Beantwortung zur Anfrage
234/2007

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 06/12/2007
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 3241-01



Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Datum
    05/18/2007
Betreff
    Subventionierung der Freien Kunstschule
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:



Für die aufgrund des starken Absinkens der Studierendenzahlen in ihrer Weiterexistenz gefährdete Freie Kunstschule Stuttgart wurde 2001 in einem Gutachten des Instituts für Kulturmanagement der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg von Prof. Dr. Heinrichs eine Strategieplanung zur Sicherung der Institution erstellt.

Um den Erhalt der Freien Kunstschule Stuttgart zu sichern, stellte der Gemeinderat entsprechend der Empfehlung des Gutachtens in den Haushaltsplanberatungen zum Haushalt 2002/2003 zusätzlich zur Dauerförderung eine Anschubfinanzierung von 128.200 Euro in den Haushalt ein.

Diese Sondermittel wurden in drei abgestuften Tranchen zusätzlich zur Regelförderung 2002 bis 2004 wie folgt ausgezahlt:

Jahr
Regelförderung
Anschubfinanzierung
Gesamtsumme
2002
163.400 € 63.900 € 227.300 €
2003
166.000 € 38.300 € 204.300 €
2004
166.000 € 26.000 € 192.000 €
2005
166.000 €

Ab 2005 erfolgte wieder die Regelförderung von 166.000 Euro.
Im Zuschussbetrag ist eine an die Stadt zu entrichtende Miete in Höhe von ca. 100.000 Euro enthalten.

Die Freigabe der Sondermittel erfolgte nachdem die Freie Kunstschule Stuttgart ein am Maßnahmenkatalog des Gutachtens orientiertes Handlungskonzept vorgelegt hatte. Zentrale Forderungen waren die Optimierung der Marketing-Konzeption und die Neubesetzung der Schulleitung.

Die Umsetzung des Handlungskonzepts erfolgte entsprechend den Vorgaben des Kulturamts, das den Gemeinderat über die Entwicklung informierte. Die Sondermittel wurden nicht - wie fälschlicherweise in der Presse berichtet - für die Sanierung eines Gebäudes der Freien Kunstschule Stuttgart eingesetzt, sondern ausschließlich zur Umsetzung des Handlungskonzeptes. Dies geht eindeutig aus den Verwendungsnachweisen der FKS hervor, die durch die Kulturverwaltung geprüft wurden.

Dort sind auch die Aufwandsentschädigungen aufgeführt, die Vorstandsmitglieder erhielten. Für die Jahre 2000 bis 2006 waren dies insgesamt 52.816 Euro, davon 6.120 Euro im Jahr 2006.

Unter der Leitung des neuen Rektors Welf Oertel, der den langjährigen Schulleiter Karl Karsten im Juni 2003 ablöste, erfolgte die geforderte kritische Prüfung und Neupositionierung der Freien Kunstschule Stuttgart im Umfeld vergleichbarer Bildungsanbieter in privater Trägerschaft.

Für die studentischen Aktivitäten, die sich bis dahin dezentral und fachbereichs- und semesterbezogen abspielten, wurde ein gemeinsames Forum geschaffen. Mit geringem finanziellem Aufwand wurde eine Mensa mit Mittagstisch und Cafeteria eingerichtet, die auch als Versammlungsort dient. Eine weitere neue Initiative an der FKS war die Akquisition von Projektaufgaben externer Auftraggeber.

Die Kulturverwaltung konnte sich bei Besuchen der Schule und einiger der Veranstaltungen von der guten Arbeit an der FKS überzeugen. Der Abwärtstrend in den Anmeldungszahlen schien stabilisiert. 2001 hatte die Schule 113 Studenten, 2002 waren es 115, 2003 dann 113 und 2004 schließlich 117 Studenten.

Im Wintersemester 04/05 wurde das Lehrangebot der Schule neustrukturiert, insbesondere im Studiengang Grafik-Design. Diese internen Änderungen wurden durch eine komplett überarbeitete Außendarstellung kommuniziert. Dazu gehörten ein neuer Internettauftritt und die Neugestaltung des Informationsmaterials im Print-Bereich (Anzeigen, Prospekte und Plakate). Bei dieser Neustrukturierung wurde auch der Namenszusatz „Schule für Gestaltung“ als optisch gleichwertiges Element im Logo „FKS/SFG“ eingeführt.

Die von Rektor Welf Oertel unter Zustimmung des Vereins angestoßenen Innovationen im Fachbereich Grafik-Design führten nicht zur erhofften Zunahme: vielmehr war ein Rückgang der Studentenzahl insbesondere in diesem Fachbereich zu verzeichnen. Dadurch sah sich Herr Oertel gezwungen das Auslaufen dieses neugeschaffenen Studiengangs Grafik-Design bis zum Ende des Sommersemesters 2007 anzukündigen.

