Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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214/HH
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 19.10.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: Allgemeine Aussprache über den
Doppelhaushaltsplan-Entwurf 2018/2019

Beratungsunterlagen sind der Entwurf des Doppelhaushaltsplans 2018/2019 sowie die weiteren dem Gemeinderat zu den Haushaltsplanberatungen vorliegenden Unterlagen (siehe Sitzung des Gemeinderats vom 28.09.2017, Niederschrift Nr. 180/HH).

Zum Entwurf des Haushaltsplans 2018/2019 werden folgende Anträge eingebracht:

CDU-Fraktion Nrn. 297 - 399

Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN Nrn. 400 - 491

SPD-Fraktion Nrn. 492 - 569

Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS Nrn. 570 - 692

Fraktion Freie Wähler Nrn. 693 - 762

AfD-Fraktion Nrn. 763 - 795

Gruppierung FDP Nrn. 796 - 854

StR Dr. Schertlen (Die STAdTISTEN) Nrn. 855 - 881

Die Anträge stehen elektronisch zur Verfügung. Sie sind dem Protokoll daher nicht beigefügt.

Die Reden werden von Dolmetscherinnen in die Gebärdensprache übersetzt und live ins Internet übertragen.

OB Kuhn eröffnet die Sitzung und ruft in Erinnerung, dass eine Redezeit von jeweils 20 Minuten vereinbart worden ist, auf deren Einhaltung er achten werde. Er ruft die Vertreter der Fraktionen, der Gruppierung und den Einzelstadtrat nacheinander auf. Sie sprechen vom Rednerpult aus und verwenden zum Teil Präsentationen. Ihre Reden sind nachfolgend im leicht überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben.

StR Kotz (CDU):

"Wir begrüßen als CDU-Fraktion die neue Herangehensweise, dass gesetzliche Aufgaben oder auch vom Gemeinderat eingeforderte oder einfach nur selbstverständliche Themen mittlerweile Teil der Haushaltseinbringung der Verwaltung sind. Wir sehen aber auch, dass der Oberbürgermeister in manchen Bereichen etwas über das Ziel hinausgeschossen ist in seiner Dynamik, einen umfangreichen Haushaltsansatz einzubringen, indem die ein oder andere falsche oder gar unsinnige Maßnahme sich dann doch da irgendwie hineingeschlichen hat. Ich darf das Thema Tempo 40 an Steigungsstrecken, weiterer Ausbau, nennen. Wir haben schon vor zwei Jahren gesagt, dass es keine Maßnahme zur Verbesserung der Luftqualität in Stuttgart ist. Mittlerweile sieht sich die CDU-Gemeinderatsfraktion auch durch das Urteil des Verwaltungsgerichts bestätigt, das in der Begründung noch mal explizit aufführt, dass es dadurch keine Verbesserung für die Luftqualität in unserer Stadt gibt. Oder wir sehen das Problem, das einige Fraktionen in diesem Rat und auch der Oberbürgermeister als einen Weg zu einer lebenswerteren Stadt für alle titulieren: den Wegfall von Parkplätzen in der Innenstadt. Auch dieses Projekt sehen wir äußerst kritisch, und wir werden versuchen, diese Projekte zu verhindern. Wir werden im Rat dafür werben, eine Mehrheit dafür zu bekommen.

Dann gibt es ja eine Liste, wie wir vereinbart haben, auch Einsparvorschläge von der Verwaltung zu bekommen, da sind viele geeignete Maßnahmen drin, die wir auch unterstützen, aber eben auch die ein oder andere ungeeignete. Ich darf als Beispiel die Schließung von Hallenbädern in dieser Stadt für die Öffentlichkeit nennen. Das wird die CDU-Fraktion nicht unterstützen. Es zeigt natürlich auch ein Stück weit, wie weit der OB in manchen Themen scheinbar doch von seiner Bevölkerung, von seinen Bürgerinnen und Bürgern, entfernt ist, wie die Distanz da ist, zu spüren, was denn in dieser Stadt notwendig ist und wofür bei dieser Finanzlage auch Geld da sein muss. Also auch hier werden wir dafür werben, dass Teile dieser Maßnahmen dann nicht umgesetzt werden.

Heute beginnt nun ein wichtiger weiterer Abschnitt dieser Haushaltsplanberatungen. Die Fraktionen bringen ihre Vorschläge ein, und das Ganze endet dann hoffentlich Mitte Dezember in einem Haushaltsbeschluss, für den wir uns eine breite Mehrheit in diesem Rat wünschen. Die CDU-Fraktion hat in den letzten Wochen daran gearbeitet und wird in den kommenden Wochen weiterhin daran arbeiten, dass es einen Konsens in wichtigen Themen gibt. Denn auch wenn unsere Vision, unser Leitspruch in der Präsentation steht, die Zukunft Stuttgarts sind ja nicht nur die Ideen der CDU logischerweise, das sagt dieser Satz ja auch nicht aus, sondern er lässt selbstverständlich auch noch Platz für weitere Bereiche.

Ich möchte an dieser Stelle, weil vielleicht hinten raus die Zeit knapp wird oder ich es vergessen könnte, auch den Dank an meine Fraktion überbringen, dafür, dass sie viele gute Ideen entwickelt hat, die ich heute jetzt Ihnen hier präsentieren darf, und an die Geschäftsstelle, die das Ganze organisatorisch wieder hervorragend organisiert hat. Und wir werden es Ihnen mit einer kleinen Präsentation unterlegen, die zum einen inhaltliche Teile hat, aber vielleicht auch das eine oder andere Augenzwinkern mitbringt.

Was ist der rote Faden der CDU-Fraktion für diese Haushaltsplanberatungen? Oft muss man sich überlegen, was ist die Klammer, was ist das Leitbild? Für uns war es dieses Jahr klar, es ist die Vision Stuttgart 2030. Das, was in ersten Ansätzen der Gemeinderat in zwei Klausurtagungen, einmal hier im Haus, einmal an der Jagst, erarbeitet hat und, wie wir finden, erste positive gemeinsame Ergebnisse gefunden hat. Und deswegen finden wir es schade, dass der Oberbürgermeister zumindest der Presseberichterstattung nach, den weiteren Verfahrensweg auf dem Weg zu einer Vision für diese Stadt erst dem nächsten Gemeinderat ab 2019 zubilligen möchte. Deswegen haben wir hier, weil wir diese Entwicklung für falsch halten würden, auch darum gebeten, zur Ersten Lesung dann noch mal zu berichten, ob das, was in der Zeitung stand, vielleicht auch nicht stimmt, oder wie die offizielle Haltung der Spitze der Stadtverwaltung ist.

Acht große Handlungsfelder haben wir gemeinsam erkannt und dargestellt, und wir halten es für immens wichtig, dass sich der Gemeinderat bei der Diskussion dieser langen Leitlinien für unsere Stadt die Zeit nimmt, diese zu diskutieren, nicht am einzelnen Fallbezug, sondern in der entsprechenden Blickrichtung darüber hinaus. Und deswegen glauben wir, dass gerade auch der Weg zu der Vision, der Prozess, ein gewaltiger Mehrwert für diesen Gemeinderat mit Input von außen, mit Diskussion mit Experten, aber auch mit Diskussion untereinander sein kann. Nicht nur die Vision, die am Ende entsteht, ist der große Mehrwert, sondern gerade auch der Weg zur Vision ist das Ziel.

Aber lassen Sie mich zum Haushalt zurückkommen. Wie sieht unsere Haushaltssituation aus, wo starten wir? Es gibt im Prinzip zwei Möglichkeiten, entweder wir haben irgendwo im Haus, wahrscheinlich bei SÖS-LINKE, die haben ja diesen Panzerschrank, die Goldbarren gestapelt, oder ist es die Situation, dass der Kämmerer im ersten Stock vor seinem Büro steht mit leeren Hosentaschen und nichts zu bieten hat. Ich glaube, die Finanzlage liegt irgendwo dazwischen, je nachdem wie man es betrachtet, mehr auf der einen, mehr auf der anderen Seite. Eines ist aber sicherlich unstrittig, um diese Haushaltslage beneiden uns die meisten deutschen Großstädte. Ich glaube, das ist ein Wert, mit dem wir wirklich als Gemeinderat auch sorgsam umgehen müssen.

