Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 14.06.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: Generaldebatte "Wohnen"

Die Stellungnahmen zu den Anträgen Nr. 283/2017 vom 06.10.2017, Nr. 10/2018 vom 19.01.2018 und Nr. 25/2018 vom 30.01.2018 sowie der Antrag Nr. 168/2018 vom 13.06.2018 sind dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Ebenso ist das als Tischvorlage ausgeteilte Faktenpapier mit Anlage "Prozess 'Vision Stuttgart 2030' - Generaldebatte Wohnen" dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.

Die Sitzung wird aufgezeichnet und ist im Livestream im Internet verfügbar. Darüber hinaus werden die Wortbeiträge von Dolmetschern/Dolmetscherinnen in die deutsche Gebärdensprache übersetzt.


OB Kuhn eröffnet die Debatte und führt zunächst aus (nachfolgend im redigierten Wortlaut):

"Wir haben uns, was die Redezeiten angeht, auf Folgendes geeinigt. Die Fraktionen haben in ihren Eingangsbeiträgen 15 Minuten Redezeit. Für Gruppierungen gelten 10 Minuten und für Einzelabgeordnete 5 Minuten. Der OB ist von den Fraktionen gebeten worden, sich auch an die 15 Minuten zu halten. In der zweiten Runde machen wir dann 3 Minuten-Beiträge, die ich streng abstoppen werde und die nehme ich auf nach Reihenfolge der Meldungen, nicht also nach der Stärke der Fraktionen. Das haben wir heute so im Ältestenrat nochmals bekräftigt. Wenn es zu dem Verfahrensvorschlag keine weiteren Änderungen gibt, dann möchte ich nun in die Debatte einsteigen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch auf der Tribüne, ich möchte erstmal knapp sagen, dass ich eigentlich diese Debattenform Grundsatzdebatte ziemlich gut finde. Wenn Sie mal überlegen, heute machen wir die zweite, nachdem die erste zum Thema Verkehr war, welche Diskussionen schon alleine im Vorfeld stattgefunden haben, welches Interesse diese Debatte hat und was sie in den einzelnen Fraktionen auch an Diskussionen bewegt, das ist schon eine ziemlich sinnvolle und tolle Form der Grundsatzdebatte. Ich möchte am Beginn meiner Rede einen Dank an die Stuttgarter Vermieterinnen und Vermieter aussprechen, die sich beim Thema Mieterhöhung, Miete insgesamt, Sanierung, im Rahmen dessen, was man soziale Marktwirtschaft nennen kann, verhalten, und maßvoll und behutsam und mit Respekt und Rücksicht auf ihre Mieterinnen und Mieter vorgehen. Ich sage dieses deshalb, weil in den Debatten, die gelegentlich geführt werden, der Eindruck entstehen könnte, Vermieterinnen und Vermieter seien per se geldgierig, Miethaie, unsozial. Dies ist mitnichten der Fall, es gibt in Stuttgart viele Vermieter, die ganz anders ticken und die ihre Mieter kennen und rücksichtsvoll und vernünftig mit ihnen umgehen. Denen gebührt auch mal ein Dank, damit die sich nicht immer in der öffentlichen Debatte falsch angegriffen fühlen müssen. Sonst hätten wir übrigens keinen größeren Unterschied zwischen Bedarfsmieten und Angebotsmieten, wenn dies nicht so wäre.

Ich will beginnen, meine Damen und Herren, mit der Frage, wie war die Lage eigentlich in Stuttgart im Jahr 2012, als ich Oberbürgermeister wurde und die letzte Wahl war? Erstmal ein wichtiges Datum weit davor, 1990 wurde die Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau abgebaut. Weil man gedacht hat, das brauchen wir nicht mehr, der Markt regelt alles, Sozialwohnungen brauchen wir nicht mehr über den Stand von damals hinaus. Ich will Ihnen klar sagen, ich halte dies für einen schweren Fehler und deswegen ist die Diskussion, die es in Berlin gibt, ob man wieder zur Gemeinnützigkeit zurückkehren sollte und könnte, eine wichtige Diskussion. In der Folge dieser Entscheidung wurde in ganz Deutschland und auch in Stuttgart der soziale Wohnungsbau zurückgefahren. Er lag nicht im Fokus des Interesses, und als ich ins Amt kam, waren die Zahlen sehr, sehr gering in der Tendenz gegen null. Dieses habe ich mit den Beschlüssen, die wir seitdem getroffen haben, geändert, weil ich es für wichtig halte, dass sozialer Wohnungsbau in einer Gemeinde wie der unseren stattfindet.

Zweitens, im Jahre 2012 wurden die LBBW-Wohnungen in Stuttgart privatisiert, insgesamt 3.100 Wohnungen. Dieser Verkauf von grün und rot, in der damaligen Koalition, aber auch natürlich von der CDU, war aus heutiger Sicht ein schwerer Fehler, denn die Kette von PATRIZIA Immobilien AG zum heutigen Eigentümer bedeutet weniger Rechte für Mieter, hohe Sanierungen, auf energetische Sanierung 11 % Mietzuschlag. Dieses halte ich für falsch.

Und dann begann 2012 die Nullzins-Politik der europäischen Zentralbank, die Spekulationen um das Thema Wohnen, denn wenn Menschen, die Geld haben, keine Zinsen mehr bekommen, suchen sie natürlich Anlageformen spekulativen Charakters und es wird mehr Geld für einen Wohnungs- und Hauskauf ausgegeben, als es eigentlich angesagt und vernünftig wäre. Jetzt will ich der Frage nachgehen, was habe ich eigentlich als OB, mit meiner Stadtverwaltung und mit der Mehrheit des Gemeinderats, seitdem gemacht? Das will ich in knappen Worten in Erinnerung rufen.

Erstens, wir haben erneuert und bekräftigt die SIM-Regelung, 20 % sozialer Wohnungsbau bei neuem Baurecht. In der berühmten GRDrs 906/2015 Neufassung haben wir beschlossen, um die Zielzahlen im Konzept Wohnen in Stuttgart zu erreichen. Ein zentraler und wichtiger Schritt, um überhaupt wieder anwachsen zu können im sozialen Wohnungsbau. Wir haben dann das Bündnis für Wohnen geschmiedet. Ich sehe viele Vertreter der Genossenschaften und Wohnungsbaugesellschaften im Bündnis für Wohnen heute auf der Tribüne. Ich möchte nochmal klar und deutlich sagen, das Bündnis für Wohnen ist ein Erfolgsbündnis, das wir geschmiedet haben, weil es dazu führt, dass wieder mehr sozialer Wohnungsbau stattfindet und weniger Wohnungen aus der Sozialbindung herausfallen. Wir kriegen neue Bindungsrechte durch dieses Bündnis für Wohnen. Ein ganz wichtiger Schritt, den wir fortsetzen müssen. Es ist ein Erfolgsbündnis, für das man uns in anderen Städten auch bewundert.

Schließlich haben wir die Konzeptvergabe beschlossen, die ja bedeutet, dass wir weniger Einnahmen durch Wohnungs- und Grundstücksverkäufe erwarten. Die Grundzahl ist von 40 Mio. € auf 20 Mio. € jährlich gesenkt worden im Einvernehmen mit dem Kämmerer. Die SWSG hat seitdem mehr Verantwortung für das Wohnungsbaugeschehen in Stuttgart übernommen. Ich habe im Jahr 2015 ein Zweckentfremdungsverbot vorgeschlagen, dem Sie mit der Satzung gefolgt sind und deswegen haben wir jetzt den Umstand, dass wir Leerstände zurückfahren können. Wenn man genau hinschaut, dann schaffen wir es jetzt netto zwischen 1.800 und 2.000 Wohnungen - also Bruttozahlen minus Abrisse - auf die Baustelle zu bringen. Die Zahlen geben das her, ich will es Ihnen genau sagen, 2015 war die Nettozahl 1.762 Wohnungen, 2016 betrug sie 1.906 Wohnungen und 2017 lag sie bei 2.039 Wohnungen.

Was ist nun zu tun? Unsere Stadt hat ohne Zweifel Wohnungsmangel, und wenn man genau hinschaut, hat sie vor allem Wohnungsmangel bei bezahlbarem Wohnraum. Da führt kein Weg dran vorbei, da kann man nicht den Kopf in den Sand stecken. Wir haben zwei Chancen, die auch in der Region liegen. Seit wir energisch die Debatten führen, ist man in der Region in vielen Städten eingestiegen in einen Geschossflächen-Wohnungsbau und auch in den sozialen Wohnungsbau. Da hat sich die Lage etwas verbessert. Und auch die IBA sehe ich als Chance, nämlich Formen des Wohnens zu entwickeln, wo ein höherer Anteil an sozialer Durchmischung in jedem Quartier stattfinden kann. Was wir von den Zielen, und das frage ich auch die Redner und Fraktionen, was ich von den Zielen her für wichtig halte: …"

An dieser Stelle ruft BM Dr. Mayer die Zuhörer auf der Tribüne, die mit lauten Zwischenrufen die Ausführungen von OB Kuhn von Anfang an begleiten, zur Ordnung.

Da sich der Protest nicht legt, unterbricht OB Kuhn die Sitzung für 9 Minuten und fährt anschließend fort:

OB Kuhn:
"Ich möchte anknüpfen, bevor wir unterbrochen haben, an die Ziele städtischer Wohnungsbaupolitik.

Erstens - mehr geförderten Wohnraum, sozial geförderten Wohnraum, weil wir den dringend brauchen.

Zweitens - für die mittleren Einkommen mehr bezahlbaren Mietwohnraum, denn es ist einfach wichtig, dass Menschen, die im Mittelstand der Gesellschaft sind, mit ihrem Gehalt auch Wohnungen bezahlen können.

Und der dritte Punkt - an einem Wirtschaftsstandort wie Stuttgart ist es auch wichtig, dass man genügend Wohnungen für Wirtschaftsleute und für Ingenieure in der Forschung hat, und Ingenieurinnen, die eben hier nach Stuttgart kommen, und zwar nur dann, wenn sie eine Wohnung haben. Die letzte Gruppe, meine Damen und Herren, regelt der Markt. Darum brauchen wir uns nicht zu kümmern, aber die ersten beiden Gruppen regelt der Markt nicht so ohne Weiteres, und deswegen ist es Aufgabe städtischer Politik, das Notwendige zu tun, damit dies geschieht.

Ich habe folgendes vor: Erstens, da gibt es ja einen gewissen Konsens im Rat, dass wir mehr über die SWSG als städtische Wohnungsbaugesellschaft bauen, fördern, und dass hier ein expansiver Kurs gefahren wird. Dafür braucht die SWSG mehr Mittel. Ich weiß nicht, lieber Herr Körner, ob die Forderung, 5 Jahre lang die Mieten einzufrieren, das richtige Mittel der Wahl ist, denn aus den Mitteln, die die SWSG erzielt, werden ja Investitionen finanziert. Das heißt, Ihr Vorschlag heißt letzten Endes einen zusätzlichen Zuschuss aus dem städtischen Haushalt. Darüber müssen wir reden und werden auch im Ausschuss darüber reden.

Zweitens, das hatte ich schon gesagt, wir müssen das Bündnis für Wohnen stärken und nicht schwächen. Drittens werde ich Ihnen den Vorschlag machen, dass wir bei SIM auf 30 % gehen von den bisherigen 20 %, um die Möglichkeiten, sozial geförderte Wohnungen für neues Baurecht zu erstellen, zu entwickeln. Wir werden die Zweckentfremdungssatzung, vor allem deren Vollzug, optimieren. Sie war ja sehr umstritten bei der Einführung, aber ich halte sie für ein erfolgreiches Instrument. Doch gibt es eine Schwachstelle. Wir können Altfälle, das heißt Wohnungen, die schon leer standen, bevor die Zweckentfremdungssatzung in Kraft trat, nach der Gesetzeslage nicht verfolgen und angreifen. Dies müssten wir aber tun können. Deswegen würde ich Sie bitten, dass wir zusammen beim Landesgesetzgeber dafür Sorge tragen, dass dieser das Gesetz so ändert, dass dies möglich ist. Das ist auch eine Forderung von vielen Städten, die auch Zweckentfremdungsverbotssatzungen haben. Ich teile die Einschätzung, die in den Debatten der letzten Tage zum Ausdruck kam, dass wir noch mehr tun müssen, was innovative Formen angeht, mehr Wohnraum schaffen, also z. B. Dachausbauten. Das alles brauche ich jetzt nicht groß auszuführen. Wir werden dies systematisch angehen. Ich habe Herrn BM Pätzold beauftragt, mir eine Liste vorzulegen. Natürlich geht es immer auch nach dem herrschenden Baurecht, Brandschutz usw. das kann ich ja nicht aushebeln, aber da wo es möglich ist, zusätzliche Flächen zu finden für Wohnraum durch Dachausbau, werden wir das tun.

Drittens: Ich schlage Ihnen vor, wir schaffen bei der SWSG einen Wohnungs-Pool für Wohnungstausch. Dahinter steckt der Gedanke, Menschen, die z. B. ihre großen Wohnungen im Alter eigentlich verlassen wollten und könnten und die für diese Diskussion aufgeschlossen sind, machen es natürlich nur dann, wenn sie eine Wohnung angeboten bekommen im gleichen Quartier, bezahlbar und mit guten Bedingungen, sodass eine 2-Zimmer-Wohnung getauscht werden kann gegen eine 4- oder 5-Zimmer-Wohnung und so auch mehr Wohnraum entsteht. Wir werden schauen, dass wir mehr Wohnflächen akquirieren können, z. B. über die EnBW. Wir sind da im Gespräch, sowohl was das Kohlelager angeht, als auch den Stöckach. Dieses kann ich nachher noch ausführen. Ich möchte warnen vor Illusionen, z. B., dass wir im großen Stil auf die Fläche gehen. Das halte ich für einen Fehler, die Bedarfsanalysen mit 5.000 Wohneinheiten über 10 Jahre heißt, wir würden am Ende der 10 Jahre unser Stuttgart nicht wiedererkennen. Jetzt fordert keiner 5.000 Wohnungen, also Birkacher Feld Jahr für Jahr, aber wir müssen schon ringen. Was heißt Wachstum nach Stuttgarter Maß und wie können wir weiterhin schonend mit den Flächen umgehen? Denn wir haben immer gesagt, alle miteinander in der Landes- und Bundespolitik, wir wollen den Flächenverbrauch reduzieren. Der war ja ziemlich hoch in den 2000er-Jahren, über 35 ha pro Jahr in der Stadt Stuttgart und der ist runtergegangen auf 2 - 2,5 im vorletzten Jahr, im letzten Jahr ist er wieder hochgegangen, hat ein Baufeld betroffen. Wir müssen mit den Flächen sparsam umgehen. Wir können nicht bei jedem Hochwasser sagen, es liegt vielleicht an der Versiegelung, und dann unterjährig versiegeln wir aber fröhlich weiter, als ginge es uns alles nichts an. Der Grundsatz Innenentwicklung vor Außenentwicklung sollte wirklich gelten, und wenn mal eine Ausnahme gemacht wird, dann muss die wohlbegründet sein, und dann kann man weitersehen.

Übrigens, bei vielen der Grundstücke, die immer in der Diskussion sind, Schafhaus, da sagen Sie, die Verwaltung agiert zu langsam. Alle sagen, es geht nur, wenn man ein vernünftiges Verkehrskonzept macht. Der Bezirksbeirat jetzt wieder. Dann müssen und wollen wir auch eine ordentliche Bürgerbeteiligung machen, doch gut gestaltete und umgesetzte Projekte brauchen auch ihre Zeit und ich kann die Gesetze nicht aushebeln, die wir selber geschaffen und unterstützt haben. Das gleiche gilt für den Naturschutz. Es ist also kompliziert, und wenn Sie immer die Haltung haben, im Zweifelsfall liegt es an der Verwaltung oder komplett am Oberbürgermeister, dann muss ich Ihnen sagen, dass Sie als Gemeinderat nach unserer Kommunalverfassung auch Teil der Verwaltung sind und zum Teil die Projekte ja vor Ort auch verlangsamen oder dass weniger gebaut wird. Ich erinnere an den Eiermann-Campus, Herr Kotz. Aus dem, was Sie heute in der Zeitung gefordert haben, folgt, dass Sie von Ihren 20 % oder 30 % auf vielleicht 60 % oder 70 % nach oben gehen müssen, sonst kann das ja kein stimmiges Konzept sein. Auch bei der Verdichtung am Fasanenhof ist es nicht der Oberbürgermeister, der sich vor Ort hinstellt und sagt, das wollen wir vielleicht nicht, sondern auch von Ihrer Partei und auch von Mitgliedern des Gemeinderats wird vor Ort gesagt, woanders schon, aber bei uns geht es natürlich nicht mehr. Also da muss jeder, der jetzt groß in die Trompete bläst, wissen, dass er vielleicht auch selber gemeint sein kann. Wenn Sie mir sagen, Sie wollen mehr Personal für die Bauverwaltung, das unterstütze ich gerne. Da reden wir drüber, was ist sinnvoll, wie schnell kriegen wir das Personal (auch die Räume fürs Personal) und dann schauen wir, dass wir da mehr Turbo reinkriegen. Aber einer Illusion geben Sie sich bitte nicht hin: Städte wie München und Frankfurt bauen zwei- oder dreimal so viel wie Stuttgart derzeit. Sie bauen und bauen und bauen. Es gibt bei jeder Fläche vor Ort, meistens aus dem konservativen Teil der Bevölkerung, Widerstände, ergänzt um die Ökologen, und am Schluss fragt die Bevölkerung, wollen wir eigentlich jetzt alles noch zubauen? Schauen Sie, dass Sie auch mal aus dem Kessel rauskommen und schauen Sie sich die Ränder von Stuttgart an. Die Attraktivität unserer Stadt heute besteht auch in der Landwirtschaft, im Weinbau, in den Wäldern und in den Flächen, die wir noch frei haben. Wir müssen behutsam damit umgehen und wichtig ist, weil es Schwarmstädte sind, wie wir auch: Die Angebotsmieten in Frankfurt und München sind deutlich stärker gestiegen, obwohl mehr gebaut wird. Deshalb sage ich nochmals, lassen Sie uns politisch ringen um die Frage, was heißt Wachstum nach Stuttgarter Maß? Dass wir mehr Wohnungen schaffen können vor allem für die, die wenig Geld haben, aber den Charakter unserer Stadt behalten können. Wir haben eine wunderbare und schöne Stadt, also Behutsamkeit, aber Dynamik für den sozialen Wohnungsbau. Das ist meine Botschaft. Vielen Dank."

