Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung
Gz: A 6235
GRDrs 545/2002
Stuttgart,



Straßenbenennungen



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschußBeschlußfassungöffentlich03.07.2002



Beschlußantrag:

Den in der Begründung im einzelnen aufgeführten Weg- und Straßenbenennungen wird zugestimmt (Anlage 1).


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Zur Orientierung der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer ist die Benennung verschiedener Wege und Straßen erforderlich. In einigen Fällen soll die Namensvergabe gleichzeitig dazu dienen, Persönlichkeiten mit besonderem Bezug zu Stuttgart zu ehren.

Beteiligte Stellen

Bezirksbeiräte Zuffenhausen, Untertürkheim und Weilimdorf




Klaus-Peter Murawski
Bürgermeister


Anlagen


Anlage zur GRDrs 545/2002

Stadtbezirk Stuttgart-Zuffenhausen

Neubenennung

Lfd.Nr.Bisherige StraßenbezeichnungStraßenbeschrieb
A= Anfang
E = Ende
Neue
Straßenbezeichnung
1ohne Bezeichnung
(rot)
A = lfd. Nr. 2
führt als Sackstraße in nordwestliche Richtung
Max-Gutenkunst-Weg

Text des Erläuterungsschildes:
Max Gutenkunst
* 1864 1933
Bürgermeister und Ortsvorsteher
2ohne Bezeichnung
(grün)
A = Schozacher Str.
E = lfd. Nr. 3
Ruth-Boockmann-Weg

Text des Erläuterungsschildes:
Ruth Boockmann
* 1915 1992
Stadträtin
3ohne Bezeichnung
(blau)
A = lfd. Nr. 2
E = lfd. Nr. 2
Dr. Gotthilf-Schenkel-Weg

Text des Erläuterungsschildes:
Dr. Gotthilf Schenkel
* 1889 1960
Pfarrer und Kultusminister
4ohne Bezeichnung
(orange)
A = Schozacher Str.
E = lfd. Nr. 5
Dr. Herbert-Czaja-Weg

Text des Erläuterungsschildes:
Dr. Herbert Czaja
* 1914 1997
Bundestagsabgeordneter
5ohne Bezeichnung
(braun)
A = lfd. Nr. 4
E = lfd. Nr. 4
Im Raiser



Auf dem Gelände der ehemaligen Grenadierkaserne in Stuttgart-Zuffenhausen (Bebauungsplan Zu 212) entsteht das Neubaugebiet ”Im Raiser”. Der Bebauungsplan sieht dort drei Ringstraßen vor. Um eine sinnvolle Gebäudenummerierung und damit eine rasche Auffindbarkeit der Häuser zu ermöglichen, hat sich das Stadtmessungsamt dafür ausgesprochen, die Verkehrsflächen in der obigen Form zu benennen.

Alle gewählten Bezeichnungen wurden vom Bezirksbeirat Zuffenhausen vorgeschlagen. Bei der lfd. Nr. 5 handelt es sich um die Bezeichnung des Bebauungsplans. Die Namensgeber der übrigen Verkehrsflächen haben ebenfalls einen engen Bezug zum Stadtbezirk Zuffenhausen.

Max Gutenkunst wurde am 22. August 1864 in Heimsheim geboren. Im Jahre 1888 kam der gelernte Verwaltungsfachmann nach Zuffenhausen und übte dort verschiedene Funktionen aus. Obwohl er am Rande in einen Skandal um einen Bürgermeister verwickelt war, wählte ihn die Zuffenhäuser Bevölkerung 1904 zum neuen Schulheiß. Der Ort war in den vorhergegangenen Jahren auf fast 100.000 Einwohner angewachsen und bekam die damit verbundenen Probleme nie völlig in den Griff. Das Dorf entwickelte sich zum Arbeiterwohnort. Die materielle und soziale Infrastruktur, von der Waserversorgung bis hin zu den Schulen, verschlang große Summen. Obwohl Zuffenhausen 1907 zur Stadt erhoben wurde, blieb es arm. Max Gutenkunst galt als Mann des Ausgleichs, dessen besonders geschätzten Eigenschaften Ruhe und Gerechtigkeitssinn waren. Härte sprach man ihm ab, aber gerade dies wäre häufig von Nöten gewesen. Denn während sich in Zuffenhausen Interessengruppen lange über Baugebiete, Erschließungen und Industrieansiedelungen stritten, machten andere Gemeinden das Rennen. Max Gutenkunst erkannte genau, in welch schwieriger Lage seine Stadt war. 1925 schlug er daher vor, Zuffenhausen und Feuerbach zu vereinen. Allderdings konnte er sich damit nicht durchsetzen. Inzwischen rückte der verschuldete Ort immer stärker an Stuttgart heran und wurde 1931/32 eingemeindet. Zu diesem Zeitpunkt trat Max Gutenkunst, der mittlerweile das Pensionsalter erreicht hatte, nach 43 Jahren im Dienst von Zuffenhausen in den Ruhestand. Am 29. November 1933 starb Max Gutenkunst im Alter von 67 Jahren.

