Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Gz: KBS
GRDrs 758/2002
Stuttgart,
09/05/2002



Erwerb eines Zyklus von fünf Stuttgart-Portraits von Heinz Zolper (1990), Engelbert Knecht (1991), Dirk Larsen (1992), Max-Ulrich Franz (1993) und Jürgen Kleinmann (1994), alle Mischtechnik auf Leinwand, 280 x 800 cm



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuß
Ausschuss für Kultur und Medien
Beschlußfassung
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
18.09.2002
25.09.2002



Beschlußantrag:
  1. Dem Ankauf der im Betreff genannten Werke zum Preis von insgesamt 110.000 € wird zugestimmt.
  2. Der Aufwand wird gedeckt aus Mitteln des Vermögenshaushalts 2002 bei AHSt. 2.3200.9353.000-0999 - Galerie der Landeshauptstadt Stuttgart; Kunstwerke für Galerie -.
  3. Der Änderung des Verwendungszwecks der für den Kauf eines Kunstwerks für den Festraum des Rathauses im Jahr 1998 geleisteten Spende der LG Stuttgart von 150.000 DM für den o. g. Erwerb wird zugestimmt.
  4. Der Annahme einer weiteren Spende der LBBW Stuttgart von 35.000 € für diesen Zweck wird zugestimmt.


Begründung:


Der Block von fünf großen Stuttgart-Gemälden ist in seiner Thematisierung verschiedener Aspekte der Stuttgarter Identität und Geschichte von einmaligem zeitgeschichtlichen Rang für die Landeshauptstadt.

Im März 2002 stellte der Gemeinderat fraktionenübergreifend den Antrag, nach Möglichkeiten zu suchen, den sich im Besitz von Galerist Hans Jürgen Müller befindlichen Block von fünf Stuttgart-Bildern durch Erwerb dauerhaft an die Landeshauptstadt zu binden.

Seit Ende der 80er bis Mitte der 90er Jahre hatte der renommierte Stuttgarter Galerist verschiedenen Künstlern die Möglichkeit gegeben, ein Portrait der Stadt Stuttgart zu malen. Der Zyklus von fünf Gemälden besitzt aufgrund der vom Galeristen zur Verfügung gestellten Arbeitsmöglichkeit das außergewöhnliche Großformat von 280 x 500 cm.

Die Entstehungsgeschichte des Zyklus und kurze Kommentare der einzelnen Künstler zu den Bildern hat Galerist Müller in einem Exposé zusammengefasst
(Anlage 1).

In einer erbetenen Stellungnahme an Herrn Oberbürgermeister Dr. Schuster hat Professor Götz Adriani den Bilderblock wie folgt beurteilt: "Die fünf Maler aus verschiedenen Großstädten (Zürich, Frankfurt, Köln, Cardiff) haben die Landeshauptstadt derart spezifisch dargestellt, dass der Betrachter eindrucksvoll die vielfältigen Qualitäten Stuttgarts erfährt. Die Vergangenheit der Stadt, die Atmosphäre zentraler Plätze, auch eine gewisse Aura von Intimität, all dies zeigt Stuttgarts einmalige Stellung innerhalb vergleichbarer Großstädte, und all dies schlägt sich auch in den genannten Werken nieder."

Bei dem Block von Stuttgart-Bildern handelt es sich um eine einzigartige Reihe zeitgenössischer Stadtportraits. Der Zyklus ist eine Bereicherung für die Landeshauptstadt, dessen Einsichten in die Kultur- und Stadtgeschichte eindrucksvoll die vielfältigen Qualitäten Stuttgarts vermittelt.

Finanzielle Auswirkungen
Der Ankauf kann aus Spendenmitteln finanziert werden.


Beteiligte Stellen




Erledigte Anträge/Anfragen

Antrag Nr. 80/2002 der CDU-Gemeinderatsfraktion, SPD-Gemeinderatsfraktion und Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion


Dr. Iris Jana Magdowski

Federführendes Referat/Erstellendes Amt:
Referat KBS/Kulturamt


Anlagen

Anlage 1: Exposé von Hans Jürgen Müller
Anlage 1 zur GRDrs 758/2002


Eine Landeshauptstadt stellt sich vor

I.
Angeregt durch das Stuttgart-Portrait des österreichischen Künstlers Oskar Kokoschka habe ich von 1990 bis 1994 fünf Künstler nach Stuttgart eingeladen. Sie lebten hier einige Monate, um sich über die Stadt, ihre Menschen und ihre Geschichte zu informieren – auch, sie zu erleben, zu erfühlen. All ihre Erkenntnisse und Beobachtungen mündeten anschließend in die Schaffung eines großen Bildes, dessen Format von mir vorgegeben war. Ich stellte zu diesem Zweck einen entsprechenden Atelierraum, Material und notwendige Gehilfen sowie Unterkünfte zur Verfügung.