StR Kotz (CDU):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Zuhörer hier im Saal, aber natürlich auch im Internet, wo auch immer auf der Welt, wir freuen uns, dass wir heute weiter an dem Thema einer Vision Stuttgart 2030 unterwegs sind, einer Initiative, die die CDU-Fraktion im Jahr 2016 in den Gemeinderat eingebracht hat. Herr Oberbürgermeister, es hat ja schon begonnen während Ihrer Rede, ich vermute mal, dass es während der nächsten zweieinhalb Stunden nicht viel anders sein wird, dieser Nachmittag wird für Sie nicht ganz leicht werden. Und wir möchten als CDU-Fraktion schon noch mal zum Ausdruck bringen, dass wir genau mit diesem Visionsprozess Ihnen eine Brücke bauen wollten, eine Hand reichen wollten in einer Gemeinsamkeit des Gemeinderats, wie wir sie mal mit einer Klausurtagung begonnen haben, die großen Herausforderungen - da zählt allemal das Thema Wohnen ganz vorne mit dazu - gemeinsam erarbeiten, lösungsorientiert gemeinsam versuchen, Kompromisse zu finden, hinter die sich dann auch weite Teile des Gemeinderats stellen können.

Leider war Ihre Antwort auf diesen Prozess: Das machen wir dann 2019 nach der Kommunalwahl! Und Ihr Vorschlag waren die Generaldebatten, die natürlich genau zum Gegenteil führen, nämlich zu einer entsprechenden Positionierung von allen, eher ein Gegeneinander der Ideen, eher, dass jeder im Wettstreit die besten Ideen haben will. Wir glauben, dass es für diese Stadt und für diese Herausforderung Wohnen besser gewesen wäre, wir hätten diesen anderen Weg eingeschlagen, der sicherlich deutlich konsensorientierter gewesen wäre als dieser. Aber nun sind wir so unterwegs. Sie haben es so vorgeschlagen.

Noch mal kurz zur Erinnerung. Wir haben uns gemeinsam im Gemeinderat auf diese acht großen Themenfelder verständigt, die uns in Stuttgart in den nächsten Jahren beschäftigen werden. Und wir sind heute, ich glaube, man kann es so sagen, beim Thema Wohnen unter 'Soziales Stuttgart' und unter 'Stuttgart ist Metropole' inhaltlich unterwegs.

Zu den inhaltlichen Bereichen, ja, Herr Oberbürgermeister, wir hatten nach Ihrer Wahl und nach Ihrem Wahlkampf, der ja durchaus auch von dem Thema Wohnen getrieben war, die Hoffnung, dass Sie die Ideen, die Lösungsansätze, die Konzepte haben, um diese Herausforderung in Stuttgart deutlich nach vorne zu bringen und die Probleme zu lösen. Leider sind wir auch nach fünf Jahren weiterhin enttäuscht von dem, was Sie hier vorweisen können. Das Bündnis für Wohnen, zugegebenermaßen von Ihnen initiiert, war ein guter Baustein oder ist ein guter Baustein, der Anteil geförderter Wohnungsbau konnte verstärkt werden, da haben Sie vorher auch das Richtige dazu ausgesagt. Aber in Summe, und das ist natürlich das, was auch die Breite der Gesellschaft betrifft, hat das nicht wirklich zu mehr Wohnungsbau geführt, oder überhaupt zu mehr Wohnraum. Wir brauchen ja nicht unbedingt immer von Neubau zu sprechen, sondern auch von Möglichkeiten im Bestand.

Aber wir sind als CDU-Fraktion felsenfest überzeugt, dass ein Stadtwachstum, größer als wir es bisher erleben, sein muss. Nicht ins Unendliche, und es ist auch immer schwierig, Herr Oberbürgermeister, wenn man dann immer nur in schwarz-weiß malt. So nach dem Motto, wer für mehr Wohnraum ist, der ist auch gleich dafür, jedes Jahr ein Birkacher Feld zu bebauen. Das ist nicht richtig, das hat hier keiner gefordert, also zumindest keiner, den ich kenne in diesem Rat. Und deswegen sollte man es auch nicht immer wieder als Beispiel bringen, nur um die, die eine etwas andere Akzentuierung in der Politik haben als Sie, irgendwie zu diskreditieren. Wir sind der Überzeugung, ein größeres Wachstum muss sein. Nicht allein des Wachstums wegen, sondern weil wir eben genau auch sehen, dass wir entsprechenden Wohnraum brauchen. Zum einen, um den Wirtschaftsstandort Stuttgart dauerhaft attraktiv und so wirtschaftsstark zu halten und zum anderen, weil wir einen Wechsel im Arbeitsleben in den nächsten Jahren erleben werden - die Babyboomer werden in den Ruhestand gehen, die ziehen natürlich auch nicht aus Stuttgart weg, die fühlen sich ja hier wohl - und die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den großen Unternehmen und in den vielen kleinen Unternehmen in dieser Stadt, die dann diese Arbeitsplätze hoffentlich füllen können, müssen.

Und es ist auch nicht sinnvoll, die Thematik zu sehr in die Region abzuschieben. Da haben Sie ja auch für eine gewisse Verärgerung gesorgt in der Region, als Sie das sehr stark propagiert haben, weil wir dann genau beim Thema der letzten Generaldebatte sind, nämlich der Frage, mit welchem Verkehr sind wir konfrontiert? Und wir schaffen das ja gar nicht mit unserem ÖPNV, mit unserem S-Bahn-Netz, jetzt noch große Mengen an Pendlern jeden Tag in diese Stadt hereinzuschaffen. Nein, auch Stuttgart muss einen größeren Anteil an Wohnraumversorgung beitragen, als wir das bisher gemacht haben.

Wir brauchen aber, und da sind wir überzeugt, auch alle Arten des Wohnens in dieser Stadt. Wir brauchen natürlich den verdichteten Geschosswohnungsbau. Wir sollten uns vielleicht über den einen oder anderen Hochhausstandort auch in Stuttgart noch mal unterhalten. Nicht an jeder Stelle ist das ein klimatologisches Problem in dieser Stadt. Wir haben Örtlichkeiten, wo es guten ÖPNV-Anschluss gibt, da könnten wir noch mal etwas tun. Wir brauchen Platz für Baugemeinschaften. Wir müssen für Wohngemeinschaften Möglichkeiten schaffen. Betreutes Wohnen wird immer wieder und immer stärker ein Thema. Und gerade auch im geförderten Bereich brauchen wir Einfamilienhäuser. Es kann auch nicht sein, dass auf Stuttgarter Gemarkung kein neues Einfamilienhaus mehr zu erstellen ist.

Und, Herr Oberbürgermeister, Sie haben vorher gesagt, die CDU-Fraktion hätte sich in ihrem Antrag nicht zum Thema geförderter Wohnbau committed. Jetzt gebe ich zu, wir haben ihn erst gestern Mittag eingereicht, und der Kalender eines Oberbürgermeisters ist wahrscheinlich so voll, dass man es nicht selber lesen kann, sondern sich nur berichten lässt. Selbstverständlich schreiben wir gerade in unserem Antrag, auch das dringend notwendige größere Angebot von gefördertem Wohnraum gehe nicht ohne eine stärkere Erhöhung der Gesamtanzahl der Wohnungen in Stuttgart einher. Die CDU-Fraktion bekennt sich zum geförderten Wohnungsbau selbstverständlich, aber es kann auch nicht das alleinige Baumaß der Zukunft sein, sondern es muss eine Mischung sein in der Zukunft.

Selbstverständlich wird auf allen neuen Bebauungsplänen auch mit Stimmen der CDU das Stuttgarter Innenentwicklungsmodell mit den geförderten Anteilen gelten. Auch da haben Sie unsere klare Unterstützung. Wie können wir es jetzt erreichen, dass wir hier weiterkommen und mehr Wohnraum in unserer Stadt schaffen? Wir schlagen als CDU-Fraktion - und Sie haben es ja alle auf Ihren Plätzen liegen - eine Wohnraumoffensive für Stuttgart vor. Wir haben es bewusst nicht eine Wohnbau-Offensive genannt, sondern eine Wohnraum-Offensive, weil eben auch der Bestand wichtig ist. Und wir rufen Sie alle, wir rufen alle handelnden Akteure, wenn ich auf die Tribüne schaue, viele Baugemeinschaften, Haus & Grund, den Mieterverein, all diejenigen auf, die sich vielleicht mit Verärgerung aus dem Bündnis für Wohnen verabschiedet haben. Wir rufen sie alle auf, sich hier mit einzubringen.

Was sind unsere Ideen für dieses Thema? Ich möchte nur einige Dinge beispielhaft aufrufen. Bei neuen Bebauungsplänen in Bestandsgebieten glauben wir, dass wir die Geschossflächenzahl bei manchen Projekten durchaus noch erhöhen können. Das haben wir u. a. auf Vorschlag vom Kollegen Vetter, der das Thema bei uns in der Fraktion bearbeitet, immer wieder gemacht. Die Verwaltung hat das dankbar aufgenommen. Das sollte aber auch schon Handeln der Verwaltung von vornherein sein, dass wir dieses ausnützen. Lassen Sie mich da, weil Sie uns da ja eben ein bisschen angegriffen haben, Herr Oberbürgermeister, zum Thema Fasanenhof etwas sagen. Jetzt sind Sie ja nicht regelmäßig im UTA und erleben diese Diskussion nicht. Die Ausgangslage der CDU war die, dass wir gesagt haben, wir wollen eine Nachverdichtung im Fasanenhof. Auch in der Menge der Wohnungen. Aber wir wollen es dort machen, auf den Flächen, die der Stadt zur Verfügung stehen, wo es die Bürger für richtig halten vor Ort. Das ist für uns Bürgerbeteiligung. Wir wollten keine einzige Wohnung weniger in diesem Stadtbezirk bauen, sondern wir wollten sie dort mit den Bürgern bauen und nicht gegen den Bürger. Was am Ende des Tages besser sein wird? Da können wir gerne drüber diskutieren. Wir halten unseren Weg da für richtig.

Wir wollen diese Sondergebiete angehen. Wir haben das Thema Gärtnereien aufgerufen. Es versteht kein Mensch, dass aufgrund des Planrechts in manchen Häusern in dieser Stadt nur Mitarbeiter von Betrieben wohnen dürfen. Jetzt gibt es aber die Betriebe gar nicht mehr, deswegen wohnt da logischerweise auch niemand mehr. Und ein normaler Bürger soll dort nicht wohnen dürfen, weil es das Planrecht nicht hergibt. So etwas müssen wir korrigieren. Wir müssen an die Nutzung von Waldheimen denken, das haben wir immer wieder in der Diskussion gehabt, vielleicht nicht unbedingt zum Wohnen, aber vielleicht können wir dort andere Einrichtungen machen, die dann Platz schaffen in den Innenstadtbereichen zum Thema Wohnen.

Das Thema Ausbau Dachgeschosse, Gartengeschosse, die Aufteilung von Wohnungen, Herr Oberbürgermeister, haben Sie aufgerufen. Wir freuen uns, dass Sie da unseren Ideen beitreten. Wir wollen das aber durch ein kommunales Förderprogramm unterlegen. Wir wollen nicht, dass derjenige, der sein Dachgeschoss ausbaut in der Innenstadt als Erstes eine Stellplatzabgabe an die Stadt zahlen muss. Womit die Motivation natürlich gegen Null geht, weil er die ersten Jahre die ganze Miete nur in die Refinanzierung der Stellplatzabgabe abführen muss. Nein, wir wollen da ein Zuschussprogramm. Auch ein bauliches Zuschussprogramm. Jede Wohnung, die wir im Bestand schaffen, in Bestandsgebäuden, mit privaten Investitionen, müssen wir nicht in irgendwelchen neuen Wohnbaugebieten schaffen. Und es ist gut investiertes Geld, weil wir uns dort die ganzen Erschließungskosten sparen. Deswegen dieses Zuschussprogramm. Und, Herr Oberbürgermeister, Sie haben das Thema Schafhaus angesprochen, und dass die Verwaltung da gar nicht irgendwie der Hemmschuh sei. Jetzt will ich es Ihnen bloß mal an einem Beispiel sagen. Am 11. Juli 2017 kamen die Verkehrsplaner der Stadt Stuttgart in den Ausschuss für Umwelt und Technik und haben einen Erschließungsvorschlag vorgestellt. Dieser war fraktionsübergreifend eine Nummer zu groß geraten. Das war eine halbe Bundesstraße nach Kornwestheim, was dort geplant wurde. Am 11. Juli 2017 hat der UTA einstimmig beauftragt, plant uns das mal eine Nummer kleiner. Das ist die Erschließung eines Wohngebiets mit 200 Wohneinheiten, da müssen zwei Autos aneinander vorbeikommen, und dann ist aber auch gut. Und jetzt zitiere ich aus dem Referat Städtebau und Umwelt vom 29. Mai 2018: 'Aus Kapazitätsgründen können sich die Kollegen von der Verkehrsplanung jedoch erst nach der Sommerpause mit dem Strukturplan auseinandersetzen.' Sorry, Herr Oberbürgermeister, aber das ist Verschleppung der Probleme. Das ist nicht die Dynamik, die wir brauchen, bei diesen Neubaugebieten - es sind wenige, die in der Zeitstufenliste stehen: Schafhaus, mittlere Wohlfahrt, Böckinger Straße, Salzweg. Aber in Summe immerhin 600 Wohneinheiten. Da kann es nicht sein, dass es nicht einen Tag gibt, an dem in dieser Stadt nicht mehrere Mitarbeiter der Stadtverwaltung an diesem Thema arbeiten? Diesen Tag darf es nicht mehr geben, wo wir nicht an diesen Projekten an der Umsetzung arbeiten. Darüber hinaus, Sie werden sich ja vielleicht nachher nochmal zu Wort melden, Herr Oberbürgermeister, wäre es mir recht, wenn Sie nochmal ein Bekenntnis zu diesen Bauflächen aussprechen würden, damit einfach auch nochmal klar ist, wer dahintersteht und dass Sie mit dem Druck, den ein Oberbürgermeister als Spitze der Verwaltung hat, dieses auch entsprechend vorantreiben.

Und dass ein einfacher Frageantrag der CDU-Fraktion, was das Baugebiet Mittlere Wohlfahrt angeht, wo der BUND, wenn ich es richtig weiß, im Bereich Artenschutz zu einer Verzögerung geführt hat, ein einfacher Frageantrag, wo wir nur wissen wollen, was denn die Gründe sind, warum es zu Verzögerungen kommt, dass Sie und Ihre Mannschaft es nicht schaffen, innerhalb von 6 Monaten eine Antwort auf diesen Frageantrag zu generieren, bis heute nicht schaffen, das kann einfach nicht sein, Herr Oberbürgermeister. Und jetzt frage ich Sie schon, Herr Kuhn, ganz direkt, glauben Sie denn, dass die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Stadt da draußen das Vertrauen und die Hoffnung haben, dass wir auf diesem Weg die Flächen von Stuttgart 21 beplanen und bebauen können, wenn wir nicht mal diese Mini-Wohngebiete hinbekommen? Zugegebenermaßen, eigentumsrechtlich einfacher, weil sie uns gehören, aber wir kriegen nicht mal eine Verkehrserschließung für ein Wohngebiet von 200 Häusle hin. Es hat da draußen kein Mensch mehr das Vertrauen, dass wir mit dieser Struktur, mit diesem Personal, mit dieser Spitze Stuttgart 21 vernünftig, in guter Qualität und vor allem schnell beplanen können. Und deswegen glauben wir auch, dass wir neben dem Thema Personalaufstockung, es freut mich, dass Sie da auch unsere Idee aufgegriffen haben und unseren Antrag, ich frage mich bloß, warum Sie es nicht schon lange vorgeschlagen haben, in einer der Haushaltsplaneinbringungen, die Sie schon gemacht haben. Ich glaube, dass es neben der Personalstärke schon auch eine Frage der Haltung ist, mit der wir an die Themen herangehen, und wir halten da eben in dieser Frage eine externe Begleitung für ganz entscheidend für diesen Change-Prozess. Wenn wir aus dieser Stadtverwaltung noch mehr eine agile Stadtverwaltung machen wollen, können wir das nicht im eigenen Saft, dann brauchen wir da Unterstützung von außen. Das ist dringend notwendig, und auch das werden wir entsprechend beantragen.

Was den letzten Punkt angeht, das Thema neue Baugebiete. Wir haben uns positioniert, und die SPD hat sich da ähnlich positioniert. Das Thema Stadt am Fluss, Neckar-City, ist eine Vision, die für diese Stadt neben dem, dass wir dort entsprechend Wohnraum schaffen, neben dem, dass es entsprechende Flächen gibt, den großen Vorteil hat und die große Chance, dass diese Stadt eine wirkliche Qualitätsentwicklung bekommt. Wer immer von 'Stadt am Fluss' gesprochen hat, der muss hier jetzt auch die Kräfte vereinen und sagen, jawohl, wir gehen diesen Weg entsprechend an. Das heißt für uns aber im Umkehrschluss auch, dass wir eben dort keinen großflächigen, abgeschlossenen, gewerblichen Bereich haben werden. Selbstverständlich werden da später mal Büroflächen sein, selbstverständlich wird dort Wohnen sein, selbstverständlich kann ich mir dort auch sehr gut eine Philharmonie als öffentlichen Anker vorstellen. Was aber nicht sein kann, dass wir dort Betriebshöfe oder Logistikzentren bauen, die abgeschirmt hinter einem Zaun große Teile dieser Filetgrundstücke am Stuttgarter Neckar wegnehmen. Da möchte ich Sie wirklich alle aufrufen, da eine Stadtentwicklung am Fluss anzugehen und voranzubringen, und notfalls für die zwingend unbestritten notwendigen Flächen, was das Thema Betriebshof und Paketpostamt angeht, im Notfall auch in den Außenbereich zu gehen, der ja keine hochwertige Qualität haben muss, sondern durchaus an der Bundesstraße oder an der Autobahn liegen kann, auch auf Stuttgarter Gemarkung.

Um das alles auch entsprechend umsetzen und angehen zu können, schlagen wir für dieses zweite große, wichtige Thema Wohnen eine Wohnraumoffensive, eine Rücklage, ein Budget dafür vor mit 150 Mio. € für Grunderwerb, auch Grundstücke, die ja vielleicht im Erbpachtbereich vergeben werden, für Infrastruktur, für das kommunale Zuschussprogramm und für all diese Dinge. Ich rufe wirklich alle auf, hier entsprechend sich mit einzubringen, seine Ideen mit einzubringen. Wir freuen uns auf eine große Diskussion, und auch wenn unser Visionsspruch ja heißt, die Zukunft unserer Stadt sind die Ideen der CDU, selbstverständlich kann die Zukunft auch immer noch besser werden, wenn andere Ideen noch mit eingebracht werden. In diesem Sinne freue ich mich auf die Arbeit am großen Thema Wohnen. Herzlichen Dank."

