Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Städtebau und Umwelt
Gz:
StU
GRDrs
632/2010
Stuttgart,
08/19/2010
Satzung über eine Veränderungssperre
Flurstück 800 / Ulmer Straße 255 in Stuttgart-Wangen (Wa 78/1)
Beschlußvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Ausschuss für Umwelt und Technik
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
nicht öffentlich
öffentlich
21.09.2010
23.09.2010
Beschlußantrag:
Aufgrund der §§ 14 (1) BauGB und 16 (1) BauGB wird die Satzung über eine Veränderungssperre für das Flurstück 800 / Ulmer Straße 255 im Stadtbezirk Wangen (Wa 78/1) beschlossen.
Der Satzungstext ist aus Anlage 1 ersichtlich. Der räumliche Geltungsbereich ist im Lageplan des Amts für Stadtplanung und Stadterneuerung vom 11. August 2010 (Anlage 2) dargestellt.
Begründung:
Am 30. Juni 2009 wurde von zwei Antragstellern für das Grundstück Ulmer Straße 255, Flurstück 800, ein Antrag auf Nutzungsänderung zur Einrichtung von zwei Spielhallen eingereicht. Der Antrag wurde gemäß § 15 BauGB um 12 Monate zurückgestellt, da das Vorhaben den angestrebten städtebaulichen Zielen widerspricht. Dagegen wurde Widerspruch eingelegt, dieser wurde vom Regierungspräsidium Stuttgart abgewiesen. Danach wurde beim Verwaltungsgericht Klage eingereicht.
Das Grundstück Ulmer Straße 255 liegt im Geltungsbereich eines Industriegebiets (OBS). Hier sind Spielhallen planungsrechtlich zulässig. Außerdem gilt die Satzung Vergnügungseinrichtungen und andere (1989/009). Danach wären Spielhallen ausnahmsweise zulässig.
Der Ausschuss für Umwelt und Technik hat am 29. September 2009 die Aufstellung des Bebauungsplans Einzelhandel Wangen Nord (Wa 78) beschlossen (GRDrs. 660/2009). Ziel dieses Bebauungsplans ist, die im Geltungsbereich vorhandenen Bebauungspläne bzgl. ihrer Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung zu gliedern. Dies dient zum einen der Umsetzung des Einzelhandelskonzepts in verbindliches Planungsrecht, zum anderen der Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten und anderen städtebaulich nicht überall erwünschten Nutzungen. Gemäß dem Aufstellungsbeschluss sollen im Bereich der Ulmer Straße, für den die Einrichtung von 2 Spielhallen beantragt wurde, Vergnügungsstätten ausgeschlossen werden
.
Weitergehende Festsetzungen werden nicht getroffen, die sonstigen Festsetzungen der im Geltungsbereich vorhandenen Bebauungspläne gelten insofern weiter. Die angestrebte städtebauliche Entwicklung und Ordnung ist in den Zielen und Zwecken der Planung (Anlage 3) dargelegt.
Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Einzelhandel Wangen Nord (Wa 78) wurde gemäß § 2 Abs.1 BauGB im Amtsblatt Nr. 41 vom 8. Oktober 2009 öffentlich bekannt gemacht. Damit waren die Voraussetzungen für eine Zurückstellung des Bauantrags gegeben. Die Zurückstellung erfolgte für den Zeitraum von 12 Monaten bis zum 12. Oktober 2010.
Das Gebiet zwischen Ulmer Straße, Inselstraße, B 10 und Langwiesenweg soll als Standort für Handwerk und produzierendes Gewerbe sowie für Büro- und Verwaltungsgebäude entwickelt werden. Die Ansiedlung von bestimmten Vergnügungsstätten wie Bordellen oder Spielhallen geht meistens einher mit einer negativen Entwicklung des Gebietscharakters. Für benachbarte Firmen verliert der Standort an Attraktivität. Gegenüber den beantragten Spielhallen auf der anderen Seite der Ulmer Straße soll mit dem Bebauungsplan Ulmer Straße (Bozelen) (Wa 68) Wohnbebauung entwickelt werden. Zum Schutz vorhandener und geplanter Wohnbebauung und zur Vorhaltung von Grundstücken für städtebaulich erwünschte gewerbliche Nutzungen sollen Vergnügungsstätten und damit auch Spielhallen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Einzelhandel Wangen Nord (Wa 78) ausgeschlossen werden.
Die Zulassung der beantragten Nutzung würde den städtebaulichen Zielen des Bebauungsplans widersprechen und die Durchführung der Planung unmöglich machen bzw. zumindest wesentlich erschweren.
Das Bebauungsplanverfahren Einzelhandel Wangen Nord (Wa 78) wurde mit der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange weitergeführt. Als nächster Verfahrensschritt ist der Auslegungsbeschluss vorgesehen.
Da das Verfahren bis zum Ablauf der Zurückstellung nicht abgeschlossen sein wird, ist zur Sicherung der städtebaulichen Planung der Beschluss einer Satzung über eine Veränderungssperre gemäß §§ 14 und 16 BauGB für das Grundstück Flst. 800, Ulmer Straße 255
erforderlich.
