Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
38/2017

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 06/13/2017
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 7651-04.00



Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS
Datum
    02/13/2017
Betreff
    Umgang des Jobcenters mit offenen Forderungen
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Das Jobcenter beantwortet die Fragen wie folgt:


1. Adressaten der offenen Forderungen sind ganz überwiegend Leistungsempfänger/innen bzw. ehemalige Leistungsempfänger/innen. 2.

3. Das trifft für eine geringe Anzahl zu. Genauere Auswertungen liegen hierzu jedoch nicht vor.

4. Gemäß § 43 SGB II kann das Jobcenter Forderungen gegen Ansprüche auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von maximal 30 % des Regelbedarfs und bis zu einer Dauer von drei Jahren aufrechnen. Damit ist die Aufrechnung die vorrangige Form der Forderungsrealisierung und in einer Vielzahl der Fälle möglich. Deshalb werden grundsätzlich alle Forderungen, die im Fachverfahren erfasst und per Schnittstelle nach SoJuHKR übertragen werden, mit einer Mahnsperre versehen. Erst wenn eine Aufrechnung nicht oder nicht mehr möglich ist, weil beispielsweise der Schuldner aus dem Leistungsbezug ausscheidet, sind die offenen Forderungen zu mahnen. In den Fällen erfolgt die Aufhebung der Mahnsperren per Beleg, der an die Stadtkasse geschickt wird. 5. 6. Auch wenn man ausschließlich die Forderungen gegen (ehemalige) Leistungsbezieher/innen betrachtet, bestätigt sich die vom RPA dargestellte Verteilung der Forderungen nach dem Jahr der Fälligkeit.

7. Forderungen entstehen insbesondere bei der Gewährung von Darlehen z.B. im Rahmen der Übernahme von Mietkautionen oder bei der Bewilligung von Ersatzbeschaffungen wie Möbel oder Bekleidung. Erstattungsforderungen entstehen bei der Überbrückung der Leistungsberechtigten bis der vorrangig zuständige Sozialleistungsträger (z.B. Familienkasse, Rentenversicherung) die Leistungserbringung aufnimmt. Auch bei vorläufiger Bewilligung des Arbeitslosengeldes II z.B. bei schwankendem Erwerbseinkommen oder bei Rückforderungen zu Unrecht gewährter Leistungen entstehen Forderungen. Änderungen in den persönlichen Verhältnissen werden in aller Regel vorrangig bearbeitet um die Existenzsicherung zu gewährleisten. Aufgrund dieser Priorisierung kommt es i.d.R. nur dann zu Rückforderungen aufgrund von Änderungen, wenn diese von den Leistungsberechtigten nicht rechtzeitig mitgeteilt werden.

8. Das Verhältnis der verschuldensunabhängigen Forderungen zu den verschuldensabhängigen Forderungen lässt sich nicht ermitteln, da diese Unterscheidung im IT-Fachverfahren LÄMMkom nicht vorgesehen ist. Hinweise darauf geben jedoch in etwa die Bedarfe auf die die Forderungen in 2016 entfielen:

(1) ca. 60 % der Forderungen betrafen den Regelbedarf und die Kosten der Unterkunft
(2) ca. 20 % der Forderungen entfielen auf Darlehen wegen Mietkaution, Ersatzbeschaffung von Bekleidung und Möbel, Mietschuldenübernahmen, Darlehen im Monat der Arbeitsaufnahme oder bei der Überbrückung wegen vorhandenem aber aktuell noch nicht verwertbarem Vermögen. 65 % aller Darlehen sind Mietkautionsdarlehen.
(3) ca. 11 % der Forderungen entfielen auf Erstattungen vorrangig verpflichteter Sozialleistungsträger (Familienkasse – Kindergeld, Agentur für Arbeit – Bundesausbildungsbeihilfe, Rentenversicherung – Alters-/Erwerbsminderungsrente u.a.). In diesen Fällen hat das Jobcenter die Leistungsberechtigten mit Arbeitslosengeld II überbrückt bis z.B. die Familienkasse das Kindergeld bewilligt hat.
(4) ca. 9 % entfielen sonstige Forderungen.

Bei den Forderungen, die auf den Regelbedarf und die Kosten der Unterkunft entfielen (1), sind sowohl verschuldensabhängige als auch verschuldensunabhängige Forderungen enthalten. Die Forderungsarten (2), (3) sind verschuldensunabhängig.


9. Zum Stand März 2017 hatte das Jobcenter auf 60.700 Buchungszeichen (BZ) 10. Das Jobcenter setzt Forderungen gegenüber den Leistungsberechtigten bereits während des Leistungsbezugs im Wege der Aufrechnung um. Dies ist die wirksamste Form der Realisierung. Bei Rückforderungen wegen zu Unrecht gewährter Leistungen wird in der Regel in Höhe von 30% des Regelbedarfs für eine Dauer bis zu drei Jahren aufgerechnet. Forderungen aus Darlehen in Höhe von 10%, wobei es hier keine gesetzliche zeitliche Begrenzung gibt. Scheiden Leistungsberechtigte vor der Aufrechnung der gesamten Forderung aus dem Leistungsbezug aus oder verbleibt bei Rückforderungen zu Unrecht gewährter Leistungen nach drei Jahren ein Betrag offen, wird die restliche Forderung nach Aufhebung der Mahnsperre von der Stadtkämmerei geltend gemacht.
11. Den Sachbearbeitenden stehen intern erstellte Soll-Ist-Reste-Listen (SIRL) zur Verfügung, mit deren Hilfe Fälle identifiziert werden können, bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Mahnsperre aufgehoben werden kann. Über den Bearbeitungsrückstand bei der Aufhebung der Mahnsperren wird ein Monitoring installiert. 12. Zur Bearbeitung der Leistungsanträge zur Sicherstellung des Lebensunterhalts gibt es keine Alternative. Insbesondere aus diesem Grund ist es zu den Rückständen gekommen.



13. Die Mahnläufe werden von der Stadtkasse durchgeführt. Sofern kein Zahlungs eingang erfolgt, werden die Fälle zur Vollstreckung an die Beitreibungsabteilung gegeben. Der insgesamt hohe Verwaltungsaufwand im Forderungsmanagement ist zwangsläufig personalintensiv, da auf der Sachbearbeitungsebene umfangreiche fallbezogene Prüftätigkeiten erforderlich sind und zudem eine enge Abstimmung mit der Stadtkämmerei notwendig ist. Das Verfahren kann aktuell nicht weiter automatisiert durchgeführt werden. Der Aufwand und der Personalbedarf für die Geltendmachung der Forderungen kann nicht unabhängig vom Personalbedarf in der Leistungsgewährung insgesamt betrachtet und beurteilt werden, da sich die Verfahrensschritte aus dem Fallverlauf ergeben. Die Abarbeitung des bestehenden Rückstands bleibt für das Jobcenter eine dringliche und umfängliche Aufgabe, die noch einige Monate in Anspruch nehmen wird. Das praktizierte Verfahren in Stuttgart unterscheidet sich allerdings nicht von der Vorgehensweise der übrigen SGB II-Träger.
Durch die einzelfallbezogene Betrachtung ist sichergestellt, dass die Leistungsberechtigten lediglich von einer verzögerten Geltendmachung der Forderung betroffen sind, daneben aber keine weiteren Nachteile entstehen. Fritz Kuhn



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