Die CDU-Fraktion schlägt pro Jahr zusätzliche Ausgaben im Ergebnishaushalt von rund 21 Mio. € vor und zusätzliche Investitionen von jährlich rund 20 Mio. € in diesem Doppelhaushalt. Und ich möchte Ihnen, wie man das üblicherweise in diesen Reden macht, einige Beispiele entlang dieser Handlungsfelder der Vision Stuttgart 2030 aufzeigen. Selbstverständlich können das nur ganz kleine Mosaiksteine von großen Visionen sein, aber einzelne Schritte dorthin.

Unter der Überschrift Stuttgart ist Metropole, ist für die CDU-Fraktion wichtig, und heute stand es ja auch schon in der Zeitung, dass wir einen direkten Dialog mit unseren Gemeinderatskolleginnen und -kollegen in der Region eingehen, weil wir glauben, dass die großen Themen nur noch regional oder zumindest mit unseren direkten Nachbarn zu lösen sind. Wir sind der Meinung, dass neben dem direkten Kontakt der Oberbürgermeister untereinander und der Verwaltungen auf den unterschiedlichen Ebenen auch die Hauptorgane in einen Dialog treten sollten. Und wenn ich das Interview vom Oberbürgermeister heute in der Stuttgarter Zeitung richtig gelesen habe, dann habe ich da auch eine gewisse Grundzustimmung zu dieser Thematik wahrgenommen. Vielleicht nimmt ja auch die ein oder andere Fraktion das noch mit, weil wir es wirklich für zwingend halten, dass wir hier in den Themen vorankommen. Hierfür beantragen wir eine halbe Personalstelle für die Organisation und ein geringes entsprechendes Budget für Sachkosten.

Das wichtigste Kapital einer Stadtverwaltung, wie im Übrigen auch anderer Einheiten oder Unternehmen, ist die Mitarbeiterschaft. Wir haben hier mal beispielhaft den städtischen Personalkörper dargestellt. Die Farben spielen fast keine Rolle. Wir brauchen, um die Aufgaben bewältigen zu können, einen gut ausgebildeten, motivierten und engagierten Personalkörper. Und wir brauchen selbstverständlich auch eine ausreichende Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Und wir begrüßen es deswegen, dass die Verwaltung rund 500 neue Personalstellen vorschlägt. Wir als CDU-Fraktion wollen weitere 28 dazu schaffen.

Ein wichtiger Aspekt ist das Thema Personalgewinnung, Personalerhaltung, aber auch Fortbildung. Hier wollen wir mit einem Budget von 1 Mio. € p. a. diese Investition in unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinein tätigen. 1 Mio. € mehr als bisher.

Es gilt der alte Spruch, auch in der städtischen Verwaltung, ohne Mampf kein Kampf. Und deswegen ist das Thema Verpflegung und Essen ein Thema, das die CDU-Fraktion seit vielen Jahren in den Haushaltsplanberatungen begleitet. Wir wollen denjenigen, die nicht die Möglichkeit haben, in einer Kantine der Stadtverwaltung zu essen, die Essensgutscheine von 1 € auf 1,50 € um 50 % erhöhen. Das sind immerhin rund 600.000 € im Doppelhaushalt, weil es, glaube ich, da ein deutliches Gefälle zwischen denen gibt, die einen Kantinenzugriff haben, und den anderen. Und wir wollen auch bei der Sanierung der Kantinen weitermachen, eine von AWS, eine bei der Stadtentwässerung, sodass wir eine gute Stimmung in den Kantinen und, wie es sich für einen Arbeitgeber gehört, auch ein gutes Angebot haben.

Unter Metropole verstehen wir natürlich auch die Thematik rund um die IBA. 100 Jahre nach der letzten IBA bekommen wir wieder eine Internationale Bauausstellung nach Stuttgart, und wir wollen mit einer Informationsausstellung das Thema Stadtentwicklung Rosenstein und IBA darstellen. Wir sind der Meinung, die sollte nicht irgendwo in einem Altbau hinter dem Rathaus sein, sondern die braucht eine entsprechende Darstellung. Jetzt erst mal im Bereich der Bahnhofsbaustelle, später dann auf Rosenstein. Ob es jetzt genauso aussieht wie die Humboldt-Box in Berlin, kann man noch ein bisschen infrage stellen. Wir würden dafür mal 750.000 € beantragen und werben dafür.

Beim Thema Feuerwehr haben wir eine Bugwelle von Ersatzbeschaffungen bei den Fahrzeugen. Auch hier liegt die Wahrheit wahrscheinlich ein bisschen in der Mitte. Wir wollen das Budget für Ersatzbeschaffungen um 1 Mio. € auf dann 3 Mio. € im Jahr erhöhen. Wir wollen Stellen schaffen an der Schnittstelle Hauptamt zu Ehrenamt, um unsere freiwilligen Feuerwehren zu stärken, und wir wollen das ehrenamtliche Engagement stärken und unterstützen mit Maßnahmen in der Größenordnung von 265.000 € im Doppelhaushalt.

Zweiter Bereich, Stuttgart ist ökologische Stadt, hier hat der Oberbürgermeister ja schon hervorragend vorgelegt mit der grünen Liste und seiner Thematik grüne Infrastruktur. Für uns gehört das Thema Wasser in der Stadt da noch ganz intensiv dazu. Unsere Brunnen sollen fließen, wir wollen die notwendigen Finanzmittel einstellen, und wir wollen einen lang gehegten Traum, nämlich den Nesenbach wieder an die Oberfläche zu bringen, umsetzen, indem wir über 3 Mio. € in eine Bachwasserleitung investieren, die von den Quellen in Vaihingen das Wasser über den Nesenbachkanal, aber dann eben separiert, in die Innenstadt bringt, und zu einer besseren Wasserqualität im Eckensee, in den Bachläufen im Schlossgarten oder in dem See im unteren Schlossgarten führt.

Stuttgart ist aber auch digitale Stadt. Nichts verändert zurzeit das Zusammenleben der Menschen, die Arbeitswelt, die Kommunikation so stark wie die Digitalisierung. Wir möchten, dass Stuttgart dort eine Leaderfunktion unter den deutschen Großstädten einnimmt und beantragen deswegen die Stelle eines Digitalisierungsmanagers, der das Thema zusammenfasst für die Stadt, der es aber auch vor allem vorantreibt. Und wir wollen auch wichtige zentrale und zukunftsgerichtete Projekte der Digitalisierung angehen. Selbstverständlich unterstützen wir auch das Thema der Digitalisierung an unseren Schulen im Haushaltsansatz mit 23,5 Mio. € in den Jahren 2018 bis 2022.

Stuttgart, die Stadt des Geistes und der Kultur. Wir wollen die Stadtteilfeste und die kulturellen Veranstaltungen stärken in unseren Stadtbezirken, indem wir das Budget, das bisher historisch bedingt sehr ungleichmäßig verteilt ist, um 125.000 € jährlich aufstocken und flächendeckend in den Stadtbezirken verteilen, und die Stelle eines Kümmerers oder Lotsen einrichten, der die ehrenamtlichen Vereine bei der Organisation ihrer Stadtteilfeste unterstützt.

Zum Thema 'Stadtteilzentren konkret' greifen wir gerne den Antrag der Freien Wähler auf, das Projekt fortzuführen und mit jeweils 600.000 € für diese 6 Stadtbezirke auch umzusetzen. Und da der öffentliche Raum uns aber auch in der Innenstadt wichtig ist, wie auch schon angekündigt, wollen wir kein langes Provisorium vor unserem neuen Stadtmuseum, sondern eine Aufwertung der Aufenthaltsqualität. Wir sind auch der Meinung, dass eher der Straßenwettbewerb, den wir ja ausschreiben, auf die Treppe und das Stadtmuseum reagieren muss, als umgekehrt.

Unsere Stuttgarter Schüler, auch das eine Frage von Geist und Kultur, haben mittlerweile immer bessere Schulgebäude. Wir investieren viel, bei den Lernmedien hängen wir noch etwas hinterher, gerade in den Bereichen Chemie, Physik, Technik - die MINT-Berufe, die in aller Munde sind - wollen wir mehr tun und die Lernmittelpauschale um 500.000 € p. a. erhöhen, sodass wir da auch auf den Stand der Zeit kommen.

