Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Gz:
GRDrs 536/2001
Stuttgart,
06/25/2001



Änderung der Lernmittelpauschalen auf Grund des VGH-Urteils zur Lernmittelfreiheit



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Schulbeirat
Verwaltungsausschuß
Vorberatung
Beschlußfassung
öffentlich
öffentlich
03.07.2001
18.07.2001



Beschlußantrag:

1. Von den Auswirkungen des VGH-Urteils vom 23.01.2001 auf die Lernmittelpauschalen der Schulen wird Kenntnis genommen.

2. Die hierdurch notwendigen zusätzlichen Finanzmittel in Höhe von 450.000 DM (230.082 €) für das Jahr 2001 werden bei den Finanzpositionen 1.2100-2800.5920 und 1.2100-2800.5921 überplanmäßig bereitgestellt. Die Mehrausgaben werden gedeckt durch Mehreinnahmen bei EHSt. 1.9000.0410.000 -Schlüsselzuweisungen vom Land-.

3. Für die Haushaltsjahre 2002 und 2003 wird das Budget des Schulverwaltungsamtes um den Betrag von 1.103.300 DM (564.109 €) aufgestockt.


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Der VGH Baden-Württemberg hat in einem Urteil vom 23. Januar 2001 zur Lernmittelfreiheit den unbestimmten Rechtsbegriff "Gegenstände geringen Werts" für die Lernmittelausleihe an Schulen im § 94 Schulgesetz ausgelegt und die in einer südbadischen Stadt bis dahin gültige Regelung, Lernmittel bis zu einem Betrag von 10 DM von der Lernmittelfreiheit auszunehmen, als verfassungswidrig bezeichnet.

Das Urteil nennt aber keinen konkreten Betrag, an dem sich die Schulträger orientieren könnten. Um für die kommunalen Schulträger weitgehende Rechtssicherheit zu gewährleisten, hat der Städtetag Baden-Württemberg vorgeschlagen, die Bagatellgrenze auf 1 € festzulegen. Auch die Landeshauptstadt Stuttgart folgt dieser Empfehlung. Hier war seit der Änderung der Lernmittelverordnung der Betrag für die Bagatellgrenze entsprechend der damaligen Empfehlung des Städtetags auf 8 DM festgesetzt.


In der Folge wurden die Zuweisungspauschalen im Bereich der Lernmittel (Bücher und Verbrauchsmaterialien), welche die Schulen im Rahmen ihres Schulbudgets erhalten, mit den Geschäftsführenden Schulleitern geprüft. Ziel dieser Prüfung ist die Feststellung, dass alle im Rahmen der Lernmittelverordnung als notwendig aufgelisteten Lernmittel mit dem von der Stadt geleisteten Pauschbetrag finanziert werden können. Nur so können Klagen für die Zukunft vermieden werden. In der Lernmittelverordnung sind abschließend alle für den Unterricht notwendigen Lernmittel (Bücher) sowie eine Betragsspanne für die Beschaffung von nicht im einzelnen aufgeführten Lernmitteln (z. B. Verbrauchsmaterialien und Klassensätze) aufgeführt. Die Lernmittelverordnung ist verpflichtend. Hier besteht kein Entscheidungsspielraum des Schulträgers.


Die Prüfung hat ergeben, dass bei verschiedenen Schularten die bisherigen Pauschalen für die Bücher teilweise nachweislich zu niedrig sind, um den Anforderungen des VGH-Urteils gerecht zu werden. Außerdem hat das Kultusministerium angekündigt, die aus diesem weitreichenden Urteil resultierende Novellierung der Lernmittelverordnung und des Lernmittelverzeichnisses zu veranlassen. Hier muss vor allem mit einer Anpassung der Betragsspannen für die nicht einzeln aufgeführten Lernmittel (problematische Grauzone) gerechnet werden.

Die Geschäftsführenden Schulleiter haben bei der gegebenen Sachlage einer zweistufigen Lösung zugestimmt:


Budgetzuweisung 2001:

Dort wo die Buchpauschalen nachweislich erhöht werden müssen, wurden die Pauschalen für die Verbrauchsmaterialien im Rahmen der vorgegebenen Spannen der noch gültigen Lernmittelverordnung nach unten korrigiert. Der Mehrbedarf für das Jahr 2001 kann dennoch nur teilweise innerhalb des Amtsbudgets gedeckt werden.

