen regelmäßig unsere Anti-Konfliktteams ein. Frühzeitig, bevor es zu einer hohen Emotionalisierung kommt, bevor es zu einer Verfestigung kommt in den Einsätzen. Diese Teams sollen vor allem in kritischen Situationen das Gespräch suchen, die Rolle der Polizei darlegen und auch unsere Maßnahmen, unseren Auftrag transparent machen. Die werden sehr gerne angenommen von den Teilnehmern der Demonstrationen, aber diese Kolleginnen und Kollegen müssen auch viel ertragen. Es sind viele vernünftige Leute dabei, aber auch viele unvernünftige, die einfach nur ihren Frust abladen, ihre Verachtung und ihren Zorn.

Dennoch werden wir diese Teams, unsere Anti-Konflikt-Beamtinnen und -beamten, weiter ausbauen, weil sie sich bewährt haben. Wir haben auch Freiwillige. Da kann man keinen und keine bestimmen, das zu machen. Da braucht es ein bestimmtes Anforderungsprofil, und das muss vor allem freiwillig gemacht werden. Wir haben aber die Leute, die das machen, und wir werden unsere Anti-Konflikt-Teams jetzt aufstocken auf insgesamt 15 Kolleginnen und Kollegen. Auch dabei sind uns natürlich die Grenzen bewusst. Der, der sich nicht ansprechen lassen will, den erreichen wir nicht. Aber wir erhoffen uns, und das zeigt auch die Vergangenheit, dass wir zumindest Einfluss nehmen können auf die 'Vernünftigen, Rationalen', und dass die wiederum auf andere einwirken können.

Wir werden auch, das ist ja auch Ergebnis aus der Aufarbeitung im Innenausschuss vom 30.09.2010, so transparent und offen wie möglich sein. Es werden keine geheimen Aktionen, sage ich mal, durchgeführt. Das kann auch gar nicht durchgehalten werden, das muss man einfach richtig einschätzen, die Informationen gehen auch so raus. Einfach auch, um Emotionen von vornherein herauszunehmen, Transparenz zu schaffen, sagen wir, was wir vor haben. Dass das für uns natürlich nicht leichter sein wird, liegt auch auf der Hand. Also wenn angekündigt wird, wo wird was stattfinden, da werden wir auch erhebliche Probleme damit haben. Aber damit müssen wir fertig werden. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir entsprechend planen. Das machen wir jetzt. Wir separieren den Führungsstab, der vielfach noch im Rahmen des täglichen Dienstes die Arbeiten gemacht hat, für Stuttgart 21. Wir bauen gerade einen Führungsstab auf, nur speziell für Stuttgart 21. Auch wiederum nicht mit unseren eigenen Leuten, sondern der wird zusammengesetzt sein mit Experten aus dem gesamten Land, mit erfahrenen Beamtinnen und Beamten, um entsprechende Einsatzstrategien auszuarbeiten und entsprechende Maßnahmen umzusetzen.

Wir müssen auch verstärkt darauf setzen, Aufklärungserkenntnisse zu unfriedlichen Aktionen zu erhalten. Das ist teilweise utopisch, trotzdem müssen wir das machen. Wir wollen uns nicht wieder so überraschen lassen wie am 20.06.2011.

Die angesprochenen Punkte, die ich eben resümiert habe, werden mit Sicherheit nicht dazu führen, dass es zukünftig keine Ausschreitungen mehr geben wird um Stuttgart 21. So realistisch und so rational muss man sein. Sie sehen, wir versuchen, die unfriedlichen Auswüchse mit einem ganzen Maßnahmenbündel einzudämmen. Wir appellieren aber auch an die Organisatoren, an die Versammlungsleiter, an einflussreiche Persönlichkeiten aus der Protestbewegung, ihren Einfluss dahingehend zu nutzen, um sich eindeutig gegen Gewalt und Unfrieden zu stellen. Wir hoffen dabei auch auf die Unterstützung der vielen sonst beteiligten Stellen, auch der Mandatsträger, auch von Ihnen erhoffen wir uns Unterstützung. Es darf nicht sein aus meiner Sicht, dass die Polizei Prellbock ist, um politische, um gesellschaftliche Konflikte zu lösen. Damit wäre ich am Ende und stehe für Fragen gerne zur Verfügung. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."

