Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
273/2015
Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart,
01/22/2016
Der Oberbürgermeister
GZ:
OB 7001-00
Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
Dr. Schertlen (STd)
,
Die STAdTISTEN
Datum
07/26/2015
Betreff
Regenwasser speichern und nutzen [07/2015]
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
ad 1
Folgende Liegenschaften haben eine Regenwasserspeicheranlage:
Feuerwache West
GAZI Stadion
Theaterhaus
Altenheim Zamenhof
Höhenpark Killesberg
GPES Schule
Kulturamt
Bezirksamt Stammheim
ad 2
Stuttgart Mitte hat eine durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge von 675 l/m². Die verwertbaren Erträge sind abhängig von der Dachform und der Dacheindeckung. Der verwertbare Regenwasserertrag ermittelt sich aus der Dachfläche, der Niederschlagsmenge und dem Dachbeiwert. Der Dachbeiwert spiegelt die Verluste durch Verdunstung und Filterung wieder. Beispielsweise beträgt der Nettoregenertrag bei einer Dacheindeckung mit Tonziegel ca. 480 Liter/m².
ad 3
Für den Bau von Wasserspeichern gibt es folgende Möglichkeiten:
Oberirdisch: Stauseen, Wasserbecken, Behälter
Unterirdisch: Zisternen
Separate Speicherbehälter sind bis zu einem Bruttorauminhalt von 50 m³ baurechtlich verfahrensfrei, einer Baugenehmigung bedarf es also erst ab einem darüber hinausgehenden Behältervolumen. Gebäudeintegrierte Speicherbehälter in Neubauten werden mit dem Gesamtgebäude genehmigt. Verfahrensfreie Vorhaben sind auch Wasserbecken bis 100m
3
Beckeninhalt; im Außenbereich allerdings nur, wenn sie einer land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung dienen.
Auch verfahrensfreie Bauvorhaben müssen die bauordnungsrechtlichen und bauplanungsrechtlichen Vorschriften einhalten. Hier können insbesondere Festsetzungen des Bebauungsplans über die Zulässigkeit von Nebenanlagen betroffen sein, sofern der Behälter außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche errichtet werden soll und über die zulässige Flächenausnutzung von Grundstücken hinausgehen. Da es sich bei Regenwasserzisternen überwiegend um unterirdische Behälter handelt, wird im Regelfall eine Zulassung möglich sein.
Die Nutzung einer Betriebswasseranlage ist gemäß § 13 Abs. 4 der Trinkwasserverordnung dem Gesundheitsamt anzuzeigen. Planung, Bau und Betrieb sind in der DIN 1989 geregelt. Die Anlagen sind so auszuführen, dass eine Rückwirkung auf das Trinkwasser der öffentlichen und häuslichen Wasserversorgung jederzeit ausgeschlossen ist.
Rechtliche und hygienische Anforderungen werden im Arbeitsmarkt W555 des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) beschrieben. Das Wasser aus Regenwassernutzungsanlagen entspricht aufgrund seiner Herkunft nicht den für Trinkwasser geltenden gesetzlichen Anforderungen. Um Gesundheitsbeeinträchtigungen durch die Nutzung des Regenwassers ausschließen zu können, ist die Verwendung von Betriebswasser, das nicht den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entspricht, im Rahmen der rechtlichen Bedingungen nur für Zwecke zulässig, bei denen die Wasserbeschaffenheit keinerlei direkten oder indirekten Einfluss auf die Gesundheit der Verbraucher hat. Davon ist bei der Verwendung des Betriebswassers zur Gartenbewässerung und Toilettenspülung auszugehen. Alle weiteren geltenden Normen, Gesetzen und Bestimmungen, die es zur Nutzung von Regenwasseranlagen gibt, sind im DVGW Arbeitsblatt W 555 unter Punkt 5 genannt.
In der technischen Regel, dem DVGW Arbeitsblatt W 555, wird darauf hingewiesen, dass Deutschland ein wasserreiches Land ist, im dem keine Wassermangelsituation besteht. Stuttgart wird über die Fernwasserversorgung ausreichend mit Trinkwasser versorgt. Auf die örtlichen Grundwasserleiter hat die Regenwassernutzung keinen Einfluss.
ad 4
Eine Speicherung von Regenwasser in Wänden und Böden zur thermischen Nutzung ist wirtschaftlich nicht darstellbar.
ad 5
Wasserspeicher auf Dächern auf denen sich eine Dachbegrünung, Solarzellen oder ähnliches montieren lassen, sind der Verwaltung nicht bekannt. Eine Kombination von Wasserspeicher und Dachbegrünung hat sich in der Praxis nicht bewährt, weil der Ertrag sinkt und das Regenwasser durch humose Stoffe eine Verfärbung erfährt. Aus statischen Gründen sind Wasserspeicher auf Dachkonstruktionen unwirtschaftlich.
ad 6
Baukosten:
Zisternen 2.000 bis 3.000 Liter aus Beton ca. 1.000 €/Stück
Zisternen bis 6.000 Liter ca. 2.500 €/Stück
Anschlusskosten (Strom/Wasser) ca. 1.000 €/Stück
ad 7
Seitens des Garten- und Friedhofs- und Forstamtes gibt es wenig gesicherte Erfahrungswerte über die Bewässerung von Grünflächen von öffentlichen Gebäuden. Diese kommen kaum vor. Lediglich bei der neuen Stadtbibliothek wurde im Jahr 2011 eine automatische Bewässerungsanlage für die 1.050 m² große Rasenfläche installiert. Die Investitionskosten betrugen 19.000 Euro, die jährlichen Wartungskosten werden auf ca. 1.000 Euro/a veranschlagt. Die Wasserbedarfskosten (ohne Stromkosten) beliefen sich in den letzten zwei Jahren auf rund 2 Euro pro Quadratmeter Rasenfläche.
Eine generelle Aussage über die Wirtschaftlichkeit einer Regenwassernutzungsanlage kann nicht getroffen werden, da diese von der Ausführung der Anlage (Dachfläche, Wasseraufbereitung, Speichergröße, Nachspeisung, Regelung usw.) abhängig ist. Als Einsparpotential können vermiedene Wasserkosten von 2,306 Euro/m³ und eine Reduzierung der Niederschlagswassergebühr entsprechend der Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die Erhebung von Niederschlagswassergebühren angesetzt werden.
ad 8
Die Stadt Stuttgart fördert die Errichtung von Zisternen derzeit nicht. Zur städtischen Förderung müsste ein entsprechender Gemeinderatsbeschluss herbeigeführt und Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden.
ad 9
Es müsste ein paralleles Wassernetz zu den hygienisch unbedenklichen Entnahmestellen (Toiletten, Bewässerung) errichtet werden. Hierbei ist von einer Verdoppelung der Versorgungsleitungen im Kaltwasserbereich auszugehen.
Im Allgemeinen wird das Amt für Umweltschutz bei Neubauten und Modernisierungen eingebunden. Desweiteren ist nach dem Energieerlass der LHS Stuttgart die Nutzung von Wasser minderer Qualität (Grauwasser, Regenwasser) zu prüfen.
Fritz Kuhn
zum Seitenanfang