Und dass die Kultur bei der CDU immer einen besonderen Stellenwert hat, das wissen Sie. Beispielhaft darf ich die neu aufzunehmende Förderung des Friedrichsbau-Varietés oder der Jazzopen sehen, oder eben auch den Zuschuss von 825.000 €, um einem großen Künstler unserer Stadt, Adolf Hölzel, das Künstlerhaus in Zusammenarbeit mit dem Trägerverein zu ermöglichen.

Schaufenster Mobilität, das nächste große Themenfeld. Wir wissen alle miteinander hier im Raum nicht, wohin sich die Mobilität ökologisch, technisch, gesellschaftlich durchsetzt, was am Ende die Antworten sind. Es gibt viele Möglichkeiten, was da alles kommen kann. Ich glaube, jeder findet sich irgendwo in einem dieser Beispiele in der Präsentation wieder. Für die S 21-Gegner haben wir die Gondel mit aufgenommen, weil die immer noch glauben, der Talkessel läuft voll aufgrund der Baumaßnahmen. Man müsste dann womöglich mit der Gondel unterwegs sein. Da wir sehen, dass die unzureichende und nicht funktionierende Mobilität in unserer Stadt eigentlich unser größtes Problem ist, sind wir auch der Meinung, dass wir gerade dafür die besten Köpfe der Welt brauchen, um die Lösungen für diese Herausforderung für Stuttgart zu erarbeiten. Diese besten Köpfe, und das ist auch gar nicht schlimm, die arbeiten jetzt nicht im Stuttgarter Rathaus, und die arbeiten auch nicht im Verkehrsministerium von Baden-Württemberg oder sonst wo, sondern die sind im Zweifelsfall in wissenschaftlichen Einrichtungen oder in großen Unternehmen über den Globus verteilt. Diese wollen wir einbeziehen. Wir wollen in Zusammenarbeit mit den besten Büros und wissenschaftlichen Einrichtungen der Welt einen Masterplan Mobilität Stuttgart 2030 entwickeln lassen. Wir wollen diesen Prozess weg von der Politik nehmen, indem wir gerade auch die Ausschreibungen, die Beauftragungen, die Begleitung dieses Wettbewerbs, einem Gremium von drei allgemein gesellschaftlich anerkannten Persönlichkeiten übergeben, damit nachher die Akzeptanz für dieses Projekt politisch und gesellschaftlich auch wirklich umfangreich ist.

Vor lauter Masterplan darf man natürlich aber auch nicht die realen Tatsachen aus dem Auge verlieren. Unsere Verkehrsinfrastruktur in ihrer ganzen Breite ist in einem schlechten Zustand, muss verbessert werden. Wir beantragen als CDU zusätzlich zum Verwaltungs-Entwurf nochmals 8 Mio. € im Doppelhaushalt für Straßen, Tunnel, Treppen, Infrastruktur, all das, was da dazugehört.

Stuttgart ist aber auch Wohlfühlstadt. Wir schlagen dem Gemeinderat vor, eine Stuttgarter Kinder-Sport-Karte einzuführen, einen Gutschein, den alle unsere Stuttgarter Kinder, zum 4., zum 5. und zum 6. Geburtstag geschenkt bekommen von der Stadt, mit einem Guthaben von 50 €, zum Einlösen für eine Mitgliedschaft oder für sportliche Betätigung in einem unserer Sportvereine. Wir sehen darin eine Gesundheitsförderung, mehr Bewegung, da spricht ja die Digitalisierung ein bisschen dagegen, dass die Kinder sich noch so viel bewegen, wie das der eine oder andere von uns noch gemacht hat. Aber wir wollen dies tun. Wenn man im Jugend- und Kindesalter nicht so viel Sport treibt, kann dies zu einer völligen Unsportlichkeit im hohen Alter führen.

Ein weiteres großes Sportbauprojekt, das wir angehen wollen, ist der Bau und die Erweiterung des Baseball-Parks des TV Cannstatt. Dies ist ganz entscheidend für ihre Bundesligatätigkeit. Und gerade bei Baseball ist ja die Eröffnung solcher neuen Einrichtungen mit dem First Pitch ein großes Ereignis.

Wohlfühlen findet aber auch in den Stadtbezirken statt. Der öffentliche Raum in unseren Außenstadtbezirken ist oftmals nicht so, dass man sich wirklich wohlfühlt. Und deswegen wollen wir den Bezirksbeiräten ein Budget von 1 Mio. € im Jahr für kleine Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen geben, sodass sie direkt entscheiden können, direkt die Ämter beauftragen können, ohne dass die dann immer sagen, da fehlt uns aber das Budget. Sie kennen alle diese Situationen aus Ihren Stadtbezirken und viele mehr. Da sind wir der Meinung, da kann man direkt herangehen.

Das Thema Soziales Stuttgart. Ein Beispiel, wie wir bisher schon dort aktiv sind, ist die Stuttgarter FamilienCard, die Familien unterstützt bei Teilhabemöglichkeiten, bei Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche. Wir wollen 400.000 € mehr in das Budget im Jahr hineingeben, damit der Kreis der Berechtigten größer wird, damit mehr davon profitieren können. Und wer jetzt sagt, 'gute Idee CDU, können wir mitgehen, aber ihr mit eurem klassischen Familienbild natürlich wieder, deswegen geht es irgendwie nicht'. Auch dafür haben wir natürlich ein Angebot, sodass es daran nicht scheitern soll, dass Sie in der 3. Lesung entsprechend zustimmen können. Dazu kommt der Ausbau der Kitas, Neubau, baulich verbessern, erweitern. Jeder rote Punkt auf dieser Karte steht für eine Kita, die in den nächsten zwei Jahren eine Verbesserung erzielen wird.

Ziel ist Abbau der Warteliste bei den Kitas, möglichst wohnortnahe Versorgung. Der Slogan muss sein: kurze Beine, kurze Wege. Und nicht lange Wege mit dem SUV. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. In diese Richtung wollen wir. Wir wollen auch benachteiligte Kinder aus Flüchtlingsfamilien nicht vergessen. Der MOBIFANT soll weiterhin fahren. Wir hoffen, dass uns weder der Feinstaubalarm noch das Wildtierverbot einen Strich durch die Rechnung macht. Vielleicht sind das die Gründe, warum es der Oberbürgermeister nicht in seinen Haushalts-Entwurf mit aufgenommen hat. Das konnten wir nicht so richtig nachvollziehen, aber wir können uns ja nochmals darüber austauschen. Wir wollen im Bereich Inklusion 60.000 € einsetzen, um 10 Taxis rollstuhlgerecht umzubauen, damit gerade mobilitätseingeschränkte Menschen trotzdem in unserer Stadt mobil sind.

Am Ende dieses kleinen Einblicks in die Ideen der CDU stellt sich jetzt der OB vielleicht die Frage: 'Ja, wo soll denn das alles enden bis zum 15.12.?' Meine Wunschvorstellung ist, ich glaube, da könnte sich der Gemeinderat wiederfinden, dass der OB nach der Abstimmung zur 3. Lesung in lauter zufriedene Gesichter blickt. Daran wollen wir zusammen arbeiten bis zur 3. Lesung, ganz im Sinne des Stuttgarter Geistes, der Herausforderungen als Chance ansieht, und nicht als Risiko. Ganz herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."

StRin Deparnay-Grunenberg (90/GRÜNE):

"In diesen 20 Minuten, die mir zur Verfügung stehen, möchte ich drei Aspekte mit Ihnen entwickeln. Der erste ist - was hat uns in dem Haushalts-Entwurf der Verwaltung gut gefallen, oder wie sehen wir diesen Entwurf? Der zweite Aspekt ist, was uns inspiriert hat und wo wir unsere Visionen hernehmen, wo wir hinwollen, mit ein paar konkreten Beispielen natürlich. Und der dritte Aspekt sind unsere 92 Anträge, die wir Ihnen natürlich nicht alle im Einzelnen vorstellen, sondern hier nur einige Beispiele herausgreifen wollen.