II.
Die fünf Bildwerke im Format 280 x 800 cm (4-teilig) bieten einen ungewöhnlichen Zugang zur Landeshauptstadt Stuttgart. Sie vermitteln durch das Medium Kunst die Bedeutung unserer Stadt mit ihren Erfindern, Philosophen und Dichtern. Sie thematisieren Topographie und Stadtplanung, zitieren Stadtsymbole und beweisen kraftvoll die Fähigkeit der Kunst, komplexe Inhalte eindrucksvoll wiederzugeben.

III.
So lag nach Vollendung dieser fünf großen Stadt-Bilder Stuttgarts der Gedanke nahe, sie permanent einem großen Publikum zugänglich zu machen und die geschichtlich-kulturelle Bedeutung der Landeshauptstadt erneut ins Bewusstsein zu heben und damit den Stolz und die Identifikation seiner Bürger mit ihr zu stärken. Für eine solche ständige Präsenz ist der Landtags-Pavillon wie geschaffen. Die Stuttgart-Bilder – dort installiert – wären das sichtbare Bekenntnis aller politisch für das Land Verantwortlichen zu dieser Stadt, zu ihrer historisch-kulturellen Tradition ebenso wie zur Moderne, zur Technik und zur Vision. Sie beschreiben Politik und Politiker non-verbal als traditionell und fortschrittlich zugleich, regen darüber hinaus Diskussionen und Kreativität an.

Keine Großstadt Deutschlands kann einen vergleichbaren Bild-Zyklus aufweisen. Noch keine andere Stadt hatte die Idee zu einer derartigen Selbstdarstellung. Welch ein Image-Gewinn, welch eine Werbung für die baden-württembergische Metropole.

IV.
5 Finger einer Hand – 5 Kontinente – 5 Parteien

STUTTGART

gesehen von fünf Künstlern
aus Köln (1990), Zürich (1991), Cardiff (1992), Frankfurt (1993) und Stuttgart (1994)
Stichwortartige Erklärungen zu den einzelnen Bildern:

1990: Heinz Zolper, Köln

"Stuttgart ist die Stadt der Hügel und der Berge. Mir fielen sofort die vielen "Stäffele" auf...! Stuttgart ist die Stadt der Denker und Erfinder, sie schauen uns aus dem Bild an. Einige der wichtigsten habe ich als Portraits dem Bilde beigefügt (Bosch, Schiller, Hegel, Mörike, Heuss). Stuttgart hat interessante Gebäude und in seinen Sammlungen berühmte Bilder... Mein Bild ist eine Art Collage und soll dem Betrachter die kulturelle Vielfalt dieser Stadt aufzeigen – einer Stadt, die diesbezüglich bundesweit unterschätzt ist."

1991: Engelbert Knecht, Zürich

"Als engagierter, umweltbewusster, kritischer Künstler, will ich mit meinem Stuttgart-Portrait auf die Gefahren und möglichen Auswirkungen einer globalen klimatisch/ökologischen Katastrophe hinweisen. Als städtebauliches Motiv habe ich die "Kulturmeile" ausgewählt, denn es schien mir wichtig, zum Ausdruck zu bringen, dass alle Kulturförderung künftig nur dann noch sinnvoll ist, wenn wir mit unserem Lebensraum, dieser Erde, verantwortungsvoll umgehen."

1992: Dirk Larsen, Cardiff

"Als Künstler der Partnerstadt Stuttgarts hat mich die Herkunft des Namens inspiriert:: "Stutengard". So taucht auch das Stuttgarter Pferdchen auf diesem "Stadt"-Bild auf, einem Stadtbild, in dem mich die vielen Untertunnelungen fasziniert haben, besonders die sogenannte "Röhre". Sie wird auch zum zentralen Bildgegenstand, teilt die Stadt in eine Tag- und eine Nacht-Hälfte, auf denen viele historische Bauten – die wichtigsten sogar doppelt – zu sehen sind. Dieses Bild fordert den Betrachter auf, seine eigene Phantasie zu entwickeln, spazieren zu gehen in (s)einer Stadt."

1993: Max-Ulrich Franz, Frankfurt

"Ohne Zweifel ist Hegel die herausragende philosophische Größe Stuttgarts. Deshalb steht er im Mittelpunkt meines Stuttgart-Portraits, gemalt in der Manier moderner Reproduktionstechniken. Die geometrischen Figuren im Hintergrund sind dem Flaggen-Alphabet entnommen und bedeuten: "These plus Antithese gleich Synthese" – einer der Hauptsätze Hegels. Links und rechts des Kopfes – gewissermaßen als Kontrast – die Silhouette der berühmten Mercedes-"Silberpfeile", die 1954 erstmals den Weltmeister-Lorbeer für Deutschland nach Stuttgart brachten."

1994: Jürgen Kleinmann, Stuttgart

Von diesem Bild existiert noch kein Foto.
Inhaltlich beschäftigt sich der Künstler u. a. mit der Bedeutung des Stuttgarter Ästhetik-Professors und Philosophen Max Bense, mit der Solitude und dem Württembergischen Kunstverein.