StRin Fischer (90/GRÜNE):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Bürgermeister/-in, liebe Stadträte und Stadträtinnen, Zuhörer/-innen und Zuschauer/-innen hier im Saal und draußen an den Bildschirmen, grüne Wohnungspolitik: urban, sozial gemischt, vielfältig. Wie alle Großstädte und Ballungsräume erlebt Stuttgart einen starken Einwohnerzuwachs. Die Stadt ist attraktiv mit einem hohen Arbeitsplatzangebot, reichem Kulturleben, guten Schulen und Hochschulen. Wohnraum ist aber zum knappen Gut geworden. Dieses Problem bewegt nicht nur diejenigen, die umziehen müssen oder die umziehen wollen, auch diejenigen, die zwar eine Wohnung haben, fühlen mit, weil sie befürchten, dass sie im Fall der Fälle womöglich keine finden würden. Diese Verunsicherung birgt ein Konfliktpotenzial in der Gesellschaft. Hier ist die Politik gefordert. Sie muss Lösungen und Sicherheit bieten. Leider gibt es aber keine einfachen Lösungen. Denn die Wohnungspolitik ist ein schwerer Tanker, bei dem man an vielen Stellschrauben drehen muss, damit er sich in die gewünschte Richtung bewegt, und daran arbeiten wir.

Nachdem in diesem Rat jahrelang ein Neubaugebiet nach dem anderen ohne eine einzige Sozialwohnung beschlossen wurde, bot sich erstmals 2009 die Gelegenheit mit der neuen Mehrheit aus Grün-Rot-Rot, hier umzusteuern und die Weichen auch neu zu stellen. In diesem Rathaus wurde ein historischer Beschluss gefasst. Private Investoren müssen 20 % der Wohnungen mit öffentlichen Fördergeldern erstellen. Eine Idee aus dem tiefsten Kohlenkeller des Sozialismus, so der politische Gegner. Ein Jahr später höchstes Lob von allen Seiten. Ein Erfolgsmodell, denn es entsteht geförderter Wohnraum in allen Wohnlagen und über die gesamte Stadt verteilt, und das, meine Damen und Herren, ist die Vielfalt, die uns am Herzen liegt. Ein weiteres Erfolgsmodell ist das Bündnis für Wohnen. Der Oberbürgermeister hat auch die Genossenschaften wieder an einen gemeinsamen Tisch gebracht und gut verhandelt. Sie haben aufgehört, ihre vorhandenen Sozialwohnungen abzulösen, sie bieten der Stadt jedes Jahr 100 ihrer Bestandswohnungen wieder als Sozialwohnungen an, sie bauen wieder neue Sozialwohnungen und sie stellen leere Bestandswohnungen als Sozialwohnungen zur Verfügung, damit damit auf den Wohnbauflächen Schoch, NeckarPark, Bürgerhospital zwar viele Sozialwohnungen entstehen, aber nicht alle vor Ort so belegt werden, sondern verteilt auf verschiedene Gebäude der Genossenschaften anderswo in der Stadt. Und so werden auf den großen städtischen Entwicklungsflächen attraktive, dicht bebaute Wohngebiete entstehen mit viel Grün, guter Aufenthaltsqualität und Begegnungsräumen, wo von Beginn an die soziale Mischung vor Ort stimmt, wo Alt und Jung, Ureinwohner und 'Reigschmeckte' sich begegnen und Menschen mit kleinem und großem Geldbeutel. Wo Gemeinsamkeit entdeckt wird und Wahlverwandtschaften entstehen können. Damit wird der dringend notwendige soziale Zusammenhalt in Stuttgart gestärkt.

2013 kam vom Oberbürgermeister die klare Ansage, 600 öffentlich geförderte Wohnungen pro Jahr sollen entstehen. Bei insgesamt mindestens 1.800 neuen Wohnungen. 2017 waren es 2.129 Wohnungen. Zu wenig, werden wir ja gleich hören. Wer aber suggeriert, man könne den Schalter einfach umlegen und hat dann mehr Wohnungen, streut den Menschen Sand in die Augen. Es ist schon ein großes Engagement notwendig, diese Flächen baureif zu machen. Dieses unterstützen wir gerne durch die Bereitstellung weiterer Ressourcen.

Und es war unsere Forderung vor 20 Jahren, dass die Stadt die Bauflächenpotenziale frühzeitig identifiziert und mit einem planmäßigen, systematischen Bauflächenmanagement aktiviert. Davon profitieren wir jetzt, denn es ist die verlässliche Grundlage dafür, dass innerhalb der nächsten drei Jahre in 68 konkreten Gebieten ein Wohnbaupotenzial von rund 6.000 Wohnungen zur Verfügung steht. Alle anderen, viel höheren Zahlen sind reine Luftnummern und daher unseriös. Schlimmer, damit wird die Wut auf die Politik geschürt, die nicht liefert, die nicht liefern kann. Und das führt zu Politikverdrossenheit, die dann wieder alle beklagen. Da schenken wir den Bürgerinnen und Bürgern lieber gleich reinen Wein ein. Wir stehen für klare Ansagen, was geht und was nicht geht. Und wir stehen dafür, dass die gesetzten Ziele auch erreicht werden. Das ist eine glaubwürdige Politik, die auch verstanden wird.

Und warum wollen die Grünen nun partout Grünflächen nicht bebaut haben? Da findet in Paris eine Klimakonferenz statt. Und wir können in Stuttgart nicht so tun, als wenn gar nichts gewesen wäre. Nein, die Klimaschutzziele sind unser Kompass, unsere Richtschnur, an der wir uns orientieren. Global denken und lokal handeln. Kein weiterer Flächenfraß, Innenentwicklung vor Außenentwicklung. Und deshalb sagen wir, Finger weg von der landwirtschaftlichen Fläche Schafhaus. Der Ackerboden wäre unwiederbringlich verloren, der Flächenverbrauch für Erschließung und Bebauung zu hoch. So geben wir eine klare Linie vor, jeder weiß, woran er oder sie ist. Die Stuttgarter Wiesen und Felder bleiben erhalten, und unsere Stadt zwischen Wald und Reben bleibt unverwechselbar. Aber, natürlich machen wir längst Alternativvorschläge und haben 2016 unsere eigene grüne Wohnraumoffensive gestartet. Mit unserem Antrag 3 unter der Überschrift 'Mehr Wohnraum schaffen auf Bestandsflächen' machen wir Vorschläge für die Innenentwicklung und die Nachverdichtung auf bereits versiegelten Flächen. Jetzt ist auch die CDU aufgewacht, und dabei ist sie bisher eher als Bremser aufgefallen. Zum Beispiel im Fasanenhof, wo fünf Baugenossenschaften auf ihren Grundstücken neuen Wohnraum schaffen wollen, wo es einen Kompromiss mit den Bürgern gab. Die Entscheidung soll demnächst fallen. Stimmen Sie zu.

Wer von der Großstadt mit ihrem vielfältigen Angebot profitieren möchte, ist bereit, in eine vielleicht etwas kleinere Wohnung in einem urbanen, verdichteten Quartier zu ziehen. Wenn die Aufenthaltsqualität stimmt und es Bäume, Grünflächenplätze mit Sitzbänken und Gemeinschaftsräume gibt. Denn Wohnen endet eben nicht vor der Haustüre. Nicht umsonst ist der Stuttgarter Westen der beliebteste Stadtbezirk und der am dichtesten besiedelte Stadtbezirk mit mehreren grünen Lungen, z. B. dem Feuersee.

Dabei sollte unser größtes neues Wohngebiet, der NeckarPark, das jetzt so richtig in Schwung kommt, nach dem Willen der CDU zunächst gar kein Wohngebiet werden. Mit Händen und Füßen hat sie sich gewehrt. Und sogar den Untergang des Volksfestes ins Feld geführt. Erst 2011 konnten wir nach zähem Ringen mit knapper Not den Beschluss herbeiführen und scheibchenweise erreichen, dass auf 20 ha nicht nur 450 Wohnungen gebaut werden, sondern 850 oder mehr. Weil das dem urbanen Wohnen in einer Großstadt entspricht. Auf dem Pragsattel hieß es ja zunächst auch, da könne man gar nicht wohnen. Dort geht es nun nach längerer Hängepartie auch flott voran. Urban, dicht, qualitätvoll, mit dem Killesbergpark als verlängertem Wohnzimmer. So stellen wir uns die Innenentwicklung vor.

Und wir haben mit unserer Wohnraumoffensive die Verwaltung im letzten Jahr aufgefordert, uns zehn Stadtteile mit hohem Nachverdichtungspotenzial vorzuschlagen. Nach der Sommerpause bietet sich die Gelegenheit, der Beschlussvorlage zuzustimmen, die dann mit den Vorschlägen für die Nachverdichtungspotenziale in den Stadtbezirken kommt, so wie ich es grade gesagt habe. Bereits mit unserem Antrag vom 28.03.2017 haben wir uns dem Gebiet am Neckarufer vom Leuze bis zu den Otto-Hirsch-Brücken zugewandt und uns mit dem möglichen Potenzial für Wohnungsbau beschäftigt. Auch wenn es sich zu einem guten Teil um Flächen handelt, die der Stadt nicht gehören. Es ist ein interessantes Gebiet, um das sich ja nun auch CDU und SPD Gedanken machen.

Wir begrüßen es sehr, dass die großen Player am Standort Stuttgart eine große Zahl an Arbeitsplätzen schaffen. Aber das Bauen von Wohnungen kann nicht alleine dem freien Markt und der Stadt überlassen werden. Zumal die Unternehmen dieses bei der Personalgewinnung noch schmerzlich zu spüren bekommen werden. Wir meinen, es ist nie zu spät, den Gesprächsfaden noch einmal aufzunehmen. Wir wollen erreichen, dass der guten alten Werkswohnung zu neuer Blüte verholfen wird.

Der Eiermann-Campus lag lange im Dornröschenschlaf. Nach sechs Jahren Leerstand kam mit dem vom Oberbürgermeister angestoßenen Kolloquium Bewegung auf. Die CDU und andere wollten den Wohnanteil unbedingt bei 500 Einheiten festzurren. Der Wettbewerb erbrachte aber ein Potenzial von 1.500 Wohnungen. Diesen Schatz wollen wir heben. Damit kann aus unserer Sicht die Entwicklung vom introvertierten Bürostandort zum integrierten Wohnstandort gelingen. Natürlich mit einem innovativen Verkehrskonzept, mit unserer Idee einer urbanen Seilbahn. Wir finden es klasse, dass jetzt ein ungewöhnlicher neuer Stadtteil mit dem interessanten Ambiente der Baudenkmale von Egon Eiermann entstehen kann. Das wird unser größtes neues Wohngebiet, eine schöne neue Wohnraumoffensive. Aber wir sagen auch, das Schaffen von Wohnraum in diesem dichten Wirtschaftsraum ist auch eine Aufgabe der Kommunen in der Region. Dort gibt es Vorbehalte gegen verdichtetes Bauen und gegen geförderten Wohnungsbau. Gleichzeitig gibt es Ortskerne, die könnten durchaus eine Belebung vertragen. Mit der Internationalen Bauausstellung können hier Musterprojekte angestoßen werden zur Aktivierung und zur Nachverdichtung von Flächen für mehr innerörtliches Wohnen. Und man sieht ja, dass man auf einem Einkaufszentrum sehr gut wohnen kann. Die Stadt selbst hat mit dem Rosensteinquartier die Aussicht auf 7.500 Wohnungen im Herzen der Stadt. Ohne die Tieferlegung der Gleise hätte man ab 2011 an die 3.000 Wohnungen auf den jetzigen Logistikflächen bauen können. Was besser gewesen wäre, denn dann stünden die Wohnungen jetzt. Es ist anders gekommen; jetzt lässt uns die Bahn hängen. 2027, aber wir drängen darauf, dass schon früher ein urbanes, vielfältiges, möglichst autofreies Quartier im Herzen der Stadt entsteht. Damit die Preise im Stadtkern nicht explodieren, ist es gut, dass die Formulierung zum städtebaulichen Wettbewerb Rosenstein hier schon mal vorab Klarheit schafft. Es ist das Ziel, die Flächen auch weiterhin vor Spekulation zu schützen oder die Flächen der Spekulation vorzuenthalten. Das sehen wir genauso. Wenn es sich zeigt, dass die Vergabe dieser städtischen Grundstücke im Erbbaurecht das wirksamste Mittel ist, die Bodenpreise nach unten zu drücken, dann sind wir dafür. Die Milieuschutzsatzung am Nordbahnhof wurde ja festgesetzt, damit im Zuge der Bebauung Rosenstein die Mieten nicht explodieren. Die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung soll erhalten bleiben. Wenn nun bei weiteren Gebieten dieses Instrument als sinnvoll erachtet wird, stimmen wir dem gerne zu, genauso wie der Nutzung weiterer städtebaulicher Instrumentarien wie mehr Vorkaufsrechten.

Der Wohnungsbestand in unserer städtischen Wohnungsgesellschaft steigt seit 2016 kontinuierlich von 18.000 Wohnungen auf rund 19.500 Wohnungen bis 2021. Mit ihrer enormen Neubau- und Modernisierungstätigkeit ist die SWSG ein Grundpfeiler der städtischen Wohnungspolitik und ein Garant dafür, dass sie zukunftsfähige und bezahlbare Mietwohnungen im Angebot hat. Diesen Kurs unterstützen wir weiterhin. Ein letztes Wort nun zur Frage 'Leerstand von Wohnraum vermeiden, leerstehende Wohnungen aktivieren': Seit 2016 gilt die Satzung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum. Es ist schon deshalb eine erfolgreiche Sache, weil seitdem durch die Ansprache der Eigentümer/-innen immerhin 42 Wohnungen wieder in die Vermietung gebracht wurden. Diesen Effekt wollen wir verstärken. Deshalb haben wir beantragt, dass die Stadt denjenigen Wohnungseigentümern, die wegen schlechter Erfahrung eigentlich gar nicht mehr vermieten wollten, das Angebot macht, dass die Stadt selbst die leerstehenden Wohnungen anmietet. Dies gibt den Vermietern mehr Sicherheit; Wohnungssuchende aus der Dringlichkeitsliste können schneller vermittelt werden, und die Personalgewinnung für Mangelberufe wird erleichtert. Ohne dass neu gebaut werden muss, steht so mehr Wohnraum in der Stadt zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Die Stadt kommt gut voran mit unserer grünen Wohnungspolitik - urban, sozial gemischt und vielfältig. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."

StR Körner (SPD):
"Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Frau Fezer, meine Herren Bürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Kollegin von mir sucht eine Wohnung in Stuttgart, wohnt momentan in Mannheim, fährt jeden Tag mit dem Zug nach Stuttgart, und es wird eine Wohnung angeboten, 80 m2, in der Innenstadt, 1.200 € kalt. Die Anbieterin erhält innerhalb von zwei Tagen 300 Mails, 300 Interessenten. 20 werden eingeladen, sie ist eine davon; zu einem Mietvertrag kommt es nicht. Die Angebotsmieten in Stuttgart (das sind die Mieten bei neu abzuschließenden Mietverträgen) liegen mittlerweile bei 13 bis 14 €, der Mieterverein hat im Dezember 2016 ausgewertet, die Innenstadt bei 14 €. Was heißt das für ganz normal verdienende Männer und Frauen? Im Wohnungsmarktbericht des letzten Jahres ist von einer Mietbelastungsquote von 25,9 % die Rede. Das heißt, ungefähr ein Viertel der Nettoeinkommen, der durchschnittlichen Nettoeinkommen würde für die Miete ausgegeben - das sind aber die Bestandsmieten. Wenn ich eine Wohnung neu suche und die Situation ist, wie ich sie gerade beschrieben habe, dann muss ich als Normalverdiener mittlerweile fast 50 % meines Nettoeinkommens aufwenden. So, und das können sich normale Menschen nicht mehr leisten. So einfach ist das. Das ist die Realität in Stuttgart im Juni 2018.

Was ist mit den Bestandsmieterinnen und -mietern hier in Stuttgart? Ich möchte zwei weitere Beispiele nennen.

Szenenwechsel: Frühjahrsfest, Bürger- und Obstbauverein Heslach. Drei ältere Frauen sitzen am Tisch, über 70, Rentnerinnen, alte Heslacherinnen. Die eine Dame erzählt, sie sucht eine 1-Zimmer-Wohnung. Sie wohnt seit vielen Jahren in einem großen Haus, das Haus ist verkauft worden. Die Frau hat Angst, sie hat Angst, dass sie sich die Wohnung nicht mehr leisten wird können. Dass das Haus verkauft ist, vielleicht Eigenbedarf geltend gemacht wird, und sie hat Angst, überhaupt noch etwas Bezahlbares zu finden.

Es gibt aber auch, Herr Oberbürgermeister, Sie haben das am Anfang - und das fand ich richtig - auch gesagt, andere Beispiele. Eine andere ältere Frau aus Ostheim, mit der ich gestern telefoniert habe, die ich gut kenne, wohnt bei einer Wohnungsbaugenossenschaft, beim Bau- und Heimstättenverein. Das Gebäude wird saniert, sie wird umgesetzt ins Nachbargebäude, wo schon die Sanierung stattgefunden hat, und sie ist sehr zufrieden. Sie zahlt 8,40 € auf den Quadratmeter. Sie kann sich die Wohnung leisten, die kostet 500 €. Aber sie ist froh, weil sie hat keinen Mietvertrag, sie hat ein Dauernutzungsrecht bei einer Wohnungsbaugenossenschaft. Ich könnte auch von der Familie Körner-Mohr sprechen, die eine sehr soziale Vermieterin hat und bei der wir Glück hatten und vor 10 Jahren einen Mietvertrag unterschrieben haben, der bis heute nicht erhöht worden ist. Das gibt es auch: soziale Vermieterinnen und Vermieter. Es gibt aber auch andere Beispiele.

Nochmal Szenenwechsel: Ein Ehepaar, Anfang 60, gutverdienend, jetzt im Ruhestand, kauft sich im Parkquartier Berg vor über 10 Jahren eine Eigentumswohnung, damals sehr teuer. Herr Föll, Sie wissen das gut, die SWSG war mit dabei, Parkquartier, wo die Frauenklinik war. War Ihr Vorgänger, okay, aber wir können uns das alle vorstellen. Diese Wohnung ist mittlerweile doppelt so viel wert. Letztes Beispiel: Raiko Grieb, BV Süd: Junge Familie, 2 Kinder, suchen etwas im Eigentum in der Stuttgarter Innenstadt. Es gelingt ihnen nicht, seit vielen Jahren. Weil Kaufpreise von 800.000 € aufgerufen werden.

