Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Gz:
KBS 5672-02
GRDrs
26/2006
Stuttgart,
01/16/2006
Sicherheit im Gottlieb-Daimler-Stadion
Untersuchung Stiftung Warentest
Mitteilungsvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Kenntnisnahme
öffentlich
18.01.2006
Bericht:
Die Stiftung Warentest hat am 10.01.2006 das Ergebnis einer Untersuchung zur Sicherheit in den 12 WM-Stadien veröffentlicht. Die Untersuchung ist einschließlich der spezifischen Bewertung für das Gottlieb-Daimler-Stadion als Anlage beigefügt. Weitere Informationen liegen der Stadt nicht vor.
Die FDP-Gemeinderatsfraktion hat mit Dringlichkeitsantrag vom 11.01.2006 (Nummer 04/2006) beantragt, in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 18.01.2006 über die Sicherheit im Gottlieb-Daimler-Stadion zu berichten.
Die Untersuchung der Stiftung Warentest erfolgte insbesondere unter dem Schwerpunkt der Paniksicherheit in den 12 WM Städten. Bezüglich der Entfluchtungssituation gibt es unter anerkannten Experten unterschiedliche Auffassungen. Die Stiftung Warentest geht bei ihrer Untersuchung davon aus, dass die Entfluchtung bei einer Panik nach unten zum Spielfeld hin erfolgt. Das genehmigte Entfluchtungskonzept des Gottlieb-Daimler-Stadions sieht grundsätzlich eine Entfluchtung nach außen, durch die sogenannten Mundlöcher vor, die wesentlich effektiver ist. Darüber hinaus stehen im Gottlieb-Daimler-Stadion Fluchttore zum Innenraum des Stadions hin als zusätzliche Rettungswege zur Verfügung.
Nach Abstimmung mit den zuständigen Sicherheits- und Genehmigungsbehörden sowie der Branddirektion und dem von der Stadt beauftragten unabhängigen Sachverständigen der Firma HHP Nord-Ost entspricht die Sicherheit im Gottlieb-Daimler-Stadion den rechtlichen Bestimmungen. Bei den verschiedenen Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen seit 1999 wurden die gesetzlichen Vorgaben beachtet. Soweit erforderlich wurde auch die bestehende Bausubstanz den jeweils geltenden Sicherheitsvorschriften angepasst. Sicherheitsprobleme bzw. Einschränkungen bei der Durchführung von Veranstaltungen im Gottlieb-Daimler-Stadion ergeben sich auch durch die Untersuchung der Stiftung Warentest nicht.
Die Bewertung der Untersuchung der Stiftung Warentest ist aufgrund der bislang vorliegenden Unterlagen erfolgt, die sehr allgemein und unspezifisch sind. Die Stiftung Warentest wurde aufgefordert, detaillierte Angaben zu den konkreten Untersuchungsergebnissen zu Staudruck und Strömungsstau bzw. Evakuierung, die vorgenommenen Personenstromanalysen und die konkreten Örtlichkeiten der im Gottlieb-Daimler-Stadion beanstandeten Bereiche noch zu benennen. Die entsprechenden Angaben wurden bisher nicht vorgelegt.
Die vorliegende Bewertung der Untersuchung der Stiftung Warentest wird auch dem OK-WM 2006 bzw. der FIFA zugeleitet.
Gemeinsam mit den o.g. beteiligten Stellen wird zu den von der Stiftung Warentest für das Gottlieb-Daimler-Stadion angeführten Mängeln wie folgt Stellung genommen (
kursive
Schreibweise):
Staudruck
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Viele, aber schmale und nicht farblich gekennzeichnete Rettungstore bei allen Tribünen
Die Zuschauerplätze im Unterrang des Gottlieb-Daimler-Stadions besitzen eine Kapazität von ca. 1.500 Plätzen je Block. Die Blöcke werden grundsätzlich über die vorhandenen sogenannten Mundlöcher nach außen entfluchtet. In jedem Block ist darüber hinaus ein Fluchttor zum Innenraum (insgesamt 32, Breite ca. 1,90 m) vorhanden, das lediglich im Notfall als zweiter Rettungsweg genutzt wird, soweit die üblichen baulichen Rettungswege ausfallen. Der Treppenabgang zum Innenraum im jeweiligen Block erweitert sich bis zum Fluchttor auf eine Breite von 1,90 m, was staudruckentlastend wirkt.