Erstens, der Entwurf der Verwaltung, er ist herausragend. Ich denke, das hat aber auch damit zu tun, dass wir als starker Gemeinderat richtig viel hineingepackt haben. Wir sind natürlich auch getriggert von einer großen und ganz engagierten Bürgerschaft, die uns immer wieder vieles auf den Weg bringt. Und da finden wir viele Sachen bereits im Entwurf. Ein ambitioniertes Paket 'Nachhaltig mobil', zusammen aus der Mitte des Gemeinderates haben wir nochmals nachgeliefert. Und wir sehen z. B. 9 Mio. € jährlich für die Zusammenlegung der Zonen 10 und 20 zu einer Zone für Stuttgart - ein langer Traum von uns GRÜNEN. Es ist eine Trendwende. Wir werden da eine Zone haben, eine Verbilligung und eine Vereinfachung für unsere ÖPNV-Nutzer. Vielen Dank dafür.

Die Reise zu einer nachhaltigen Mobilität hat aber erst begonnen. Was sehr gut in dem Paket drin ist, und ich denke, hier haben wir als Gemeinderat - an dieser Stelle grüße ich auch unseren Personalrat - sehr viel geackert und uns sehr viel Raum verschafft, ist das Thema Personal. Um eine leistungsfähige, motivierte Verwaltung zu haben, brauchen wir natürlich Menschen, die arbeiten. Wir haben uns den haushalterischen Raum gegönnt, viele Stellen an vielen Ecken, wo es wirklich gefehlt hat, nachzujustieren. Und im Entwurf der Verwaltung sehen wir da gute Ansätze. Wir haben natürlich auch noch jetzt neue politische Schwerpunkte und dementsprechend im Personal nochmals nachjustiert. Und wir haben schöne Entwicklungen, z. B. mehr Kinder in dieser Stadt. Auch da mussten wir z. B. beim Jugendamt Stellen nachjustieren. Wir denken, dass das Personal wirklich das Rückgrat dieser Stadt ist. Und es ist ein Personalhaushalt geworden. Und wenn wir die 50 Stellen, die wir uns vorstellen, noch mal dazuzupacken, dann wird es erst recht ein Personalhaushalt.

Das Thema 'grüne Infrastruktur' finden wir schlichtweg grandios. Es ist ganz wichtig, die Luft, die Gesundheit, das Wohlbefinden durch Bäume, Parks usw. als kommunale Infrastruktur zu begreifen. Das ist ein neuer Schritt in dieser Stadt, es in dieser Ausführlichkeit und in dieser Klugheit zu sehen. Unser Augenmerk legen wir auf Nachjustierung oder Konkretisierung vor Ort, z. B. bei den Natursteinstaffeln und Feldwegen, und den Biotopverbund sehen wir als eine dauerhafte Aufgabe (z. B. unsere Anträge Nr. 70 oder 66).

Auch Inklusion und Saubere Stadt sind prioritär vom Oberbürgermeister in den Haushaltsentwurf gestellt worden. Das begrüßen wir sehr. Wir haben da lediglich eine Konkretisierung einer sozialen Komponente. Bei unserer Müllabfuhr stellen wir uns vor, dass 25 Mitarbeiter, die sonst auf dem normalen Arbeitsmarkt keine Stelle finden, im AWS Gutes leisten können. Und natürlich gibt es dafür auch Anleiterstellen. Wir möchten Ihnen diese soziale Komponente gerne auch während der Haushaltsplanberatungen vorstellen.

Zweitens, was hat uns inspiriert und fordert uns GRÜNE immer wieder heraus? Ich muss sagen, nach dem sehr spielerischen Vortrag von Herrn Kotz gehe ich jetzt ein bisschen in den Ernst der Lage. Ich hoffe, Sie verzeihen mir das. Aber Kommunalpolitik hat hin und wieder etwas Ernstes mit dieser Welt zu tun. Wir sind als Stuttgart ein Teil der Welt und haben als Leitidee für uns GRÜNE immer wieder uns Gedanken gemacht, diesmal, 'was macht Stuttgart mit der Welt, und was macht die Welt mit Stuttgart?' Natürlich ist es nicht nur, dass wir uns da der Verantwortung stellen und die anderen beglücken wollen, sondern natürlich ist auch die Stabilität des Gesamtsystems in irgendeiner Art und Weise eigennützig. Und wir wollen auch als Stuttgart und Teil der Welt unsere Haushaltsanträge überprüfen.

Uns geht es in Stuttgart ziemlich gut. Wenn es aber so bleiben soll, muss sich ziemlich vieles verändern. Wir GRÜNE wollen gestalten. Wir denken, dass wir mit einem Volumen von 20 Mio. € im Ergebnishaushalt und 15 Mio. € Investitionen jährlich ziemlich viele Punkte reinbringen können, die etwas verändern können in dieser Stadt. Unsere Ziele für Stuttgart sind die Ziele einer zukünftigen und nachhaltigen Weltgemeinschaft. Und ich möchte Ihnen da jetzt erklären, warum.

Manche denken vielleicht jetzt im Raum, wir sind ja jetzt hier im Gemeinderat und nicht in der UN-Versammlung. Aber das ist die Krux an dieser Geschichte. Wenn alle Gemeinden der Welt genauso denken, wer sind dann die Transformatoren dieser Welt? Die Weltgemeinschaft hat erkannt, dass eine Transformation von den Gemeinden vor Ort gestemmt werden muss. Und deswegen müssen wir da unseren Part auch liefern.

Sie sehen hier auf dieser Folie auf der horizontalen Achse die menschliche Entwicklung nach messbaren Größen, sprich Lebenserwartung, Bildungsstand, Gesundheit. Und auf der vertikalen Achse sehen Sie den Naturverbrauch. Und die Punkte sind die verschiedenen Länder der Welt. Und für das Verständnis ist es nicht wichtig zu sehen, wo Deutschland genau ist, sondern dass die Länder, die letztendlich im Naturverbrauch bleiben, meistens in den anderen Zielen nicht dort sind, wo sie sich wünschen und wo wir sie uns wünschen.

Wiederum die sind die anderen Länder, die in den menschlichen Zielen Demokratie, Wohlstand, Gesundheit, Lebenserwartung sehr hoch liegen, drastisch über ihre Grenzen des Naturverbrauchs hinausgeschossen. Und dieser Prozess der internationalen Ziele hat sich sehr stark entwickelt in den letzten Jahren. 1972 hat es mit Brundtland angefangen, dann kam Rio 1992, dann Rio+20, und dann die Milleniumziele, die wir zur Jahrtausendwende leider nicht alle erreichen konnten. Was wir aber jetzt als Paradigmenwechsel haben, ist, dass wir nicht mehr von Entwicklungsländern, Schwellenländern und entwickelten Ländern sprechen, wo wir dann irgendwie immer suggerieren, dass alle auf unsere Seite kommen. Was wir jetzt wissen, ist, dass wir alle Entwicklungsländer sind. Stuttgart ist auch in einem Entwicklungsland. Wenn wir uns das angucken, das Ziel - und das ist eine starke Vision - ist, dass wir eines Tages nicht mehr verbrauchen, als uns unser Planet zur Verfügung stellt, und wir dennoch einen hohen menschlichen Entwicklungsstand haben.

Es ist eine schlechte und eine gute Nachricht zugleich, denn wir müssen uns alle verändern. Ist das jetzt bedrohlich? Ist es jetzt ungemütlich, ist es jetzt eine Notwendigkeit oder ist es ein Abenteuer? Wir haben uns die 17 Ziele, die aus diesem Prozess hervorgegangen sind, angeguckt und unsere Anträge damit abgeglichen. Das Wesentliche an dieser Betrachtung ist, zu verstehen, dass es nicht darum geht, dass alle die gleichen Ziele genau gleichmäßig verfolgen, sondern dass wir schauen, wo haben wir bereits hohe Entwicklungsziele erreicht und wo sind wir noch hintendran? Eine arme Gemeinde in Afrika hat vielleicht eher ein Augenmerk auf Ernährungssicherheit, sanitäre Entwicklung und Wachstum. Und Stuttgart sollte vielleicht eher ein Augenmerk auf Klimaschutz, Schutz der Ökosysteme und auch keine Armut haben. Dennoch kann sich Stuttgart beim Punkt sanitäre Einrichtungen noch verbessern. All diese Ziele sind immer gleichermaßen wichtig für alle Punkte dieser Erde. In unserem Antrag 68 machen wir einen Vorschlag, wie wir Phosphor rückgewinnen können, um auch unseren Part mit dem Wasser-Ökosystem zu leisten.

