Beantwortung zur Anfrage
27/2015
Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart,
03/30/2015
Der Oberbürgermeister
GZ:
OB 7540-03
Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
CDU-Gemeinderatsfraktion, Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion, SPD-Gemeinderatsfraktion
Datum
02/03/2015
Betreff
Werbeflächen für Kultur in Stuttgart
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
1.) Sieht die Kulturverwaltung auch einen Bedarf für mehr Kulturflächen, und wenn ja, für wie viele?
Die Frage nach mehr Flächen ist nicht mit einer einfachen Zahl zu beantworten, denn es handelt sich um ein Strukturproblem.
In Stuttgart besteht ein großes Angebot an kommerziell vermarkteten Flächen für Plakatwerbung (Litfaßsäulen, Gehwegabschrankungen, Schalkästen, hinterleuchtete Säulen, City Lights usw.) und damit auch für Kulturwerbung. Die Bewirtschaftung dieser Flächen wurden auf der Grundlage städtischer Vergabeverfahren an Werbeunternehmen übergeben. Geförderte und kommerzielle Kulturveranstalter bemängeln übereinstimmend, die für die Nutzung geforderten Preise lägen bei den meisten Veranstaltungstypen jenseits ihrer kalkulatorischen Möglichkeiten.
Die Kulturverwaltung und andere Ämter der Stadtverwaltung stellen darüber hinaus den Kultureinrichtungen niedrigpreisige oder kostenlose Werbemöglichkeiten zur Verfügung. Dieses Angebot umfasst unter anderem die Kultursäulen (Sachstand siehe GRDrs 828/2014) sowie das Angebot zur Plakatierung auf Schaltkästen (vgl. GRDrs 810/2006), die Nutzung innerstädtischer Schwarzer Bretter, das Anbringen von Transparenten in der Königstraße und an Brücken sowie – ausschließlich für Vereine – Werbung auf Plakataufstellern. Diese Möglichkeiten decken nur einen geringen Teil des tatsächlichen Bedarfs.
Seit dem 1988 gefassten Beschluss zum Aufstellen von Kultursäulen hat sich zudem das Kommunikationsverhalten der Menschen massiv verändert. Smartphones, Tablets und Apps spielen im alltäglichen Leben und in der Kommunikation eine immer größere Rolle. Dieser Sachverhalt ist bei der Untersuchung unbedingt zu berücksichtigen. Es gilt, die Möglichkeiten von Printprodukten (Plakaten, Broschüren, Flyern usw.) digitaler Werbung zu verknüpfen.
Vor einer Entscheidung über eine Erhöhung der Werbeflächen für Kultur bzw. über weitere Werbemöglichkeiten sollte daher untersucht werden, welcher Werbebedarf bei den unterschiedlichen Arten von Kultureinrichtungen besteht und mit welchen Kanälen das jeweils spezifische Publikum zu erreichen ist. Außerdem sollten die Erfahrungen anderer Städte ausgewertet und neue technologische technischen Möglichkeiten berücksichtigt werden.
Aus den Erkenntnissen, die bei einer derartigen Analyse gewonnen werden, sollte eine umfassende Werbekonzeption für die nächsten Jahre entwickelt werden, die dann auch Grundlage für langfristig wirksame Investitions- und Strukturentscheidungen sein soll.
2.) Sieht die Verwaltung die Chance, mehr Flächen für Kulturplakate in der Gesamtstadt, verträglich mit der Gestaltung des öffentlichen Raums, zu finden?
Eine Überprüfung der Rechtslage durch das bei der Landeshauptstadt Stuttgart zuständige Tiefbauamt hat ergeben, dass das Aufstellen zusätzlicher Kultursäulen den auf Grundlage der Gemeinderatsentscheidungen geschlossenen Werbeverträgen widerspricht.
Für die Gestaltung des öffentlichen Raumes ist das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung zuständig. Aus seiner Sicht ist der öffentliche Raum durch Werbeanlagen auf öffentlicher und privater Fläche sowie durch zahlreiche andere Möblierungselemente (wie Abfallbehälter, Packstationen, Poller etc.) bereits über alle Maßen beansprucht. Es sollten aus gestalterischer Hinsicht keine weiteren Werbeträger mehr aufgestellt werden. Dies wurde bei der Antwort auf eine Umfrage des Kulturamts auch von mehreren Bezirksämtern angemerkt: Immer wieder wird in Bezirksbeirats-sitzungen die zunehmende „Stadtmöblierung“ kritisiert. Andererseits können sich neun Bezirksämter neue Standorte für insgesamt elf Kultursäulen vorstellen. Dies wäre allerdings erst nach dem Ablaufen der bestehenden Werbeverträge im Jahr 2023 möglich.
3.) Sieht die Verwaltung die bisherigen Betreibermodelle der Kulturwerbung als optimal an?
Die aktuelle Situation ist nicht optimal. Es fehlen einerseits kostengünstige kommerzielle Angebote zu Preisen, die aus den Werbebudgets der geförderten und der nicht geförderten Kulturanbieter finanziert werden könnten und andererseits kommunale Werbeangebote, mit denen die Stadt die Kultureinrichtungen effektiv unterstützen könnte.