Die bestehenden Rettungstore sind mit weißer Signalfarbe gekennzeichnet. Die im Zuge des zaunfreien Stadions neu eingebauten Tore werden – wie ohnehin vorgesehen – kurzfristig ebenfalls gekennzeichnet.
Diese Gesamtlösung der Entfluchtung im Gottlieb-Daimler-Stadion entspricht den gesetzlichen Bestimmungen und der Versammlungsstättenverordnung.
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Kein staudruckentlastender unterer Rundlauf
Genügend direkte Zugänge zum Innenraum, wie oben dargestellt, sind vorhanden. Nach der Versammlungsstättenverordnung ist ein Rundlauf nicht erforderlich.
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Gemäßigte Fallhöhe 1,6 m tief zum Spielfeld
Es handelt sich um den neu gebauten Graben auf Spielfeldniveau aufgrund der Forderung FIFA nach einem zaunfreien Stadion. Wie oben dargestellt ist der Fluchtweg zum Innenraum durch Treppenabgänge gewährleistet.
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Hohes Staudruckpotential durch hohe Rangkapazität (5000 Personen)
Es wird davon ausgegangen, dass von der Stiftung Warentest der Oberrang Haupttribüne angeführt wurde, dort gibt es jedoch keine Probleme mit dem Staudruck, da bei der Berechnung der Ausgangsbreiten ein entsprechender Sicherheitsfaktor berücksichtigt wurde - anstatt damals baurechtlich zulässigen 750 Personen/1 m (heute 600 Personen/1,2 m) werden nur 450 Personen/1 m berechnet.
Strömungsstau & Orientierung
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Strömungsstaurisiko durch zu wenige Niedergänge in Fankurve
Anzahl und Breite der Abgänge entsprechen den der Genehmigung zugrunde liegendenden gesetzlichen Bestimmungen.
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Teilweise ungünstige Fluchtwegführung von Logen über lange ungesicherte Bereiche
Die Logen- und Business-Bereiche der Haupttribüne sind in einem Brandabschnitt zusammen gefasst. Zum nächsten Ausgang beträgt die Entfernung teilweise über 30 m, dieses ist kompensiert durch die installierte Brandfrüherkennungsanlage und zusätzliche Ausgänge über die Logen.
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Seitliche Treppenräume bei Logen Haupttribüne, Ebene 1 nicht als Notausgänge gekennzeichnet
Die Beanstandung ist nicht zutreffend, da die seitlichen Treppenräume keine Rettungswege für die Ebene 1 sind, sondern der Entfluchtung der oberen Ebenen der Haupttribüne dienen und somit bereits voll ausgelastet sind. Die Kennzeichnung als Notausgang ist deshalb nicht zulässig. Die Rettungswege aus Ebene 1 führen über das Vorgebäude.
Stolpersicherheit
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Lange und breite Ausgangstreppe vom Rang mit 35 Stufen in Folge ohne Treppenabsatz und fehlendem mittlerem Handlauf
Rechtlich zum Zeitpunkt der Genehmigung nicht erforderlich und unter Sicherheitsgesichtpunkten von geringer Relevanz. Ob eine Nachrüstung mit Handläufen tatsächlich sinnvoll wäre wird geprüft. Die Treppen mit 35 Stufen ohne Absatz sind alter Bestand und wären nur mit erheblichem Aufwand zu ändern.
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Gefährliche Laufbarrieren bei Rangzugang durch Absperrgitter und Führungsgitter
Die Absperrgitter sind wegen der erforderlichen Personenkontrolle unerlässlich notwendig, werden aber selbstverständlich mit Spielbeginn abgebaut und sind somit bei einer Entfluchtung nicht als Barriere vorhanden. Kontrollstellen sind mit Ordnern und ggf. Polizei besetzt.
