Stellungnahme zum Antrag
237/2010
Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart,
08/30/2011
Der Oberbürgermeister
GZ:
0412-00
Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Datum
08/16/2010
Betreff
IT goes green
Fördermittel des Bundesumweltministeriums nutzen
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
Zu Frage 1:
Für die Beantwortung des Antrags wurden die derzeit bestehenden Serverstandorte folgender Organisationseinheiten überprüft:
1. Haupt- und Personalamt, Abt. Informations- und Kommunikationstechnik
2. Stadtkämmerei
3. Amt für öffentliche Ordnung (in SIMOS)
4. Branddirektion (z.T in SIMOS)
5. Schulverwaltungsamt (auch Pädagogisches Netz SWIS)
6. Kulturamt, Stadtbücherei
7. Stadtmessungsamt
8. Tiefbauamt mit Eigenbetrieb Stadtentwässerung
9. Eigenbetrieb Abfallwirtschaft AWS
10. Eigenbetrieb Klinikum
11. Eigenbetrieb Bäderbetriebe BBS
12. Eigenbetrieb Leben und Wohnen ELW
13. SBS Sportstätten Betriebs GmbH
14. Stiftung Kunstmuseum
15. Hafen Stuttgart GmbH
16. Stuttgart Marketing GmbH
17. VMS Objektgesellschaft Veranstaltungen und Märkte Stuttgart mbH & Co. KG
18. in.Stuttgart Veranstaltungsgesellschaft
19. Stadion Neckarpark GmbH & Co. KG
20. Easy Ticket Service
21. SSB Stuttgart Straßenbahnen AG Reisen
22. SSB Stuttgart Straßenbahnen AG
23. SWSG Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH
Es wurden diejenigen Beteiligungsgesellschaften in die Betrachtung miteinbezogen, an denen die LHS mit 50 % oder mehr beteiligt ist.
Um den Ist-Zustand zu ermitteln, wurde bei den Betreibern der o.g. Serverstandorte Ende 2010 eine Umfrage mittels Fragebogen durchgeführt.
Ergebnisse der Abfrage des Ist Zustandes:
Bei der Erhebung in den o.g. Standorten wurden Ende 2010 insgesamt 981 Server gezählt. Die Anzahl der Server pro Standort liegt zwischen einem und 226 Servern.
Die fünf größten Serverparks der LHS sind:
-
Haupt- und Personalamt, Abt. IuK (226 Server),
-
Klinikum (203),
-
SSB (120),
-
der Serverpark im SIMOS-Gebäude (60) und
-
SWSG (40).
Es sind 649 Server, also rd. 66 %, in diesen fünf größten Standorten untergebracht. Die restlichen 332 Server werden in rd. 215 kleineren Standorten (davon rd. 150 Schulen) betrieben.
Bei der Auswertung hat sich u.a. herausgestellt, dass etliche Standorte von Servern eigentlich keine „echten“ Serverparks sind. Sie verfügen nicht über die erforderlichen infrastukturellen Einrichtungen (Kühlung, Unterbrechungsfreie Stromversorgung, Notstromaggregat, Einbruchschutz, Brandschutz, Zugangskontrolle, Hochwasserschutz, leistungsfähige Netzanbindung). Daher wird im folgenden Text generell von „Serverstandorten“ gesprochen.
Die Planungen der Fachämter bzw. des Eigenbetriebs sehen vor, drei Standorte (Schulverwaltungsamt ohne SWIS-Netz, Stadtmessungsamt und AWS) zu zentralisieren und in den zentralen Serverpark der LHS zu integrieren.
Die Effekte dieser Maßnahmen können derzeit noch nicht abgeschätzt werden, die Server wurden daher nicht in die folgende Betrachtung miteinbezogen.
Im Sinne der Zielsetzungen von GreenIT wurden folgende Merkmale der Standorte bei der Erhebung näher betrachtet:
Stromverbrauch:
Nur an neun Standorten lassen sich verlässliche Stromwerte erheben. Kleinere Standorte bzw. Büroräume sind nicht mit der nötigen Infrastruktur ausgestattet, um entsprechende Werte zu ermitteln. So liegen bei kleinen Lokationen lediglich Schätzwerte bzw. teilweise auch gar keine Angaben vor.