Auch in einer digitalen Umgebung wird die Sichtwerbung durch Plakate oder andere Printmedien wie Flyer und Broschüren eine hohe Bedeutung besitzen. Die Wechselwirkungen und Synergieeffekte der unterschiedlichen Medien sind in eine langfristige Planung einzubeziehen.
Eine Abfrage bei anderen Städten gab erste Hinweise für alternative Betreibermodelle der Kulturwerbung. Erste Antworten von Heidelberg, Mannheim und Karlsruhe sowie die ersatzweise Recherche im Internet über Lösungen in Hamburg, München und Köln haben ergeben, dass es unterschiedliche Varianten und Modelle zu Kostenstruktur und Handling gibt.
In einigen Städten wurde bei der Umstellung von Litfaßsäulen auf hinterleuchtete Säulen festgelegt, dass die Werbefirmen die nicht mehr benötigten Litfaßsäulen zur kostenlosen Nutzung oder zur Nutzung gegen ermäßigte Gebühren freigeben. In anderen wurden bei der Ausschreibung von Werbeflächen Kontingente für Kultursäulen definiert, auf denen Kulturwerbung kostenfrei oder zu ermäßigten Gebühren möglich ist. Eine aussagekräftige Übersicht sollte im Rahmen einer umfassenden Analyse der Werbemöglichkeiten erfolgen. Hier muss vor allem die Situation in Großstädten ausgewertet werden.
Bei künftigen Ausschreibungen der Plakatwerbung durch die Landeshauptstadt Stuttgart sollten Interessen der Kulturveranstalter stärker berücksichtigt werden. Die Herangehensweise der anderen Städte kann als Orientierung dienen.
Die Rechte für Gastspiel- und Veranstaltungswerbung für Sport, Kultur und Politik auf Werbeträgern an den Fußgängerabschränkungen sowie auf 800 Schaltkästen wurden 2010 an die Firma Stadtkultur Stuttgart GmbH vergeben (GRDrs 302/2010), wobei die Firma dem Kulturamt ein Kontingent von 20% (160 Flächen) zur kostenlosen Nutzung bzw. Weitergabe an die Kultureinrichtungen überlassen muss. Bei der 2018 anstehenden Neuausschreibung der Werbung auf Schaltkästen sollten diese Auflage verlängert werden.
Die Werberechte für Wirtschafts- und Veranstaltungswerbung wurden 2009 an DSM Deutsche Städte Medien GmbH (Ströer) und ILG Außenwerbung GmbH vergeben (GRDrs 511/2009); die Verträge sehen für Kulturveranstalter Rabatte gegenüber dem regulären Listenpreis vor. Bei der 2022/23 anstehenden Neuausschreibung sollten Bedingungen formuliert werden, die insbesondere vorsehen, dass für Kulturwerbung kommerzieller Anbieter und geförderter Kultureinrichtungen günstige Tarife als derzeit gelten und der Kulturverwaltung ein Kontingent an Flächen zur kostenlosen Nutzung und Weitergabe zur Verfügung steht.
4.) Welche Kosten würden für die Aufstellung von zusätzlichen Kultursäulen entstehen?
Die Kosten für die Aufstellung einer Kultursäule inkl. Baugenehmigung und Einbau betragen derzeit laut Auskunft des hierfür zuständigen Tiefbauamtes rund 3.000 Euro. Die Aufstellung wäre in Anbetracht der von der Stadt geschlossenen Werbeverträge frühestens 2023 möglich.
Als „Tropfen auf den heißen Stein“ bietet die „Interessengemeinschaft zur Erhaltung der Kultursäulen in Stuttgart“ der Kulturverwaltung an, zwei Gesellschafteranteile zum Preis von zusammen rund 3.600 Euro pro Jahr zu erwerben. Dadurch könnten kurzfristig kleinere Kultureinrichtungen bzw. kulturelle Einzelveranstaltungen auf den derzeitigen Kultursäulen beworben werden. Dieser Vorschlag kann jedoch die angespannte Situation der Kultureinrichtungen hinsichtlich der Werbemöglichkeiten nur unwesentlich verbessern.
5.) Weiteres Verfahren
Das Kulturamt erstellt eine umfassende Analyse zum Thema Kulturmarketing und nimmt diese als Schwerpunktthema in den Kultur- und Medienbericht 2016 auf.
Diese Analyse soll in einem umfassenden Recherche- und Diskussionsprozess möglichst unter Beteiligung des Statistischen Amts der Landeshauptstadt Stuttgart erarbeitet werden. In Arbeitsgruppen und Foren sollen unter anderem die Fraktionen des Gemeinderats, die Sachkundigen Bürgerinnen und Bürger des AKM, andere Ämter und Bereiche (u.a. Schulamt, Tiefbauamt, Stadtplanungsamt, Bezirksvorsteher, Sprecher der Vereine in den Stadtteilen, Stuttgart Marketing) einbezogen werden.
Aus dieser Analyse müssen Empfehlungen für das weitere Vorgehen abgleitet werden.
Fritz Kuhn
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