Ich möchte Ihnen ein ganz konkretes Beispiel geben, wie wir mit einem dieser Ziele zu unseren Anträgen gekommen sind. Ich werde nicht alle durchgehen, das wäre zu lang. Aber ich hoffe, dass das für Sie dann eindrücklich ist. Hier haben Sie z. B. den Punkt 'Kein Hunger'. Ich denke, es ist klar, wenn wir die Bilder sehen, dass durch gewisse Prozesse, die wir als Gemeinde natürlich nicht im Griff haben, irgendwo auf der Erde Menschen hungern, während wir hier einen Überschuss haben und sogar Nahrungsmittel wegwerfen. Dies bereitet uns Unbehagen. Wie kommt das? Das ist so unfair. Letztendlich haben wir hier das Thema 'Kein Hunger, den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern'. Ich denke mal, das kann der Gemeinderat doch gar nicht beeinflussen. Aber doch. Wir sehen ein Unterziel davon. Wir müssen schauen, dass die Nachhaltigkeit unserer Art und Weise, wie wir Landwirtschaft betreiben, eben nicht die Ökosysteme zerstört und dass wir auch regional bleiben. Und deswegen haben wir einen Antrag gestellt ganz konkret, in unseren Stuttgarter Schulen 25 % Bio und Regional einzuführen. Ich hoffe, wir finden eine Mehrheit für diesen Punkt. Der Vorteil ist natürlich, dass wir die Böden schützen, aber auch die Gesundheit unserer Kinder. Und dass wir auch in dem regionalen Arbeitsmarkt etwas Positives bewirken können.

Natürlich ist der zweite Punkt diesbezüglich auch unser öffentlicher Einkauf. Was eine Gemeinde einkauft, ist nicht belanglos. Ich sage nur Stichwort Ernährung, Landnutzung, Soja im Regenwald. Was wichtig ist zu verstehen, ist, dass alle Ziele der UN nicht nebeneinanderstehen, sondern miteinander verbunden sind. Und aus wissenschaftlicher Perspektive sieht man, dass es sogar noch mehr ist. Und das ist eine Evidenz, das können Sie, meine Damen und Herren, natürlich selber nachvollziehen. Der Bildungsstand, die Gesundheit, die Gleichheit von Mann und Frau üben ebenso wie z. B. der Schutz der Ökosysteme etc einen Einfluss aus. Alle Ziele sind miteinander verflochten.

Jetzt komme ich zu unseren Anträgen und ich werde hin und wieder auf die Ziele verweisen oder auch nicht. Unsere konkreten Vorschläge für diesen Haushalt - Die lebenswerte Stadt. Natürlich sehen wir, dass wir durch weniger Verkehr in der Innenstadt einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Aber vor allem wollen wir mehr Raum. Die Innenstadt soll urbaner werden. Wir wollen natürlich, dass sich die Menschen diese Stadt zurückerobern. Wir sehen am Hospitalhof oder am Marienplatz, seit sie nicht mehr als eine schlichte Kreuzung betrachtet werden, entsteht dort Leben, eine Kraft der Menschen, die Lust, sich dort aufzuhalten und ihre Stadt als Identität wahrnehmen zu können. Das bringt natürlich neue Mobilitätsmuster und nachhaltige Mobilität mit sich. Wir haben da ganz konkrete Anträge geschrieben zur Urbanisierung des öffentlichen Raums. Wir stellen Planungsmittel für den Verkehr ein. Wir wollen Anwohner entlasten durch einen Lärmminderungsplan, wir wollen die Stadtlücke unter der Paulinenbrücke, eine exzellente Initiative, wo wir dieses neue Lebensgefühl spüren.

Das Ziel Nr. 11 von diesen 17 Nachhaltigkeitszielen besagt, Städte und Siedlungen sollen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig werden. Ich finde, dass jeder Politiker, jeder Kommunalpolitiker der Welt diese sieben Unterziele lesen sollte, denn es geht schlicht darum, wie wir unsere Städte nachhaltig widerstandsfähig machen können. Diese Ziele gelten an allen Enden dieser Welt, und das ist ganz spannend. Nachhaltige Mobilität ist notwendig, um unsere Klimaschutzziele zu erreichen, aber auch als Baustein dieser resilienten Stadt der Zukunft. Und dafür setzen wir uns GRÜNE seit Jahren ein. Übrigens, ich bin schon etwas erschrocken, wenn hier die Parteien, die von sich sagen, dass sie nur Straßen im Kopf haben oder Benzin im Blut, jetzt heute meckern, dass die GRÜNEN nicht stark genug agieren können. Wer hat uns diese autogerechte Stadt über Jahrzehnte hier eingebrockt? Das sind nicht wir GRÜNEN, das sind die anderen. Das Rückgrat der S-Bahn im ÖPNV, das ist wirklich etwas Wichtiges für die Stadt von morgen, und es ist, meine Damen und Herren, leider verschlafen worden. Wenn wir auch diese Entwicklung forcieren wollen in dieser Stadt, brauchen wir eine solidarische Finanzierungsgrundlage. Dafür brauchen wir ein Landesgesetz. Und die CDU im Land sträubt sich. Und dann sind die heutige Mobilität und Probleme der Luftreinhaltung nie vernetzt und nachhaltig gehandelt worden, fast ein halbes Jahrhundert lang. Das muss man sich hier einfach auf der Zunge zergehen lassen.

Ich empfinde es als einen Witz der Geschichte, wenn diese alte Denkweise, die nach wie vor bei den Abstimmungen hier im Rathaus zum Vorschein kommt, dazu führt, dass wir die einfachsten Sachen der Welt nicht gemeinsam machen, sprich, Busbevorrechtigung oder Busspuren, das sind so einfache Sachen. Natürlich kann man sich irgendwo Visionen einholen und Masterpläne machen, aber wir kennen diese Programmpunkte. Wir gehen doch als GRÜNE seit Jahrzehnten auf solche Messen, auf 'Cities for Mobility' oder bringen diese Ideen ein, indem wir selber Konferenzen machen, und jetzt brauchen wir einen Masterplan von außen. Ich finde das vermessen. Ich sage, wir haben einen Masterplan, und wir setzen ihn in den konkreten Zielen um. Wir machen weiter und bohren da einfach die dicken Bretter weiter.

Nachhaltige Mobilität, Klimaschutz, Gesundheit, das sind Themen, die uns antreiben seit eh und je. Wir wollen eine bessere Luft, bessere Lebensqualität und haben uns z. B. mit 'Freie Fahrt für unsere Schüler' auseinandergesetzt. Wir wollen, dass ab 08:30 Uhr, wenn wir keine Spitzenzeit mehr haben im ÖPNV, die Kinder einfach im ÖPNV frei zirkulieren dürfen und die Lehrer natürlich dadurch auch spontan die verschiedenen Angebote dieser Stadt besichtigen und besuchen können. Ich denke auch, es ist ganz wichtig, dass die Kinder aus allen Quartieren und allen Stadtteilen den ÖPNV frei nutzen können, als eine Art Erziehung im Bereich Mobilität. Dass es ganz normal ist, einen Bus zu nehmen, eine Bahn zu nehmen, eine Zahnradbahn zu nehmen, eine Seilbahn zu nehmen und so weiter und so fort. Wir setzen uns dafür ein.