StR Kotz (CDU) als Antragsteller, StR Wölfle (90/GRÜNE), StR Kanzleiter (SPD), StR Zeeb (FW), StR Klingler (FDP) und StRin Küstler (SÖS und LINKE) bedanken sich bei Herrn Züfle für dessen Vortrag und wünschen ihm für seine Arbeit alles Gute.

StR Kotz bittet Herrn Züfle, seinen Beamtinnen und Beamten den Dank für deren Arbeit zu übermitteln. Weiter wird von ihm insbesondere vorgetragen, jedermann könne in eine Situation kommen, in der er den Schutz der Polizei benötigt. Dies sei jedoch keine Einbahnstraße. Menschen müssten auch akzeptieren, dass die Polizei im gesamten Alltag über das Machtmonopol zur Durchsetzung von Sicherheit und Ordnung verfügt. Hier ist es seiner Einschätzung nach in den letzten Monaten in Stuttgart im Zusammenhang mit dem Bahnprojekt Stuttgart 21 (S 21) zu Verschiebungen gekommen.

Für die Protestbewegung und für die Gesellschaft insgesamt bezeichnet StR Wölfle die Vorgänge am 30.09.2010 und am 20.06.2011 als nicht erfreulich. Angesichts der Menge an Demonstrationen und Veranstaltungen könne man allerdings in der Wertung auch stolz darauf sein, dass es mithilfe der Polizei gelungen ist, diesen gesellschaftlichen Konflikt in der Stadt so friedlich wie möglich auszuhalten. Wenn die Polizei konsequent und nachvollziehbar vorgehe, stoße dies auf Verständnis. Er ermuntert Herrn Züfle, diesen Weg weiterzugehen. Die noch laufende S 21-Schlichtung sei ein kluger Schritt zur Deeskalation gewesen. Persönlich habe er gehofft, dass mit dem Vorschlag einer Volksabstimmung, durch die damit erzeugte nochmalige demokratische Legitimation, "eine Klammer" um diesen Konflikt gelegt werden kann. Zu hoffen sei weiter, dass bis zur Herstellung dieser Klammer die Polizei Baufortschritte nicht massiv begleiten muss. Für die politischen Akteure stelle es nach wie vor eine Herausforderung dar, Deeskalationsformen auch für von Teilen der Bevölkerung nicht akzeptierte Beschlüsse umzusetzen. Die Respektlosigkeit gegenüber der Polizei stelle bedauerlicherweise ein insgesamt zu beobachtendes gesellschaftliches Problem dar.

StR Kanzleiter hat den Eindruck, dass Herr Züfle in seiner Amtsführung sich vorgenommen hat, mit maßvollen Mitteln transparent, aber entschlossen zu arbeiten. Auch angesichts der geschilderten Aggressionen und Demütigungen gebühre der Polizeiarbeit Respekt. Manchen Menschen, und dem schließt sich StR Zeeb an, sei nicht klar, dass die Polizei in einem Rechtsstaat eine andere Rolle als in einer Diktatur einnimmt. Der Schutz des Baurechts der Bahn einerseits und der Schutz des Demonstrationsrechts andererseits trägt für StR Kanzleiter zwangsläufig zu keiner Vereinfachung der polizeilichen Arbeit bei. Die Polizei müsse aber bei der Durchsetzung des Legalitätsprinzips, egal in welche Richtung, unterstützt werden. Ansonsten werde die Basis des demokratischen Gemeinwesens, das Legalitätsprinzip, verlassen.

Gerade im Hinblick auf bürgerliche Protestteilnehmer sei klarzustellen, dass niemand über dem Recht insgesamt stehen kann. Der Grat, darüber sei er sich bewusst, zwischen bürgerlicher Haltung und einer fanatisierten, emotionalisierten und nicht mehr rational handelnden Ebene sei schmal. Zwar distanzierten sich die Spitzen der Protestbewegung zumindest verbal von Gewalt, allerdings stelle sich die Frage, ob dies in der Umsetzung auch immer nachhaltig ist. Spätestens dann, wenn der Stresstest über die Leistungsfähigkeit des Bahnprojekts positiv beendet ist, wenn also der Schlichterspruch erfüllt ist, werde sich dies zeigen.