Also: Wir haben ein Problem. Herr Oberbürgermeister, zum Jahreswechsel war ein Interview in der Zeitung, da war die Überschrift: 'So kann es in Stuttgart nicht weitergehen.' Stuttgart braucht einen Aufbruch in der Wohnungspolitik. Das was die Stadt tut, ist eindeutig zu wenig. Woanders läuft es deutlich besser. Es war ein Interview des katholischen Stadtdekans, Monsignore Dr. Hermes. So, das ist seine Bilanz der Wohnungspolitik. Und da muss doch irgendwie ein Nachdenken stattfinden, dass vielleicht angesichts der Herausforderungen, vor denen wir stehen, das, was Sie bisher in diesem Bereich getan haben, vielleicht zu wenig ist, und wir einen Aufbruch in der Stuttgarter Wohnungspolitik auf den Weg bringen.

Jetzt, wie habe ich Ihre Wohnungspolitik in der jüngsten Vergangenheit wahrgenommen? In den letzten Interviews, die ich gelesen habe, und Sie haben es heute ein bisschen anders formuliert, haben Sie sich dafür entschieden, gegen den Neubau zu polemisieren, ich kann das nicht anders sagen. Sie haben formuliert, wenn ich am Montag 10.000 Wohnungen hätte, und am Mittwoch verkauf ich sie, habe ich am Freitag wieder Wohnungsnot. Neubau, 10.000 Wohnungen, bringt gar nichts. Das haben Sie in Interviews reihenweise erzählt. Herr Oberbürgermeister, das ist eine Aussage, die aus meiner Sicht nicht nur falsch ist, weil, wenn Sie zehntausend Wohnungen haben, bekommen 25.000 Menschen eine Wohnung, die sie heute nicht bekommen. Und wenn sie auch noch in unserer Hand ist, können wir auch noch dafür sorgen, dass sie vernünftig zu fairen Preisen vermietet wird. Aber sie ist vor allem politisch brandgefährlich, diese Aussage, weil all die vielen Beispiele, die aufgerufen wurden vom Kollegen Kotz, aber auch andere, wo es auch Probleme gibt, haben doch auch damit zu tun, dass in vielen Bereichen der Stadtgesellschaft jedes neue Bauprojekt abgelehnt wird, und dass in vielen Bereichen der Stadtverwaltung, sagen wir mal - die Notwendigkeit von Neubau im Vergleich zu anderen Dingen doch eher negativ gesehen wird. So. Und dann stellt sich die Spitze dieser Stadtgesellschaft und dieser Stadtverwaltung hin und sagt: Der Neubau, das bringt gar nichts. Ob ich 10.000 Wohnungen habe oder nicht, das bringt doch gar nichts. Das halte ich für hochproblematisch.

Und für die SPD-Fraktion ist völlig klar: Wir müssen uns von einigen liebgewonnenen Positionen verabschieden. Wir können z. B. nicht in dem Maß wie bisher gegen den Flächenverbrauch kämpfen, denn wir brauchen viele neue Wohnungen. Daran führt kein Weg vorbei. Es ist kein Zitat von mir, das ist ein Zitat des Ministerpräsidenten dieses Landes, und ich frage mich, warum da die grünen Kolleginnen und Kollegen nicht klatschen, denn wir müssen uns von einigen liebgewordenen Positionen verabschieden. Und an vielen neuen Wohnungen führt kein Weg vorbei. Das heißt für uns als SPD, innen, Herr Oberbürgermeister, und außen. Außen heißt, ja zum Neubau an Langenäcker-Wiesert. Haben wir gemacht, durchgesetzt gegen viele Gegenstimmen. Ja zum Neubaugebiet Schafhaus. Und, ich war ja dabei in der Bürgerversammlung in Mühlhausen, Herr Oberbürgermeister, wo Sie dazu gesprochen haben. Und ich muss ganz ehrlich sagen, wenn Sie jetzt hier anfangen, außen Noten zu verteilen an die Gemeinderäte, wie sie vor Ort agieren, dann würde ich zumindest einmal auch ein Fragezeichen da machen, wie Sie ab und zu auch vor Ort agieren. Kollege Kotz hat ja zum Schafhaus alles gesagt. Und der Hinweis auf die Region ist richtig. Aber mir hat noch niemand erklären können, warum sich die GRÜNEN für Neubauwohnungen auf der grünen Wiese in der Region starkmachen, aber nicht am Siedlungsrand der Landeshauptstadt Stuttgart. Also, sorry, das verstehe ich nicht.

Und, es ist auch ein Irrglaube, Herr Oberbürgermeister, dass das Ja zur Innenentwicklung nicht auch etwas mit dieser Stadt machen würde. Wir haben uns als SPD eindeutig für die Innenentwicklung ausgesprochen. Das Projekt Hallschlag, die SWSG, Frau Kollegin Fischer hat das aus meiner Sicht sehr treffend und gut beschrieben, die SWSG ist ein zentraler wichtiger Partner, wichtiges Instrument für die Stadt, macht hervorragende Arbeit, hat im Hallschlag eine Nachverdichtungsstrategie, die ihresgleichen sucht. Es ist mir ein Rätsel, Herr Kollege Adler, warum sich die LINKE gegen ein solches Weiterentwicklungsprojekt par excellence auf dem Hallschlag stemmt. Wir haben als SPD Hausbesuche gemacht in der Keltersiedlung, weil dort nach der Nachverdichtung doppelt so viele Wohnungen sein werden wie vorher, und erstmals auch Sozialmietwohnungen. Auch da konnte ich die Haltung mancher aus der linken Fraktionsgemeinschaft kaum nachvollziehen. Aber, Herr Oberbürgermeister, der Fasanenhof wurde angesprochen, ein schönes Beispiel. Wenn wir es nicht schaffen, ein gewinnendes, überzeugendes, positives Nachverdichtungskonzept auf den Tisch zu legen, um die Menschen davon zu überzeugen, werden wir auch dort scheitern. Warum? Weil wir die Menschen nicht davon überzeugen, in ihrer Nachbarschaft müssen es jetzt ganz viel mehr Wohnungen sein mit dem Argument, wir brauchen die unbedingt. Damit überzeugen wir die nicht. Wir können sie nur mit einem gewinnenden, überzeugenden Nachverdichtungskonzept erreichen. Und das ist aus unserer Sicht z. B. die Idee einer Fünf-Minuten-Stadt, weil wir, wenn wir diese Idee haben, und wir haben sie ja bei der Generaldebatte Mobilität eingeführt, dass wir in fünf Minuten beim Einkaufen sein können, in fünf Minuten bei der Haltestelle, in fünf Minuten bei der Großmutter in der Pflege um die Ecke. Auch Dichte brauchen. Urbanität brauchen. Aber Urbanität, Herr Oberbürgermeister, ist auch etwas, wo wir in dem einen oder anderen Außenbezirk viel Überzeugungsarbeit leisten müssen.

Und ich freue mich, wenn nach dem Sommer endlich das Dichtekonzept auf dem Tisch liegen sollte. Aber vor zwei Jahren steht im Ergebnispapier des Bündnisses für Wohnen: Wir arbeiten da an einem Dichtekonzept. Das ist das Ergebnis aus dieser Arbeitsgruppe des Bündnisses für Wohnen. Und wenn jetzt, über zwei Jahre später, dort tatsächlich etwas kommen könnte, freue ich mich. Aber aus meiner Sicht dauert so etwas viel, viel zu lang. So überzeugend sind auch Innenverdichtungskonzepte wie das Wohnen am Fluss, weil das Konzept Stadt am Fluss, auf das wir alle stolz sind, hat ja den Mangel, dass es das Wohnen am Fluss bisher überhaupt nicht beinhaltet. Also, Machbarkeitsstudie, im Übrigen, mit Verlaub, auf Antrag der SPD ja auch beschlossen als Begleitmaßnahme zum Rosensteintunnel, liegt vor. Lassen Sie uns das Projekt anpacken. Es ist ambitioniert da unten, die B 10 zu überdeckeln, ggf. sogar zu verschränken und dort neuen Wohnungsbau zu machen. Aber, Herr Oberbürgermeister, Sie haben bei einer Veranstaltung in den Wagenhallen zur Internationalen Bauausstellung gesagt, da muss es Projekte geben, die die Welt noch nicht gesehen hat. Das ist der Maßstab. Und das ist dann auch der Maßstab für dieses Projekt Wohnen am Fluss. Und mit so etwas gewinnen wir die Menschen für die Nachverdichtung und für mehr neue Wohnungen in Stuttgart. Das Rosensteinquartier ist angesprochen worden. Frau Kollegin Fischer, ich habe Ihre Argumentation schon oft gehört, nach dem Motto, wir könnten da schon längst Wohnungen haben, so mit den Zügen links und rechts am Küchenfenster vorbei. Ich weiß nicht, ob das so tolle Wohnungen gewesen wären. Fakt ist, wir bekommen eine Riesenchance mit der Entwicklung dieses Gebiets, und, Frau Fischer, da sind wir uns ja einig, aus der Chance müssen wir was machen. Und deswegen schlagen wir vor, dass bei dieser Fläche wir nicht den Grund und Boden den Gesetzen des Marktes überlassen, sondern dass wir nach Wegen suchen, dass nachhaltig eine gemeinwohlorientierte Nutzung dieser Flächen möglich ist. Da geht es um die Bodenfrage. Und das ist eine wichtige Frage für uns.

Und lassen Sie mich schließen, weil das wichtig ist für die Wohnungspolitik, mit einem Zitat. Das ist ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1967 und greift ein bisschen das auf, Herr Oberbürgermeister, was Sie am Beginn gesagt haben von dem sozialen Vermieter. Das darf ich vorlesen: 'Die Tatsache, dass der Grund und Boden unvermehrbar und unentbehrlich ist, verbietet es, seine Nutzung dem unübersehbaren Spiel der Kräfte und dem Belieben des Einzelnen vollständig zu überlassen. Eine gerechte Rechts- und Gesellschaftsordnung zwingt vielmehr dazu, die Interessen der Allgemeinheit in weit stärkerem Maße zur Geltung zu bringen als bei anderen Vermögensgütern. Das Gebot sozial gerechter Nutzung ist aber nicht nur eine Anweisung für das konkrete Verhalten des Eigentümers, sondern in erster Linie eine Richtschnur für den Gesetzgeber bei der Regelung des Eigentumsinhalts, das Wohl der Allgemeinheit zu beachten.'

Letzter Satz: Es liegt hierin die Absage an eine Eigentumsordnung, in der das Individualinteresse den unbedingten Vorrang vor den Interessen der Gemeinschaft hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit."

StR Adler (SÖS-LINKE-PluS):
"Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren und insbesondere natürlich liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, Sie wundern sich sicher, wie hier im Rat seit Jahren die explodierenden Mieten wortreich beklagt werden und sich doch nichts verbessert hat. Die Situation für Mieterinnen und Mieter ist immer prekärer geworden, und am 27.04.2018, also genau einen Tag vor der Hausbesetzung in der Wilhelm-Raabe-Str. 4, wurde im Wirtschaftsausschuss der Wohnungsbericht 2017 präsentiert. Und dieser Bericht dokumentiert, dass die Zahl der Wohnungen mit sozialer Mietpreisbindung trotz aller Erfolgsmeldungen aus dem Rathaus weiter sinkt. Von den ehemals rund 33.500 Sozialwohnungen, die es 1987 in dieser Stadt noch gab, waren also 2017 noch 14.443 übrig, und im Jahr 2024, nach weiteren 6 Jahren, sollen es nur noch 14.137 sein, also noch mal weniger als heute. 2024, das wäre dann also 12 Jahre nach Ihrem OB-Wahlkampf-versprechen, Herr Oberbürgermeister, von bezahlbaren Wohnungen für alle. Gleichzeitig haben aber heute schon hunderttausend Stuttgarter Haushalte aufgrund ihrer familiären und Einkommenssituation einen Anspruch auf eine Wohnung mit sozialer Mietpreisbindung, landläufig Sozialwohnung genannt. Das heißt also umgerechnet, dass über 85 % der Anspruchsberechtigten in dieser Stadt leer ausgehen. Und das sind die, die es dringend bräuchten.

Diese eigentlich mehr als ernüchternde Bilanz wird bei fast allen Fraktionen auch noch weitgehend positiv gesehen, eigentlich nicht überraschend, denn alle außer SÖS-LINKE-PluS hatten die bisherige OB-Politik, kurz zusammengefasst auf den Begriff Bündnis für Wohnen, wie er das selber sagte, ja abgesegnet. Trendumkehr nannte der Herr Föll und die CDU das in dieser Sitzung, einen aufsteigenden Ast meinte Frau Fischer von den Grünen zu sehen, und währenddessen steigen die Bestands- und die Angebotsmieten unaufhörlich. Und zwar exorbitant. Sie werden weiter steigen, wenn dem kein politischer Riegel vorgeschoben wird.

Immer mehr Stuttgarterinnen und Stuttgarter mit kleinen Einkommen und Renten und Studierende müssen über 50 % ihres verfügbaren Monatseinkommens für Mieten ausgeben. Und das ist ein existenzielles Problem, das kann man nicht mit Beschwichtigungsreden von Trendumkehr kleinreden. Nicht einmal mehr die allerelementarsten Aufgaben für die Allerbedürftigsten in dieser Stadt werden erfüllt. Die Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe für Wohnungslose und für alleinerziehende Frauen in Not sind hoffnungslos überfüllt und verstopft, weil keine leistbaren Wohnungen vermittelt werden können. Beim Wohnungsamt sind inzwischen wohl knapp 4.500 dringend Wohnungssuchende registriert. Jahr für Jahr werden es mehr. Die Fachdienste für Frauen und Alleinerziehende mussten am 08.03. deshalb mit Aktionen auf dem Schlossplatz auf die katastrophale Lage öffentlich aufmerksam machen.

Das Ergebnis dieser Politik heißt Verdrängung. Ein durch unbezahlbar hohe Mieten erzwungener schleichender Austausch der Stadtbevölkerung. Stuttgarter mit kleinen Geldbeuteln raus, zahlungskräftige Schichten rein. 2017 hat auch das Deutsche Institut für Urbanistik der Stadt Stuttgart attestiert, dass genau das in vielen Stuttgarter Stadtteilen stattfindet. Besonders dort, wo intensiv abgerissen und neu gebaut wird. Das sollten Sie auch nicht vergessen, Herr Kollege Körner, wenn Sie die Abrisse auf dem Hallschlag so feiern wollen. Dass es also nicht vorwärts geht für die Mieterinnen und Mieter, sondern rückwärts, das liegt auch an Ihrer fast schon religiösen Marktgläubigkeit. Wenn die Immobilienunternehmen und Investoren nämlich die Probleme lösen würden, dann gäbe es weder die heutige Debatte noch Hausbesetzungen. Der Kern des Problems ist, dass Investitionen in Immobilien und Boden hohe Kapitalverzinsung bieten. Deshalb sind sie Objekt der Begierde bei Investoren. Und dass die noch preiswerten Mietwohnungsbestände Stuttgarts systematisch vom Markt saniert werden, das sagte schon 2012 in dankenswerter Klarheit der Bundesverband der Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Und bezogen auf Stuttgart spricht er dabei von über der Hälfte des Wohnungsbestandes, wo bisher unterdurchschnittliche Mieten bezahlt wurden und nur unterdurchschnittliche Mietpreissteigerungen durchsetzbar waren.

Das Recht auf Wohnen ist aber ein Menschenrecht. Die Wohnung hat nicht Handelsware und Spekulationsobjekt zu sein. Das ist Heimat, die geschützt werden muss vor Spekulations- und Gewinnmaximierungsinteressen. Der Markt leistet das nicht. Die Immobilienunternehmen und Investoren sind also nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Daraus ergibt sich zwingend, dass es eben eine öffentliche Aufgabe ist, dieses Menschenrecht zu garantieren. Was wir hier heute hören, läuft aber mietenpolitisch weitgehend auf ein Weiter so hinaus. Oder bestenfalls auf Korrekturen in homöopathischen Dosen. Darüber können auch markige Überschriften wie 'Großoffensive für Wohnen' nicht hinwegtäuschen. Der Wucht der Kapitalinteressen will die Kommunalpolitik bisher nicht ernsthaft etwas entgegensetzen, sondern sie lässt sie ungehindert wirken und befeuert sie sogar noch mit dem Ausverkauf der letzten großen städtischen Areale. Nichts, was dem Übel an die Wurzel gehen könnte, kein zusammenhängendes, wirksames Konzept, um die vier Kernprobleme - Bodenpreisspekulation, Mietenexplosion, Mieterverdrängung und Leerstand - in den Griff zu bekommen.

Unsere Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS schlägt seit vielen Jahren ein Konzept vor, dessen einzelne Elemente ineinandergreifen und sich gegenseitig stützen. Es ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Punkt 1 ist ein kommunaler Wohnungsbau. Dauerhaft und nachhaltig soziale Mieten zu sichern geht eben nur, wenn die Stadt selber auf ihren eigenen Flächen leistbaren Wohnraum baut und selber vermietet. Städte wie Wien und Amsterdam haben das längst erkannt und praktiziert. Es ist also alles andere als eine sozialromantische Utopie. Das Geld dafür ist da, der Finanzbürgermeister weist jedes Jahr hohe Überschüsse gegenüber den Haushaltsansätzen aus, zuletzt allein 230 Mio. € für 2016. Die Flächen dafür sind auch da, noch in städtischem Besitz, noch nicht verkauft. Laut aktueller Liste über die Wohnungsbaupotenziale allein 2018 und 2019 für 537 Wohnungen und für 2020 für 939 Wohnungen. Das wäre doch wenigstens mal ein Anfang.

Da sind noch gar nicht eingerechnet rund 1.500 Wohnungen auf dem C-Areal Stuttgart 21, der neuen Prag, die sofort in Angriff genommen werden könnten, wenn der Gemeinderat das täte, was über 60 % der Stuttgarterinnen und Stuttgarter nämlich wollen, das sinnvolle Konzept Umstieg 21 zu prüfen und Stuttgart 21 zu beenden.

Ein Gemeindewohnungsbau, meine Damen und Herren, ist gut und dauerhaft angelegtes Geld für die Stadt. Die Baukosten werden subventioniert durch die Landesförderung. In 30 Jahren hat sich die Investition amortisiert. Das ist nachhaltig, nicht die heutige Praxis, bei der sich die Stadt für lächerliche zehn Jahre von Immobilienunternehmen Mietpreisbindungen kauft und Preisnachlässe und Renditegarantien abgibt. Herr Kuhn, kurz nach dem von Ihnen selber genannten Zeithorizont 2024 fängt diese Umverteilung an die Vermögenden also schon wieder von vorne an. Wo soll denn da bitte eine Trendumkehr sein?