Finanzielle Auswirkungen
Keine.
Beteiligte Stellen
Keine.
Vorliegende Anträge/Anfragen
Keine.
Erledigte Anträge/Anfragen
Keine.
Matthias HahnBürgermeister
Anlagen
1. Satzungstext Veränderungssperre
2. Lageplan zur Veränderungssperre vom 11. August 2010
3. Allgemeine Ziele und Zwecke der Planung des Bebauungsplans Einzelhandel Wangen Nord (Wa 78) vom 1. Juli 2009
Anlage 1 zur GRDrs 632/2010
Satzung über die Veränderungssperre
Flurstück 800 / Ulmer Straße 255 (Wa 78/1)
in Stuttgart-Wangen
§ 1
Für das in § 2 bezeichnete Gebiet (räumlicher Geltungsbereich) besteht eine Veränderungssperre.
§ 2
Der räumliche Geltungsbereich der Veränderungssperre umfasst das Flurstück 800 im Stadtbezirk Wangen. Der Geltungsbereich dieser Satzung ist im Lageplan des Amts für Stadtplanung und Stadterneuerung i. M. 1 : 1 000 vom 11. August 2010 dargestellt.
§ 3
Im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre (§ 2) dürfen
1. Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden,
2. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden.
§ 4
Vorhaben, die vor In-Kraft-Treten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden oder auf Grund eines anderen baurechtlichen Verfahrens zulässig sind, Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.
§ 5
Diese Satzung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.
Die Geltungsdauer richtet sich nach § 17 BauGB.
Anlage 3 zur GRDrs 632/2010
Allgemeine Ziele und Zwecke
Bebauungsplan Einzelhandel Wangen Nord im Stadtbezirk Wangen (Wa 78)
1. Erfordernis zur Planaufstellung
Die Aufstellung des Bebauungsplans ist erforderlich, um die planerischen Zielsetzungen des fortgeschriebenen Konzepts „Einzelhandel und Zentren“ (GRDrs 222/2008) umzusetzen und planungsrechtlich zu sichern. Das gesamte Plangebiet liegt außerhalb der dort definierten zentralen Versorgungsbereiche. Neben der Sicherung der gewerblichen Flächen wird das stadtentwicklungspolitische Ziel verfolgt, die existierenden und definierten zentralen Versorgungsbereiche in Wangen zu schützen und zu stärken. Es soll daher vermieden werden, das Plangebiet als Einzelhandelsstandort weiter zu entwickeln.
Außerdem hat sich gezeigt, dass das bestehende Planungsrecht zur Regelung der Ansiedlung von kirchlichen und kulturellen Nutzungen sowie Vergnügungsstätten nicht ausreicht. Städtebaulich unerwünschte Nutzungen, die der Sicherung der Gewerbeflächen als Arbeitsstättengebiet entgegenstehen oder benachbarte Wohnnutzung beeinträchtigen, können bisher nicht verhindert werden.
Der Regelungsgehalt des Bebauungsplans soll sich auf Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung bezüglich des Einzelhandels sowie der Vergnügungsstätten in den GE-Gebieten, Baustaffeln und Industriegebieten nach OBS und Industrieviertelflächen erstrecken und soll die Nutzungsmöglichkeiten regeln. Die übrigen Festsetzungen des bestehenden, rechtsverbindlichen Bebauungsplans und der Baustaffeln etc. sollen bestehen bleiben.
2. Geltendes Recht und andere Planungen
Der rechtsverbindliche Bebauungsplan Ulmer Straße/Nähterstraße 1969/006 setzt Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO und Mischgebiet gemäß § 6 BauNVO fest. Im Gebiet zwischen Ulmer Straße und Jägerhalde gilt die Baustaffel 6 (OBS 1935). Nordöstlich der Ulmer Straße ist Industriegebiet nach OBS festgesetzt. Südwestlich der B 10 setzen die Bebauungspläne 1920/024 und 1923/002 Industrieviertel fest. Einzelhandelsbetriebe und Verbrauchermärkte, soweit es sich nicht um Anlagen nach § 11 (3) BauNVO handelt, sind bisher in dem Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO zulässig. Einzelhandel ist in der Baustaffel 6 zulässig und im Industrieviertel und Industriegebiet uneingeschränkt ohne Flächenbeschränkung zulässig.
Der Flächennutzungsplan 2010 stellt für den Geltungsbereich gewerbliche Baufläche, Sonderbaufläche und gemischte Baufläche dar. Durch den aufzustellenden Bebauungsplan wird lediglich eine Feinsteuerung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, insbesondere bezüglich der Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben, kirchlichen und kulturellen Nutzungen sowie Vergnügungsstätten vorgenommen, so dass eine Entwicklung aus dem Flächenutzungsplan gegeben ist.
