Beantwortung zur Anfrage
247/2008

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 12/18/2008
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 3220 - 01



Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Datum
    06/27/2008
Betreff
    Werke von Max Ackermann
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Es gibt vielfältige Bezüge im Leben von Max Ackermann, die mit Stuttgart verbunden sind. Auf einige seiner „Stuttgarter Lebensabschnitte“, sei im Folgenden verwiesen:

„Max Ackermann, der 1887 in Berlin geborene Künstler und wichtigste Schüler Adolf Hölzels zählt zu den international anerkannten Vertretern der Klassischen Moderne. Den größten Teil seines Lebens verbrachte er in Stuttgart. Dort schuf er ab 1918 abstrakte Kompositionen, malte aber bis in die 1940er Jahre hinein auch figürlich, in den 20er Jahren auch sozialkritisch und im Stil der Neuen Sachlichkeit. Sein Malstil und seine Sympathie für den Kommunismus führten im 3. Reich zu Lehr- und Ausstellungsverbot und trieben ihn in die innere Emigration an den Bodensee. Nach 1945 verhinderte seine linke politische Einstellung eine Berufung auf den Lehrstuhl Hölzels an der Stuttgarter Akademie. Seine Arbeiten, vor allem seine Bildidee „Überbrückten Kontinenten“ und seine „musikalischen Abstraktionen“ machten ihn zum unverwechselbaren Protagonisten der Moderne in den fünfziger Jahren. Bis ins Todesjahr 1975 war er künstlerisch tätig.“
Quelle Ackermann Archiv M.A.


Die in der Anfrage erwähnten Arbeiten befinden sich überwiegend in Schulen. Sie werden nachfolgend beschrieben und in ihrem Zustand beurteilt:



Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule, 70190 Stuttgart, Sickstraße 165

„Spaziergang durch Arkadien“
Wandgestaltung in Keramik auf der Wand im Hallenbau
des Wirtschaftsgymnasiums, Entwurf 1958
Umsetzung 1959 von Kusmann-Keramik, Hanau Württemberg

Auf einer langen roten Ziegelwand des Hallengebäudes ist der „Spaziergang durch Arkadien“ als Wandfries in geometrisch angeordneten Keramiken in den Farben blau, gelb, grau, weiß und orange eindrucksvoll aufgebracht.

Zustand:
Einige der geometrischen, auf der Wand aufgesetzten Keramikteile fehlen oder sind beschädigt. Zwischen den Keramiken mit Brandglasur sind Lichtschalter eingebaut, die das Gesamtbild, genauso wie Fluchtschilder, Piktogramme oder auf den Türen aufgeklebte Infoschreiben stören.

Hier kann Abhilfe geschaffen werden, wenn Mittel zur Verfügung gestellt werden, um den Wandfries zu ergänzen bzw. zu restaurieren. Da der Entwurf der Arbeit existiert, kann restauratorisch festgelegt werden, welche Teile ergänzt bzw. repariert werden müssen. Hierzu sind entsprechend Fachleute in enger Abstimmung mit dem Max Ackermann Archiv einzubeziehen.


Mühlbachhofschule, 70192 Stuttgart-Nord, Parlerstraße 100

In der Mühlbachhofschule, einer Grundschule in der Parlerstraße, befinden sich zwei Werke von Max Ackermann aus dem Jahre 1959, die von der Firma Derix technisch umgesetzt wurden.

Im Zentrum der Schule wird die ursprüngliche Eingangshalle durch ein sehr schönes Betonglasfenster, das als kleine Kuppel in einem runden Deckenausschnitt eingelassen ist, effektvoll belichtet, so dass der Eindruck eines Sternenhimmels entsteht. Unter dem Deckenfeld steht ein Betongussbrunnen, der die Bedeutung des Ortes noch verstärkt. Der Brunnen wurde 1959 von Bildhauerin Erdle-Wießler entworfen und von Beton Schönfeld 1959 umgesetzt.
Ein kleineres Betonglasfenster mit abstrakten Motiven in leuchtenden Farben befindet sich in einer Wandnische des ehemaligen Sekretariats.

Zustand:
Die beiden Arbeiten befinden sich optisch bzw. nach Augenschein in einem guten Zustand. Über einen Schutz der Arbeiten von außen sollte nachgedacht werden.



Fanny-Leicht-Gymnasium, 70563 Stuttgart, Fanny-Leicht-Straße 13

Im Musiksaal (ehemaliger Singsaal) des Fanny-Leicht-Gymnasiums befindet sich in einer Wandnische ein abstraktes, in Bleiverglasung ausgeführtes Glasfenster Max Ackermanns, das 1958 von Glasmaler Saile ausgeführt wurde.

Zustand:
Das Glasfenster ist in einem optisch bzw. nach Augenschein gutem Zustand und an der Fassade von außen durch eine aufgesetzte Isolierverglasung geschützt.