Die Zahl der Studenten ging 2005 auf 78 zurück. Aufgrund der 2006 weiter sehr niedrigen Zahl von 77 Studenten ergriff der Verein in einer ordentlichen Mitgliederversammlung am 29.09.2006 erste Maßnahmen, um den von der Kulturverwaltung geforderten ausgeglichenen Finanzplan für 2007 vorlegen zu können.

Es wurde beschlossen Herrn Oertel zum nächstmöglichen Kündigungstermin - dem 31.12.2006 - von seinem Amt zu entbinden, was mit dessen Einverständnis auch geschah. An seiner Stelle wurde ein langjähriger Dozent zum kommissarischen Rektor ernannt. Darüber hinaus wurden im Verein grundsätzliche Überlegungen zur Rettung der Freien Kunstschule Stuttgart diskutiert. Neben einer Fusion mit dem Kolping-Bildungswerk wurde die Möglichkeit einer Erhaltung der Selbstständigkeit der FKS durch interne Sparmaßnahmen als praktikabelste Möglichkeiten gesehen. Das Kolping-Bildungswerk wurde als möglicher Kooperationspartner kontaktiert.

Über diese Entwicklungen wurde das Kulturamt in einem Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der Freien Kunstschule Stuttgart, Herrn Schmid am 09.11.2006 informiert.

Um die Tragfähigkeit einer Fusion mit dem Kolping-Bildungswerk prüfen zu können, wurde dort auf Empfehlung der Kulturverwaltung ein Konzeptionspapier des zukünftigen Betriebsmodells angefordert. Das vom Geschäftsführer des Kolping-Bildungswerk Dr. Carsten Breyde erstellte Konzeptpapier wurde am 16.02.2007 in einer Besprechung zwischen diesem und dem erweiterten Vorstand der Freien Kunstschule Stuttgart erörtert. In einer anschließenden Aussprache - ohne Dr. Breyde - entschieden sich 4 von 5 anwesenden Vereins- und Vorstandsmitglieder der FKS gegen eine Fusion mit dem Kolping-Bildungswerk.

Die Kulturverwaltung hatte der Freien Kunstschule Stuttgart empfohlen darüber hinaus mit der Volkshochschule als möglichem geeigneten Kooperationspartner Verhandlungsgespräche zu führen. Der Vorschlag wurde von der FKS aufgegriffen. Die Sondierungsgespräche brachten jedoch kein nennenswertes Ergebnis.

Als weitere Möglichkeit wurde vom Vorstand eine interne Konsolidierung der Freien Kunstschule Stuttgart geprüft. Am 20.03.2007 wurde in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung eine Fusion mit dem Kolping-Bildungswerk einstimmig abgelehnt. In dieser Versammlung wurde auch die Kündigung der Putzkräfte und des Lehrpersonals zum 31.05.2007 beschlossen. Dies geschah auf der Grundlage eines von Vorstandsmitglied Prof. Leuteritz erstellten Finanzierungsplans, der mit der Durchführung dieser Maßnahme einen auch bei den aktuellen niedrigen Studentenzahlen ausgeglichenen Haushalt für 2007 und 2008 errechnete.

Geplant ist, dass die Lehrkräfte in Zukunft als freie Mitarbeiter für die Freie Kunstschule Stuttgart beschäftigt werden. Welche rechtlichen und daraus resultierenden finanziellen Auswirkungen für die FKS zu erwarten sind, ist augenblicklich noch nicht abzusehen. Von Seiten des Vorstands der FKS wird nach einer Güteverhandlung vor dem hiesigen Arbeitsgericht am 16.05.2007 weiter nach einer einvernehmlichen und für die Schule finanzierbaren Lösung gesucht.

Zieht man in Betracht, dass das Lehrpersonal sowohl bei einer Fusion mit dem Kolping-Bildungswerk, wie auch bei einer Schließung der Schule ihre Stellen verloren hätten stellt eine Fortführung auf freier Basis in der augenblicklichen Situation die beste Lösung für eine Weiterbeschäftigung des Personals dar. Für die Studierenden
hätte eine Schließung der FKS den vorzeitigen Abbruch ihres Studiums bedeutet.

Die Freie Kunstschule Stuttgart wird von der Kulturverwaltung weiterhin als erhaltenswerte Institution eingestuft. Sie hat den Vorstand gebeten, baldmöglichst ein tragfähiges Konzept für die Zukunft zur Prüfung vorzulegen.






Dr. Wolfgang Schuster