Beantwortung zur Anfrage
650/2000

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 01/30/2001
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 1515-08.00



Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Wahl Dieter (CDU), Rudolf Klaus (CDU), Schmid Roland (MdL) (CDU)
Datum
    10/19/2000
Betreff
    Möglichkeiten zur Reduktion von Dieselruß
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Zu 1:

An der Tankstelle des städtischen Fuhrparks wird seit Ende 1998 ausschließlich schwefelfreier Diesel- sowie benzolarmer Ottokraftstoff ausgegeben. Dies wird der Öffentlichkeit durch am Fahrzeug angebrachte schwarze Aufklebeschilder mit der Aufschrift “Ich tanke besonders umweltfreundlichen Kraftstoff” vermittelt.


Zu 2:

Es tanken hier nur Fahrzeuge, die vom Fuhrpark der Stadt Stuttgart verwaltet werden, sowie teilweise die Fahrzeuge der Branddirektion.


Zu 3:

Der Kraftstoffverkauf an nicht städtische Fahrzeuge stellt eine wirtschaftliche Betätigung der Stadt dar. Die Stadt handelt in diesem Fall als wirtschaftliches Unternehmen.

Die Zulässigkeit wirtschaftlicher Unternehmen richtet sich nach § 102 GemO. Gemäß § 102 Abs. 1 Nr. 1 darf die Gemeinde wirtschaftliche Unternehmen nur errichten, wenn der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt. “Zweck” der wirtschaftlichen Betätigung ist hier primär die Versorgung der Öffentlichkeit mit schwefelfreiem Dieselkraftstoff. Ziel ist nicht eine Einnahmemöglichkeit für die Stadt zu erschließen, sondern vielmehr die flächendeckende Einführung dieses Dieselkraftstoffs und die Verbreitung entsprechender Kfz-Technik zu fördern. Die Stadt handelt hier aus rein umweltpolitischen Erwägungen und entsprechend dem Anspruch der Bevölkerung auf eine möglichst schadstofffreie Umgebung.


Nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO darf die Gemeinde ein wirtschaftliches Unternehmen bei einem Tätigwerden außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge nur errichten, wenn der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen Anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann. Der Verkauf von Kraftstoff gehört nicht zur kommunalen Daseinsvorsorge. Dies gilt auch für schwefelfreien Kraftstoff. Allerdings wird von privater Seite schwefelfreier Dieselkraftstoff derzeit nur an einer privaten Tankstelle angeboten. Nach Auffassung der Verwaltung ist deshalb bis zur flächendeckenden Einführung schwefelfreien Dieselkraftstoffs die Abgabe an Externe als wirtschaftliche Betätigung zulässig. Eine hinreichende Versorgung des Stadtgebiets Stuttgart mit den zwei Tankstellen des städtischen Fuhrparks ist allerdings nicht möglich.

Es wäre allerdings damit zu rechnen, daß private Kraftstoffverkäufer in diesem Handeln der Stadt einen Verstoß gegen § 1 UWG sehen. Wie ein evtl. folgender Rechtsstreit ausgehen würde, ist völlig offen.

Die Öffnung der Tankstelle für privaten und gewerblichen Bedarf würde erhebliche Umbaumaßnahmen erforderlich machen. Die Haupt-Tankstelle befindet sich in der Zentrale des Eigenbetriebes Abfallwirtschaft Stuttgart. Sie ist nur über die beschrankte Zugangskontrolle an der Pforte erreichbar. Eine Kasse gibt es nicht. Die zweite Tankstelle befindet sich in der Betriebsstelle Heigelinstraße 12.

Die notwendigen Umbaumaßnahmen für eine “allgemeine Öffnung” bedürften einer gründlichen Planung. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die Arbeiten nicht vor Herbst 2001 abgeschlossen sein können. Ab 1. November 2001 wird bundesweit schwefelarmer Diesel preislich dem bisherigen Diesel gleichgestellt. Die Stadtverwaltung erwartet deshalb, dass alle Tankstellen ab 1. November 2001 schwefelarmen, teilweise auch schwefelfreien Dieselkraftstoff anbieten werden.

Daher wird von dem Umbau und der Öffnung der städtischen Tankstelle abgesehen.


Zu 4:

Soweit bekannt ist, kann im Stadtkreis Stuttgart derzeit nur an einer öffentlichen Tankstelle, nämlich der AVIA-Station in der Klingenstraße 123 in Stuttgart-Ost schwefelfreier Dieselkraftstoff (d. h. mit einem Schwefelanteil von max. 0,001 Gewichtsprozent bzw. 10 ppm) bezogen werden.


Zu 5:

Aufgrund bundesgesetzlicher Regelungen kann seitens der Stadtverwaltung weder im Rahmen der Erlaubniserteilung, noch durch die Erteilung nachträglicher Auflagen Einfluss darauf genommen werden, dass an bestehenden oder neuen Tankstellen schwefelfreier Dieselkraftstoff angeboten wird. Die 10. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über die Beschaffenheit und die Auszeichnung der Qualitäten von Kraftstoffen) schreibt in Anlehnung an die Europanorm DIN EN 590 die Einführung bzw. Abgabe von schwefelarmem Dieselkraftstoff (d. h. mit einem Schwefelanteil von max. 0,005 Gewichtsprozent bzw. 50 ppm) erst ab dem 01.01.2005 verbindlich vor. Seit Januar 2000 gilt ein bereits reduzierter Schwefelgrenzwert von 0,035 Gewichtsprozent. Die Ankündigung einzelner Mineralölgesellschaften, auf freiwilliger Basis bereits vorzeitig schwefelarme oder –freie Kraftstoffe anzubieten, bleibt hiervon unberührt.