Budgetzuweisung 2002:

Ab dem Haushalt 2002 sollten jedoch als Mindestlösung bei diesen Schularten (allgemeinbildende und Förderschulen) die Verbrauchsmittelpauschalen wieder auf das heutige Niveau zurückgeführt bzw. bei den anderen Schularten (berufliche Schulen und Sonderschulen) um pauschal 5 % erhöht werden. Ergibt sich durch die angekündigte Novellierung der Lermittelverordnung darüber hinaus eine erhebliche Abweichung, wären diese Beträge ggf. entsprechend nachzubessern.


Finanzielle Auswirkungen
2001

    Mehrbedarf im Bereich Lernmittel
856.300 DM
437.820 €
    Einsparungen im Bereich Verbrauchsmaterial
-236.300 DM
-120.818 €
    Mehrbedarf insgesamt
620.000 DM
317.002 €
    davon aus Amtsbudget
-170.000 DM
86.920 €
    verbleibender Mehrbedarf
450.000 DM
230.082


2002 / 2003

    Mehrbedarf im Bereich Lernmittel
936.300 DM
478.723 €
    Mehrbedarf im Bereich Verbrauchsmaterial
167.000 DM
85.386 €
    Mehrbedarf insgesamt
1.103.300 DM
564.109



Beteiligte Stellen

Referat F

Vorliegende Anträge/Anfragen

keine




Dr. Iris Jana Magdowski

Anlagen



In Artikel 14 Abs. 3 der Landesverfassung und § 48 Abs. 1 und § 94 Abs. 1 des Schulgesetzes (SchG) wird die Lernmittelfreiheit geregelt. Danach ist es Aufgabe der kommunale Schulträger alle notwendigen Lernmittel mit Ausnahme von Gegenständen geringen Wertes leihweise zur Verfügung zu stellen, sofern die Lernmittel nicht von den Erziehungsberechtigten oder den Schülern selbst beschafft werden.

Durch Artikel 3 des Ersten Gemeindehaushaltsstrukturgesetzes vom 16. Dezember 1996 wurde seinerzeit § 94 Abs. 1 SchG dahingehend geändert, daß die bisherige Bagatellgrenze von 5 DM durch die Formulierung "Gegenstände geringen Wertes" ersetzt wurde. Diese Neuregelung hat die Novellierung der Lernmittelverordnung (LMVO) und des Lernmittelverzeichnisses (LMVZ) nach sich gezogen. Dabei wurde bei der Überarbeitung der Pauschalen für Bücher und für die nicht im Lernmittelverzeichnis einzeln genannten Lernmittel (Verbrauchsmittel) der unbestimmte Rechtsbegriff "geringer Wert" mit einem Betrag in Höhe von ca. 8 DM ausgefüllt. Ziel dieser Novellierung war es, die Schulträger finanziell zu entlasten. In Stuttgart konnten damals insgesamt 740.000 DM (378.356 €) eingespart und für andere Ausgaben innerhalb des Schulhaushalts zur Verfügung gestellt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat in einer Einzelfallentscheidung am 23. Januar 2001 diese Regelung als verfassungswidrig bezeichnet. Besonders weitreichend ist das Urteil dadurch, da auch die vor 20 Jahren im Schulgesetz vorgenommene Anhebung des Bagatellbetrages von 1 DM auf 5 DM als verfassungswidrig erklärt wurde.

Folge dieser Entscheidung könnten nun eine Vielzahl von Klagen sein, mit denen Eltern die Erstattung von geleisteten Auslagen für Lernmittel erstreiten. Für die zurückliegenden Jahre müsste in diesen Fällen die nachgewiesenen Beträge erstattet werden. Zumindest für die Zukunft sollten jedoch Klagen unbedingt vermieden werden.

Um für die Schulträger wieder Rechtssicherheit herzustellen, hat der Städtetag Baden-Württemberg deshalb auf Grund dieses Urteils das Land aufgefordert, die sog. Bagatellgrenze bei der Lernmittelausleihe wieder in § 94 Schulgesetz oder auf der Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung per Landesverordnung festzulegen. Die Lermittelverordnung und das Lernmittelverzeichnis sollen auf ihre Verfassungsmässigkeit hin überprüft werden. Mehrkosten, die den Schulträgern hierdurch entstehen, wären vom Land zu decken.
Weiter empfiehlt der Städtetag seinen Mitgliedstädten, bis zum Zeitpunkt einer Gesetzlichen Änderung aus Gründen der Rechtssicherheit, als "Gegenstände geringen Werts" im Sinne von § 94 Schulgesetz alle Lernmittel zu behandeln, die 1 oder weniger kosten.

