Beantwortung zur Anfrage Nr. / Stellungnahme zum Antrag Nr.
345/2000
Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart,
07/13/2000
Der Oberbürgermeister
GZ:
OB 1730-05
Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
Dr. Unold Ilse (CDU), Hill Philipp (CDU), Schmid Angela (CDU), Schmid Roland (MdL) (CDU)
Datum
03/23/2000
Betreff
Zivildienstverkürzung
Anlagen
Beantwortung/ Stellungnahme:
Vorbemerkung: Durch die Verkürzung der Zivildienstzeit stehen die Zivildienstleistenden den Diensten nur noch faktisch 10 Monate im Jahr zur Verfügung, da die Zivildienstleistenden meistens ihren Urlaub zum Dienstende nehmen. Überlagerungen von Dienstzeiten sind jetzt nicht mehr möglich. Dies bedeutet, daß die erfahrenen Zivildienstleistenden die neuen nicht mehr einarbeiten können.
Aufgrund der Regelung der Zivildienstverkürzung ab 1. Juli 2000 rechnen die Träger bereits ab Juni 2000 mit Ausfällen in den Bereichen, in denen Zivildienstleistende eingesetzt werden konnten (z. B. Fahrdienste, untergeordnete Leistungen in der Pflege)
Da sich durch die Verkürzung der Zivildienstzeit auch die Zahl der Zivildienstleistenden pro Jahr verringert, müßten die Träger dies durch zusätzliche Festangestellte kompensieren. Dies ist aus Kostengründen nur in geringem Umfang möglich.
Ein Teil der Dienstleistungen im Pflegebereich wird von den vorhandenen Pflegekräften übernommen werden. Generell wird eine Einschränkung im Angebot der Träger erwartet, z. B. Hilfestellung beim Aufsuchen von Ärzten, Behörden, Ausbildungsstätten usw.
Bisher werden Fahrten im Rahmen der Hol- und Bringedienste bei Begegnungsstätten und Mittagstischen von Altenhilfeträgern gefördert. Ähnliches trifft auch auf die Träger der Jugendhilfe zu. Es blieb dabei den Trägern aber immer selbst überlassen, in welchem Umfang Zivildienstleistende eingesetzt werden. Ein eigener Fördergegenstand waren diese Zivildienstleistenden nicht.
Es kann auch nicht als Aufgabe der Kommunalverwaltung gesehen werden, negative Auswirkungen der Bundesgesetzgebung durch eigene freiwillige Förderleistungen zu kompensieren.
Für die Einrichtung des Eigenbetriebs Leben und Wohnen stellt sich die Situation folgendermaßen dar:
4.1 Verbund Hans-Rehn-Stiftung
Im Verbund der Hans-Rehn-Stiftung gibt es insgesamt 13 Zivildienststellen. Davon sind zur Zeit 10 Stellen besetzt. Im Sommer ist mit massiven Engpässen bei der Besetzung der Pflege-Zivildienststellen zu rechnen. Dies soll durch zusätzliche Pflegehelferinnen ausgeglichen werden, die aber aus finanziellen Gründen nicht in dem gleichen Stellenumfang wie Zivildienstleistende beschäftigt werden können. Im Technischen Dienst kann die Folge sein, daß Aufträge aus dem betreuten Wohnen unter Umständen nicht sofort erledigt werden können und das Angebot der technischen Leistungen verringert werden muss.
Einschränkungen im Pflegebereich wird es ganz sicher im Begleitdienst zu Ärzten usw. geben. Besuche/Spaziergänge/Erledigungen für Bewohnerinnen und Bewohner sind nicht mehr möglich. Zivildienstleistende werden auch zur Essenausgabe eingesetzt. Dies muß dann auch vom Pflegepersonal in vollem Umfang übernommen werden.
4.2 Haus Sonnenberg
Im Haus Sonnenberg wird der Fahrdienst in der Tagespflege von Zivildienstleistenden abgedeckt. Hier ist ab Sommer 2000 mit Engpässen bei den Zivildienstleistenden zu rechnen, d. h. der Fahrdienst muß an einen fremden Anbieter vergeben werden. Dies wird die Kosten erhöhen. Entsprechende Angebote wurden noch nicht eingeholt. Im Haus Sonnenberg sind derzeit fünf Zivildienstleistende beschäftigt. Für die Zeit ab Sommer 2000 gibt es bisher eine Anmeldung. Es ist damit zu rechnen, daß es einen Rückgang in der Nachfrage geben wird. Betroffene Bereiche, wie schon oben genannt, sind der Fahrdienst (Alternative dazu wäre eine Fremdvergabe), die Hausmeisterei (Alternative: Überstunden der Arbeiter/Handwerker), Versorgung und Betreuung (Alternative: Übernahme der Tätigkeiten durch Arbeiter, Verwaltungskräfte, Pfleger). Alle Alternativen sind um ein Vielfaches teurer. Das Haus bietet im Moment nicht genügend Personalkapazität, um diese Bereiche aufzufangen. Es wird eine Verringerung des Angebots/der Qualität geben. Gegebenenfalls muß über eine Erhöhung des Stellenumfangs diskutiert werden.