Und weil so viel geredet wird in den Beiträgen bisher von Aufbruch und Offensive: Außerhalb vom Rathaus wird da offenbar weiter gedacht. Wir haben für unsere Idee eines kommunalen Wohnungsbaus sogar Zuspruch von ziemlich ungewohnter Seite. Schauen Sie mal, vor fast 100 Jahren, schreibt der Immobilienbrief, entstanden in Stuttgart vier Bauhaus-Siedlungen mit vielen hundert kleinen, aber hochmodernen Wohnungen. Bauherr war das städtische Hochbauamt. Heute schwimmt die Stadt Stuttgart im Geld, 231 Mio. € betrug der Haushaltsüberschuss allein 2016. Der Gemeinderat sollte darüber nachdenken, ob die Stadt wieder zum Bauherrn werden sollte. Und weiter schreibt der Immobilienbrief: Stuttgart könnte wieder Baugeschichte schreiben gegen den Wohnungsmangel jetzt und Impulse setzen für morgen. Oder hatten unsere Ahnen vor hundert Jahren mehr Mut und Visionskraft als die Stadträte heute?

Das zweite Element unseres Konzepts ist die Bodenvorratspolitik. Boden ist das Steuerungsinstrument für eine soziale ökologische Stadtentwicklung. Boden als nicht vermehrbares Gut muss deshalb sukzessive der Spekulation entzogen werden. Wir sagen: Die Stadt darf nichts verkaufen, sondern muss Grundstücke und Wohnungsbestände zukaufen für diesen kommunalen Wohnungsbau. Und auch da haben wir etliche Vorschläge gemacht, z. B. haben wir vorgeschlagen, das ehemalige SSB-Areal am Vogelsang möge die Stadt kaufen mit einem Potenzial für 140 städtische Wohnungen. Das wurde gegen unsere Stimmen im Aufsichtsrat der SWSG nicht getan, sondern stattdessen an Investoren verkauft, um bebaut zu werden. Und jetzt liegt es seit Jahren brach, weil auch der Investor dort offensichtlich auf Bodenpreissteigerungen spekuliert. Zweites Beispiel ist das EnBW-Areal an der Hackstraße mit einem Potenzial von 450 bis 600 Wohnungen, aber Verwaltung und Gemeinderat haben bisher unsere Initiative, das Gelände durch Beschluss einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme den Spekulationsinteressen zu entziehen und einen kommunalen Wohnungsbau zu entwickeln, abgelehnt. Kommen Sie uns also bitte nicht wieder mit Ihrer Nebelkerze, Herr Körner, dass SÖS-LINKE-PluS das Bauen auf der grünen Wiese genauso ablehnen würde wie Innenentwicklung und Nachverdichtung. Und ganz nebenbei, gegen Nachverdichtung auf dem Fasanenhof sind nicht wir, sondern die CDU aufgetreten. Und schweigen wir lieber über private Interessen, die da eine entscheidende Rolle gespielt haben.

Einen kleinen Erfolg in Sachen Bodenpolitik möchte ich noch ansprechen, den konnte SÖS-LINKE-PluS verbuchen, indem gemeinsam mit GRÜNEN und SPD der Zielbeschluss gefasst wurde, den Anteil von Boden und Wohnungen in städtischer Hand deutlich zu erhöhen, und den Anteil der SWSG am Gesamtwohnungsbestand sukzessive auf 10 % zu erhöhen. Wer das aber ernsthaft umsetzen will, der darf keine städtischen Grundstücke mehr verkaufen. Und hier mogeln sich sowohl GRÜNE als auch SPD nach wie vor aus der Verantwortung und sind weiter munter dabei, mit dem Verkauf des städtischen Tafelsilbers.

Unser dritter Baustein ist die Spekulations- und Verwertungsbremse. Bodenpreise steigen, weil Spekulanten und Investoren auf Bodenpreissteigerungen setzen. Es braucht also Instrumente, um Einfluss auf die Bodenpreisentwicklung zu nehmen und die Erwartungen auf Spekulationsgewinne auszubremsen. Wir nennen das eine Verwertungsbremse. Und das Baugesetzbuch gibt uns dafür ja eine ganze Reihe von Maßnahmen an die Hand, z. B. die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme, Erhaltungs-, Sanierungs- und Milieuschutzsatzungen zum Schutz der Wohnbevölkerung, die auch Mietobergrenzen ermöglichen. Solche Milieuschutzsatzungen haben wir konkret beantragt für die Wohnungsbestände der Vonovia in Stuttgart, die mit ihrer aggressiven Renditesteigerungsstrategie Mieter/-innen aus ihren Vierteln zu verdrängen versucht. Und wir freuen uns natürlich, dass auch die SPD inzwischen unsere Forderung nach Milieuschutzsatzungen übernommen hat und hoffen, dass die Ansagen dann im politischen Alltag Bestand haben, denn die Vonovia-Mieterinnen und -Mieter, die brauchen nicht irgendwann Schutzsatzungen, sondern jetzt. Übrigens, es freut uns natürlich auch sehr, Kollege Körner, dass Sie unsere Forderung übernehmen wollen, die Mieten bei der SWSG nicht zu erhöhen. Prima. Machen wir gerne mit Ihnen zusammen.

Vierter Baustein ist ein offensives Vorgehen gegen den Leerstand. Die Verwaltung hat da ja zwei Jahre lang Verzögerungstaktik betrieben, bis endlich eine Satzung zustande kam. Und bis heute müssen die Hunde ja leider immer noch zum Jagen getragen werden. Mit der lächerlichen Personalausstattung von drei Stellen konnte die Bilanz ja nur kläglich ausfallen. Mir ist es ein echtes Rätsel, wie die Kollegin Fischer da drin einen Erfolg sehen kann in 43 dem Wohnraum zugeführten Wohnungen. Auch wenn Sie bestreiten, dass Leerstand ein relevantes Problem in Stuttgart ist, selbst wenn es nur die vom OB genannten 3.000 leerstehenden Wohnungen wären: Mit entsprechender Personalausstattung und der Schärfung der Instrumente könnten bis zu 10.000 Wohnungssuchende ein Zuhause finden. Bauen an sich hilft nämlich nicht gegen Mietenexplosion. Städte wie München und Frankfurt, die nicht die topografisch klimatischen Schranken wie Stuttgart haben, bauen seit Jahren massiv auf der grünen Wiese und die Mieten explodieren trotzdem weiter. Und bauen an sich hilft auch nicht gegen Verdrängung, denn Leute mit hohen Einkommen haben in Stuttgart kein Versorgungsproblem.

Deshalb braucht es diesen Vierklang aus miteinander verzahnten Maßnahmen: erstens für dauerhafte leistbare Mieten das kommunale Wohnungsbauprogramm, zweitens eine aktive Bodenvorratspolitik, drittens die Verwertungs- und Spekulationsbremse und viertens eine konsequente Leerstandsbekämpfung. Und für all diese vier Bereiche braucht es die Personalausstattung, die die Stadt endlich handlungsfähig macht. Wir brauchen in der Verwaltungsspitze wieder ein übergreifendes konzeptionelles Denken, Umsetzung der vier beschriebenen Maßnahmen, Schluss mit dem mietenpolitischen laissez faire. Und all das setzt nicht weniger als eine Kulturrevolution im Denken und Handeln von Verwaltungsspitze und Stadträten voraus, damit das Signal an Investoren künftig heißt: Diese Stadt ist für alle da, wir tanzen nicht länger nach eurer Pfeife. Ich danke Ihnen."

StR Zeeb (FW):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste und Zuschauer an den Bildschirmen, mein erster Gedanke, als wir beschlossen haben, eine Generaldebatte zum Thema Wohnen zu führen, war: 'Was kann so eine Veranstaltung denn überhaupt bringen?' Unser OB hat heute versucht, seine Anstrengungen zum Thema Wohnen aufzulisten. Das nahm großen Raum ein. Seine Auflistung ist 12 Seiten lang. Die Schilderung der Erfolgsquote, also Wohnraum für alle Suchenden zu schaffen, benötigte danach nicht so lange Redezeit. Also im Zeugnis würde, glaube ich, stehen - er war stets bemüht. Die Stuttgarter Bevölkerung ist stetig gewachsen. Jetzt sind wir, glaube ich, bei 617.000 Einwohnern. Prognose: steigend. Der Wohnungsbedarf liegt, jetzt kann man unterschiedlicher Meinung sein, die einen meinen bei 5.000 Wohneinheiten pro Jahr, andere, die städtischen Ziele sind 1.800. Das sagt eigentlich alles. Und warum aber keine echte Analyse des Bedarfs gemacht wird, was wir schon mehrfach beantragt haben, ist uns schleierhaft, denn diese Zahlen wären sicher wichtig und ausschlaggebend. Jetzt haben vorher die Vorredner der verschiedensten Parteien das Thema jeweils aus ihrer parteipolitisch teils ein bisschen realitätsfernen Sicht geschildert, und die anwesende Verwaltung hat interessiert zugehört. Jetzt kann man sagen: Ja, soweit mehr oder weniger gut. Damit das aber keine Alibi-Veranstaltung wird, werde ich anschließend einige konkrete Vorschläge machen, die, wie wir Freien Wähler glauben, wichtig wären, sodass am Ende heute Abend vielleicht doch einige Quadratmeter realer Wohnraum entstehen könnten. Denn manchmal habe ich besonders bei den Debatten im UTA das Gefühl, dass eine Minderheit hier im Rat überhaupt nicht an einer Lösung des Problems interessiert ist, denn sonst gingen ja bei einigen die Feindbilder verloren. Diese Kolleginnen und Kollegen auf der linken Seite des politischen Spektrums verbinden meiner Meinung nach das Thema Wohnungsbau und Wohnraum schaffen mit Verschandelung des Stadtbildes, Beeinträchtigung des Klimas, überzogener Profitgier der Bauträger, natürlich Mietwucher, Vertreibung von angeblich schützenswerten Eidechsen, von denen es ja hunderttausend gibt in Stuttgart. Man glaubt, es führt immer zu einer gigantischen Zunahme des Verkehrs im Stadtgebiet. Lieber Pendler raus und rein und Radfahrer als Stellplätze. Und die Überbevölkerung in Stuttgart ist ja auch für manche ein drohendes Schwert. So wie es ist, so soll es bleiben, manchmal zurück zum Ochsenkarren, das würde uns weiterbringen. Und ein boomender Wirtschaftsstandort, der eben nun mal ein paar Menschen braucht, das ist ja nicht erwünscht. Gewinne und Steuergelder brauchen wir hier in Stuttgart ja nicht. Investitionen in Betongold sind per se schlecht, böse und niederträchtig. Das ist die Ansicht vieler hier im Rat.

Ich möchte eine vorsichtige Analyse beginnen. Ich fange mal von hinten an. Wer ist an dieser Wohnraumproblematik sicher nicht schuld? Nicht schuld sind Arbeitsuchende, die in die Metropole Stuttgart wollen. Nicht schuld sind junge Familien mit Kindern, die einfach mehr Wohnraum und mehr Zimmer benötigen. Nicht schuld sind auch die Flüchtlinge, die Bleiberecht bekommen. Die vielen sozialen Problemfälle in unserer städtischen Notfallkartei gehören dazu. Und auch nicht schuld sind, weil wir sie brauchen, Studierende, die in Stuttgart und der Region später mit ihrem Wissen als Ingenieure und Fachkräfte gebraucht werden. Ich bin auch der Meinung, dass die Immobilienwirtschaft jeder Couleur, jeder Größe, oder Baugenossenschaften, nicht schuld an der Misere sind, denn die haben einfach ihre Geschäftsmodelle, die sie auf dem freien Markt anbieten. Und das ist Teil unseres Wirtschaftssystems. Und das ist auch gut so.

Noch ein Wort zu den Wohnungsbaugenossenschaften. Da, finde ich, wird mit sehr viel Engagement nach Lösungen gesucht, und man bringt sich ein und versucht, die auch umzusetzen. Also diese Genossenschaften sind auch nicht schuld.

Und jetzt komme ich zu einem Punkt, das hat mich gefreut, dass der Herr Oberbürgermeister das aufgegriffen hat. Nicht schuld sind auch die privaten Hausbesitzer, die investieren und vermieten wollen. Gerade diese Gruppe wird immer wieder angefeindet. Ich fand es bemerkenswert, dass der Herr Oberbürgermeister heute das erstmals deutlich angesprochen hat.

In Stuttgart gibt es rund 310.000 Wohnungen. Davon stehen nach Angaben der Stadt zwischen 1.000 und 3.000 Wohnungen effektiv leer. Mithin also unter 1 % des gesamten Wohnungsbestandes. Oft gibt es dafür viele nachvollziehbare Gründe wie Sanierungsleerstand, Erbauseinandersetzungen oder dergleichen mehr. Und zudem, seien wir doch mal ehrlich, will ich nicht ausschließen, dass ein Vermieter, nachdem er einem Mietnomaden aufgesessen ist, vor lauter Enttäuschung seine Wohnung einmal leerstehen lässt. Die Realität ist doch aber eine ganz andere. 75 % aller Stuttgarter Wohnungen werden von privaten Vermietern gestellt. Und deren Geschäftsmodell, und insbesondere im schwäbischen Raum, ist es doch gerade zu vermieten und nicht leerstehen zu lassen. Schließlich will man mit den Wohnungen Erlöse für Investitionen erzielen, um damit eventuell auch einen Teil der eigenen Altersversorgung abzudecken und nicht dem Staat zur Last zu fallen. Der ganze Unmut, der sich in der Bevölkerung festgesetzt hat, und die Angespanntheit der Wohnungsmärkte lassen sich nicht durch ungesetzliche Wohnungsbesetzungen, Leerstandsschnüffelei oder Mietpreisbegrenzungen beheben. Sondern ausschließlich unserer Meinung nach, und ich habe es auch von anderer Seite heute schon gehört, ausschließlich durch maßvollen, aber raschen Neubau, um das anhaltende Bevölkerungswachstum zu bewerkstelligen. Es ist deswegen vollkommen falsch, u. a. die Privateigentümer für die schwierige Lage verantwortlich zu machen. Sie sind doch Teil der Lösung und nicht Teil des Problems. Schließlich haben sie oder die Generationen zuvor den Wohnraum geschaffen, den sie heute verantwortungsvoll bewirtschaften und der Gemeinschaft zur Verfügung stellen.

Auf dem privaten vermieteten Wohnungsmarkt werden vielerorts, das ist im Rat bekannt, weit geringere Mieten verlangt als z. B. bei der SWSG oder anderen gemeinnützigen Wohnbauträgern nach Modernisierungsmaßnahmen. Die Kosten sind nachvollziehbar, aber der private Markt liegt da teilweise weit drunter. Und der private Vermieter bekommt auch keine Subventionen, wenn er eine abgewohnte Wohnung renovieren muss. Da amortisieren sich die Kosten mit maximal 11 % möglicher Mieterhöhung oftmals erst nach 20 Jahren.

Wer ist aber unserer Meinung nach schuld an dieser Misere? Nach den Wahlen 2009 wurde die Stuttgarter Wohnungspolitik vor allem im UTA durch eine grün-rot-rote Mehrheit diktiert. Seit 2013 haben wir auch einen grünen Oberbürgermeister, seit 2015 einen grünen Baubürgermeister. Das ist zunächst mal Fakt. Das sind fast ein Jahrzehnt diskutieren, zu Runden Tischen einladen, Anfragen wachsweich und verspätet beantworten oder gar nicht, Anstrengungen großreden, in Wahrheit aber bremsen, verhindern und zwangsläufig durch Verknappung des Angebots auch verteuern. Und ich erinnere daran, einige im Rat wissen das natürlich nicht mehr, ein erster Akt der vorgenannten grün-rot-roten Mehrheit war in einer der ersten UTA-Sitzungen des neuen Gemeinderats am 17.11.2009 die Streichung von 10 satzungsreifen Bebauungsplänen für 500 Wohneinheiten. Diese Wohnungen wären heute gebaut und bezogen. Das Stuttgarter Erscheinungsbild und das Klima wären daran sicher nicht zugrunde gegangen. Die Stadträtinnen und Stadträte vor 2009 waren auch nicht blöd, sondern weitblickend und nicht politisch verblendet.

Und wer wie unsere Grünen ein Baugebiet wie Langenäcker-Wiesert in Stammheim ablehnt, wo über 300 Familien auf der Warteliste zur Vergabe der Grundstücke stehen und schon lange auf Wohnraum warten, ist in meinen Augen nicht an einer Entspannung des Wohnungsmarktes interessiert. Und wer wie SÖS-LINKE-PluS bei jedem Tagesordnungspunkt, bei jedem Tagesordnungspunkt, bei dem es um Schaffung von Bau- und Planungsrecht für neuen Wohnraum geht, als einzige Fraktion dagegen stimmt, hat auch keine Ahnung, welche Bedürfnisse für die Stuttgarter Bürger jetzt kurzfristig höchste Wichtigkeit haben. Das ist in meinen Augen langfristige Wohnraumverhinderungspolitik mit ideologischen Vorstellungen aus einer anderen Zeit oder einem anderen politischen System mit anderen rechtsstaatlichen Vorstellungen.

Mit unseren Vorschlägen, die wir einbringen, stehen wir nicht allein. Sie sind teilweise gleichlautend mit den seit langem bekannten Vorschlägen und Beiträgen von namhaften Instituten, Verbänden und Experten. Ich kann sie gar nicht alle aufzählen, sonst würde es meine Redezeit sprengen, aber darunter sind die Caritas, die gesamte Immobilienwirtschaft, der Mieterverein, Haus & Grund, die Landeswirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, und, was ganz bemerkenswert war, die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag. Alle sind der Meinung, dass der Standpunkt von OB Kuhn und BM Pätzold nicht mehr zu halten ist, wonach die grüne Wiese tabu und jeder Grashalm sowie jede Erdkrume heilig sind und der alleinige Fokus auf dem sozialen Wohnungsbau im Innenbereich liegt. Es muss doch wirklich, und das ist heute toll, dass wir so eine Generaldebatte machen, wirklich mal ernst die Frage gestellt werden wie von einigen meiner Vorredner: 'Wie lange wollen Sie, Herr Kuhn, und Sie, Herr Pätzold, an dieser dogmatischen, aber nicht mehr zeitgemäßen, falschen Politik noch festhalten?'