Außerdem fanden wir im Sekretariat eine handsignierte abstrakte Graphik von Max Ackermann. Hier wäre zu prüfen, ob sie in das Werkverzeichnis des Künstlers aufgenommen wurde. Wir werden dazu einen Kontakt mit dem Max-Ackermann-Archiv herstellen.


Königin-Olga-Stift, 70176 Stuttgart, Johannesstraße 18
Glasfenster Musiksaal

1954 von Max Ackermann geschaffenes hohes, bleiverglastes abstraktes Farbfenster für den im 2. OG der Schule liegenden Musikraum (ehem. Singraum), von Firma Saile ausgeführt. Das Fenster befindet sich optisch bzw. nach Augenschein in einem guten Zustand. Das Glasbild befindet sich an exponierter Stelle des Musikraumes.

Zustand:
Leider ist vor dem Glasbild eine nicht funktionsfähige Leinwand aufgehängt, die das Bild fast vollständig verdeckt. Der Raum ist nur zum Unterricht geöffnet. Wir schlagen vor, die Leinwand funktionsfähig an anderer Stelle einzubauen, damit das Bild im Musiksaal wieder erlebt werden kann.


Mineralbad Berg, 70190 Stuttgart-Ost, Am Schwanenplatz 9

Hier befindet sich in der Eingangshalle ein 1959 von Max Ackermann entworfenes rundes, abstraktes Farbfenster in Blei gefasst. Es ist in einem Deckenausschnitt eingelassen.

Zustand:

Der optisch im Wesentlichen gute Eindruck wird durch einen feinen Riss in einer bleigefassten Scheibe gestört, er sollte repariert werden. Ein kleiner Bleisteg sollte durch die Firma Derix, die europaweit die besten Referenzen in der Herstellung von Glasfenstern hat, ausgeführt werden. Das Farbfenster ist durch den darüber liegenden Dachraum geschützt. Auch hier wird vor der Restaurierung der Arbeit Kontakt zum Max Ackermann Archiv aufgenommen.

Durch ein Portrait von Max Ackermann, das an markanter Stelle in der Eingangshalle hängt, werden Besucher auf den Künstler des Deckenbildes wirkungsvoll hingewiesen.



Altes Leichenhaus auf dem Pragfriedhof

Das 1952 von Max Ackermann für das alte Leichenhaus des Pragfriedhofs geschaffene Glasfenster, das von Firma Saile ausgeführt wurde, ist lt. Aussage des Garten-, Friedhofs- und Forstamts sicher verpackt und lagert in einem Archivraum. Das Glasbild soll nach der Sanierung des Alten Leichenhauses wieder dort eingebaut werden. Heute schon werden im Alten Leichenhaus Exponate in der Art einer kleinen Ausstellung ausgestellt, die in der Zwischenzeit fester Bestandteil von Führungen durch den Pragfriedhof geworden sind und damit auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.


Zusammenfassung:

Alle Werke machen mit kleinen Abstrichen einen optisch ansprechenden Eindruck. Wie schon erwähnt, sollten für das Restaurieren des Wandfrieses, wie auch des Deckenglasfensters im Mineralbad Berg Mittel bereitgestellt werden. Auch wäre anzuraten, die Bleistege der Glasfenster genauer zu prüfen. Da das Max Ackermann Archiv Inhaber der Urheberrechte M. Ackermanns ist, müssen alle beabsichtigten Restaurationsarbeiten vorab einvernehmlich abgestimmt werden.

Die beschriebenen „Kunst am Bau Werke“ von Max Ackermann tragen wesentlich zur Innenraumqualität und Atmosphäre der Gebäude bei. Kunst kann hier alltäglich begegnet werden, Lehrer können die Unikate in den Schulunterricht einbeziehen, Kinder und Erwachsene können sich so in ihrer Umgebung besser orientieren und sich mit ihr eindeutig identifizieren.

Besucher des Friedhofs könnten in Führungen Max Ackermann begegnen. Letztere vom Garten-, Friedhofs- und Forstamt angesprochene Maßnahme, zur Verankerung dieser Werke im öffentlichen Bewusstsein könnte auch themengebunden bei Kunstführungen aufgenommen werden oder eventuell sogar in eine der Stuttgarter Kunstnächte eingebunden werden, wenn z. B. abstrakte Malerei ein Thema sein sollte. Nach dem Krieg ist Max Ackermann sicherlich im süddeutschen Raum nach Baumeister und Bissier einer der wichtigen abstrakten Künstler.

Auch könnten die genannten Werke in einem Kunst- oder Architektenführer über Stuttgart aufgenommen werden und so der interessierten Öffentlichkeit Max Ackermann besser und vermehrt vermittelt werden.





Dr. Wolfgang Schuster