4.3 Altenzentrum Zamenhof
Von insgesamt 10 Zivildienststellen im Altenzentrum Zamenhof ist derzeit nur eine Stelle im Technischen Dienst besetzt. Eine neue Bewerbung für das Jahr 2000/2001 liegt nicht vor. Acht Stellen in der Pflege und eine Stelle in der hauswirtschaftlichen Versorgung sind nicht besetzt und konnten in den vergangenen Jahren auch nur sporadisch (ein bis zwei pro Jahr) besetzt werden. Es ist kaum noch möglich, Zivildienstleistende in der Pflege zu bekommen. Zunehmend gibt es auch Schwierigkeiten, die Stelle des Technischen Dienstes/Hausmeisters zu besetzen. Aufgrund der Verkürzung der Dienstzeit und der erhöhten Kosten wird der Einsatz immer fragwürdiger.
Die Zivildienststellen im Haus Heidehof (eine Stelle Technischer Dienst/Hausmeister) und Hasenbergheim (eine Stelle Technischer Dienst/Hausmeister) und zwei Stellen in der Pflege sind derzeit nicht besetzt.
4.4 Wohnheim Nordbahnhofstraße
In die Anfrage der CDU-Gemeinderatsfraktion vom 23.03.2000 wurde die Wohnungslosenhilfe nicht miteinbezogen. Es ist davon auszugehen, daß sich hier auch ein ähnliches Problem abzeichnet. Im Wohnheim Nordbahnhofstraße sind derzeit von 13 Zivildienstleistenden sechs Stellen besetzt. Engpässe werden versucht durch FSJ-lerinnen auszugleichen. Ob dies in vollem Umfang gelingt, ist fraglich.
4.5 Neeffhaus
Im Neeffhaus sind vier Stellen für Zivildienstleistende vorgesehen. Diese waren über die Jahre auch immer besetzt. Das Neeffhaus benötigt vier Zivildienstleistende, da diese je eine Woche im Nachtdienst tätig sind. Zwei Zivildienstleistende im Tagdienst sind überwiegend an der Pforte, für Umzüge, Hausmeistertätigkeiten usw. tätig (Das Neeffhaus beschäftigt keinen eigenen Hausmeister).
Bis jetzt sind für Dienstbeginn ab Sommer nur zwei Stellen besetzt. Alternative Maßnahmen könnten die Gewinnung eines rüstigen Rentners für die Hausmeistertätigkeiten bzw. die Aufstockung einer teilzeitbeschäftigten Kraft sein, die bis jetzt nur am Wochendende und im Nachtdienst arbeitet. Das Problem des Nachtdienstes bleibt und wird zu Auseinandersetzungen auch mit den derzeit beschäftigten Aushilfskräften führen. Eine Überforderung ist jetzt schon abzusehen. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass alles, was nicht über geringfügige Beschäftigte abgedeckt werden kann, zu einer Kostensteigerung führt.
4.6 Parkheim Berg
In der Altenpflege zeichnet sich seit Jahren ein deutlicher Abwärtstrend ab. Die Arbeitsbedingungen sind für junge Männer nicht mehr attraktiv, die Alternativen wie Fahrdienste o. ä. dagegen eher. Seit 1999 sind selbst Stellen im Bereich der Haustechnik nur noch sehr schwierig zu besetzen. Die Verkürzung der Zeiten führen zu einem deutlichen Motivationsverlust ("Die paar Monate krieg ich schon irgendwie rum"). Die Konsequenzen: Höhere Personalkosten, da die Arbeit in den jeweiligen Bereichen von fest Angestellten bzw. 630-Kräften erledigt werden muss.
4.7 Zentraler Dienst
Im Zentralen Dienst ist derzeit ein Zivildienstleistender beschäftigt. Für das Jahr 2000/2001 liegen keine Bewerbungen vor. Vom Zivildienstleistenden werden eine Reihe von Zuarbeitungsaufgaben erledigt, die vom vorhandenen Personal dann aufzufangen sind.
Die Träger der offenen Altenhilfe werden massiv durch die Einschränkung im Zivildienst getroffen. Es ist mit der Einschränkung von Angeboten zu rechnen, zur Zeit lassen sich diese aber noch nicht quantifizieren oder qualifizieren.
Dr. Wolfgang Schuster