Und um es nochmals klarzustellen, wir wollen nicht im großen Stil die grüne Wiese oder wertvolle Ackerböden zubauen, sondern maßvoll flächenergänzend weiterentwickeln, die Abrundungen darstellen. Wir wollen Straßen z. B., die bisher nur auf einer Seite bebaut sind, auch auf der anderen Seite bebauen. Und wollen baurechtliche Voraussetzungen schaffen, wo aus welchen Gründen auch immer bisher Wohnungsbau laut Aussage der Bauverwaltung nicht möglich war. Das reicht in unseren Augen von Grundstücken für 6 Reihenhäuser bis natürlich zu einem Gebiet wie Schafhaus oder dem Walz-Areal in Weilimdorf, wo Sie, Herr Oberbürgermeister Kuhn, vor kurzem Urban Gardening in den höchsten Tönen gelobt haben, wohlwissend, dass dort mit gutem Willen der Verwaltung 200 Wohneinheiten verschiedenster Art möglich wären, die auch von einer Mehrheit im UTA gewünscht werden. Unser interfraktioneller Antrag mit diesen Gebieten ist erst gestern beantwortet worden. Ist ja auch ein bisschen komisch, nicht wahr? Wir warten da wochen-, monatelang drauf. Und einen Tag vor der heutigen Debatte werden große vor langer Zeit gestellte Anträge schnell noch beantwortet. Das spricht für mich Bände. Das zeigt, dass die Verwaltung hier nicht will, oder, was ja noch schlimmer wäre, dass sie nicht kann. Was sind nun konkrete Vorschläge? Zunächst die Möglichkeiten des Bundes: Die Wohnbauförderung und Baudarlehenzuschüsse müsste man weiter ausdehnen, z. B. Prämien für bevorzugte Wohnungsvergaben und besonders benachteiligte Gruppen vergeben. Steuererleichterungen für private Bauherren bei Investitionen im Wohnungsbau, wie früher der berühmte und in aller Munde gewesene § 7b und eine Überarbeitung des Mietrechts wären unserer Meinung nach wichtig. Viele Vermieter vermieten weit unter dem Mietspiegel, aber wollen zurecht auch Herr über ihr Eigentum bleiben. Sonst investieren sie nicht mehr, und damit wäre niemandem geholfen.

Die ganzen wohnungsbauerschwerenden Gesetze und Verordnungen müsste man durchgehen und teilweise streichen, und auch diese blöde Mietpreisbremse abschaffen. Die schützt heutige Mieter, verprellt aber jeden potenziellen Vermieter, der vermieten möchte. Wenig Einfluss haben wir beim Artenschutzgesetz. Es kann ja nicht sein, dass die Umsiedlung von eventuell gesichteten zwei bis vier Eidechsen Wohnbauvorhaben verzögert, verteuert oder ganz unmöglich macht. Welche Möglichkeiten hat unsere schwarz-grüne Landesregierung? Ja, man könnte - lange gefordert, nie gemacht - die Landesbauordnung entrümpeln von kostentreibenden Vorschriften, z. B. bei überdachten Fahrradabstellplätzen, beim vorbeugenden Brandschutz und bei der heutzutage perfekt ausgearbeiteten barrierefreien Gestaltung von Wohnungen, die, das muss man einfach wissen, eine Wohnung bis zu 10 % größer werden lässt und teurer. Wir brauchen selbstverständlich diese Wohnungen, aber es gäbe auch sicher vernünftige Zwischenlösungen.

Dann, ich weiß nicht, bei wem das überhaupt bekannt ist, wir haben darüber auch im Rat hier noch wenig Informationen erhalten, es wäre doch toll, wenn man verstärkt die Gemeinden über den seit Mai 2017 geltenden neuen § 13b des Baugesetzbuches informieren würde, der es den Kommunen erleichtert, am Ortsrand kleinere Wohnungsbauflächen bis 10.000 m2 mit weniger aufwendigen Genehmigungsverfahren schneller auszuweisen. Auf Landesebene wären natürlich, das wissen wir ja alle, vereinfachte Genehmigungsverfahren für Nutzungsänderungen hilfreich. Nutzungsänderungen von Gewerbe zu Wohnen, z. B. bei Stellplatzforderungen und beim baulichen Brandschutz. Und das gleiche gilt, wie auch schon angesprochen, bei Dachausbauten. So, nun schlussendlich, was müssen wir, oder was können wir hier im Rat fordern und beschließen? Ja, oftmals angesprochen, Nachverdichtung von bestehenden Wohngebieten, wo es möglich ist und auch sinnvoll. Und dort muss das auch gegen Eigeninteressen der Nachbarn durchgesetzt werden. Wir müssen, wie der Kollege Körner sagte, diese Leute mitnehmen, dass sie nachher sehen, dass das Ganze auch gut sein kann. Und unsere Forderung war schon immer: Ausweisung von Baugebieten zur Ergänzung und Arrondierung bestehender Wohngebiete mit maßvollen Eingriffen im Außenbereich.

Wir könnten uns auch Umzugsprämien von großen in kleinere Wohnungen vorstellen, wie das in manchen Städten praktiziert wird. Und wir haben unsere Verwaltung aufgefordert, sie möge sich doch beim Bund dafür einsetzen, dass deren Grundstücke hier für Wohnungsbau aktiviert werden. Und, Herr Oberbürgermeister Kuhn, nicht nur den Fokus auf Sozialwohnungen richten. Auch jede frei finanzierte Wohnung entspannt den Markt, natürlich auch draußen in der Region. Ich wünsche mir auch mehr Macht beim städtischen Wohnungsbaukoordinator zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Entscheiden, nicht Bedenken im Ämterumlauf vervielfachen. Das Wohnraumzweckentfremdungsverbot kann man wieder aufheben. Das ist ein zahnloser Tiger für einen Leerstand von unter 1 % des Wohnungsbestandes. Und wieso diskutieren wir hier im Rat nicht mehr über eine Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe? Das würde soziale Gerechtigkeit bringen, und mit diesen Mitteln könnten wir Wohnbauprojekte besonderer Art fördern.

Mehr Kapazität im Planungsamt ist auch eine Forderung von uns. Zum Beispiel durch Vergabe an freie Planungs- und Ingenieurbüros. Bebauungspläne von 1890, alte Ortsbausatzungen und NE-Pläne müssen aktualisiert und Bedürfnisse angepasst werden. Aussagen wie 'dafür haben wir keine Kapazität' darf es nicht geben bei einem Dienstleistungsunternehmen. Wir brauchen Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten, ob arm oder reich, jung oder alt, Singles, Studenten, sozial Schwache und Flüchtlinge. Und nun das Fazit: Sollten bei einigen im Raum hier, insbesondere neuerdings auch bei den wohnungspolitischen, vernünftigen Kollegen und Kolleginnen der SPD, unsere Vorschläge zur maßvollen Flächeninanspruchnahme im Außenbereich einen positiven Denkprozess in Gang gebracht haben, so würde die Chance bestehen, dass die heutige Veranstaltung doch zu mehr bezahlbarem Wohnraum führen könnte. Ich bin gespannt auf die entsprechenden Abstimmungen im UTA und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank."

StR Conz (FDP):
"Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, die eigene Wohnung ist ein zentraler Ort für jeden Menschen, der in Stuttgart lebt. Ein Ort zum Wohlfühlen, ein Rückzugsort und sogar ein Ort mit einem besonderen rechtlichen Schutz. Jedes Jahr kommen viele tausend Menschen nach Stuttgart und suchen hier eine Wohnung. Zwei Menschen wohnen in Stuttgart durchschnittlich in einer Wohnung. 2015 betrug die Nettozuwanderung 9.500 Menschen. Im Jahr 2016 immer noch 7.500 Menschen. Daraus folgt ein Wohnungsbedarf von insgesamt 8.500 Wohnungen. In diesen genannten zwei Jahren entstanden aber noch nicht einmal 4.000 neue Wohnungen. Die Folge davon: steigende Mieten. Wenn wir also eine weitere Mietsteigerung durch das Auseinanderlaufen von Angebot und Nachfrage bremsen oder stoppen wollen, muss mehr gebaut werden, gerade in Stuttgart. Die größten Projekte der letzten Zeit waren der Seepark Möhringen mit 490 Wohnungen, der Feuerbacher Balkon mit 180, Milaneo mit 420 Wohnungen, der Europaplatz, Fasanenhof mit 270 Wohnungen. Der aktuelle Wohnungsmarktbericht der Stadt Stuttgart weiß, Zitat: 'Üblicherweise dauert es von der Erteilung der Baugenehmigung bis zur Baufertigstellung bis zu 3 Jahren, in einigen Fällen auch deutlich länger.' Bei Aufteilung dieses genannten Bauvolumens auf 3 Jahre ergibt dies dann ca. 450 Wohnungen pro Jahr.

Das sind tolle Wohnungsprojekte, keine Frage, die wertvollen Wohnraum in Stuttgart zur Verfügung stellen. Mit diesen Projektgrößen allein werden wir aber den Wohnungsmarktbedarf nicht decken können. Wir müssen größer denken. Der Princess-Tower ist 414 m hoch und beherbergt auf 171.000 m2 763 Wohnungen. Aber, meine Damen und Herren, ich habe zwar viel Fantasie, aber selbst ich glaube nicht daran, dass ein spannendes, attraktives, aber auch extrem mutiges Gebäude in Stuttgart eine Chance hat. Aber, warum in die Ferne schweifen, denn das Gute liegt so nah. Die Wohnsiedlung Hannibal im Asemwald ist 70 m hoch, entstand in 4 Jahren Bauzeit und verfügt über 1.143 Wohnungen. Solche Projekte müssen wir wieder ins Auge fassen. Übrigens, an die SPD, hier ist genau Ihre 5-Minuten-Stadt realisiert. Weil es eben Wohnungen, Geschäfte und alles an einem Standort gibt. Aber klar ist auch: Ein solches Projekt und auch viele kleinere können wir im Stuttgarter Zentrum nicht realisieren. Darum müssen wir uns von dem unbedingten Beharren, manche nennen es Dogma, das der reinen Innenentwicklung, verabschieden. Nur an den Rändern der Landeshauptstadt haben wir noch ernsthafte Wachstumschancen. Um den Anstieg der Immobilienpreise und der Mieten zu bremsen, muss auch an anderen Stellschrauben gedreht werden. Liebgewonnene und gut gemeinte Regelungen auf kommunaler und auf Landesebene, die das Erstellen und Betreiben einer Immobilie verteuern, müssen fallen. Dinge, wie der überdachte Fahrradabstellplatz, begrünte Fassaden und Dächer, machen das Wohnen teurer. Die Energieeinsparverordnung muss auf ein wirtschaftliches Maß zurückgeführt werden. Die städtischen Vorgaben zur Übererfüllung der EnEV sind ein Wahnsinn. Sie verteuern die Immobilie enorm und bringen nur einen geringen energetischen Nutzen. Auch dazu müssen wir sagen, davon müssen wir uns verabschieden. Auch die Baumschutzsatzung verteuert das Bauen. Für jeden gefällten Baum auf einem Baugrundstück muss eine Ablöse von 10.000 € bezahlt werden. Wenn wir die Mieten senken wollen, muss die Baumschutzsatzung abgeschafft werden. Satteldächer kosten gegenüber Pult- und Flachdächern ein Vollgeschoss. Ergebnis: weniger Wohnraum, dafür aber teurer. Hier brauchen wir den Mut zu einer vielfältigen Dachformenlandschaft. Die Dachform sollte nur noch in Ausnahmefällen im Bebauungsplan festgeschrieben werden. Das Baurechtsamt muss von einer 'Baustopp-Agency' zu einer 'One-Stop-Agency' für zügiges Bauen weiterentwickelt werden. Klar, dafür brauchen wir Personal. Aber wir als FDP sind bereit, dieses Personal zur Verfügung zu stellen. Es liegt an Ihnen, liebe Kollegen. Der Bauherr muss mit einer einfachen und klaren und möglichst kurzen Liste der benötigten Dokumente versorgt werden können. Liegen diese Dokumente vor, darf es keine Nachforderungen durch städtische Ämter mehr geben. Die Fristen laufen und die Zeiten monatelangen Wartens auf eine Baugenehmigung sind vorbei. Als erste Maßnahme entwickelt das Baurechtsamt eine Streichliste mit aufwendigen und sehr selten zur Anwendung kommenden Prüfungen. Diese werden dann gestrichen. Dadurch kann das Bauen in Stuttgart schneller und preiswerter werden.

Was im Gegensatz dazu allerdings überhaupt nichts nutzt, sind die immer wieder diskutierten Instrumente politischer Einflussnahme auf den Mietpreis. Wir haben es gerade wieder von den Kollegen, von den LINKEN gehört. Zu solchen Dingen wie Kappungsgrenze, Mietpreisbremse, Zweckentfremdungsverbot, Erhaltungssatzung, Milieuschutzsatzung will ich ein paar Ausführungen machen:

Kappungsgrenze heißt, Mieten dürfen hier in Stuttgart um maximal 15 % erhöht werden, Ausnahme sind bauliche Veränderungen. Bauliche Veränderungen können erhebliche Mieterhöhungen begründen. Das heißt, ich mache irgendeine kleinere Sanierungsmaßnahme und schon ist die Kappungsgrenze nichtig. Die Kappungsgrenze ist also im Sinne niedriger Mieten wirkungslos.

Mietpreisbremse. Zitat Wohnungsmarktbericht: 'Aktuelle Untersuchungen in Berlin, wo die Mietpreisbremse seit dem 1. Juni 2015 gilt, deuten darauf hin, dass die Mietpreisbremse nicht zu einem messbaren Rückgang der Mieten geführt hat.' Klartext: Die Mietpreisbremse ist im Sinne niedriger Mieten wirkungslos.

Zweckentfremdungsverbot. Da die Wohnungsvermietung in Stuttgart wirtschaftlicher ist als eine Gewerbefläche, macht die Umwandlung in Gewerbeflächen wirtschaftlich keinen Sinn. Leerstand entsteht vielfach durch das Warten des Investors auf Umbaugenehmigungen, notarielle Beglaubigungen und gerichtliche Eigentumsklärungen. Das Zweckentfremdungsverbot ist darum auch sinnlos.

Jetzt kommt die Erhaltungssatzung, in Form der Milieuschutzsatzung ja auch schon diskutiert. Diese gilt nicht bei Sanierung zum Erreichen der EnEV, oder Herstellung eines zeitgemäßen Ausstattungszustands. Diese Sanierungen können erhebliche Mieterhöhungen begründen. Der angedachte Sinn einer niedrigen Mietpreisgarantie kann also nicht erzielt werden. Die Erhaltungssatzung ist also im Sinne niedriger Mieten wirkungslos.

Zusammenfassend kann man also sagen, der Nutzen dieser Maßnahmen für Mieter ist gleich Null. Darüber hinaus muss man aber feststellen, dass über die Hälfte der Mietwohnungen in Stuttgart von privaten Eigentümern vermietet werden. Diese Privateigentümer vermieten ihre Wohnungen unter dem Mietspiegelniveau, oder sogar weit unter diesem. Der Druck auf diese Eigentümer durch gesetzliche und städtische Regelungen führt dazu, dass diese Eigentümer aufholende Mieterhöhungen realisieren. Aus diesen aufholenden Mieterhöhungen resultiert in den Folgejahren ein Ansteigen des Mietspiegels. Dieser Anstieg wird dann sowohl von professionell am Wohnungsmarkt agierenden Unternehmen als auch von Privatleuten zur Mieterhöhung genutzt, was wiederum zu einem Anstieg des Mietspiegels führt usw. Daraus folgt, dass ein Eingreifen in die Preisfindung durch die Politik automatisch zu einer Mieterhöhung führt, also das Gegenteil bewirkt von dem, was es angeblich will. Zudem wird durch diese Maßnahmen keine einzige neue Wohnung geschaffen.

Ich fasse zusammen: Um den Wohnungsmangel in Stuttgart anzugehen, helfen politische Eingriffe in die Mietpreisfindung nicht. In Stuttgart muss, im Gegenteil dazu, mehr gebaut werden. Und Bauen muss einfacher werden, schneller werden, preiswerter werden. Und schließlich: Wir müssen den Mut haben, größer zu bauen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit."

StR Klingler (BZS23):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Beobachter und Zuschauer weltweit am Livestream.

Eine Debatte ist ein Streitgespräch, das zur Vorbereitung einer Abstimmung dient, nicht aber ein Monolog nach dem anderen. Das ist die Definition einer Debatte. Wir haben heute Generaldebatte Wohnen. Da stellt sich für mich die Frage, warum man es nicht so macht wie im Landtag: kurze Reden, Zwischenfragen erlaubt, diskutieren, debattieren. Wenn jeder das erzählt, was er schon hundertmal erzählt hat, und wir dann wieder zu keinem Ergebnis kommen, da stellt sich für uns die Frage, ob das wirklich ein sinnvolles Format ist. Alle Redner, außer denen der Fraktion des Herrn Oberbürgermeisters, haben bisher festgestellt, dass im OB-Wahlkampf erhebliche Erwartungen geweckt wurden und die Fakten leider zeigen, dass die Ziele definitiv nicht erreicht wurden. Als Beispiel erwähne ich jetzt noch die Einleitung des Herrn Oberbürgermeisters, in der er das Bündnis für Wohnen als Erfolgsmodell dargestellt hat. Es sind doch alles theoretische Dinge, wo wir hoffen, dass es irgendwann einmal ein Erfolgsmodell wird. Aber dann muss man auch vor allem den Wohnbaugenossenschaften die zustehenden Flächen zuteilen, denn ohne Flächen funktioniert so etwas nicht. Für mich das kurioseste Beispiel war der SWSG-Wohnungstausch. Ich war fünf Jahre im Aufsichtsrat der SWSG. Man hat das alles debattiert, man hat es diskutiert. Der Wohnungstausch würde so aussehen, dass alte, alleinstehende Frauen oder Männer, meistens sind es Witwen, die in einer Wohnung verwurzelt sind, die gearbeitet haben, die unsere Stadt zu dem gemacht haben, was sie ist, dass die aus ihrer angestammten Wohnung herausmüssen, dass sie ihre Möbel verkaufen müssen, dass sie neue Möbel kaufen müssen, dass sie in eine kleinere Wohnung müssen, und dafür mindestens den gleichen Preis bezahlen wie davor. Ob das sozial gerecht ist, das stellen wir infrage. Das macht überhaupt keinen Sinn. Das macht Sinn für die SWSG in dem Fall, denn sie bekommt für die kleinere Wohnung mehr, weil es eine Neuvermietung gibt. Und sie bekommt für die andere Wohnung auch mehr als bisher. Aber gerecht ist das sicherlich nicht.