Das Land hat zwischenzeitlich wegen der Novellierung der Lernmittelverordnung und des Lernmittelverzeichnisses Verhandlungen mit den Kommunalen Spitzenverbänden aufgenommen .

Die Landeshauptstadt Stuttgart hat sich der Empfehlung des Städtetags Baden-Württemberg angeschlossen. Im Hinblick auf diese Sach - und Rechtslage wurden zwischenzeitlich zusammen mit den Geschäftsführenden Schulleitern die Zuweisungspauschalen für die Lernmittel, die Bestandteil der Budgets der Schulen sind, vor allem im Bereich der Bücher entsprechend der Auflistungen in der LMVO und LMVZ überprüft. Ziel dieser Prüfung ist die gemeinsame Feststellung, dass alle im LMVZ als notwendig aufgeführten Lernmittel mit dem bereitgestellten Pauschalbetrag finanziert werden können. Der Pauschalbetrag lässt sich in zwei Bestandteile aufteilen: einmal den Pauschsatz für Bücher, die einzeln für die Schularten und Klassenstufen aufgelistet sind und zum zweiten den Pauschsatz für nicht im einzelnen aufgelistete Lernmittel (z.B. Verbrauchsmaterialien), für welche im LMVZ nur eine Betragsspanne wiederum in der Höhe differenziert nach Schularten vorsieht.


Während die Pauschsätze für die Bücher sehr konkret ermittelt werden können, ist im Pauschsatz für die nicht einzeln aufgeführten Lernmittel die "Grauzone" bezüglich der neuen Wertgrenze besonders groß. Deshalb ist gerade hier vor allem mit einer Änderung/Anpassung der Betragsspannen im Zuge der angekündigten Novellierung der LMVO und des LMVZ durch das Land zu rechnen, da unter anderem Taschenrechner, Zirkel wieder als Lernmittel vom Schulträger zur Verfügung zu stellen sind. Wann und in welcher Höhe dies geschieht, bleibt abzuwarten. Ebenso die vom Städtetag Baden-Württemberg geforderte Gegenfinanzierung durch das Land.

Die Prüfung umfasste die genauen Büchervorgaben bei den Grund-, Haupt-, Real- und Förderschulen sowie für die Gymnasien. Hier wurde im Trend bei fast allen Schularten eine teilweise deutliche Anhebung der Buchpauschalen konstatiert. Ein Neufestsetzung der Verbrauchsmittelpauschalen konnte noch nicht vorgenommen werden, da die Änderung der LMVO und des LMVZ noch aussteht.

Bei den übrigen Sonderschulen liegt der Schwerpunkt der Zuweisungspauschalen bei den Verbrauchsmaterialien. Diese sollen daher pauschal erhöht werden.

Bei den beruflichen Schulen mit ihren vielfältigen berufspezifischen Differenzierungen wurden bereits bei der Novellierung der LMVO und des LMVZ im Jahr 1998 keine neuen Pauschsätze je Schulart ermittelt. Vielmehr wurden die damals gültigen Pauschsätze für Bücher um 10 % gekürzt. Hier wurde deshalb mit den Geschäftsführenden Schulleitern aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung wiederum eine pauschale Erhöhung vereinbart. Abweichende Wünsche davon könnte wie bisher jede Schule mit detaillierten Berechnungen nachweisen. Hiervon wurde bislang kaum Gebrauch gemacht.

Insgesamt haben die Geschäftsführenden Schulleiter einer Anpassung der Zuweisungspauschalen in zwei Stufen wie folgt zugestimmt:

Zuweisung 2001:

Die neuen Buchpauschalen werden den nachgewiesenen Erfordernissen entsprechend angepasst. Da noch die "alten" Betragsspannen bei den Verbrauchsmitteln gelten und die Pauschalen bisher eher an der oberen Grenze sich orientieren, wurde vereinbart, diese teilweise im Gegenzug an die untere Grenze der Betragsspannen, also immer noch im Rahmen des gültigen LMVZ, nach unten zu korrigieren (siehe nachfolgende Tabellen). Bei den übrigen Sonderschulen sollen die Zuweisungspauschalen pauschal um 5 %, bei den beruflichen Schulen die Bücherpauschalen zunächst um ebenfalls 5 % erhöht werden.