Als richtig wertet StR Zeeb den Ansatz von Herrn Züfle, alle Gruppierungen des S 21-Protestes bezüglich einer Mäßigung in die Pflicht zu nehmen. Nicht zuletzt sei der Polizei für ihren Umgang mit absichtlichen Provokationen zu danken.

Außer Frage steht für StR Klingler, dass die Polizei neben dem Demonstrationsrecht auch das Baurecht zu schützen und durchzusetzen hat. Nachhaltig wird von ihm begrüßt, dass die Polizei einen Schwerpunkt auf die Deeskalation setzt. Bedacht gehöre, dass oftmals nur ein kleiner Prozentsatz an unbedacht handelnden Versammlungsteilnehmern ausreicht, um eine Sache "aus dem Ruder laufen zu lassen".

StRin Küstler hebt hervor, bei der Bewegung gegen das Bahnprojekt handle es sich um eine demokratische Bewegung, die seit Jahren, gestützt aus allen Bevölkerungsschichten, mit demokratischen Mitteln ein Ziel verfolgt. In der Gesellschaft gebe es Kriminalität, und diese sei unter Umständen auch in einer solchen Bewegung nicht auszuschließen. Die Verantwortlichen hätten stets eindeutig erklärt, durchgeführt werden sollen, bei der Wahrnehmung der demokratischen Rechte, wirksame, phantasievolle und intelligente Aktionen. Die Bewegung pro K 21 habe einen Beitrag nicht nur für eine transparentere, sondern auch für eine offenere, von gegenseitigem Respekt geprägte Gesellschaft geleistet. In Bereichen wie der Stadtplanung sei man sich dadurch bewusst geworden, dass Beteiligung nicht mit Behinderung, sondern mit Bereicherung gleichgesetzt werden kann. Der von der Polizei verfolgte Deeskalationsansatz findet ihre Unterstützung. Dies sei ein wichtiger Beitrag zur Gewährleistung demokratischer Rechte. Zu der von Herrn Züfle angesprochenen Videosequenz in Youtube zu dem Vorfall am 20.06.2011 erklärt sie eindeutig, es gebe Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Den 30.09.2010 habe sie persönlich als Unglück empfunden, das auch darauf zurückzuführen war, dass sich die Politik in die Polizeiarbeit eingemischt habe.

Die Bürgerschaft, so StR Kotz, trete verstärkt an seine Fraktion heran und beklage zu Recht die derzeitigen Zustände im mittleren Schlossgarten (Zeltstadt). Man tue sich schwer, den Bürgern einerseits zu erklären, weshalb z. B. Verwarnungsgelder infolge einer zu lauten Party akzeptiert werden müssen und andererseits störende Zustände im mittleren Schlossgarten toleriert werden. Nach seinem Verständnis ist das dortige Zeltcamp nicht zulässig, sondern illegal. Zumindest hätten die Personalien der dort lebenden Personen aufgenommen werden müssen. Interessant wäre für ihn zu erfahren, nachdem für das korrekte Erheben der Hundesteuer seitens der Stadt eine Firma beauftragt worden ist, ob der Finanzbürgermeister auch die in dieser Zeltstadt lebenden Hunde erfassen lässt.

Von StR Klingler, der auf einen Antrag seiner Fraktion zur Situation im mittleren Schlossgarten Bezug nimmt, wird von wachsenden Schwierigkeiten in der Bevölkerung berichtet, manche Dinge nachzuvollziehen. Beim Zeltcamp sieht er das Land als Parkeigentümer in der Verantwortung, dieses Camp räumen zu lassen. Mitten in Stuttgart dürfe ein rechtsfreier Raum nicht geduldet werden. Natürlich stehe die FDP-Gemeinderatsfraktion zum Versammlungsrecht, aber mittlerweile sei es doch durchaus zutreffend, dass beispielsweise durch die Montagsdemonstrationen auch Freiheitsrechte anderer Bevölkerungsgruppen eingeschränkt werden und volkswirtschaftliche Schäden entstehen.