Ruth Boockmann, geboren am 23. März 1915, gehörte von 1960 bis 1966 dem Bezirksbeirat Zuffenhausen und von 1965 bis 1992 als SPD-Stadträtin dem Stuttgarter Gemeinderat an. Bereits in den 50er Jahren hat sie vorgeschlagen, einen Steg über die Haldenrainstraße zu bauen. So sollte eine Verbindung zwischen Zuffenhausen und Rot geschaffen werden, die vor allem für Schulkinder eine gefahrlose Überquerung der viel befahrenen Haldenrainstraße und der Straßenbahngleise ermöglichen sollte. Trotz vieler Vorstöße im Laufe der Jahre durch Bezirksbeiräte, Eltern und Bewohner des Wohngebiets Rappenberg, dauerte es bis zum Jahr 2001 bis eine solche Brücke realisiert war (La Ferté-Steg). Ruth Boockmann starb am 6. November 1992.

Dr. Gotthilf Schenkel wurde am 19. Juli 1889 in Ostindien als Sohn eines Missionars geboren. Er erhielt seine Erziehung in Deutschland und studierte in Tübingen evangelische Theologie. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg und Tätigkeit als Vikar in Freudenstadt, Wildbad und Zuffenhausen übernahm er die Leitung der Stadtpfarrei in Zuffenhausen. Im Jahre 1928 wurde er Mitglied der SPD.


1933 war Dr. Schenkel der erste Pfarrer Württembergs, der vom NS-Regime aus seinem Amt vertrieben wurde – denn in Wort und Schrift hat er lange Jahre seine Einstellung gegen den Radikalismus (rechts und links) und besonders auch gegen den Nationalsozialismus geäußert. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wirkte er als Stadtpfarrer in Oberesslingen. Außerdem erhielt er einen Lehrauftrag für Ethik und allgemeine Religionswissenschaften an der Technischen Hochschule in Stuttgart. Von Januar 1951 bis September 1953 war er Kultusminister von Baden-Württemberg. Im Sommer 1959 sollte Dr. Schenkel das Große Bundesverdienstkreuz verliehen werden, das er allerdings aus gesundheitlichen Erwägungen ausgeschlagen hat. Neben dem Landtag gehörte er auch dem Esslinger Gemeinderat an. Dr. Gotthilf Schenkel starb am 10. Dezember 1960 in Esslingen.

Dr. Herbert Czaja wurde am 5. November 1914 in Teschen geboren. Seine zunächst österreichische Heimat kam nach dem Ersten Weltkrieg zu Polen, so dass er auch die polnische Staatsangehörigkeit erhielt. Gleichzeitig wurde er in die Volksliste deutscher Minderheitsangehöriger aufgenommen. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er Germanistik, Philosophie und Geschichte, legte die Lehramtsprüfung ab und promovierte zum Dr. phil. Nach dem Studium übte Dr. Czaja Lehrtätigkeiten an verschiedenen Schulen und der Universität in Krakau aus. Daneben war er Mitglied in der anti-nationalsozialistischen Christlichen Deutschen Volkspartei in Ostoberschlesien. Von 1943 bis 1945 nahm er als Soldat der deutschen Wehrmacht am Zweiten Weltkrieg teil.
Nach der Vertreibung aus seiner Heimat 1946 übte er seine Lehrtätigkeit in Stuttgart aus. 1946 schloss sich Dr. Czaja der CDU an, war in der Jungen Union tätig und Mitbegründer der Union der Heimatvertriebenen der CDU. Daneben wirkte er bei der Gründung landsmannschaftlicher Organisationen sowie des Hilfsverbands der Heimatvertriebenen in Stuttgart mit. Als Stadtrat engagierte er sich von 1947 bis 1953 vor allem in der Flüchtlingsfürsorge, im sozialen Wohnungsbau sowie in der Stadtplanung. Von 1953 bis 1990 gehörte Dr. Czaja als Abgeordneter für den Wahlkreis Stuttgart-Nord dem Bundestag an, wo er sich vor allem als Experte für Jugend- und Vertriebenenfragen einen Namen machte. Von 1970 bis 1994 leitete er als Präsident den Bund der Vertriebenen. Im Privatleben galt Dr. Czaja als hilfsbereiter, verträglicher und auf Verständigung gerichteter Mensch, während er sonst für seine unbeugsame politische Haltung bekannt war. Am 18. April 1997 starb Dr. Herbert Czaja in Stuttgart.

