Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
46/2016
Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart,
03/17/2016
Der Oberbürgermeister
GZ:
OB 5035-05
Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS
Datum
02/18/2016
Betreff
Ersatzstandort für Taubenschlag Rathausgarage
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
Die Verwaltung nimmt zum Antrag wie folgt Stellung:
Die Suche nach Standorten für Taubenobjekte stellt, neben der Organisation und Finanzierung ihrer Betreuung, einen wesentlichen Beitrag der Stadtverwaltung zum Stuttgarter Taubenprojekt dar. So hat das Amt für öffentliche Ordnung sämtliche Gebäudeeigentümer in der Stuttgarter Innenstadt angeschrieben und alle innerstädtischen Immobilien im Eigentum der Landeshauptstadt auf ihre Tauglichkeit, einen Taubenschlag aufzunehmen, überprüft - mit bisher sehr überschaubarem Erfolg.
Im Jahr 2015 konnte auf dem Gebäude Kriegsbergstraße 30, das der Stadt gehört, ein neuer Taubenschlag als Ersatz für den wegen der Baumaßnahmen im Hauptbahnhof weggefallenen aufgestellt werden. Einen weiteren Schwerpunkt der Standortsuche stellte dar, einen Ersatz für die Rathausgarage zu finden. Nachdem sich der Abbruch der Rathausgarage im Spätherbst 2015 konkretisierte, wurden alle umliegenden städtischen Gebäude nochmals einer eingehenderen, auch aufwändigere Lösungen einbeziehenden Prüfung unterzogen. Hierbei stellte das Dach der Rathauspassage, u.a. aufgrund seiner Nähe zum bisherigen Standort, die zunächst erste Wahl dar.
Bei genauerer, v.a. baurechtlicher und damit auch baustatischer Betrachtung, zeigten sich dort jedoch erhebliche Probleme. Das Dach der Rathauspassage erwies sich insbesondere mit einer Photovoltaikanlage und der Belüftung für die städtische EDV als statisch bereits so stark belastet, dass dort ohne ganz erhebliche Baumaßnahmen keine weiteren Aufbauten mehr möglich sind. Aus Gründen der Arbeitssicherheit für die Taubenwarte wäre außerdem ein notwendiges Geländer anzubringen.
Als deutlich praktikablere und günstigere Lösung erwies sich das Dach der Stadtkämmerei in der Schmale Straße. Zwar erfordert auch dort die Nutzung des Daches für die Aufstellung des bisher auf der Rathausgarage platzierten Taubenschlags eine statische Ertüchtigung und die Anbringung eines Geländers; der hiermit verbundene sachliche und zeitliche Aufwand ist jedoch – bei gleichzeitig noch akzeptablem Abstand von der Rathausgarage von knapp 200 Metern - erheblich geringer und schneller zu bewältigen als für das Dach der Rathauspassage.
Bedauerlicherweise lassen sich jedoch auch die baulichen Maßnahmen auf der Stadtkämmerei nicht so rasch verwirklichen, dass eine Umsetzung des Taubenschlages direkt von der Rathausgarage dorthin möglich ist.
Es wurde daher für die Zwischenzeit – in Abstimmung mit dem Tierschutzverein – die nun praktizierte Lösung gefunden, die Tauben bereits auf dem Dach der Stadtkämmerei und damit dem künftigen Standort des Taubenhauses mit Futter und Wasser zu versorgen. Dies ist den Taubenwarten des Tierschutzvereins dort durch ein Fenster des Aufzugsgebäudes auch schon vor der Installation des aus Gründen des Arbeitsschutzes notwendigen Geländers möglich.
Diese Übergangslösung mit dem Futter- und Wasserangebot am künftigen Standort des Taubenhauses auf dem Gebäude der Stadtkämmerei ist auch tierschutzkonform. Die Fütterung wurde nicht eingestellt, sondern um ca. 200 m verlegt; wobei ohnehin darauf hinzuweisen ist, dass das Konzept des Stuttgarter Taubenprojekts nicht umfasst, die Tiere im Schlag vollständig satt zu füttern, um so die Fähigkeit zur eigenen Futtersuche aufrechtzuerhalten. Die Tauben sind also trotz der Unterkunft im Schlag in der Lage, sich selbst in der Umgebung Futter zu suchen. Ein neuer Versorgungsstandort in 200 Metern Entfernung auf der Stadtkämmerei ist für die „Rathaustauben“ daher auch leicht auffindbar.