Wir sehen in der Zukunft natürlich eine verknüpfte und eine digitale Mobilität. Das hat auch einen großen Nutzen für unsere Wirtschaft. Wenn auf den Straßen diejenigen, die fahren müssen, weil sie etwas transportieren müssen oder weil sie jemandem helfen müssen, dem sie nachher etwas bringen müssen, dann bringt es doch jedem etwas, wenn andere Teilnehmer eben sich auf andere Verkehrsarten verlagert haben. Ich denke, dass auch eine Veränderung unserer Mobilitätsgewohnheiten durch die Schritte, die wir gemeinsam hier tun, letztendlich die beste Imagekampagne für Stuttgart sein kann. Dass wir zeigen, wir sind hier Brennglas der Herausforderungen unserer Zeit. Wir haben unseren Wohlstand wegen der Autoindustrie, wir müssen sie transformieren und wir wollen eben nicht einen Masterplan sonst wo herstellen, wir sind der Masterplan, meine Damen und Herren. Ich denke, wir können als Stuttgarter ganz konkret werden, wir haben gute Ideen, wir haben eine engagierte Bürgerschaft und wir werden der Welt zeigen, dass wir diesen Transformationsprozess hinbekommen und zum Schluss wird es die beste Imagekampagne, die man sich vorstellen kann. Mit der P-Linie, die im 5-Minuten-Takt um die City zirkulieren wird, mit einem klassischen ÖPNV, den wir ausbauen, aber auch mit Möglichkeiten, on demand die letzte Meile bis zu seinem Zuhause zurücklegen zu können.

Und ich denke, es ist nicht nur eine Suche nach technischen Möglichkeiten, sondern es ist grundsätzlich eine Haltung, ob man sich vernetzt in dieser Welt und nach links und nach rechts schaut, was möglich ist. Wir sind mitten im Wandel. Ich frage nur, haben Sie schon jemals gehört oder gesehen, dass alle Fraktionsvorsitzenden der großen Fraktionen ins Rathaus mit dem Fahrrad kommen? Das habe ich letzte Woche gesehen. Ich sage Ihnen, wir sind mitten im Wandel. Genau, was wäre eine 'grüne' Rede, ohne das Thema Radfahren fragen Sie sich. Radfahren ist nicht nur klimaschonende Mobilität, sondern auch ein Lebensgefühl. Ich empfehle auch allen, sich den Film mit dem Titel 'Kesselrolle' anzuschauen. Da sind viele kreative Leute, die sich nicht nur mit dieser Mobilität an sich anfreunden, sondern auch kreativ Start-ups kreieren und sich mit diesem Lebensgefühl, mehr Raum in der Stadt für sich zu haben, identifizieren. Wir wollen in Radparkhäuser, in Personal zur Umsetzung der Radprojekte und in ein großes Förderprogramm für Lastenräder investieren in diesem Doppelhaushalt.

Ein schwieriges Thema ist die nachhaltige Grundstückspolitik der Stadt. Wie gehen wir in diesem begrenzten Raum mit unseren Grundstücken um? Da gibt es ja sehr viele Schimären, die zirkulieren. Ich denke, dass wir als Stadt Schlüsselgrundstücke kaufen sollten. Wir haben nämlich das Problem, dass sobald wir eine Schulerweiterung haben, eine Feuerwache, die hin und her muss, die Müllabfuhr aus irgendeinem Grund den Standort wechseln muss, wir von der Strategie her da immer sehr, sehr knapp sind. Und ich denke, es wäre sehr wichtig, dass die Stadt dort ein bisschen investiert. Wir können es ja auch im investiven Bereich. Die Stadt muss sich einen kleinen Bodenvorrat anschaffen, damit wir eben, wenn wir sehen, hier fehlt eine Nahversorgung oder hier müssen wir ein Grundstück hin und her schieben, etwas in der Hinterhand haben. Das ist eine Herausforderung in dieser Stadt mit den Flächen, das ist nicht zu verleugnen, aber ich denke, wir können auf diesem Weg etwas Abhilfe schaffen.

Eine ganz besondere Herausforderung sind natürlich unsere neuen Konsum- und Produktionsmuster, das ist das Ziel Nr. 12. Das ist sicherlich das, was die Städte in unserer Welt am meisten beschäftigen sollte, weil wir davon ganz weit entfernt sind. Letztendlich ist es ja auch normal, denn es bedeutet Veränderung der eigenen Verhaltensmuster. Status, materielle Güter, Produktionsweise sind mit unserem Handeln verbunden und sind ein Teil von uns, und deswegen ist es nicht einfach, dieses Thema zu verändern. Das will ich nicht verschweigen.

Dennoch müssen wir, das ist unsere Pflicht, wenn wir uns als Kommune dieser Welt verstehen wollen, eben schauen, was machen die verschiedenen Sachen, die wir kaufen, mit anderen Menschen in der Welt? Was machen sie mit Ressourcen? Und auch Schwieriges spornt uns an. Und deswegen haben wir uns da Gedanken gemacht. Wir wollen das Thema Gemeinwohlökonomie weiter beflügeln. Und wir wollen weiter mit den Firmen, die sich genau dieser Bilanz unterziehen, was bewirke ich in der Welt, wollen wir ganz genau schauen, ob sie sich da auf einen guten Weg machen können. Sie können z. B. betriebliche Mobilitätskonzepte entwickeln, Frauen fördern oder auch sich Gedanken machen, wie sie fairer und ökologischer einkaufen können. Wir wollen auch bei Interimsflächen der Stadt z. B. diese Kriterien der Nachhaltigkeit nach vorne stellen und Start-ups, die da gute kreative Ideen haben, oder Ingenieuren, eine Möglichkeit geben, sich in dieser Stadt zu entfalten.

Trotzdem dürfen wir unsere Schwächsten nicht vergessen. Wir haben viele Menschen, die hier vielfältige Probleme haben, die durch alle Netze fallen. Und wir haben da mehrere Anträge für Kinder und Familien in Sozialpensionen. Da denke ich an das Thema Nummer eins 'Keine Armut'. Das ist natürlich ein schwieriges Thema, aber das müssen wir immer wieder angehen. Auch Hilfe für junge Wohnungslose oder auch Angebote für Kinder psychisch kranker Eltern. Das haben wir in unseren Anträgen bedacht.

Wir wollen auch als Stadt Stuttgart ein Arbeitgeber mit Verantwortung und Herz sein und haben da einen Pool für Leistungsgeminderte uns vorgestellt. Das Projekt Garnisonsschützenhaus wollen wir mit Langzeitarbeitslosen renovieren lassen. Wir haben mehrere Anträge noch, ich lade Sie auch herzlich ein, sie alle zu lesen. Wir haben uns jedes Mal die Frage gestellt, welches dieser Ziele können wir mit unseren Anträgen erreichen? Und ja, auch in Stuttgart kann man für viele Bereiche in der Welt etwas erreichen. Und auch für uns natürlich gleichermaßen.

Wir wollen thematische Partnerschaften in Europa angehen. Und wir sind natürlich viele verschiedene Partnerschaften im Bereich der Bildung eingegangen. Das machen wir seit eh und je mit den freien Trägern, mit den Schulinstitutionen. Und wollen es mit den Jugendfarmen usw fortsetzen. Da will ich nur ganz kurz auf das letzte Ziel eingehen, das ist das Ziel Nr. 17. Um diese Veränderung zu vollziehen und die anderen Ziele zu erreichen, kann es nicht sein, dass wir tagein tagaus alle das Gleiche machen wie bisher. Wenn wir alle das Gleiche machen wie bisher, nur ein bisschen schneller und ein bisschen besser, wird sich nichts ändern. Wir müssen neu denken, neue Partnerschaften und neue Ideen finden, wie wir zur Realisierung dieser Ziele insgesamt kommen.

Mein Schlusswort. Nachhaltigkeit ist stets vernetztes Denken und demokratische Abwägung. Denn welche Wege wir nehmen, um unsere Ziele zu erreichen, ist natürlich nicht in den Zielen selbst enthalten. Das müssen wir gemeinsam tun. Und deswegen ist es so wichtig, dass Sie heute da sind, sich die verschiedenen Themen anhören, sich die verschiedenen Ideen, wie auch die politischen Gruppierungen hier diese Probleme angehen, dass Sie sich da gemeinsam mit uns Gedanken machen. Denn nur im gemeinsamen politischen Abwägen kann Nachhaltigkeit in einer Stadt stattfinden.

Und zum Schluss wollte ich einfach nur sagen: 'Ja, wir haben ein Herz für Surfer, und wir haben ein Herz für die Wasserqualität im Neckar, weil wir denken, dass wir auch Oasen kreieren müssen, wo wir kurz innehalten können, wo wir uns einfach die Schönheit unserer Stadt und unserer Natur angucken, um die Kraft und die Ideen zu schöpfen, um die Nachhaltigkeit in unserer Stadt gemeinsam zu vollziehen.' Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."