Innerhalb des Geltungsbereiches liegt der Zwischenangriff des planfestgestellten Projektes S 21; hier gilt eine Veränderungssperre nach § 19 AEG. Diese Planung ist von der beabsichtigten Änderung der Art der baulichen Nutzung nicht betroffen. Der aufzustellende Bebauungsplan Am Großmarkt (Wa 64) ist durch die Planung nicht betroffen, da er Straßenverkehrsflächen festsetzt. Der Bebauungsplan Viehwasen (Wa 76) ist von der Einschränkung der Art der Nutzung hinsichtlich des Einzelhandels betroffen.
Innerhalb des Geltungsbereiches gilt die „Satzung über Vergnügungsstätten und andere“ (Bebauungsplan 1989/009).
3. Planerische Zielsetzungen/Art der baulichen Nutzung
Die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben im Gebiet Wangen steht im Widerspruch zu den planerischen Zielsetzungen der Stadt, dem 2008 fortgeschriebenen Konzept „Einzelhandel und Zentren“.
Es sollen nun die Inhalte des Konzeptes umgesetzt und planungsrechtlich abgesichert werden. Dabei sind insbesondere zwei Elemente des Konzepts hinsichtlich des Gewerbegebiets Wangen Nord von wesentlicher Bedeutung:
1. Schutz des festgelegten zentralen Versorgungsbereichs in Wangen;
2. Sicherung von Gewerbegebieten, insbesondere für Handwerk und produzierendes Gewerbe, Büro- und Verwaltungsgebäude.
Das Gebiet entlang der Ulmer Straße, des Großmarktes und Viehwasen wird nicht als geeigneter Standort für die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben gesehen. Die planungsrechtliche Steuerung der Einzelhandelsnutzungen ist von enormer Bedeutung für die Gesamtentwicklung der Stadtteile und -bezirke. Der Schutz des bereits existierenden und definierten zentralen Versorgungsbereichs Wangen ist daher auch erklärtes Ziel des Konzepts “Einzelhandel und Zentren“.
Der aufzustellende Bebauungsplan soll Einzelhandelsbetriebe ausschließen bzw. für einzelne, nicht zentrenrelevante Sortimente die Zulässigkeit ermöglichen (wie z. B. Kraftfahrzeughandel, Bau- und Gartenbedarf, Möbelmarkt). Bereits bestehende baurechtlich genehmigte Einzelhandelsbetriebe genießen Bestandsschutz (Bruhn, Elektroweißwaren, Ulmer Straße 195; Fressnapf, Tiernahrung, Ulmer Straße 199; Penny, Lebensmittel, Ulmer Straße 201; Aldi, Lebensmittel, Ulmer Straße 269; Tiernahrungshandel Inselstraße 5; ARO, Teppiche, Ulmer Straße 210; Seglerbedarf, Ulmer Straße 216).
Entsprechend den dargelegten städtebaulichen Zielsetzungen sollen innerhalb des Geltungsbereichs Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung hinsichtlich des Einzelhandels getroffen werden. Neben dem Einzelhandel soll auch die Ansiedlung von Nutzungen gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 8, § 6 Abs. 3, § 8 Abs. 3 Nr. 2 und 3 sowie § 9 Abs.3 Nr. 2 BauNVO (Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke sowie Vergnügungsstätten) geregelt werden. Das geltende Planungsrecht ermöglicht es nicht, die Ansiedlung dieser Nutzungen zu steuern und - wo städtebaulich erforderlich - zu verhindern. Es soll die Entwicklung dieses Gebiets als Standort für Handwerk, produzierendes Gewerbe und für Büro- und Verwaltungsgebäude gefördert werden. Dieses städtebauliche Ziel wird durch die Ansiedlung der oben genannten Nutzungen verhindert. Je nach Nutzung und konkretem Standort besteht die Gefahr eines „Trading-Down-Effektes“, der die gewünschte Entwicklung des Standorts zusätzlich behindert. Die geplante Einrichtung zweier Spielhallen an der Ulmer Straße führt zu Konflikten mit der geplanten Entwicklung der auf der gegenüber liegenden Straßenseite liegenden Flächen als Wohnstandort. Vergnügungsstätten in diesem Bereich sollen deshalb ausgeschlossen werden.
Die weiteren Festsetzungen der bestehenden Bebauungspläne etc. bleiben von dem aufzustellenden Bebauungsplan unberührt.
4. Umweltbelange
Der aufzustellende Bebauungsplan (Wa 78) ändert bzw. ergänzt lediglich die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzungen. Die anderen Festsetzungen werden nicht verändert und haben weiterhin Gültigkeit. Eine Beeinträchtigung der Umweltbelange durch die Aufstellung des Bebauungsplans wird daher nicht erwartet. Im weiteren Verfahren wird eine Umweltprüfung mit Umweltbericht erarbeitet.
5. Flächenbilanz
Gesamtfläche: ca. 40 ha.
Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung
Stuttgart, 1. Juli 2009
gez.
Dr.-Ing. Kron
Stadtdirektor
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