Beantwortung zur Anfrage

359/2002

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 01/07/2003
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 1001-00



Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Datum
    10/15/2002
Betreff
    Nochmals: Datenschutz bei der Bußgeldbehörde
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Zu dem von der Bußgeldstelle zuletzt praktizierten Online-Zugriff auf das Pass- und Personalausweisregister hat das Innenministerium Baden-Württemberg auf ent- sprechende städtische Anfrage jetzt abschließend Stellung genommen. Das Innen- ministerium kommt dabei zu der Auffassung, dass es den Bußgeldbehörden derzeit rechtlich verwehrt ist, online auf das Pass- und Personalausweisregister zuzugreifen. Begründet wird diese Meinung im Wesentlichen mit der in § 22 Abs. 2 Satz 1 Pass- gesetz bzw. § 2b Abs. 2 Satz 2 Personalausweisgesetz enthaltenen Bestimmung, wonach die Datenübermittlung aus dem Pass- und Personalausweisregister ein entsprechendes Ersuchen voraussetzt. Darüber hinaus wird festgestellt, dass das Pass- und Personalausweisregister, anders als das öffentliche Melde-, Handels- oder Gewerberegister, keine Auskunftsdatei darstellt und deshalb für Datenübermittlungen nur in äußerst beschränktem Umfang zur Verfügung stehen kann. Auch die in- zwischen ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (Beschluss vom 26.8.2002, AZ.: 1 Ss 230/2002) führt nach Einschätzung des Innenministeriums zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Dies vor allem deshalb, weil nach dortiger Auffassung das OLG Stuttgart die Frage der Auslegung des im § 22 Abs. 2 Satz 1 enthaltenen Begriffs des “Ersuchens” nicht im Einzelnen geprüft, sondern die Zuläs- sigkeit des Online-Zugriffs letztlich von vornherein unterstellt hat.

Die von städtischer Seite in diesem Zusammenhang ebenfalls angeregte Initiative zur Schaffung der für einen Online-Zugriff erforderlichen Rechtsgrundlagen wird derzeit noch vom Innenministerium in Abstimmung mit dem Ministerium für Umwelt und Ver- kehr geprüft.

Zu den konkret angesprochenen Punkten im Einzelnen folgendes:

1. Die Digitalisierung des Altbestandes an Pass- und Personalausweisanträgen er- folgte in der Zeit von Februar 1999 bis Frühjahr 2000. Seit Juni 2000 werden auch die aktuellen Antragsbelege erfasst.

Die digitale Speicherung der Pass- und Personalausweisanträge dient insbeson- dere dem Interesse eines effizienten und rationellen Kundenservice. Dieser kann im wesentlichen durch einen schnellen und gezielten Zugriff auf die benötigten Informationen, den Wegfall eines hohen Sortier- und Suchaufwands sowie durch verkürzte Warte- und Bearbeitungszeiten gewährleistet werden. Ein weiterer Aspekt der Digitalisierung war die Gewinnung von dringend benötigtem zusätz- lichem Büroraum.

2. Die digitale Umstellung des Archivs erfolgte auf Veranlassung des Amts für öffent- liche Ordnung und erforderte Investitionen von rd. 195.000,-- DM; die Nacherfas- sung von rd. 1 Million Altanträgen verursachte weitere Kosten i. H. von
280.000,-- DM. Im Gegenzug konnten durch die digitale Archivierung zwei Planstellen im Bereich der Pass- und Personalausweisaktei gestrichen und somit Personalkosten in Höhe von jährlich rd. 106.000,-- DM / 54.000,-- € eingespart werden.

3. Der Lichtbildabgleich über den Online-Zugriff der Bußgeldstelle auf das Pass- und Personalausweisregister ist nach der förmlichen Beanstandung durch den Landes- beauftragten für den Datenschutz vom 14.02.2002 ausgesetzt worden. Die zur Beweissicherung benötigten Daten fordert die Bußgeldstelle bei der Pass- und Personalausweisbehörde seither wieder mit erheblichem personellen Mehraufwand und mit Zeitverzögerungen schriftlich an.

4. Eine ausdrückliche Information der Antragsteller über die gesetzlich zulässigen Übermittlungsmöglichkeiten nach § 22 Abs. 2 Passgesetz und § 2 b Abs. 2 Personalausweisgesetz erfolgt nicht. Sie lässt sich auch nicht aus den Regelungen der beiden anzuwendenden Rechtsvorschriften herleiten.

Nach den Vorschriften des Pass- und Personalausweisgesetzes (§ 21 Abs. 1 PassG, § 2 a Abs. 1 Personalausweisgesetz) sind die Passbehörden verpflichtet, Pass- bzw. Personalausweisregister zu führen. Zum zwingenden Inhalt der Re- gister zählt auch das Lichtbild des Antragstellers.

Die Wahl und die Form der Registerführung bleibt den Passbehörden überlassen. Eine digitale Speicherung des Lichtbildes ist eine Form der zulässigen technisch- organisatorischen Gestaltungsmöglichkeiten. Es ist lediglich sicherzustellen, dass Lichtbild und Unterschrift dem Datensatz des jeweiligen Passinhabers eindeutig zuzuordnen ist. Das eingesetzte EDV-Verfahren erfüllt diese Voraussetzung.

Der Antragsteller kann der Speicherung seines Passbildes, sowohl im Original als auch in digitalisierter Form nicht widersprechen. Er muss die Archivierung seiner Daten samt Lichtbild im Passregister dulden und auch die von der Passbehörde gewählte Art und Weise der Registerführung hinnehmen.







Dr. Wolfgang Schuster