StR Körner (SPD):

"Wir haben uns gefreut, als wir Ihren Vorschlag für den Doppelhaushalt 2018/2019 gesehen haben, weil Sie auf unsere Kritik im Juli dieses Jahres reagiert haben. Wir Sozialdemokraten haben kritisiert, dass die Stadt momentan zentrale Kernaufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge sträflich vernachlässigt, obwohl die Stadt finanziell bestens dasteht.

Wir freuen uns darüber, dass endlich mehr Stellen kommen werden für die Bürgerbüros in unserer Stadt. Wir hoffen, dass die Überlastung der Kolleginnen und Kollegen dort, weil sie viel, viel mehr zu tun haben, als in den letzten Jahren, damit der Vergangenheit angehört. Wir fragen uns aber natürlich auch, warum es soweit kommen muss, dass Bürgerbüros in dieser Stadt schließen müssen. Und zwar zuhauf. Und wir alle kennen auch die Antwort darauf: Die Art und Weise, wie wir momentan damit umgehen, wenn einzelne Sachgebiete, einzelne Ämter immer mehr Aufgaben bekommen, ohne dass sie dafür zusätzliches Personal bekommen, ist nicht in Ordnung. Wir haben auch eine Antwort, eine politische Antwort, und schlagen nächste Woche im Verwaltungsausschuss vor, dass wir hier ganz grundsätzlich etwas ändern müssen, wenn in einem Sachgebiet oder in bestimmten Bereichen der Stadtverwaltung die Arbeit immer mehr wird, dann müssen wir auch zusätzliches Personal zur Verfügung stellen. Anders werden wir zentrale Kernaufgaben der Stadt nicht wahrnehmen können.

Wir freuen uns darüber, dass die Grünanlagen unserer Stadt endlich so gepflegt werden können, wie es sich auch gehört. Wir hoffen, dass die zusätzlichen Mittel ausreichen, auch ein bisschen mehr für das Grün zu tun, als nur den Status quo zu wahren. Wir stellen uns aber auch hier die Frage, warum sollen die Mittel für die Spielplätze - mit die wichtigsten Grünanlagen in unserer Stadt - jetzt plötzlich gekürzt werden? Und wir beantragen in diesen Haushaltsberatungen, dass die Mittel für die Spielplätze in unserer Stadt, die für ganz viel Lebensqualität stehen, nicht gekürzt werden, sondern dass sie erhöht werden auf ein Niveau, das sinnvoll und angemessen ist für unsere Stadt.

Wir freuen uns darüber, dass die Schulsanierung, die Investitionen in unsere Schulen, endlich so vonstattengehen können, wie wir uns das vorstellen, weil wir die notwendigen Stellen im Hochbauamt zur Verfügung stellen. Wir hoffen, dass das, was den Schulen vor Ort jetzt auch versprochen wird, dass wir das in den nächsten Jahren auch umsetzen können. Denn da sind wir dann alle gemeinsam in der Pflicht.

Herr Oberbürgermeister, wir freuen uns, dass Sie auf unsere Kritik reagiert haben. Wir möchten Sie aber auch ermutigen, nicht nur zu reagieren, sondern auch noch ein bisschen mehr zu agieren. Wir bieten Ihnen auch unsere ausdrückliche Unterstützung an. Und ich möchte drei Themen besonders hervorheben, wo wir das gerne tun möchten. Alle drei Themen haben auch miteinander zu tun. Es geht um Familien mit Kindern in unserer Stadt, es geht um das Thema Wohnen, und es geht um das Thema Verkehr.

Herr Oberbürgermeister, in Ihrem Konzept für Wohnen heißt es, das Mieten und das Wohnen in Stuttgart ist für Familien mit Kindern ein Armutsrisiko. Das ist ein gravierender Befund. Und in der Zeitstufenliste Wohnen heißt es, dass immer mehr Familien mit Kindern diese Stadt verlassen und abwandern ins Umland. Auch vielfach aus Kostengründen. Und da reicht es uns nicht, ein bisschen Kinderbeteiligung zu machen. Ich formuliere das mal so etwas zugespitzt. Wir stellen uns da schon handfestere Politik für Familien mit Kindern vor. Wir wollen, dass die Spielplätze in unserer Stadt anständig aussehen und sich Familien mit Kindern dort wohlfühlen. Wir wollen dringend, dass die Schulen instandgesetzt und saniert werden, weil wir dort viele Jahre zu wenig getan haben.

Und wir sind der Meinung, dass besonders Familien mit Kindern eine finanzielle Entlastung in Stuttgart verdient haben. Eine finanzielle Entlastung, die für sehr viele Familien mit Kindern und einem Durchschnittseinkommen ganz, ganz wichtig ist. Denn wir vergessen häufig in unseren Diskussionen eine Gruppe von Menschen, die hart arbeitet - Krankenschwestern, Polizisten, Busfahrerinnen und Busfahrer bei der SSB - und ein Einkommen erzielt, mit dem man in Stuttgart kaum eine Familie ernähren kann. Und das kann uns nicht kalt lassen, da müssen wir was tun. Deswegen schlagen wir als Sozialdemokraten vor, dass wir die Beiträge für die Kindergärten abschaffen in den nächsten Jahren. Wir wollen Familien mit Kindern finanziell entlasten, und dass es dafür Spielräume gibt, da sind wir uns ja auch einig.

CDU und GRÜNE wollen auch eine finanzielle Entlastung beschließen, sie wollen die Grundsteuer senken. Und jetzt vergleichen wir das mal. Grundsteuersenkung, Entlastung von Familien mit Kindern, da geht es schnell um 1.000 bis 3.000 € im Jahr für Familien mit Kindern, und zwar netto. Die Grundsteuersenkung, die CDU und GRÜNE vorschlagen, kommt zu 50 % den Unternehmen in Stuttgart zugute. Wenn man mal die 30 Mio. € anschaut, die Sie vorschlagen, landen davon 5 Mio. € bei Bosch, Porsche und Daimler. Die Grundsteuersenkung landet auch bei vielen Vermieterinnen und Vermietern. Und was das für Mieterinnen und Mieter bringt, das wissen wir seit zwei Jahren. Der Erste Bürgermeister hat das vorgerechnet, über welche Centbeträge wir dort reden. Und da sagen wir als Sozialdemokraten 'Nein'. Wenn die Stadt finanziell so gut dasteht, wie sie momentan dasteht, dann können wir doch nicht eine Entlastung vor allem für die großen Industriekonzerne in Stuttgart machen, sondern wir müssen doch die entlasten, die es dringend brauchen können. Und das sind aus unserer Sicht Familien mit Kindern. Wir wollen im ersten Schritt die entlasten, die eine FamilienCard haben, die haben nicht mehr als 60.000 € Haushaltseinkommen. Das ist unsere Antwort für Familien mit Kindern in Stuttgart.

Ich habe gesagt, dass das Wohnen in Stuttgart für Familien ein Armutsrisiko ist, und damit bin ich beim zweiten Thema. Heute müssen Sie in Stuttgart im Schnitt, wenn Sie eine Wohnung mieten im Bestand, ungefähr 10 €/m2 bezahlen. In Frankfurt und in Hamburg, ähnlich starke Städte, sind es 8 €. Sie zahlen dort also 20 % weniger als in Stuttgart. Aus unserer Sicht hat das auch damit zu tun, dass dort der Bestand an kommunalen Wohnungen deutlich höher ist als in Stuttgart. Und deshalb bin ich froh, dass wir gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen von GRÜNEN und SÖS-LINKE-PluS in der vergangenen Woche eine Initiative auf den Weg gebracht haben, wo wir sagen, wir wollen, dass das Wohnen in Stuttgart für Normalverdiener bezahlbar ist. Und das erreichen wir nur mit mehr kommunalen Wohnungen in der Stadt, weil das der Markt eben nicht richtet. Und deswegen wollen wir, dass die SWSG in den nächsten Jahren nicht mehr nur 18.000 Wohnungen vermietet, sondern 30.000 Wohnungen.