Die Situation im Schlossgarten wird von Herrn Züfle für die Polizei als mehr als unbefriedigend angesehen. Die Polizei sei gefordert, wenn Gefahr im Verzug ist. Dieses sei definitiv nicht gegeben. Es handle sich um eine komplizierte rechtliche Gemengelage. Er hebt hervor, die Polizei könne das Geschehen um das Bahnprojekt nicht allein mit eigenen Kräften schultern. Praktikables Denken sei gefragt. Das Anliegen der Polizei sei, diese Zeltstadt dann zu räumen, wenn deren Areal anschließend sofort anderweitig besetzt wird. Wenn jetzt eine Räumung nach dem Motto "Recht muss Recht bleiben" erfolgen würde, müsste der gesamte Schlossgarten mit Polizeikräften besetzt werden, da damit zu rechnen wäre, dass rund um die Uhr wieder Ansiedlungen, wo auch immer, erfolgten. Die Polizei sei bei Vorliegen eines Räumungstitels des Landes bzw. einer städtischen Verfügung dann für eine sofortige Räumung bereit, wenn die Fläche unmittelbar anschließend durch Baumaterial, eine Baustelle etc. wieder belegt wird.

Zu den Polizeikosten, auch was den separaten Führungsstab zu S 21 angeht, die StR Zeeb nachfragt, spricht Herr Züfle von "Eh-Da-Kosten". Es gehe um Personal, das nicht mehr in anderen Städten, sondern in Stuttgart eingesetzt wird. Die Kosten für die neue Planung könnten derzeit allerdings noch nicht angegeben werden. Verglichen mit den Kosten der immer wieder notwendigerweise angeforderten Einsatzhundertschaften der Bereitschaftspolizei seien diese Kosten allerdings niedrig. Die Kosten für die auf der Straße eingesetzten Kräfte seien also deutlich höher als die für den Planungsapparat. Schon in der Vergangenheit, so der Vorsitzende, sei für die Kosten der Einsatzkräfte ein Millionenbetrag genannt worden.

Zur Frage von StR Klingler zur Quote der bezahlten Wegtragegebühr verweist Herr Züfle darauf, bei dieser Wegtragegebühr bleibe es nicht. Alle Personen, die sich nicht freiwillig nach Aufforderung entfernen, würden wegen Verdachts der Nötigung angezeigt.

Von StR Klingler, der die Äußerung des Parkschützers Herrn von Hermann zum 20.06.2011 "gelöste Feierabendstimmung" kritisiert, wird weiter nachgefragt, welche Chancen bestehen, dass die ermittelten Personen auch die am 20.06.2011 entstandenen Schäden begleichen. Beispielsweise für Transportunternehmer könne ein Ausbleiben der Schadensbegleichung existenzgefährdend sein. Hierzu merkt Herr Züfle an, es werde daran gearbeitet, Personen zu identifizieren und Beschuldigte ausfindig zu machen. Wenn Verfahren wegen schweren Landfriedensbruchs mit Schuldsprüchen endeten, erleichtere dies daran anschließende zivilrechtliche Klagen. Einige Schuldige, so seine Annahme, könnten identifiziert werden. Laut OB Dr. Schuster ist es dann Sache der materiell Geschädigten, zivilrechtliche Klagen einzureichen. Möglicherweise würden dann einige Beschuldigte von der gesamtschuldnerischen Haftung überrascht. Diejenigen, die verklagt werden, würden auf den Gesamtschaden verklagt.


Abschließend bedankt sich OB Dr. Schuster recht herzlich bei Herrn Züfle. Er wünscht ihm für seine neue Aufgabe viel Erfolg und bei sensiblen Situationen das erforderliche Glück. Er freue sich auf eine Fortführung der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Auch Herr Züfle bedankt sich beim Vorsitzenden und dem Ausschuss und sagt zu, den Zuspruch an seine Kolleginnen und Kollegen weiterzugeben.

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