Das Debakel begann 2009. Es gab eine neue Mehrheit im Rathaus, die GRÜNE-SPD-LINKE-Mehrheit konnte vor Kraft kaum laufen; Kollege Zeeb hat es ja auch schon angesprochen. Man hat von 17 bestehenden Wohngebieten 15 gestrichen. Man hat deswegen hier geguckt, dass keine Flächen mehr da sind. Und es wurde erst mal hier geguckt, dass deswegen weniger gebaut wurde. Davor war die Bautätigkeit größer, und man hat auch vor allem sehr viel mehr Sozialwohnungen gebaut. Wir sind an einem Tiefpunkt auch bei den Sozialwohnungen angekommen. Wir sind an einem Tiefpunkt der freistehenden Einfamilienhäuser angekommen. Wir bieten einfach keinen vernünftigen Mix an. Stattdessen höre ich jetzt: Nachverdichten, wo es nur geht.

Beispiel Fasanenhof. Da haben wir eine gewachsene Struktur. Wir sind froh, dass ein sozial kritischer Stadtteil nicht mehr sozial kritisch ist. Wir sind froh, dass hier eine schöne Bebauung ist, wo auch zwischen den Baukörpern Natur ist, wo wir Bäume und Sträucher haben, wo es Tiere gibt, wo wir eigentlich eine grüne Struktur haben. Eingebettet aber, eingekeilt, will ich fast sagen, in eine zehnspurige Autobahn ohne sinnvollen Lärmschutz. Auf der linken Seite haben wir eine stark befahrene Bundesstraße, die B 27, auf der anderen Seite die Nord-Süd-Straße. Jetzt wollte man ernsthaft den Menschen dort die Lebensqualität noch mehr einschränken, indem man ihnen vor den Balkon anstatt einer Wiese oder einem Baum oder Strauch direkt vors Fenster einen weiteren Baukörper hinsetzt. Das Gleiche könnte man natürlich machen in Giebel, in Bergheim, in Rot und sonst irgendwo - mit dem Ergebnis, dass man die Lebensqualität der Menschen einschränkt.

Deswegen: Wir brauchen Arrondierungen an Baugebieten. Wir brauchen, wo es geht, da wir Landeshauptstadt sind, auch höhere Gebäude, ohne dass wir das Bild der Stadt dementsprechend verschandeln, aber wir brauchen einfach auch mancherorts Wohngebiete. Und da würde es unsere topografische Lage ja ermöglichen, dass man die Hochhäuser teilweise auch integrieren kann in die Topografie. Und wir brauchen beispielsweise das Modell Tiny Houses. In anderen Städten hervorragend gemacht. Die ganze Zeit wird von der Stadt am Fluss gesprochen. Wir haben einen Fluss, wir haben aber kein Wohnen am Fluss. Berlin: hervorragendes Projekt - einfach Hausboote. Da könnte man sofort von der König-Karl-Brücke bis zu den Otto-Hirsch-Brücken sehr viel machen, dass man sagen kann: Hier bringt man moderne Wohnformen ins Spiel, hier kann man was machen.

Dann ist für uns auch wichtig: Wir wollen die Stadt erhalten, die Großstadt zwischen Wald und Reben. Wir wollen nicht auf die Ackerflächen. Wir sind froh, dass wir hier noch landwirtschaftliche Betriebe haben. Und deswegen stellt sich die Frage, das muss ein Thema sein - Herr Oberbürgermeister, Sie sind ja vertreten - auch in der Regionalversammlung. Viele Bautätigkeiten kann die Stadt nicht alleine lösen. Und es kann nicht sein, dass von 176 Gemeinden in der Region 2 sozialen Wohnungsbau betreiben, und die anderen drücken die Leute auf uns ab. Das ist nicht gerecht, und das kann auch so nicht weitergehen. Das muss etwas sein, was in der Region geregelt werden muss.

Es stellt sich dann natürlich auch die Frage: Wir haben das Rosensteinquartier, wir haben den NeckarPark, wir haben das Eiermann-Areal, wir haben kleinere Wohngebiete wie Schoch-Areal, wir haben die Zeitstufenliste Wohnen - ja, was wollen wir denn noch mehr? Unsere Infrastruktur ist jetzt schon am Ende. Wir sind der Meinung: Jetzt gucken wir, dass wir die Sachen schnell, zügig und gut planen, dass wir die Urbanität in der Innenstadt haben, dass wir sagen, jawohl, wir sind Landeshauptstadt. Aber es kann doch auch nicht sein, dass wir unseren Stadtteilen ihre Charaktere nehmen und dass wir hier manche Sachen dementsprechend verändern.

Ein Riesenproblem sind für uns 4.300 Haushalte in der Notfallkartei Ende 2017. Und 2017 sind nur 840 Personen vermittelt worden. Jetzt muss man noch sehen, wir haben eine große Dunkelziffer, man hat die Abschaffung des Erinnerungsschreibens für die Wohnberechtigungsscheine. Und deswegen sind das einfach viel zu wenig. Und selbst wenn man Ziele von 1.800 Wohneinheiten im Jahr ansetzt, dann kommen wir trotzdem dort nicht hin. Man wollte es beheben mit einem Leerstand. Man hat es vor zwei Jahren gesagt, es stehen 11.000 Wohnungen leer. Jetzt stellt man fest, es sind vielleicht 1.000 oder 3.000. Man muss auch mal erheben, wie viele sind eigentlich städtische Wohnungen, wie viele sind von der SWSG? Was ist da alles dabei? Aber wir sind froh, dass es in Stuttgart, anders als in anderen Großstädten, einen Mietmarkt gibt, der geprägt ist von sehr vielen privaten Eigentümern, wo es normal ist: Man hat ein Vier-Familien-Haus. In einer Wohnung wohnt man drin, und drei Wohnungen sind vermietet. Denn das sind genau die Leute, die durch persönliche Kontakte eben die Mietpreiserhöhungen nicht ausschöpfen, die sagen: 'Nein, wir sind mit dem zufrieden, und wir sind froh, dass wir dort jemanden haben.'

Und anders als auch die SWSG, die eine hervorragende Arbeit macht, aber die eben das macht, was der Gemeinderat sagt, die eben ganz normal die möglichen Erhöhungen auch macht oder die den Leuten vorrechnet: 'Mit Heizkosteneinsparungen spart ihr unterm Strich viel.' Da sind wir froh, dass man hier die theoretischen Werte nicht sieht, sondern dass man künftig auch die Kaltmietpreise miteinander vergleicht. Aber wie gesagt, die privaten Vermieter, das ist etwas, und auch die Wohnungsbaugenossenschaften, wo es eben nicht Mietverträge sind, sondern Wohnrechte, die hier sehr, sehr viel tun.

Wir brauchen schnellere Bauverfahren, wir brauchen andere Wohnformen und vor allem neue Ideen, die sich umsetzen lassen - wenn wir Formate wie dieses heute abschaffen, wenn man mit den Bürgern in Dialog tritt und wenn man gemeinsam Lösungen sucht, wie man wirklich was bewegt. Weil, man kann eine Schleife nach der anderen drehen, ohne dass dabei etwas herauskommt. Deswegen hoffe ich, dass man künftig miteinander spricht und nicht jeder hier das runterbetet, was man schon genau weiß. Die CDU hat sich heute auf einem guten Weg befunden, da sind sehr gute Ideen dabei. Vielleicht hat man erkannt, dass die letzten beiden Doppelhaushalte doch nicht so erfolgreich waren. Vielen Dank."

StR Dr. Schertlen (STd):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, in der Stadt von 'Monopoly' ist Platz für alle - von der günstigen Badstraße bis zur herrschaftlichen Schlossallee. Im Nesenbach-Monopoly ist der günstige Teil des Spielbretts leider verschwunden. Da reicht das Einkommen gerade mal für die ersten Felder, dann muss man das Spielbrett leider verlassen. Wohnen ist ein elementares Grundbedürfnis. Waren es früher Geringverdienende und arme Leute, die ein Problem mit Wohnungssuche und hohen Mieten hatten, so ist diese Misere mittlerweile in der breiten Mittelschicht angekommen: Angestellte, Familien, Beamte etc. Mehr gemeinsame Zielgruppe ist für uns, die wir um Wählerstimmen ringen, nicht möglich. Würde man eine Umfrage starten, ob wir genug tun, um beim Thema Wohnen Druck im wahrsten Sinne des Wortes 'aus dem Kessel' zu nehmen - das Ergebnis wäre womöglich ein Armutszeugnis genau jener Verantwortlichkeit, die dieser Stadtrat trägt. Das kann, darf und sollte es nicht sein.

Auch uns STAdTISTEN ist bewusst, wie schwierig es ist, dieser Thematik beizukommen. Klar ist, dass sich die Probleme nicht leicht lösen lassen. Der freie Markt treibt Blüten, und Bundesgesetze binden Hände. Auch unsere. Der Auftrag an dieses Gremium ist, auf kommunaler Ebene Druck entgegenzusetzen, damit wir uns nicht im Klein-Klein verlieren. Auch andere Städte sind uns hierbei deutlich voraus. Höchste Eisenbahn, wirksam zu handeln und die Mittel, die wir haben, einzusetzen.

Zu den konkreten Vorschlägen der STAdTISTEN: 1. Die Stadt sollte üblicherweise keine eigenen Grundstücke verkaufen, sondern in Erbpacht vergeben. Auch im Sinne der Möglichkeit einer zukunftsträchtigen Stadtplanung in ferner Zukunft. 2. Beispielsweise mit der städtischen Tochter SWSG sollte Stuttgart aktiv für Wohnraum sorgen, den sich Otto Normal und Anna Durchschnitt noch leisten können, ohne für eine warme Mahlzeit zur Vesperkirche pilgern zu müssen. 3. Baugenossenschaften und auch Baugemeinschaften sollten bevorzugt Zugriff auf erbpachtvergebene Grundstücke erhalten. 4. Stuttgarter sollten die Möglichkeit zum Mietkauf ihrer Wohnung erhalten - analog zu einem Alterssicherungsmodell in Singapur. Dort werden Bewohner im Laufe der Zeit Eigentümer ihrer vier Wände, was Spekulationen eindämmt, Preise überschaubar hält und gleichzeitig eine Altersvorsorge darstellt. Via SWSG oder auch städtischer Kreditabsicherung sollte solch ein Modell in der Landeshauptstadt etabliert werden. 5. Eine Milieuschutzsatzung wie in Berlin sollte für spekulationsgefährdete Bezirke erlassen werden. Die Stadt könnte dort bei Grundstücken ein Vorkaufsrecht ausüben, eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnraum bedürfte einer Genehmigung, gentrifizierende Luxussanierungen könnten verhindert werden. 6. In den Flächennutzungsplänen sollte man an geeigneten Stellen anfangen, bisherige Trennungen von Wohnen und Arbeiten durch entsprechende Gebietsdefinitionen derart aufzuweichen, dass man vermehrt urbane Gebiete ausweist, die eine gemischte Nutzung zulassen bzw. auch da Wohnen ermöglichen, wo dies heute nicht möglich wäre.

Über diese konkreten Forderungen hinaus sehen wir STAdTISTEN noch einige weitere Aspekte sowie Hebel, an denen angesetzt werden könnte. Man sollte neue Wohnformen denken - nicht nur die klassischen 1- bis 6-Zimmer-Wohnungen, sondern z. B. auch größere WGs mit gemeinsamen Aufenthalts- und/oder Kochräumen, Verzahnung von Senioren- und Studentenwohnen, gemeinschaftliches Wohnen fördern, z. B. in Form von Baugemeinschaften, sowie diverse andere Wohnmodelle. Bund und Land sollten Bauvorschriften z. B. hinsichtlich Energie, Brandschutz, Stellplatzvorgaben etc. auf ein realistisches Maß stutzen. Holz als Baustoff sollte vermehrt eingesetzt werden. Holz ist sowohl etwas günstiger als auch nachhaltiger. Architekt Werner Sobek hat ausgerechnet: Jeder Bundesbürger hält derzeit einen Anteil von 490 Tonnen Beton in Deutschland. Dies ist beim Bauen eine Energiefrage und später eine Entsorgungsfrage, denn Häuser gelten großteils als Sondermüll. Wohnen heißt auch, Infrastruktur mitzudenken. Es darf nicht passieren, dass man nachverdichtet oder gar neu erschließt, ohne die Verkehrsanbindung mitzudenken bzw. entsprechend auszuweiten.

Lassen Sie mich schließen mit dem Fazit, was Stuttgart unserer Meinung nach im Hinblick auf Wohnen benötigt: Üblicherweise keinen Verkauf städtischer Grundstücke, stattdessen Vergabe in Erbpacht; Stärkung des städtischen Wohnungsbaus - SWSG - mit bezahlbaren Mieten; Priorität für Baugenossenschaften und Baugemeinschaften gegenüber Investoren; Erwerb mit Eigennutzung als Altersvorsorge fördern; spekulationshemmende Maßnahmen (Milieuschutzsatzung), soweit rechtlich möglich; urbane Gebiete im Flächennutzungsplan ausweisen. Lassen Sie uns dafür sorgen, dass das gesamte Brett des Nesenbach-Monopolys wieder spielbar wird - auch die günstigen Felder. In diesem Sinne: Auf eine gute Nachbarschaft."

StR Brett (AfD):
"Herr Oberbürgermeister, sehr verehrte Bürgermeister, liebe Kollegen, sehr verehrte Damen und Herren, Wohnen ist ein Menschenrecht. Leider wird dieses Thema immer sehr ideologisch behandelt. Das Problem des Wohnens in Stuttgart kann man weder mit dem freien Markt noch mit sozialem Wohnungsbau lösen. Herr Adler hat vorher völlig recht gehabt, wenn er sagt, dass nur 15 % derjenigen, die einen Anspruch haben, auch eine Sozialwohnung haben. So viele Sozialwohnungen können wir gar nicht bauen, wie in Stuttgart arme Leute sind. Und das sollte man mal zur Kenntnis nehmen, dass Stuttgart zum großen Teil auch eine arme Stadt ist. Wir können mit den Wohnungsideen aus dem 19. und 20. Jahrhundert, als man Großfamilien hatte und viele Kinder und teilweise Personal, nicht die Wohnungsprobleme des 21. Jahrhunderts lösen. Mehr als die Hälfte der Haushalte in Stuttgart sind Singlehaushalte. Das heißt, wir können ganz andere Wohnungsbauprojekte starten und auch planen und neue Flächen dafür ausweisen. Wir müssen erkennen, dass tausende von Menschen jährlich zu uns kommen, die nur begrenzte Zeit da sind. Das sind Trainees von Großfirmen, Fachkräfte, Praktikanten, Doktoranden, Studenten, Azubis - die Liste lässt sich fortsetzen. Für dieses Segment müssen wir Wohnraum schaffen. Das geht mit der Innenverdichtung genauso wie z. B. mit der Schaffung eines dritten Campingplatzes auf den Fildern. Wenn man 250 Stellplätze dort hat, kann man da vorübergehend Neubürger in Wohnwägen unterbringen.

Die Firma Container-Werke (ich möchte jetzt keine Reklame machen) hat an der Prag-straße beim Witzigmann-Gelände drei Mustercontainer. Da werden ehemalige Schiffscontainer umgebaut, die jeweils eine Fläche von 25 m2 haben. Die kann man sehr schnell bauen und 10 Jahre nutzen, ehe sie einer anderen Nutzung zugeführt werden. Wir haben das mal durchgerechnet: Dort lassen sich dann Warmmieten von 300 bis 400 € im Monat erwirtschaften. Die Stadt sollte hierfür vorübergehend preiswerte Flächen verpachten. Die Finanzierungen solcher Anlagen können frei sein, durch städtische Bürgschaften oder Leasing-Modelle erfolgen. Hier kann alles möglich sein. Das ist aber jederzeit machbar und eben nicht von der Stadt zu bezahlen, sondern für geringes Geld ist das machbar. Wenn wir Sozialwohnungen bauen, die 4.000 und bis zu 8.000 €/m² Gestehungskosten haben, dann kann man die nicht zu sozialen Preisen vermieten, sondern sie werden immer ihren Preis haben.

Deshalb ist es notwendig, dass wir die Grundstückskosten verbilligen, und wir brauchen neuen Wohnraum. Die Stadt Stuttgart hat 207 km2 Fläche, davon sind 99 km2 unbenutzt. Herr Oberbürgermeister, wir werden den einen oder anderen km2 für Wohnungsbauprojekte, aber auch für Gewerbeflächen zur Verfügung stellen müssen, sonst können wir nicht preiswerten Wohnraum zur Verfügung stellen. Allerdings muss man auch dazu sagen: Wenn wir - und Herr Oberbürgermeister, ich spreche Sie da ganz persönlich an - wenn wir eine Willkommenskultur für Flüchtlinge haben, dann hat sie auch ihren Preis. Stuttgart hat jetzt 7.000 Flüchtlinge. Lassen Sie da dann noch Familien nachziehen, dann brauchen wir dafür über kurz oder lang mehrere tausend Wohnungen, die bei dem jetzigen Wohnungsmangel kaum zu realisieren sind. Diejenigen, die immer sagen, Stuttgart ist für alle offen und für alle Flüchtlinge offen, müssen dann einen Teil der Verantwortung übernehmen, dass Stuttgart in Zukunft mehr zersiedelt wird.

Lassen Sie uns jetzt wenigstens über ein ausgewogenes Wohnungskonzept und neue Wohnideen nachdenken und miteinander sprechen. Die AfD steht dazu bereit. Vielen Dank."

StR Schupeck (LKR):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, ich muss sagen, ich habe jetzt dieses Format heute wirklich sehr interessiert zur Kenntnis genommen, sehr, sehr viel gelernt, und ich sehe eigentlich auch eine breite Allianz für eine Offensive, wo alle, fast alle, bis auf die GRÜNEN im Moment, mit ins Boot genommen werden können. Selbst Herr Adler, da sind Aspekte dabei, also kommunaler Wohnungsbau, auch darauf kann man aufsetzen, denn in Zukunft müssen auch die Unternehmer dort, wo es möglich ist, für ihre Arbeitnehmer Wohnungen zur Verfügung stellen. Ich hoffe, dass wir das auch entsprechend unterstützen, und da ist natürlich die Stadt Stuttgart für viele ihrer Mitarbeiter, die sie zukünftig hoffentlich auch noch bekommt, dann in der Pflicht, Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Da kann man auch mit einem kommunalen Wohnungsbauprojekt für die eigenen Mitarbeiter etwas auf die Beine stellen. Und natürlich auch sozialer Wohnungsbau: Selbst da, würde ich sagen, müssen alle bürgerlichen Kräfte, die hier sind, mitziehen können, weil das zum großen Teil Soziale Marktwirtschaft ist. Und so war es in der Vergangenheit und so kann es in der Offensive hier in Stuttgart auch in einem nächsten Jahrzehnt sein.

