Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 12/19/2005
Der Oberbürgermeister
GZ: OB-1207-00
Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
Schmid Roland (CDU), Dr. Unold Ilse (CDU), Metke Christina (CDU), Schorn Stefanie (CDU)
Datum
10/04/2005
Betreff
Verkehrsteilnahme unter Drogeneinfluss
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
Der steigende Drogenkonsum insbesondere junger Menschen wirkt sich auch auf die Verkehrssicherheitslage aus. Dies hat zur Folge, dass sich die Bekämpfung des Drogenkonsums im Straßenverkehr inzwischen zu einem Aufgabenschwerpunkt von
Polizei und Amt für öffentliche Ordnung entwickelt hat.
Polizei und Stadtverwaltung begegnen der Problematik nicht nur mit repressiven Mitteln. In Kooperation mit anderen Aufgabenträgern/Institutionen werden vielfältige Maßnahmen ergriffen, deren gemeinsames Ziel es ist, die besonders gefährdete Personengruppe der Schüler und Jugendlichen über die Hintergründe und Gefahren des Drogenkonsums aufzuklären. Damit wird ein wichtiger Beitrag geleistet, um den Einstieg junger Menschen in den Drogenkonsum zu verhindern und damit künftige Drogenfahrten zu vermeiden.
Zu 1.
Nach den Erkenntnissen des Polizeipräsidiums Stuttgart stieg die Zahl der jährlich festgestellten drogenbeeinflussten Kraftfahrer im Bereich der Landeshauptstadt Stuttgart von 159 im Jahr 2000 auf 272 im Jahr 2004. Dies stellt eine Steigerung von 71 % dar, wobei diesbezüglich von einem erheblichen Dunkelfeld auszugehen ist. Im gleichen Zeitraum stieg auch die Zahl der registrierten Verkehrsunfälle infolge Drogeneinflusses von 22 (2000) auf 31 (2004). In der Mehrzahl der Fälle (61 %) standen die Betroffenen dabei unter der berauschenden Wirkung von Cannabis.
Zu 2.
Bislang fehlt es an einer altersmäßigen Gliederung der Polizeistatistik über folgenlose Drogenfahrten. Der Blick auf die Verursacher drogenbedingter Verkehrsunfälle zeigt jedoch, dass ca. 77 % der Drogenunfälle von der Gruppe der bis zu 34 Jahre alten Verkehrsteilnehmer verursacht werden. Mit dieser Zahl korrespondieren die Eindrücke aus der Verkehrsüberwachung, so dass aus polizeilicher Sicht festgestellt werden kann, dass der Schwerpunkt der drogenauffälligen Verkehrsteilnehmer eindeutig bei der Gruppe der jüngeren Kraftfahrer liegt.
Einen Rückgang jugendlicher Verkehrsdelikte bei insgesamt steigenden Fallzahlen weist die Jugendgerichtshilfestatistik des Jugendamts aus. Danach wurden im Jahr 2003 179 und im Jahr 2004 126 Verkehrsdelikte vor dem Jugendgericht verhandelt. Unter den abgeurteilten Verkehrsdelikten befanden sich im Jahr 2003 6 Drogen- und 38 Alkoholverstöße. Im Jahr 2004 belief sich die Zahl auf 3 Drogen- und 22 Alkoholverstöße.
Zu 3.
Das Polizeipräsidium Stuttgart und das Amt für öffentliche Ordnung verbindet auf dem Gebiet der Bekämpfung von Drogenfahrten eine langjährige Sicherheitspartnerschaft. Im Jahr 1997 wurde als gemeinsames Projekt das so genannte “Stuttgarter Modell” initiiert. Dessen Ziel war es, Drogen konsumierende und damit ungeeignete Fahrerlaubnisinhaber durch die polizeirechtliche Beschlagnahme des Führerscheins und die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis schnellstmöglich von der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr auszuschließen. Nachdem sich das Konzept in der Praxis bewährt hatte, wurde es im Jahr 2004 im Regierungsbezirk Stuttgart verbindlich eingeführt.
Mit der Verfügbarkeit geeigneter Drogenvortestgeräte ab etwa dem Jahr 2000 entwickelte sich die Bekämpfung des Drogenkonsums im Straßenverkehr zu einem besonderen Schwerpunkt in der polizeilichen Verkehrsüberwachung. Mit verstärkten Personen- und Fahrzeugkontrollen sowie gezielten Drogenkontrollen an ausgewählten Örtlichkeiten wurde auf die Zunahme von Drogendelikten im Straßenverkehr reagiert. Zu diesem Zweck wurden nahezu alle Beamtinnen/Beamte des Polizeipräsidiums Stuttgart in der Erkennung einer Drogenbeeinflussung geschult.
Seit dem Jahr 2002 ist die Aufdeckung und Verfolgung von Drogendelikten im Straßenverkehr überdies Kernpunkt einer Zielvereinbarung mit dem Innenministerium.
Im Mai 2005 wurde die “Konzeption zur verstärkten Bekämpfung des Fahrens unter Drogeneinfluss” entwickelt, von der sich das Polizeipräsidium Stuttgart eine weitere Erhöhung der Effizienz bei der Bekämpfung von Drogendelikten erwartet.
Seit Mitte des Jahres beteiligt sich das Polizeipräsidium Stuttgart an dem bundesweiten Modellprojekt “FreD - Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten”. Dabei handelt es sich um ein Projekt des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung, das in Stuttgart von release U 21 in Kooperation mit Staatsanwaltschaft Stuttgart, Jugendgerichtshilfe und Dezernat für Betäubungsmittelkriminalität umgesetzt wird.