Die eingesetzten Server selbst sind zu 54 % bereits von Herstellerseite mit Energiesparoptionen ausgestattet (z.B. durch Nutzung einer Technologie, die den Energieverbrauch fortlaufend überwacht und ausgewählte Stromversorgungen bei niedrigem Verbrauch in den Standbybetrieb schaltet).
Unterbrechungsfreie Stromversorgungen (
USV
) sind an insgesamt 19 Standorten installiert. Von diesen sind 14 USVs Kleinanlagen und an Standorten mit weniger als acht Servern im Einsatz.
Anmerkung: Aufgrund der sehr unterschiedlichen räumlichen Gegebenheiten und der Ausstattung der Standorte mit den unterschiedlichsten Geräten ist ein Vergleich des Energieverbrauchs der Standorte untereinander kaum möglich.
Klimatisierung / Abwärme:
Server mit der zugehörigen Infrastruktur produzieren Abwärme. Diese muss zur Vermeidung von Überhitzung abgeführt werden, was wiederum Energie verbraucht.
Es wurde festgestellt, dass derzeit nur vier Standorte eine Kühltechnik einsetzen, die den Zielen von GreenIT Rechnung trägt.
Für die Umsetzung von „Green IT“-Maßnahmen, gibt es diverse denkbare Ansätze:
-
Nutzung regenerativer Energie in Form von Außenluft zur
freien Kühlung
auch in Kombination mit Kälteanlagen
-
Einbau eines
Doppelbodens
im Serverpark. Als Doppelboden bezeichnet man einen zweiten Boden über dem eigentlichen Boden des Raumes
.
Der so geschaffene Hohlraum ermöglicht eine gezielte effektivere Luftkühlung.
-
Anwendung des
Warm- und Kaltgangprinzips
bei den Serverrackreihen (ein Rack ist ein Regal für die Unterbringung von Servern): die Rackreihen in heutigen Rechenzentren sind zumeist nach dem Prinzip Kalt- und Warmgang angeordnet, d.h die Rackfronten stehen sich in einer Gasse direkt gegenüber, während die Rückseiten der Racks einen parallelen Gang dazu bilden. Dadurch wird eine strikte Trennung der Warmluft- von den Kaltluftbereichen erreicht.
-
Zusätzlich kann eine komplette
Kaltgang-Einhausung
realisiert werden. Durch eine komplette Umbauung der Racks wird die kalte Luft effektiv von der warmen getrennt.
Diese Maßnahmen sind in einzelnen großen Standorten teilweise umgesetzt worden.
Zentrale Datenhaltung (SAN / NAS Technik):
Die sogenannte SAN/NAS Technik ermöglicht die Datenhaltung nicht auf Festplatten im Server selbst, sondern in speziellen zentralen Datenspeichersystemen. Die Energieversorgung inkl. entsprechender Redundanzen ist dort effizienter als in vielen dezentralen Systemen. Diese Technik ist an acht Standorten bereits verfügbar. Der Einsatz dieser Technik lohnt sich allerdings nur bei den o.g. großen Serverparkstandorten, da die Anschaffungs- und Betreuungskosten sonst in keinem Verhältnis zum energieeinsparenden Nutzen stehen.
Virtualisierung:
Bei der Virtualisierung werden einem realen (physischen) Server mehrere logische Systemumgebungen zugewiesen
.
Dadurch steigt die Auslastung der Rechenkapazität erheblich und es wird eine geringere Anzahl physikalischer Geräte benötigt. Bei den großen Serverstandorten liegt der Durchschnitt der Virtualisierung
derzeit bei 40%.
