Stellungnahme zum Antrag
166/2010

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 08/04/2010
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 5060-00



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Datum
    05/25/2010
Betreff
    Mit Smileys gegen Ekel-Lebensmittelbetriebe
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Nach den Lebensmittelskandalen der letzten Jahre werden die Forderungen nach einem effektiveren Verbraucherschutz und mehr Transparenz in der Lebensmittelüberwachung immer lauter. In diesem Zusammenhang wird oft auf das Smiley-System in Dänemark verwiesen, das bereits im Jahr 2001 eingeführt wurde und bei dem die Ergebnisse der letzten vier lebensmittelrechtlichen Kontrollen im Betrieb und im Internet veröffentlicht werden.

In Deutschland gibt es mittlerweile mehrere regional begrenzte Smiley-Modelle. Beim Großteil dieser Modelle findet ausschließlich eine Positivbewertung der Lebensmittelbetriebe statt. Hält sich ein Betrieb an die lebensmittelrechtlichen Vorgaben, so wird ein Smiley-Aufkleber oder eine entsprechende Urkunde verliehen, die dem Verbraucher gute Kontrollergebnisse signalisieren soll. Zusätzlich erfolgt eine Veröffentlichung der ausgezeichneten Betriebe im Internet. Die Teilnahme an diesen Smiley-Systemen erfolgt freiwillig durch eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Gewerbetreibenden und der Behörde. Dieses Verfahren wird derzeit in 14 nordrhein-westfälischen Kreisen und Städten durchgeführt (sog. „NRW-Smileys“). Auch der „Zwickauer Hygienepass“, der „Berliner Bär Marzahn-Hellersdorf“ und das „Karlsruher Hygienesiegel“ basieren auf diesem Konzept. Das „Karlsruher Hygienesiegel“ wird ohne vorherige Vereinbarung mit den Betreibern verliehen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Vergabe von positiven Smileys bzw. Urkunden wider Erwarten auf wenig Interesse bei den Gewerbetreibenden stößt. Die Stadt Zwickau hat ihr Projekt mittlerweile eingestellt.

Berlin-Pankow ist hingegen deutschlandweit der einzige Stadtbezirk, der auch Negativbeispiele veröffentlicht. Während hygienisch geführte Betriebe eine Smileyurkunde erhalten und auf einer Positivliste im Internet erscheinen, werden Betriebe mit gravierenden lebensmittelrechtlichen Mängeln auf einer Negativliste („Ekelliste“) bekannt gegeben. Beweisbilder sollen hierbei die Verstöße veranschaulichen. Auf der Negativliste sind derzeit 23 von ca. 7.000 Betrieben veröffentlicht (Stand: 27.07.2010). Da die meisten Betriebe jedoch lediglich ein- bis zweimal jährlich kontrolliert werden, wird die Objektivität der Kampagne in Frage gestellt. Zudem ist die Negativliste aufgrund der zweifelhaften Rechtmäßigkeit in Kritik geraten. Die Senatsverwaltung in Berlin, der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) sowie verschiedene Lebensmittelverbände sind der Ansicht, dass bislang keine Rechtsgrundlage für eine allgemeine Veröffentlichung von Kontrollergebnissen existiert. Zudem ist die Informationsfreigabe bei laufenden Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren gemäß dem Verbraucherinformationsgesetz nicht zulässig. Außerdem müssten einheitliche Kontrollkriterien festgelegt werden, um ungerechtfertigte Wettbewerbsnachteile und damit verbundene Schadensersatzansprüche zu vermeiden.

Unter Berücksichtigung der bisher gesammelten Erfahrungen haben sich die Berliner Senatsverwaltung und die zuständigen Bezirksstadträte im März 2010 auf ein gesamtstädtisches System nach dänischem Vorbild für die Veröffentlichung von Lebensmittelkontrollen geeinigt. Wie das neue Berliner Modell im Einzelnen funktionieren soll, steht noch nicht fest. Eine Arbeitsgruppe klärt derzeit die rechtlichen Bedenken und finanziellen Voraussetzungen. Es wird angestrebt, das Modell Anfang 2011 einzuführen.

Im Rahmen einer Evaluation des Verbraucherinformationsgesetzes sind bundesrechtliche Änderungen in Bezug auf die Veröffentlichung von Kontrollergebnissen zu erwarten.

Um eine Vorgehensweise für die Landeshauptstadt Stuttgart festzulegen, die von allen Wirtschaftsbeteiligten, insbesondere von den Verbrauchern, anerkannt wird und auch einem bundes-/landeseinheitlichen Verfahren nicht entgegen steht, sind die Erkenntnisse und Erfahrungen zum neuen Berliner Smiley-Modell abzuwarten.





Dr. Wolfgang Schuster


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