Beantwortung zur Anfrage
303/2016

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 02/07/2017
Der Oberbürgermeister
GZ: 0509-01.01



Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    SPD-Gemeinderatsfraktion
Datum
    10/07/2016
Betreff
    Lebenshaltungskosten in Stuttgart und niederes Gehaltsniveau
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Die Anfrage wird wie folgt beantwortet:

Zu 1)
Wird sich die Stadt Stuttgart bei den Tarifvertragsparteien und im Kommunalen Arbeitgeberverband dafür einsetzen, dass der früher höhere Ortszuschlag für Großstädte wieder eingeführt wird?
Der frühere sogenannte „Ortszuschlag“ aus der Angestelltenvergütung war trotz seiner Bezeichnung kein Zuschlag, dessen Höhe ortsabhängig war und der dem Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten diente, sondern ein Familienzuschlag. Er wurde bemessen nach dem Familienstand. Lediglich in der Beamtenbesoldung gab es bis Anfang der 70er-Jahre eine Einteilung in verschiedene Ortsklassen mit unterschiedlichen Zulagebeträgen. Diese Unterscheidung wurde ab 1.1.1973 aufgehoben und die Zulage nach Ortsklassen ist generell mit der höchsten Ortsklasse zunächst weiter gewährt worden und später im Grundgehalt aufgegangen. Der als Familienzuschlage ausgestaltete Ortszuschlag in der Angestelltenvergütung wurde mit dem Übergang vom BAT zum TVöD ebenfalls in die Tabellenentgelte integriert.
Die Einführung eines echten Ortszuschlags zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten würde die Einführung eines neuen, zusätzlichen Entgeltbestandteils und damit eine strukturelle Änderung der Vergütung der Tarifbeschäftigten bedeuten. In der Sache würde es sich um eine Großstadtzulage für Stuttgart handeln. Im Jahr 2013 hat ver.di Stuttgart versucht, eine solche Zulage in einer Höhe von 180 € monatlich je Vollzeitbeschäftigten zum Gegenstand eines Arbeitskampfes zu machen. Bei einer tarifrechtlichen Ausgestaltung analog dem früheren Ortszuschlag würde eine solche Zulage bei einer Höhe von 180 € monatlich zu folgenden jährlichen Personalaufwendungen bei den städtischen Ämtern und Eigenbetrieben (ohne Klinikum) führen:
Es würden sich damit auf Dauer erhebliche und nicht tragbare Mehrbelastungen für den städtischen Haushalt ergeben. Diese wären mit einer nachhaltigen Haushalts- und Personalwirtschaft unvereinbar.

Eine Großstadtzulage würde zu einer Ungleichbehandlung gegenüber den Beamtinnen und Beamten führen. Für die Zahlung eines solchen Zuschlages wäre eine besoldungsrechtliche Rechtsgrundlage erforderlich, die das derzeitige Besoldungsrecht aber nicht enthält.
Der TVÖD sieht derzeit aus guten Gründen ein einheitliches Entgeltsystem für alle deutschen Kommunen vor, bei dem sich die Entgelthöhe ausschließlich an der Wertigkeit der übertragenen Aufgabe und der Dauer der Wahrnehmung dieser Aufgabe orientiert. Dieses bewährte Prinzip würde durch eine Großstadtzulage durchbrochen.
Aus den oben dargestellten Erwägungen beabsichtigt die Stadt Stuttgart nicht, die Einführung eines solchen neuen Entgeltbestandteils zu unterstützen.

Zu 2)
Welche, auch finanziellen Maßnahmen sind in der Zwischenzeit – neben dem Jobticket – geeignet und tarifvertraglich möglich, die Attraktivität als städtischer Arbeitgeber zu erhöhen?

