Beantwortung zur Anfrage
88/2014
Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart,
05/07/2014
Der Oberbürgermeister
GZ:
OB7651-04.00
Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
Prof. Dr. Loos Dorit (CDU), Mayer Fabian (CDU), Hill Philipp (CDU), Ripsam Iris (CDU), Bulle-Schmid Beate (CDU), Mezger Sabine (CDU)
Datum
03/14/2014
Betreff
Wie geht es weiter mit der Bürgerarbeit?
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
Zu Frage 1: Bericht über den Verlauf, die Erfahrungen und Ergebnisse der zu Ende gehenden Beschäftigungsmaßnahmen
Verlauf
Seit 15. September 2010 setzt das Jobcenter Stuttgart das Projekt Bürgerarbeit um. Dabei handelt es sich um eine neue, zusätzliche und befristete Variante der öffentlich geförderten Beschäftigung für Arbeitsuchende. Im Rahmen des Projekts werden erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb), bei denen auf Grund verschiedener Einschränkungen eine Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt mittelfristig nicht zu erwarten ist, nach einer zwingend vorgeschalteten intensiven sechsmonatigen Aktivierung (Aktivierungsphase) für bis zu drei Jahre im Rahmen von „Bürgerarbeit“ (Beschäftigungsphase) sozialversicherungspflichtig mit einem Arbeitsvertrag beschäftigt.
Auch während der Beschäftigungsphase bleibt das vorrangige Projektziel die Vermittlung in reguläre Arbeitsverhältnisse auf dem ersten Arbeitsmarkt. Bei Bedarf werden die Bürgerarbeiter/-innen zusätzlich qualifiziert und unterstützt. Die Laufzeit des Projekts ist bis zum 31. Dezember 2014 befristet.
Die Zuwendung an Arbeitgeber erfolgt als nicht rückzahlbarer Zuschuss in Form von Bundesmitteln und ESF-Mitteln des Bundes. Dabei wird ein Festbetrag in Höhe von 1.080 Euro monatlich zum Arbeitsentgelt und zum Sozialversicherungsaufwand bei 30 Wochenstunden (alternativ: 720 Euro bei 20 Wochenstunden) gewährt. Das Bruttoarbeitsentgelt muss bei 30 Wochenarbeitsstunden mindestens 900 Euro monatlich betragen. Die Förderung kann maximal für einen Zeitraum von 36 Monaten erfolgen.
Um die Träger bei der Finanzierung von Bürgerarbeitsplätzen zu unterstützen, beschloss der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart am 06.07.2011 eine zusätzliche kommunale Finanzierung der Bürgerarbeitsplätze in Höhe des durch den Bundeszuschuss nicht gedeckten Arbeitgeberaufwandes. Diese beläuft sich auf maximal 271 Euro je Monat und Platz, was in etwa den „ersparten“ monatlichen kommunalen Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft entspricht.
Für das verbindlich vorgegebene begleitende Coaching in der Beschäftigungsphase, das mit dem Ziel installiert wurde, Vermittlungshemmnisse anzugehen und Vermittlungsmöglichkeiten auf den ersten Arbeitsmarkt auszuloten, werden vom Bund keine zusätzlichen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt. Diese Leistungen sind vom Grundsicherungsträger zu erbringen.
Bürgerarbeitsplätze müssen, wie Arbeitsgelegenheiten zusätzlich sein und dürfen keine regulären Arbeitsplätze verdrängen. Die Prüfung dieser Kriterien wurde bundesweit nicht von den Jobcentern sondern vom Bundesverwaltungsamt (BVA) im Rahmen einer Antragsbewilligung wahrgenommen.
Seit Projektbeginn 2011 wurden insgesamt 843 eLb in die Aktivierungsphase aufgenommen. Durch die intensive Begleitung während dieser Zeit konnten 148 eLb bereits während der Aktivierungsphase in eine sozialversicherungspflichtige Vollzeittätigkeit, ein eLb in Teilzeitätigkeit, 4 eLb in Ausbildung, zwei eLb in einen Minijob und 16 eLb in AGH vermittelt werden. 7 eLb haben eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen.
372 eLb sind aus verschiedenen Gründen ( z.B. massive gesundheitlicher Probleme, Ende des Leistungsbezugs durch Arbeitsaufnahme des Partners oder mangelnde Motivation) aus dem Projekt ausgeschieden.
Insgesamt in die Beschäftigungsphase übergegangen sind 299 eLb. 76 während der Projektzeit frei werdende Bürgerarbeitsplätze konnten durch bereits aktivierte eLb nachbesetzt werden.
Während der Beschäftigungsphase konnten bisher 17 eLb in eine sozialversicherungspflichtigige Vollzeittätigkeit und 5 eLb in eine Ausbildung auf dem ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden.
81 eLb wurden die Bürgerarbeitsverträge von den Beschäftigungträgern wegen multiplen Problemlagen (z.B. gesundheitliche Gründe, mangelnde Motivation, Drogen-, Alkoholmissbrauch) gekündigt.
Zum 15.03.2014 befanden sich 217 eLb bei 15 verschiedenen Trägern der Bürgerarbeit in einem vertraglichen Arbeitsverhältnis. Diese Arbeitsverhältnisse laufen -bedingt durch die Befristung des Projektes auf Jahresende- sukzzesive in 2014 aus.
Erfahrungen und Ergebnisse
Die Integrationsquote während der Aktivierungsphase lag bei 20,99%, die Vermittlungsquote in der Beschäftigungsphase liegt aktuell bei 8,36%.
Damit wurde das Ziel, insbesondere während der bis zu 3 Jahren andauernden Beschäftigungsphase in größerem Umfang - auch durch den Einsatz der Integrations-coaches - vermehrt Vermittlungen in den ersten Arbeitsmarkt zu generieren, nicht erreicht. Gleichzeitig war die erzielte Integrationsquote in der 6-monatigen Aktivierungsphase überraschend hoch.
Obwohl in der Beschäftigungsphase nur eine geringe Anzahl von Integrationen gelingt, werden von den Projektbeteiligten durchgängig positive Effekte wahrgenommen, die sich am Besten mit einer positiven Stabilisierung der Lebensverhältnisse umschreiben lassen.
Zu Frage 2: Sind Ersatz bzw. Folgeangebote seitens des Bundes geplant?
Seitens des Bundes sind nach heutigem Stand keine Ersatz- bzw. Folgeangebote geplant.
Zu Frage 3: Welche Integrationsangebote bietet das Jobcenter den ausscheidenden Leistungsberechtigten?
Die bis 30.11.2014 ausscheidenden Teilnehmenden werden im Rahmen der im Jobcenter vorhandenen Maßnahmen und Angebote nach Ausscheiden aus dem Projekt „Bürgerarbeit“ weiter betreut. Aufgabe der derzeit noch für die Bürgerbeit zuständigen Integrationscoaches ist es, möglichst für jede-/n Bürgerarbeiter/-in eine passende Anschlussperspektive im Rahmen der jeweiligen individuellen Möglichkeiten zu finden.
Mögliche Förderinstrumente für ausscheidende BürgerarbeiterInnen sind insbesondere Arbeitsgelegenheiten und niederschwellige produktionsorientierte Maßnahmen nach § 16 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit § 45 SGB III. Damit können vor allem die Teilnehmenden erreicht werden, für die aufgrund eines vermuteten „Lock-in-Effektes“ die Integration in Arbeit möglicherweise erschwert wurde.
Zu Frage 4: Gibt es alternative kommunale Planungen?
Nein.
Fritz Kuhn
zum Seitenanfang