Das 8-stündige Kursangebot richtet sich an erstmalig durch den Besitz von Cannabis, Amphetaminen oder Ecstasy aufgefallene 14- bis 21-jährige Personen. Den Kursteilnehmern soll Wissen aus den Bereichen Recht, Drogenkunde und Entstehung von Sucht vermittelt werden. Außerdem sollen sie in die Lage versetzt werden, ihr Drogenkonsummuster zu erkennen und in der Gruppe Verhaltensalternativen zu entwickeln.
Ergänzend dazu führt die Jugendgerichtshilfe zusammen mit der ambulanten Beratungs- und Behandlungsstelle des Bürgerhospitals im Klinikum sowie in Absprache und Kooperation mit der Staatsanwaltschaft Stuttgart das Präventionsangebot
“DRIP - Drogeninformationsprojekt” durch. Zielgruppe dieser niederschwelligen Maßnahme sind junge Menschen, die erstmals durch den Erwerb oder den Konsum so genannter weicher Drogen wie Cannabis aufgefallen sind. Im Rahmen von “DRIP” werden auch die fahrerlaubnisrechtlichen Aspekte eines Drogenkonsums erörtert.
Zu 4. und 5.
Im Jahr 2004 führte die Stuttgarter Polizei insgesamt 205 Informations- und Aufklärungsveranstaltungen zum Thema Drogen für Jugendliche aller Altersgruppen durch. Den Schwerpunkt bildeten Drogenpräventionsveranstaltungen in Schulklassen der Stufen 7 und 8. Darüber hinaus wurden Veranstaltungen in Jugendhäusern, Ausbildungsbetrieben und Vereinen durchgeführt. Zudem wurden Elternabende angeboten, auf denen neben allgemeinen Informationen zum Thema Drogen auch Hilfsmöglichkeiten für den Umgang mit suchtgefährdeten Kindern und Jugendlichen vermittelt wurden. Die Problematik Drogen und Straßenverkehr wurde außerdem im Rahmen von Veranstaltungen zur Verkehrserziehung an Haupt-, Real- und Berufsschulen sowie an Gymnasien thematisiert.
Neben seiner Beteiligung an verschiedenen Drogenpräventionsprojekten wirkt das Jugendamt in Gerichtsverfahren wegen Drogenkonsums oder -besitzes vor dem Jugendgericht mit. Im Rahmen dessen informiert und berät das Jugendamt die drogenauffälligen jungen Menschen. Dies schließt die Prüfung von Leistungen der Jugendgerichtshilfe und die Weitervermittlung der Betroffenen an die Suchtberatungsstellen von Release und Klinikum Stuttgart ein.
Nachfolgend wird eine Übersicht über das vernetzte Zusammenwirken von Polizei, Stadtverwaltung und Partnerinstitutionen am Beispiel aktueller und abgeschlossener Projekte gegeben.
“Kiffen – (k)ein Thema”
Bei diesem Projekt informiert das Dezernat für Betäubungsmittelkriminalität mit Unterstützung durch Kooperationspartner Jugendliche, Eltern und Lehrer über Cannabis und seine Auswirkungen mit dem Ziel, den Einstieg in den Drogenkonsum zu verhindern bzw. Handlungsalternativen aufzuzeigen. Zielgruppe sind Schüler der Klassenstufe 8. Diese sind aufgerufen, ihre durch Spielszenen und Informationsveranstaltungen gewonnenen Eindrücke und Erkenntnisse in eigenen Beiträgen festzuhalten.
Am Projekt beteiligt sind Gesundheitsamt, Jugendamt, Staatliches Schulamt, release U 21, Wilde Bühne, Lagaya u. a. m. Die Auftaktveranstaltung fand am 10.11.2005 im Rathaus statt. Höhepunkt und Abschluss des Projekts ist die Prämierung des besten Schülerbeitrags im März 2006.
“Mit Spaß und Spiel gegen Drogen und Gewalt”
Diese Aktion wurde in den Jahren 2000/2001 und 2004/2005 als gemeinschaftliche Initiative des VfB Stuttgart, der Stuttgarter Schulen und der Polizei zur Aufklärung über Jugendgewalt und Drogendelinquenz durchgeführt. Dabei wurden in den Klassenstufen 7 und 8 zahlreiche Veranstaltungen mit dem Schwerpunkt Drogenprävention angeboten.
“Sucht- und Gewaltpräventionswochen”
Im Oktober 2005 fand in Stuttgart-Zuffenhausen unter Beteiligung von Schulen, Kindertagesstätten, Mobile Jugendarbeit, dem Polizeirevier Zuffenhausen und weiteren Partnern die 11. Sucht- und Gewaltpräventionswoche statt. Hierbei wurden zahlreiche Aktivitäten angeboten, mit Hilfe derer sich Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit den Problembereichen Sucht und Gewalt auseinandersetzen konnten.
“Suchtpräventionstage”
Im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Suchtpräventionstage im Haus 49, Gesellschaft für soziale Jugendarbeit, informierte das Polizeirevier Wolframstraße auch in diesem Jahr über den Problembereich Drogen. Hierbei wurde das Polizeirevier vom Dezernat für Betäubungsmittelkriminalität, der Rauschgiftaufklärungsgruppe/Mobile Prävention des Landeskriminalamts sowie weiteren mit dem Thema Drogenprävention befassten Einrichtungen unterstützt.