Server-based Computing / Terminalserver-Einsatz (WTS):
Bei dieser Technik werden sämtliche Programme zentral auf dem WTS-Server vorgehalten. Alle Programmfunktionalitäten werden auf dem Terminal-Server ausgeführt, auf den Arbeitsplätzen werden lediglich die Bildschirminhalte dargestellt. Die Vorteile liegen bei weniger Störungen im Benutzerumfeld, der zentralen Updateverwaltung auf den WTS-Servern sowie dem Einsatz von sogenannten Thin Clients. Die hierfür zentral eingesetzten Server müssen allerdings größer dimensioniert werden, da die Aufgaben der Datenhaltung und der Verarbeitung der Anwendungen von diesen zentralen Geräten übernommen werden. Somit ist kaum zu erwarten, dass sich der Stromverbrauch insgesamt durch den Einsatz dieser Technologie verringert.
Die WTS-Technologie kommt derzeit an den fünf großen Serverparkstandorten zum Einsatz.
Stromsparende
Thin Clients befinden sich derzeit in der Testphase bei der Abteilung IuK und werden im kleinen Umfang bei der Fahrbücherei und der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft eingesetzt.
Bewertung der Ergebnisse und Empfehlung konkreter Maßnahmen:
Generell lässt sich die Aussage treffen, dass Maßnahmen zugunsten einer grünen IT-Landschaft bei den kleinen Serverstandorten nur in geringem Maß umsetzbar sind. Erst nach einer Zentralisierung können Maßnahmen sinnvoll und wirtschaftlich umgesetzt werden. Bedingung für eine Zentralisierung ist, dass die einzelnen Orte, an denen die Daten genutzt werden, netztechnisch und wirtschaftlich sinnvoll an einen energietechnisch optimierten Standort angebunden werden können. Solche möglichen zentralen Standorte wären zunächst zu identifizieren. Im Anschluss daran kann die Umsetzung der unten aufgeführten Maßnahmen an den zentralisierten Standorten geprüft werden.
Teilweise ist die dezentrale Unterbringung begründet, z.B. beim Schulverwaltungsamt (Pädagogisches Netz SWIS). Die eingesetzte Hard- und Software ist hier je nach Schultyp höchst unterschiedlich. Zum Teil werden die Server auch als Lehrmittel vor Ort genutzt.
Die weitere Betrachtung erfolgt unter Ausschluss der oben genannten 215 kleinen Standorte
, da eine Zentralisierung Bedingung für die technisch sinnvolle und wirtschaftliche Umsetzung der im Folgenden dargestellten Maßnahmen wäre.
Abgesehen von den bereits erwähnten und teilweise umgesetzen Maßnahmen wie Nutzung freier Kühlung, Einbau eines Doppelbodens, Umsetzung des Warm- und Kaltgangprinzips und einer Kaltgangeinhausung können weitere Techniken zur optimalen Nutzung der für
Klimatisierung / Abwärme
erforderlichen Energien in
Serverparks
umgesetzt werden.
Denkbar sind folgende Maßnahmen:
-
Die einzelnen Serverracks können herstellerseits geschlossen und separat gekühlt werden (letzteres kann mit Luft oder Wasser umsetzt werden).
-
Ferner ist es auch möglich, die CPUs selbst mit Wasser zu kühlen. Die für die Kühlung erforderliche Energie kann so sehr zielgerichtet eingesetzt werden.
-
Nutzung der Abwärme.
Im Zuge von Ersatzbeschaffungen und der damit einhergehenden Modernisierung der Serverstandorte werden laufend
Server mit Energiesparoptionen
beschafft. Durch ihre zunehmende Nutzung ist es möglich, den Energieverbrauch kontinuierlich zu senken.
Ein weitergehender Einsatz der
SAN/NAS-Technik
kann nur im Rahmen einer weitergehenden Zentralisierung und mit dem damit erreichten Ausbau von zentralen Serverstandorten umgesetzt werden.
An bestehenden größeren Standorten ist ein weiterer Ausbau der Technik möglich und sinnvoll.