Zuweisung 2002:
In den Doppelhaushalt 2002/2003 sollen dann die Verbrauchsmittelpauschalen zumindest wieder in der bisherigen Höhe eingeplant werden. Bei den beruflichen Schulen wäre eine weitere Erhöhung der Bücherpauschalen um nochmals 5 % sowie der Verbrauchsmittelpauschale um 5 % vorzusehen. Sollte sich durch die Änderung der LMVO und des LMVZ tatsächlich eine höhere Anpassung als erforderlich erweisen, so wäre dies während der Laufzeit des Doppelhaushalts 2002/2003 nachzuholen.

Bei den Allgemeinbildende Schulen, Förderschulen verändern sich danach die Zuweisungspauschalen konkret wie folgt:


Zuweisung 2001:

Schulartbisheriger Bücher- pauschsatz seit 1998bisheriger Pauschsatz Verbrauchs- materialGesamtBücher- pauschsatz ab 2001Pauschsatz Verbrauchs- material ab 2001Gesamt 2001
Grundschule43 DM20 DM63 DM43 DM20 DM*)63 DM
Hauptschule63 DM65 DM128 DM98 DM50 DM148 DM
Realschule90 DM60 DM150 DM97 DM53 DM150 DM
Gymnasium80 DM32 DM112 DM112 DM20 DM132 DM
Förderschule55 DM103 DM158 DM
Klasse 1-421 DM120 DM141 DM
Klasse 5-951 DM120 DM171 DM
*) keine Korrektur nach unten, da durch den umfassenden Beginn des Schulversuchs mit der Fremdsprache an allen Stuttgarter Grundschulen Lernmittel eingeplant werden müssen, die noch nicht in der LMVO und im LMVZ berücksichtigt sind.



Zuweisung ab 2002:

    Schulart
    Bücherpauschsatz ab 2002
    Pauschsatz Verbrauchsmaterial ab 2002
Gesamt ab 2002
    Grundschule
43 DM**)
20 DM
63 DM
    Hauptschule
98 DM
65 DM
163 DM
    Realschule
97 DM
60 DM
157 DM
    Gymnasium
112 DM
32 DM
144 DM
    Förderschule
    Klasse 1-4
21 DM
120 DM
141 DM
    Klasse 5-9
51 DM
120 DM
171 DM
**) Voraussichtlich noch Änderung der LMVO und des LMVZ für Fremdsprache in der Grundschule zu berücksichtigen


Finanzielle Auswirkungen im Haushaltsjahr 2001:

Im Haushalt 2001 stehen für Lernmittel und Verbrauchsmaterialien insgesamt 8,94 Mio. DM zur Verfügung. Die Erhöhung der Buchpauschalen verursacht einen Mehrbedarf von insgesamt rd. 856.300 DM (entspricht knapp 10 % des Etats), der durch die teilweise Verringerung der Verbrauchs-
mittelpauschalen auf rd. 620.000 DM (317.002 €) reduziert werden kann. Hiervon können 170.000 DM (86.920 €) aus dem Amtsbudget bereitgestellt werden. Damit werden vor allem die Reservemittel im Bereich der Lehr- und Lernmittel des Amtes auf ein unerlässliches Mindestmaß reduziert. Es bleibt jedoch eine Finanzierungslücke von 450.000 DM (230.082 €) entspricht noch rd. 5 % des Haushaltsansatzes, die im Schulbudget im Haushalt 2001 überplanmäßig bereitgestellt werden muß.


Auswirkungen ab dem Haushaltsjahr 2002:

Im Doppelhaushalt 2002/2003 beträgt dann durch die zweite Stufe die Erhöhung insgesamt 1.103.300 DM (564.109 €). Um diesen Betrag muß das Schulbudget aufgestockt werden. Die vom Städtetag Baden-Württemberg geforderte Gegenfinanzierung durch das Land bleibt abzuwarten.