Zu meinen Vorrednern: Ich weiß es nicht, welcher Vortrag mir besser gefallen hat, der von Herrn Kotz oder der von Herrn Körner; überall sehr wichtige, gute Inputs, und da meine ich wirklich: Eigentlich gibt es hier eine Mehrheit für eine Offensive in der Wohnungspolitik, und die müssen wir auch umsetzen können. Und da muss ich noch sagen: Ich habe mir also wirklich sehr, sehr viele Notizen gemacht und dann an einer Stelle, das ist jetzt Frau Fischer: Bei Ihnen steht nur, was geht und was nicht. Und Betonung auf 'geht nicht'. Ich muss mir das nochmal anhören, aber Ihr Input war wirklich sehr, sehr mau.

Ich werde noch ein paar andere Aspekte mit einbringen, die vielleicht hier nicht so im Fokus waren. Herr Körner hat es ja sehr schön erklärt: Wohnungsmangel, explodierende Mieten usw. Aber das ist auch verbunden mit einer massiven Zunahme der Einpendler. Und zwar auf 244.000, das können Sie in Ihren Unterlagen alle selber auch nachschauen. Und das ist natürlich deshalb, weil diejenigen, die Wohnungen suchen und brauchen, die Mieten nicht mehr bezahlen können. Das ist zum großen Teil horrend, Herr Körner, da haben Sie auch schön drauf hingewiesen. Junge Familien, Bademeister, Köche, Arbeiter, Polizeimeister, die brauchen wir alle, die unteren und mittleren Tarifgruppen des öffentlichen Dienstes. Sie kennen ja sicher die Gehälter. Wie sollen die die Wohnungsmietpreise noch bezahlen? Da muss man einfach mal in die Strümpfe kommen. Ich würde sagen, so wie man das in der Industrie macht, wenn man da jetzt sagt, wie ist der Ist-Zustand, und wie war die Vergangenheit in den letzten zehn Jahren? Dann sage ich: grandioses Versagen in der Wohnungspolitik.

Was hat die Industrie hinbekommen? Seit 2010 sind zusätzlich ungefähr Arbeitsplätze für 60.000 Arbeitnehmer geschaffen worden. Und zwei Drittel davon müssen jetzt zusätzlich pendeln. Das heißt, wir haben 40.000 zusätzliche Pendler nach Stuttgart. Und da bleibt Lebenszeit, Lebensqualität dieser Arbeitnehmer auf der Strecke. Was bringt das mit sich? Das wissen die GRÜNEN selber am besten. Das betonen sie auch immer. Das bringt Verkehr und Stau mit sich, Umweltverschmutzung und bald Fahrverbote für Dieselfahrer. Daraus kann man locker auch ableiten, dass es einen Bedarf von Wohnungen für mehr als 80.000 Menschen gibt, denn diese Pendler bringen auch Familien mit. Es fehlen also mindestens, ich mache immer nur eine untere Abschätzung, 20.000 Wohnungen in Stuttgart. Das ist eine gewaltige Zahl und eigentlich eine Bankrotterklärung jeglicher Wohnungspolitik. Der Rückstand wird immer größer.

Und seit ca. 10 Jahren, das haben Vorredner auch schon sehr schön ausgeführt, sind die Zahlen sehr gefallen. Es braucht auf jeden Fall mehr als 1.800 Wohnungen, mindestens 4.000 neue Wohnungen im Jahr netto. Das muss das Ziel einer Allianz, die ich hier eigentlich sehe, sein. Und, Herr OB Kuhn, Sie und Ihre Mannschaft und Ihre Mehrheit haben kein Konzept gegen die Wohnungsnot. Das konnte ich hier überhaupt nicht erkennen, außer prüfen, was geht und was geht nicht. Ex-OB Salomon lässt grüßen. Er wurde ja deshalb abgewählt. Ja?

Und meine Vision, Herr Adler, da schließe ich mich an, aber auch Herr Körner, genauso: Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum für alle Bürger, die Wohnungen nachfragen, und zwar in allen Preissegmenten. Und selbstverständlich brauchen wir das auch für die kleinen Leute. Das ist eine der großen Herausforderungen für die erfolgreichen Städte der Zukunft. Die Lösungen liegen auf der Hand. Man muss sie nur wollen und auch energisch durchsetzen. Und nicht zögern und zaudern und zagen. München, Frankfurt schaffen deutlich mehr Wohnraum. Wenn man zurückblickt auf die letzten 10 Jahre immer ca. das Doppelte von dem, was Stuttgart geschaffen hat. Da kann man sich auch mal die Kennziffern anschauen. Also 4.000 Wohnungen im Jahr müssten für Stuttgart in den nächsten 6 Jahren gut zu schaffen sein.

Jetzt gibt es verschiedene Stellhebel. Revitalisierung, Mischnutzung, Nachverdichtung, Micro Housing und vertikale Verdichtung. Mit großen Projekten, auch Hochhausprojekten, kann man da in den nächsten 6 Jahren ca. 4.000 zusätzliche Wohnungen im Jahr erreichen.

Ich fasse nochmal zusammen: Seit der grünen Mehrheit in Stuttgart wird der Wohnungsbau sträflich vernachlässigt. Es müssten in einer Offensive in den nächsten 6 Jahren zusätzlich mindestens 12.000 Wohnungen gebaut werden. Und dazu gibt es verschiedene Stellhebel, und auch Wohnhochhäuser sind in diesem Kontext wichtig. Besten Dank."


Nach der Runde der Stellungnahmen kündigt OB Kuhn die Möglichkeit weiterer Wortmeldungen, die jeweils drei Minuten nicht übersteigen sollten, an.

Zunächst informiert BM Pätzold das Gremium, dass das Thema Schafhaus bearbeitet werde und bereits Prüfaufträge vergeben worden seien. Aktuell werde eine höhere Dichte geprüft, sodass dort mindestens 300 Wohneinheiten untergebracht werden könnten. Des Weiteren werde das zentrale Thema Verkehr - Zuflusskonzept Nord-Ost, Schleichverkehr in Mühlhausen, Verkehrsstrukturkonzept Mühlhausen - bearbeitet. Das Thema Dichte sei an vielen Orten ein Problem gewesen, und sei es teilweise noch, z. B. auf dem Pallotti-Areal in Birkach oder den Spiegelberger Gärten in Zuffenhausen.

Im Neckarpark müsse man nach der Diskussion um das Bildungshaus nun endlich vorankommen. Eine zusätzliche Planung sei in der Böckinger Straße notwendig geworden, um das Immanuel-Grözinger-Haus samt Garten einzubinden. Gegenwärtig bereite man mit der SWSG einen Wettbewerb vor. Allerdings müsse die Stadt zunächst die Fläche vom Bund kaufen. Man verhandle noch und habe sich bislang auf keinen Kaufpreis einigen können. Er bittet die Mitglieder der CDU und der SPD, hier ihre Verbindungen zur Bundesregierung zu nutzen.

An StR Kotz gewandt führt er aus, wenn man nur dort nachverdichten würde, wo die Bürger dies für richtig hielten, müsste man Flächen wie den Ehrlichweg, die Keltersiedlung, das Pallotti-Areal und den Hallschlag ausklammern. Doch halte er es für notwendig, die vorhandenen Flächen auch auszunutzen und nach zusätzlichen Verdichtungsflächen zu schauen. Die momentan laufenden 140 Bebauungsplanverfahren sollten den Weg durch die Gremien zügig nehmen, und der Gemeinderat müsse sich klar zum Bauen und Nachverdichten bekennen.

StRin Ripsam (CDU) spricht die erhöhte Lärmbelastung im Stadtteil Fasanenhof aufgrund seiner Insellage zwischen A 8, B 27 und Nord-Süd-Straße an. Zudem sei im Fasanenhof in den letzten Jahren massiv nachverdichtet worden. Zu den vorhandenen 3.200 Wohneinheiten (WE) seien 600 hinzugekommen - auf der gleichen Fläche. Ihre Fraktion plädiere für den Bau von rund 100 WE, jedoch nicht auf den vorgeschlagenen Flächen, sondern auf der Fläche beim Sportplatz und dem ersten Standort der Flüchtlingsunterbringung. Mit Blick auf die OB Kuhn sonst so wichtige Bürgerbeteiligung verweist sie auf die 1.000 Unterschriften gegen die wenige Meter von der zehnspurigen Autobahn entfernt geplante Nachverdichtung.

Als überflüssige Showveranstaltung bezeichnet StR Dr. Fiechtner (BZS23) die Debatte, in der nur bereits Bekanntes wiederholt werde. Mit Nachdruck betont er, dass es kein Menschenrecht gebe, einen Wohnraum in Stuttgart zu finden. Wer diesen nicht bezahlen könne, müsse eben in die Region ziehen. Die Lösung des Wohnraumproblems sehe er wie StR Conz in einer "massiven Deregulierung" des Wohnungsmarktes und der "Entrümpelung" der Landesbauordnung und der städtischen Verordnungen.

StR Zaiß (FW) bittet um Erläuterung, warum das Olga-Areal nur fünfstöckig bebaut werde, obwohl in der Umgebung sechs- und siebenstöckige Gebäude stünden.

Zum Argument, dass Radabstellplätze und Begrünung den Wohnraum verteuerten, verweist StRin Schiener (90/GRÜNE) auf die Preise für Tiefgaragen und Pkw-Stellplätze. Die neue Landesbauordnung erlaube die Reduzierung von Stellplätzen. Grundsätzlich sei die Zusammenarbeit im UTA gut. Auf dem Acker zu bauen, sei nicht mehr zeitgemäß. Vielmehr sollte die Zeitstufenliste (ZSL) mit ihren 24.000 WE umgesetzt werden.

StR Körner (SPD) kann angesichts der Situation auf dem Wohnungsmarkt nicht nachvollziehen, dass in Weilimdorf Grünfläche für einen Stadtbahnbetriebshof versiegelt werden solle. Er halte viele Ecken am Rande der Stadt aufgrund ihrer ökologisch weniger wertvollen Qualität für geeignet, dort Wohnungen zu bauen. Mindestens die Hälfte davon müssten Sozialmietwohnungen sein. Er stimme OB Kuhn zu, dass die SWSG mit städtischem Geld gestärkt werden solle. Außerdem habe er gelernt, dass die Mieten der SWSG geändert werden müssten, damit dies im Mietspiegel ankomme. In diesem Fall plädiere er für die Senkung um 1 %. Mit der EnBW müsse man sich auf ein Gesamtpaket einigen, um die Energiewende voranzubringen. Der EnBW müsse klar signalisiert werden, dass es ein Baurecht auf ihren Flächen erst gebe, wenn diese in städtischer Hand seien.

OB Kuhn stellt klar, dass er den Wohnungsbau nicht bremse. Jährlich kämen 1.800 bis 2.000 WE netto hinzu. Das könne man noch steigern, wenn die ZSL schneller abgearbeitet werden könne. Als einen Erfolg seiner Politik seit 2013 vermeldet er die langsam steigenden städtischen Belegungsrechte. An StR Körner gewandt betont er, natürlich müsse man mehr Wohnungen für Menschen mit niedrigeren Einkommen schaffen, doch könne man nicht für jeden, der in Stuttgart wohnen wolle, eine preiswerte Wohnung vorhalten. Stuttgart sei eine Schwarmstadt. Seine wichtigsten Ziele seien deshalb, Sozialwohnungen für die Bedürftigsten zu bauen und dem Mittelstand und unteren Mittelstand bezahlbaren Mietwohnungsbau anbieten zu können. Zur Beschleunigung müsse man gegebenenfalls auch in die Verwaltung investieren.

Auf MigrantInnen als große Leidtragende der jahrelang verfehlten Wohnungspolitik weist StR Pantisano (SÖS-LINKE-PluS) hin. Mittlerweile besäßen 44,5 % der Stuttgarter Bevölkerung einen sogenannten Migrationshintergrund. Sie würden auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert, denn für sie sei es - auch mit höherem Einkommen - deutlich schwieriger, eine Miet- oder Eigentumswohnung zu bekommen. Auch von Gentrifizierung sei diese Gruppe sehr stark betroffen. Das Mindeste, was der Gemeinderat dagegen unternehmen sollte, seien Milieuschutzsatzungen. Auch habe das direkte Wohnumfeld gerade für Menschen, die in kleineren Wohnungen lebten, eine große Bedeutung. Damit Geflüchtete in ein paar Jahren nicht auf der Straße stünden, erwarte er von Sozialbürgermeister Wölfle eine Strategie, wie sie im Anschluss an die Unterbringung in Systembauten eine Wohnung fänden.

StR Dr. Schertlen (STd) erinnert daran, dass seit Herbst 2015 mindestens 14 Grundstücksverkäufe im Gemeinderat beschlossen worden seien, gegen die jeweils nur er selbst sowie die Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS gestimmt hätten. Die Stadt müsse die Hoheit über die Grundstücke behalten und, so sein Appell, dürfe sie deshalb nur in Erbpacht oder an die SWSG vergeben. Nur so könne man bezahlbaren Wohnraum erhalten oder schaffen. Vergleiche man die Kosten für eine Neubauwohnung in Sigmaringen (2.300 €/m²) und Stuttgart (5.000 €/m² grundstücksbereinigt), zeige sich, dass in Stuttgart der Faktor 2 aufgrund des Marktes abgeschöpft werde - von Privatinvestoren, wenn man an diese verkaufe. Nicht das Material oder die Handwerker seien teurer, sondern der Markt gebe diese Preise her.

StRin von Stein (FW) greift den Schwanenplatz als Beispiel heraus. Geplant mit einer Dichte von 2,0 sei diese nach intensiver Diskussion auf 1,3 heruntergesetzt worden, also 30 % oder 40 WE weniger, obwohl der Park in unmittelbarer Nähe sei. Sie zitiert aus der Stellungnahme zum Antrag Nr. 283/2017, dass im Sachstandsbericht der ZSL Wohnen 2016 24.000 WE aufgelistet seien, von denen bis in drei Jahren 13.000 WE und mittel- und langfristig weitere 11.000 WE generiert werden könnten. Hier müsse die Arbeit der Verwaltung beschleunigt werden, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass der Nahverkehrsplan bis 2030 von 635.000 Einwohnern in Stuttgart ausgehe und BMin Fezer im Bericht zur bildungsgerechten Stadt bis 2025 sogar von 650.000 Einwohnern.

StR Winter (90/GRÜNE) lenkt den Blick nochmals zurück auf die politische Entwicklung, Wohnungsbau im NeckarPark, Schoch-Areal und auf dem Pragsattel durchzusetzen. Diesen Erfolg sollte man sehen.

Dafür müsse man dann auf den Acker ausweichen, um die ebenfalls notwendigen Gewerbeflächen zu schaffen, betont StR Kotz (CDU). Und auch denjenigen, die in der Stadt leben, aber nicht urban wohnen wollten, müsse man ein Angebot machen. An OB Kuhn wendet er sich mit dem Hinweis, wenn dieser mehr Sozialwohnungen wolle, müssten zunächst insgesamt mehr Wohnungen gebaut werden. Er habe im Redebeitrag von OB Kuhn ein Bekenntnis zu den vom Gemeinderat beschlossenen neuen Baugebieten vermisst. Gegenüber StR Körner betont er, mit der Grundsteuersenkung gebe man den Unternehmen, die mit ihren Gewerbesteuerzahlungen die Finanzierung z. B. des Wohnungsbaupakets in Höhe von 150 Mio. € ermöglichten, anteilig etwas zurück. Schwarze Schafe gebe es nicht nur bei Vermietern, sondern auch bei Mietern, und diese bewirkten durch ihr Verhalten - keine Mietzahlungen, Verwahrlosung der Wohnung -, dass die Vermieter die Wohnung lieber leer stehen ließen.

An dieser Stelle beantragt StR Dr. Fiechtner das Ende der Debatte, die die vereinbarte Zeit bereits um mindestens 20 Minuten überschritten habe. Der Antrag zur Geschäftsordnung wird mehrheitlich abgelehnt.

Angesichts von 4.000 Fällen in der Notfallkartei hielte StR Brett (AfD) es für sinnvoll, nicht noch zusätzlich Leute in die Stadt zu holen, da die vorhandenen Sozialwohnungen nicht ausreichten. Von etwas mehr als 170 Gemeinden in der Region erstellten nur Stuttgart und Esslingen Sozialwohnungsbau. Um den Fehler wenigstens ein wenig auszugleichen, sollte OB Kuhn baldmöglichst dafür sorgen, dass die Grundsteuer gesenkt werde.

StR Ozasek (SÖS-LINKE-PluS) weist auf die Notwendigkeit hin, die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten. Stuttgart verlagere sein selbst verschuldetes Wohnungsproblem auf die grüne Wiese der Region, wo die Umlandkommunen in beschleunigten Verfahren neue Baugebiete auswiesen - zulasten der Umwelt. Das Verkehrssystem der Region werde durch die neuen Pendlerströme weiter überlastet. Reine Wohngebiete seien ebenso wenig zeitgemäß wie isolierte Büro- und Gewerbequartiere. Eine positive Vision für die Stadt erhalte man nur mit kompakter Dichte und ökologischem Ausgleich.

EBM Föll bestätigt, dass die Stadt trotz großer Herausforderungen die Trendumkehr geschafft habe. In den letzten Jahren, auch 2017, habe man netto jeweils 1.800 WE fertiggestellt. Hier seien die Wohnheimplätze bereits abgezogen. 2017 habe man erstmals die Zielvorgaben von 300 WE im geförderten Wohnungsbau erreicht, und die Verwaltung sei zuversichtlich, dies auch in den folgenden Jahren zu schaffen.

Auch bei den Belegungsrechten habe man den Trend umkehren können. Bis 2024 werde man ihre Zahl um 2.500 gegenüber 2014 erhöht haben. Er stellt klar, dass die Stadt mit ihrer 100 %igen Tochter SWSG durchaus Gemeindebau betreibe. Im Übrigen erhielten auch die Wohnungsbaugenossenschaften und -gesellschaften im Bündnis für Wohnen dauerhaft günstigen Mietraum. Und nur an solche Unternehmen oder die SWSG habe die Stadt in den letzten Jahren Wohnbaugrundstücke verkauft.

Der Bund besitze in Stuttgart 13 Grundstücke. Über einen Großteil davon stehe die Stadt bereits in Verhandlungen mit ihm. Allerdings habe der Bund bei manchen Grundstücken ein langfristiges Erbbaurecht an Wohnungsteileigentümer vergeben. Wenn man dies erwerbe, schaffe man keine einzige zusätzliche Wohnung in Stuttgart.

Zum Konsens im Gemeinderat, dass die Verwaltung etwas flotter arbeiten sollte, gibt er zu bedenken, dass sich die Verwaltung ihrerseits wünsche, dass die Mitglieder des Gemeinderats eine klarere Haltung einnähmen und diese bei konkreten Umsetzungsentscheidungen auch beibehielten, sodass die Verwaltung nicht immer wieder neue Schleifen drehen müsse.

Damit schließt OB Kuhn die Debatte.


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