Die Stadt Stuttgart unternimmt große Anstrengungen, sich im Wettbewerb um die besten Kräfte als attraktive Arbeitgeberin zu präsentieren. Es gibt eine Vielzahl von möglichen monetären und nicht monetären Maßnahmen, die geeignet sind, die Attraktivität der Stadt Stuttgart als Arbeitgeberin zu erhalten und weiter zu erhöhen, die von der Stadt Stuttgart auch genutzt und weiter ausgebaut werden


Beispielhaft für mögliche monetäre Maßnahmen sind insbesondere zu nennen die Gewährung von Arbeitsmarktzulagen innerhalb des Rahmens der einschlägigen Arbeitgeberrichtlinien, Anerkennung von Berufserfahrung bei Neueinstellungen für die Stufenzuordnung über Stufe 3 hinaus, freiwillige zweckbestimmte Zuwendungen, Vergütungen für Praktika sowie Leistungsentgelte und -prämien.

An monetär direkt bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder einzelnen Mitarbeitergruppen wirksamen Maßnahmen sind bereits eingeführt:

- Jobticket
- Tarif+ für pädagogische Fachkräfte
- Zulage für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Ausländerbehörde
- Ausbilderprämie
- Anwendung der Arbeitgeberrichtlinie zur Gewinnung und zur Bindung von Fachkräften auf dem Gebiet der Informationstechnik
- Anwendung der Arbeitgeberrichtlinie zur Gewinnung und zur Bindung der Fachärztinnen und Fachärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst
- Anwendung des VKA-Beschlusses zur Gewährung einer Arbeitsmarktzulage in besonderen Fällen
- Anerkennung von Berufserfahrung bei Neueinstellungen für die Stufenzuordnung über Stufe 3 hinaus
- Zuwendungen an Jubilare

Daneben können gezielte Maßnahmen der Personalwirtschaft, der Ausbildung und der Personalentwicklung, freiwilligen Sozialleistungen und ein gutes Personalmarketing wichtige Beiträge zur Erhaltung und Steigerung Arbeitgeberattraktivität leisten. Die Stadt Stuttgart hat dies erkannt und eine Vielzahl solcher Maßnahmen umgesetzt.

Die Stadt Stuttgart setzt dabei im Bereich der Personalwirtschaft insbesondere auf Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Beruf und Privatem (z.B. Teilzeit- und Beurlaubungsmöglichkeiten, flexible Arbeitszeiten, verschiedene Arbeits-/Dienstbefreiungen, Telearbeitsplätze).

Freiwillige Sozialleistungen wie Betriebsrestaurants und betriebliche Kinderbetreuung, Werkdienstwohnungen, Jubilars- und Pensionärsfeiern, Sportangebote, Willkommenspakete für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Gemeinsamer Fonds stärken das Profil als soziale und mitarbeiterorientierte Arbeitgeberin.

In der Personalentwicklung wird ein breites Fortbildungsangebot zur Verfügung gestellt. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden in einigen Bereichen in Einarbeitungsteams gezielt auf die Übernahme ihrer neuen Aufgaben vorbereitet. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden bei der Weiterqualifizierung durch von der Stadt eigens eingerichtete Lehrgänge, durch Zuschüsse und durch Dienstbefreiung unterstützt.

Ein äußerst wichtiger Aspekt bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels ist zudem der Bereich der Ausbildung. Der Schlüssel zur Personalgewinnung ist in vielen Bereichen die Ausbildung. Der Stadt Stuttgart ist dies in hohem Maße bewusst, weshalb sie diesem Bereich besondere Aufmerksamkeit widmet.

Erkennbar ist dies an:
- Unterhaltung einer eigenen Berufsfachschule für Altenpflege und Altenpflegehilfe
- Praxisintegrierter Ausbildung beim Jugendamt
- Angebot an qualitätvoller und interessanter Ausbildung in vielen Ausbildungsgängen
- Übernahmegarantie nach der Ausbildung in vielen Bereichen

Die Personalakquise wird durch ein modernes Personalmarketing der Landeshauptstadt Stuttgart unterstützt, das auch Online-Bewerbungen einschließt.

All diese Maßnahmen dienen dem Ziel, die Arbeitgeberattraktivität der Landeshauptstadt Stuttgart zu erhöhen, um dem demografischen Wandel und dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken.







Fritz Kuhn









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