Beim Grad der
Virtualisierung
von Servern wird derzeit eine Zielgröße von 70 bis 75 % in Fachveröffentlichungen als erreichbar angesehen. Bei den großen Serverstandorten der LHS liegt der Durchschnitt (soweit die Zahlen bekannt sind) derzeit bei 40% - hier besteht Handlungsbedarf. In der Folge können beim Strombedarf, den Hardwarekosten, der benötigten Stellfläche und der Klimatisierung Einsparungen erzielt werden. Außerdem bieten virtuelle Server eine höhere Ausfallsicherheit
.
Allerdings steigt auch die Wirkbreite einer Hardwarestörung.
Der Einsatz von
Windows Terminal Services (WTS)
mit Thin Clients an den Arbeitsplätzen wird derzeit noch überprüft. Im Serverbereich steigt durch den Einsatz der rechenintensiven Geräte der Stromverbrauch, der gleichzeitig bei den Clients gesenkt werden kann. Einsparungen beim Stromverbrauch sind durch diese Technologien folglich kaum zu erwarten.
In Abhängigkeit von den Möglichkeiten und Gegebenheiten des jeweiligen Standorts sind von den zuständigen Ämtern, Eigenbetrieben und Beteiligungsgesellschaften folgende Maßnahmen
geplant
:
-
10-4: Ausbau der Virtualisierung, Ausbau SAN/NAS, Einführung von Direktkühlung der Serverschränke (langfristig)
-
20: Einsatz energieeffizienter Server
-
66: Ausbau der Virtualisierung
-
Klinikum: Beschaffung von Servern mit Energiesparfunktion, Ausbau der Virtualisierung
-
Hafen: Ausbau der Virtualisierung
-
Stuttgart Marketing: Virtualisierung der Windows-Server
-
SSB: Serverschrankkühlung mit Wasser, Kaltgangeinhausung, freie Kühlung
-
SWSG: Ausbau der Virtualisierung
Bei den
kleineren Standorten
sind
neue Maßnahmen / Investitionen besonders zu rechtfertigen
, da sie weder den Zielen der Serverzentralisierung noch denen von Green IT entsprechen.
Ob die aufgezählten Maßnahmen umgesetzt werden können ist im Einzelfall ferner unter Einbeziehung
wirtschaftlicher Gesichtspunkte
zu prüfen. So stößt die Nutzung fortschrittlicher energiesparender Techniken in einer vorhandenen baulichen Umgebung oft an ihre Grenzen bzw. lässt einen Umbau unwirtschaftlich werden. Allerdings werden Umsetzungen angesichts stetig steigender Energiepreise auch bei höheren Anfangsinvestitionen zunehmend wirtschaftlicher.
Fazit:
Die Ziele von Green IT können nur an großen Serverstandorten, wo die Verantwortlichkeiten klar geregelt sind, sinnvoll und wirtschaftlich umgesetzt werden. An Standorten, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, ist das unmöglich.
Zu Frage 2:
Beantragung von Mitteln aus dem Fördertopf:
In den letzten Jahren wurden etliche Maßnahmen, die auch der Einsparung von Energie dienen, begonnen. Für begonnene Maßnahmen sind Mittel jedoch nicht mehr genehmigungsfähig. Gemäß Nr. 1.2 der Richtlinie zur Förderung von Investitionen mit Demonstrationscharakter zur Verminderung von Umweltbelastungen, die der Initiaitve „IT goes Green“ zugrundeliegt, kann eine Förderung nur gewährt werden, wenn das Projekt ohne die Förderung nicht oder nicht im gewünschten Zeitraum durchgeführt werden kann und wenn das Vorhaben nicht begonnen ist.
Die Verwaltung prüft auf Basis der o.g. Ergebnisse mögliche Maßnahmen. Mittel werden – soweit möglich – durch die jeweiligen Organisationseinheiten wie schon in der Vergangenheit dezentral beantragt. So wurde beispielsweise der Einbau einer Kälteanlage mit freier Kühlung für den Serverpark der Abt. IuK im Jahr 2005 durch das stadtinterne Contracting vom Amt für Umweltschutz finanziert.
Dr. Wolfgang Schuster
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