Wie sich in den vergangenen Wochen gezeigt hat, nehmen die Tiere diesen Standort auf der Stadtkämmerei bereits an. Bei der täglichen Futter- und Wassergabe durch den Tierschutzverein, die vom Amt für öffentliche Ordnung begleitet wird, finden sich zunehmend mehr Tauben dort ein. So ist auch sichergestellt, dass die Tiere den Schlag schnell finden, sobald dieser nach Ertüchtigung des Daches dort aufgestellt werden kann.
Die Planungs- und Vorbereitungsarbeiten für die Installation des Taubenhauses auf dem Kämmereidach laufen im Übrigen zügig. Der statische Unterbau sowie die Verankerung des Taubenhauses werden ab Anfang April montiert; gleiches gilt für das notwendige Geländer. Mitte April 2016 kann dann das Taubenhaus selbst dort aufgestellt werden.
Bis dahin ist auch nicht von erheblichen Brutaktivitäten außerhalb eines Schlages auszugehen. In den Vorjahren wurden im Zeitraum Februar bis April durchschnittlich knapp 70 Eier entnommen. Geht man davon aus, dass, wie bei Stadttauben üblich, nicht einmal die Hälfte dieser Eier bis zum Schlüpfen eines Kükens ausgebrütet wird, so kann in der kurzen Übergangszeit, in der eine Eierentnahme nicht möglich ist, nur eine geringe Zahl an Tauben schlüpfen - und dies auch nur, wenn die Brutpaare einen Brutplatz finden. Da dies auf Grund der großen Population in der Stadt nicht so einfach werden wird, darf auch aus diesem Grund bezweifelt werden, dass eine große Anzahl an Tauben in der kurzen Übergangszeit ausgebrütet wird.
Die Verfahrensweise, die „Rathaustauben“ bis zur Wiederaufstellung des Taubenhauses am künftigen Standort Stadtkämmerei mit Futter und Wasser zu versorgen, wurde zwischen Tierschutzbehörde und Veterinärbehörde beim Amt für öffentliche Ordnung abgestimmt. Auch wenn eine zeitlich unmittelbare Umsetzung des Taubenhauses vom alten an den neuen Standort wünschenswert gewesen wäre, so wurde mit dieser Zwischenlösung ein Weg gefunden, dass die Tauben die Umsetzung insgesamt unbeschadet überstehen.
Die beteiligte Amtsveterinärin begleitet das städtische Taubenprojekt im Übrigen nicht nur seit seinem Beginn im Jahre 2009 mit hoher Fachkenntnis, sondern beschäftigt sich seit Jahrzehnten sowohl praktisch (bis zur eigenhändigen Pflege kranker Tiere) als auch wissenschaftlich intensiv mit Tauben und dem Umgang mit Taubenschwärmen in der Innenstadt. An ihrer fachlichen Einschätzung und Qualifikation bestehen keinerlei Zweifel. Gegen etwaige anderslautende Behauptungen bis hin zu persönlichen Angriffen auch in Mails an die Mitglieder des Gemeinderats verwahren wir uns ausdrücklich.
Ein leichter Schlag, z.B. in Form eines Gartenhauses oder einer Brutwand, stellt keine gangbare Zwischenlösung dar. Dieser müsste, wie ein Taubenhaus auch, statisch verträglich und gegen äußere Gefahren gesichert auf dem Dach befestigt werden. Sollte er die im Taubenschlag auf der Rathausgarage untergebrachten Tiere sinnvoll aufnehmen können, wäre eine diesem Schlag annähernd vergleichbare Größe und Ausstattung mit Brutnischen erforderlich – was die gleichen statischen und baulichen Probleme auslösen würde.
Tauben benötigen in Schlägen eine Mindestfläche zum Aufenthalt und Nischen zum Ausbrüten der Eier. Die städtischen Taubenschläge orientieren sich an diesen Anforderungen. Gartenhäuser oder Brutwände erfüllen diese Anforderungen nicht und würden von den Tieren nicht oder eben nur in entsprechend kleinerer, von der Größe des Hauses oder der Wand abhängigen Zahl angenommen. Darüber hinaus müssten auch für ein Gartenhaus oder vergleichbare Interimsbauten Sicherungen für die Mitarbeiter des Tierschutzvereins auf den Dächern angebracht werden. Dies würde, genau wie der Umbau auf dem Dach der Stadtkämmerei, einige Zeit in Anspruch nehmen, so dass eine rasche Abhilfe damit ebenfalls nicht verbunden wäre.
Andere Gebäude als die Kämmerei haben sich im Übrigen als ungeeignet erwiesen.
Fritz Kuhn
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