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Ungünstige Platzierung von Restaurantmobiliar (Tische, Stühle) vor Hauptausgang des Logenbereiches
Im Veranstaltungsfall wird das Mobiliar entsprechend dem genehmigten Belegungsplan platziert, die Fluchtwege sind dadurch freigehalten. Es wird noch im Detail geprüft, ob durch zusätzliche Befestigungen eine weitere Verbesserung erreicht werden kann.
Vermeidung von Bewaffnung
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Teils Kabelführungen im äußeren Verteiler in Griffhöhe
Kabelführungen werden abgedeckt.
Brandschutz
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Fehlende Sprinklerung im Logen- und Businessbereich
Eine Sprinkleranlage in den Logen- und Businessbereichen war nach den der Genehmigung zugrunde liegenden Bestimmungen nicht erforderlich. Der Brandschutz ist optimal gewährleistet durch die vorhandene Brandfrüherkennungsanlage, die nicht nur die Räume sondern auch Zwischendecken und Hohlräume im Boden mit abdeckt. Darüber hinaus ist eine Brandsicherheitswache bei Großveranstaltungen im Gottlieb-Daimler-Stadion anwesend.
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Eingeschränkte Verfügbarkeit von Löschmitteln im Logenbereich durch zu kurze Reichweite des Schlauchs des Wandhydranten
In der Haupttribüne sind jeweils 3 Wandhydranten mit Steigleitungen pro Ebene vorhanden. Die Reichweite der Schläuche deckt – unter Einbeziehung der Wurfweite – weitestgehend alle Bereiche ab, sie können bei Bedarf problemlos durch die Feuerwehr verlängert werden. In jeder Ebene ist die erforderliche Anzahl an Feuerlöschern vorhanden.
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Keine Steigleitungen im Logen- und Businessbereich
Wie oben dargestellt ist die erforderliche Anzahl von Steigleitungen zu den Wandhydranten vorhanden. An diese ist ein Anschluss von Feuerwehrschläuchen möglich. Damit sind die Logen- und Businessbereiche abgedeckt.
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Unzureichende Brand- /Rauchabschnittsbildung (ca. 120 m Abschnitte)
Im Genehmigungsverfahren wurde für die Logen- und Businessbereiche in Abstimmung mit den städtischen Genehmigungs- und Sicherheitsbehörden sowie der Branddirektion nur ein Brandabschnitt gebildet. Dies entspricht nicht den “formalen” Bestimmungen, die Schutzziele des Baurechts werden aber durch andere Maßnahmen wie die Brandfrüherkennungsanlage sowie durch die sehr gute Rettungswegesituation (vier Treppenräume und zusätzliche Treppenabgänge) kompensiert. Das Sicherheitsniveau der formalen Bestimmungen wird dadurch voll erfüllt.
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Wenig günstige Angriffswege für Feuerwehr: Ein-Ausgangsführung kreuzt umlaufende Feuerwehrzufahrt bei Fritz-Walter-Weg, Tor (Untertürkheimer Kurve) für Feuerwehrzufahrt ist zugleich Ein-Ausgangstor
Im Rahmen des 3. Bauabschnitts wurde für die Feuerwehr und die Rettungsdienste eine neue kreuzungsfreie Zufahrt von der Benzstraße her zum Nord-West-Bereich des Stadions im Brandschutzkonzept definiert und geschaffen. Die zweite Anbindung der Feuerwehr in das Stadion über das Tor 1 ist aufgrund der vorhandenen städtebaulichen Situation nicht vollständig kreuzungsfrei herzustellen. Durch die neue kreuzungsfreie Zufahrt ist eine elementare Verbesserung der früheren Situation erreicht worden, die nach Auffassung der Branddirektion zufriedenstellend ist.
Beteiligte Stellen
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Vorliegende Anträge/Anfragen
FDP-Gemeinderatsfraktion Nr. 04/2006
Dr. Susanne Eisenmann
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