Der Bezirksbeirat Stuttgart-Zuffenhausen hat allen Benennungsvorschlägen zugestimmt.

Durch die Benennung der neuen Straßen ergibt sich für ein Gebäude des Bundes auf dem ehemaligen Kasernengelände eine Adressenänderung. Die verwaltende Stelle, das Prüfungsamt des Bundes, wurde über die Maßnahme informiert und erhielt Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Davon hat sie keinen Gebrauch gemacht.




Stadtbezirk Stuttgart-Untertürkheim

Neubenennung

Lfd.Nr.Bisherige StraßenbezeichnungStraßenbeschrieb
A= Anfang
E = Ende
Neue Straßenbezeichnung
6ohne BezeichnungA = Bruckwiesenstr.
führt als Sackstraße in südwestliche Richtung
Albert-Dulk-Str.

Text des Erläuterungsschildes:
Albert Dulk
* 1819 1884
Freigeist und Schriftsteller

Im vergangenen Jahr hat die Ortsgruppe Untertürkheim-Luginsland der Naturfreunde vorgeschlagen, eine Verkehrsfläche nach Albert Dulk zu benennen. Eine Straße mit seinem Namen existierte in Untertürkheim bereits von 1920 bis 1933, dann wurde sie in Türkenstraße umbenannt. 2001 bot sich keine Möglichkeit, die Anregung der Naturfreunde zu realisieren.

Albert Dulk wurde am 17. Juni 1819 als Sohn einer wohlhabenden Familie in Königsberg geboren. Er zog im Jahre 1871 nach Untertürkheim und hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein bewegtes Leben hinter sich.

Albert Dulk beteiligte sich an der revolutionären Bewegung 1848/49 und begann, seine ersten Dramen zu schreiben. Als die Revolution blutig niedergeschlagen wurde, wanderte der Schriftsteller in den Orient aus. Er bereiste nahezu mittellos Ägypten, befuhr den Nil auf Segelbooten der Fellachen und lebte unter den Einheimischen. Nach einer abenteuerlichen Wüstendurchquerung hielt sich Albert Dulk einige Monate auf dem Sinai als Eremit auf. 1850 kehrte er nach Europa zurück und lebte dann zunächst in der Schweiz, bevor er nach Stuttgart kam.

Hier lebte er mit zwei, teilweise auch drei Frauen in einer Wohngemeinschaft. Er verkehrte in literarischen Zirkeln und machte von sich reden, als er 1865 den Bodensee an seiner breitesten Stelle durchschwamm. 1875 schloss er sich als damals einziger Akademiker der Stuttgarter Sozialdemokratie an. 1878 wurde Albert Dulk als Verfasser eines sozialdemokratischen Flugblatts wegen Volksverhetzung zu einem Jahr Haft verurteilt, kurz danach zu zwei weiteren Monaten Gefängnis wegen Gotteslästerung und Kirchenschmähung. 1882 gründete er dann die Stuttgarter Freidenkergemeinde. 1884 starb Albert Dulk an einem Schlaganfall, als er den Zug von Stuttgart nach Untertürkheim besteigen wollte. Seine Beerdigung wurde zur größten Demonstration der Stuttgarter Arbeiterbewegung unter dem Sozialistengesetz.

Der Bezirksbeirat Untertürkheim hat der Benennung zugestimmt.

Die neue Verkehrsfläche wird künftig ein Autohaus erschließen, für das bereits ein Baugesuch eingereicht ist. Der Investor ist mit dem vorgeschlagenen Namen einverstanden.



Stadtbezirk Stuttgart-Weilimdorf

Neubenennung

Lfd.Nr.Bisherige StraßenbezeichnungStraßenbeschrieb
A= Anfang
E = Ende
Neue Straßenbezeichnung
7ohne BezeichnungA = Ditzinger Str.
E = Glemsgaustr.
Verlobungswegle

Es handelt sich um einen wichtigen Verbindungsweg für die Weilimdorfer Bevölkerung (Fußweg), der bisher keinen eigenen Namen hatte. Die Bezeichnung wird von der Bevölkerung bereits im Sprachgebrauch verwendet. Aus diesem Grund hat sich auch das Stadtplanungsamt für die Benennung ausgesprochen.

Die Bezeichnung wurde vom Bezirksbeirat Weilimdorf vorgeschlagen und beschlossen.