Zu 6:

Der Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart achtet bei der Fahrzeugbeschaffung auf eine Ausstattung mit der neuesten Motoren- und Abgastechnik. Besonderes Augenmerk gilt der Reduzierung von Dieselruß- und Stickoxidemissionen.

Derzeit wird bei Ersatz- und Neubeschaffungen von (dieselbetriebenen) Fahrzeugen gefordert, die Fahrzeuge mit Oxidationskatalysator, Dieselrußfilter sowie geeignet für den Einsatz von Biodiesel anzubieten. Falls eine Ausrüstung durch den Hersteller nicht möglich ist, wird geprüft, ob das Fahrzeug von einem Ausrüster nachgerüstet werden kann. Allein durch den Ersatz von Fahrzeugen für die noch keine Zertifizierung der Rußemissionen festgeschrieben war, läßt sich bei den Neufahrzeugen gegenüber den Altfahrzeugen die Rußemission ohne weitere Maßnahmen um bis zu 95 % senken!

Mit besonderem Interesse wird auch die Entwicklung der Denox-Katalysatoren verfolgt. Dieses System läßt eine weitergehende Reduktion der Stickoxid-Emissionen erwarten.



Die SSB AG hat folgende Stellungnahme abgegeben:

Im Rahmen der intensiven Bemühungen zur Reduzierung der Kfz-Schadstoffe werden Abgasnachbehandlungssysteme angeboten, die bei bestimmten Fahrzeugen mit bestimmten Motoren und bei bestimmten Einsatzbedingungen die Schadstoffe merklich reduzieren. Teilweise sind diese Systeme noch nicht ausreichend erprobt, so dass über die Instandhaltungskosten, Standzeiten und Dauerwirkung noch keine ausreichenden Erkenntnisse vorliegen.

Bei Stadtlinienbussen wirkte die SSB an der Entwicklung von Partikelfiltern mit, die in zwei Lieferserien (1990 und 1991) eingebaut wurden. Wegen der Einführung der EURO I-Motoren (1992) konnten für dieses System die erwarteten Produktionszahlen nicht erreicht werden, weshalb die Fertigung eingestellt wurde.

Trotz der enormen Schadstoffreduzierung durch innermotorische Maßnahmen (EURO I und EURO II) hat sich die SSB weiter an Entwicklungen von Abgasnachbehandlungssystemen beteiligt bzw. beteiligt sich noch (Oxikat, CRT, SCRT).

Nachdem für einen Teil der Busse die Zertifizierung mit Oxikat vorlag, hat die SSB Busse mit diesem Abgasnachbehandlungssystem beschafft bzw. dieses nachgerüstet.

Ab 2000 werden Busse mit dem CRT-System beschafft.

Ab Ende 2000/Anfang 2001 besitzen ca. 70 % der SSB-Busse ein Abgasnachbehandlungssystem. Mit den geplanten Bus-Beschaffungen in 2001 und 2002 steigt der Anteil auf 80 bzw. 90 %.

Die Kosten für die Nachrüstung bzw. der Aufpreis bei den Neuwagen beträgt bisher ca. 1 Mio. DM.

Eine zusätzliche Nachrüstung der Busse ohne Abgasnachbehandlungssystem ist – sofern technisch überhaupt möglich – wegen der kurzen Restlaufzeit dieser Busse wirtschaftlich nicht vertretbar.


Die NWS AG nimmt wie folgt Stellung:

In der Vergangenheit diskutierte der NWS-Fuhrpark mehrfach mit Fahrzeugherstellern über den Einsatz von Dieselrußfiltern. Eine erneute Umfrage zeigt, dass die Lieferanten derzeit mindestens für die von den NWS genutzten Fahrzeuge keine Dieselrußfilter liefern können.

Dennoch wird von sämtlichen Fahrzeugen die Euro-III-Norm voll eingehalten.

Durch die Finanzierung und den Betrieb einer öffentlichen Erdgas-Tankstelle bereits seit März 1996 sowie die Nutzung und Erprobung zahlreicher Erdgas-Fahrzeuge erbrachten die NWS erhebliche Vorleistungen zur Nutzung dieser umweltfreundlichen Energie.

Die NWS würden es daher sehr begrüßen, wenn auch im Bereich der Stadt Stuttgart verstärkt Erdgasfahrzeuge eingesetzt werden.

Zu 7:

Eine von Stadt, Automobilindustrie, IHK u. a. gemeinsam durchgeführte Informationskampagne wurde zwischenzeitlich begonnen. So fand am 16. Oktober 2000 im Rathaus eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung des Stuttgarter Forums “Auto und Umwelt” zum Thema “Reduktion von Dieselruß” statt. Unter Leitung von Herrn Bürgermeister Beck fand am 15. November 2000 eine erste Besprechung über Maßnahmen zur Reduzierung von Dieselruß in Stuttgart statt. An der Besprechung waren neben städtischen Vertretern das Ministerium für Umwelt und Verkehr, die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart, die Firma DaimlerChrysler, die Handwerkskammer Region Stuttgart und die Kreishandwerkerschaft Stuttgart beteiligt. Als ein Ergebnis dieser Besprechung ist geplant, eine gemeinsame Informationsschrift zum Thema Reduzierung von Dieselruß in Stuttgart zu erstellen. Dabei soll u. a. auch für technisch mögliche Nachrüstungen und den Kauf technisch optimierter Motorentechnik geworben werden.





Dr. Wolfgang Schuster