Herr Oberbürgermeister, bei diesem Thema kann ich es Ihnen nicht ersparen, eine schlechte Bilanz bisher der Arbeit zu bilanzieren. Wir haben bei den Sozialmietwohnungen in den letzten 4 Jahren gerade mal 55 neue Sozialmietwohnungen in Stuttgart fertiggestellt. Im Schnitt jedes Jahr. Ihr Ziel sind 300, wir sind meilenweit von diesem Ziel entfernt. Wir haben im vergangen Jahr einen Rückgang beim Neubau von Wohnungen in Stuttgart erlebt, wenn man ehrlich rechnet. Eine aus meiner Sicht dramatische Entwicklung. Ich habe heute mit großem Interesse das Interview von Ihnen in der Stuttgarter Zeitung gelesen, und ich muss ganz ehrlich sagen, da bin ich dann doch ein bisschen erschrocken. Denn wenn Sie ihre Rolle bei dem Thema vor allem darin sehen zu sagen, was alles nicht geht, dann ist das für die Herausforderung, die wir da haben, eindeutig zu wenig, Herr Kuhn. Ihre Rolle muss es doch sein zu sagen, was geht, was wollen wir anpacken, was wollen wir voranbringen bei dieser Herausforderung? Und wir Sozialdemokraten haben im Frühjahr ein 5-Punkte-Programm vorgestellt, um was es uns geht: Wir brauchen nämlich mehr bezahlbare Mietwohnungen in Stuttgart.

Wir brauchen die auch in der Region, Herr Oberbürgermeister, da sind wir bei Ihnen, und wir hoffen, dass wir eine regionale Wohnungsbaugesellschaft oder etwas Ähnliches auf den Weg bringen. Wir brauchen genossenschaftliche Mietwohnungen, weil die nämlich bezahlbar vermieten. Wir müssen auch in der Modernisierungsförderung neue Wege gehen, darüber werden wir diskutieren. Wir brauchen aber zwei Punkte vor allem, erstens das Bekenntnis der Stadt zu einer aktiveren Wohnungs- und Grundstückspolitik. Wir schlagen in diesem Haushalt vor, dass wir 100 Mio. € zur Verfügung stellen, um Grundstücke in Stuttgart, bebaute und unbebaute, ankaufen zu können. Ich weiß, dass das teuer ist, aber ich wundere mich darüber, dass das teure Kaufen von Rentenpapieren auf den internationalen Kapitalmärkten überhaupt kein Problem ist. Und wir schlagen hier einfach nur vor, Gelder umzuschichten, die heute mit 0 % Zins oder 0,1 % Zins angelegt sind, um in Zukunft zu investieren in bezahlbares Wohnen in Stuttgart, in Grundstücke. Und da brauchen wir ein aktiveres Tun der Landeshauptstadt.

Und Herr Oberbürgermeister, bei dem Punkt weiß ich jetzt nicht, ich habe das Interview gelesen, da kann ich nur an Sie appellieren, ich habe da so eine gewisse Skepsis heute rausgehört zu dem Vorschlag, den wir da machen. Ich hoffe, dass Sie sich in der Frage bewegen, weil, wir sind davon überzeugt, dass das, was auf dem Wohnungsmarkt momentan stattfindet, wir nicht so laufen lassen können, wie es aktuell der Fall ist.

Und dann gibt es einen zweiten grundsätzlichen Dissens beim Thema Wohnen, und das ist die Flächenfrage. Die möchte ich verbinden mit dem Thema Verkehr. So wie ich Sie verstehe und so wie ich auch im Übrigen die GRÜNEN-Kolleginnen und -Kollegen verstehe, sind Sie ja sehr wohl auch für den Wohnungsneubau auf der grünen Wiese. Aber eben nicht auf Stuttgarter Gemarkung, sondern bitte in der Region. Und jetzt möchte ich Sie fragen, was heißt denn das für das Thema Verkehr in unserer Region? Ist das wirklich eine ökologische Strategie, die Sie da fahren? Ist das Wohngebiet Schafhaus nicht vielleicht auch ökologischer als Wohngebiete auf der grünen Wiese, weit draußen, von wo die Leute dann mit dem Auto wieder reinfahren müssen? Diese Diskussion müssen wir führen. Wir sind der Meinung, dass am Rand von Siedlungsgebieten der Landeshauptstadt auch Neubau stattfinden muss. Und ich halte es für hochproblematisch, Herr Oberbürgermeister, dass Sie den Neubau ganz generell sozusagen infrage stellen, indem Sie sagen, das bringt doch gar nichts, wenn neue Wohnungen gebaut werden. Das ist ja eine verheerende wohnungspolitische Ansage, weil wir dringend neue Wohnungen in dieser Stadt und in der Region brauchen. Und dafür wollen wir uns einsetzen, auch aus verkehrspolitischen Gründen.

Und bei diesem letzten Aktionsfeld haben Sie uns sicherlich mehr an Ihrer Seite als beim Thema Wohnen. Das ist das Thema Verkehr und Mobilität. Wir finden das 20 %-Ziel, was Sie formuliert haben, gut. 20 % weniger Autos im Kessel. Allerdings sind Sie auch dort, finden wir, ein bisschen noch die Antwort schuldig, wie wir da konkret hinkommen wollen. Also wenn ich mir den Nahverkehrsplan anschaue, mit der Zielrichtung 2020, dann ist da von 20 % weniger Autos nicht die Rede. Und ich möchte Ihnen da nur kurz sagen, was uns wichtig ist. Erstens ÖPNV ausbauen, wir sind uns einig, aber was ist uns als SPD da wichtig? Wir sind der Meinung, dass die Preise in diesem Bereich sehr wohl eine Rolle spielen. Wir sind der Meinung, dass so, wie das System heute finanziert ist, es sehr ungerecht finanziert ist. Weil die Fahrgäste einen immer größeren Beitrag zur Finanzierung des Systems leisten müssen und alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler über Bund, Länder und Stadt immer weniger leisten. Deswegen sind wir froh und begrüßen das außerordentlich, dass Sie 9 Mio. € für eine Tarifreform im VVS in den Doppelhaushalt eingestellt haben. Das war uns als SPD der wichtigste Punkt im Gespräch mit GRÜNEN und CDU, dass das kommt. Das müssen wir machen. Und wir sind offen für Gespräche über innovative Finanzierungsmodelle, die die Kollegin Deparnay-Grunenberg angesprochen hat.

Und ein zweiter Punkt ist mir wichtig. Ich weiß nicht, ob jemand im Haus der Architekten war, als die Züricher Verkehrsplanerin die verkehrspolitische Strategie Zürichs vorgestellt hat. Sie hat da sehr betont, dass es wichtig ist für eine Stadt, auf einen Verkehrsträger ganz besonders zu setzen, den diese Stadt als besonders sinnvoll beim Erreichen ihrer Ziele erachtet. Sie haben sich dort für die Tram entschieden. Und die hat Priorität und wird mit aller Kraft ausgebaut. Und wir sind davon überzeugt, dass dieser Verkehrsweg in Stuttgart die Stadtbahn sein muss. Und da müssen wir auch über Infrastruktur und über Ausbau nachdenken. Da müssen wir über Streckenerweiterungen nachdenken. Nach Vaihingen in den Westen, um mal dort auch etwas für den Nahverkehr zu tun, wenn wir über Verkehrskonzepte für Vaihingen reden. Wir sollten auch die alten Straßenbahnverbindungen in der Stadt nochmals anschauen, nach Gablenberg gab es mal eine Straßenbahn. Wir müssen hier auch in Infrastruktur und in Ausbau investieren, und da reichen die 300 m vom Neckarstadion zum Mercedes-Benz-Museum uns zumindest nicht.

Herr Oberbürgermeister, Sie haben uns beim Verkehr an der Seite, wenn es um motorisierten Individualverkehr geht. Da dürfen Sie uns fordern. Wir haben uns klar bekannt zu sagen, die City soll insgesamt zur Flaniermeile werden. Und ich muss ganz ehrlich sagen, ich bedauere das, dass die CDU da eine Position von vorgestern einnimmt, von vorvorgestern. Jede Stadt in Europa fährt diese Strategie erfolgreich. Und es glaubt doch niemand, dass die Zukunft unseres Handels, die Zukunft unserer Innenstadt darin besteht, dass wir fünf Parkplätze vor der Markthalle haben. Das ist doch absurd. Die Zukunft unserer Innenstadt ist eine Flaniermeile, wo ich mich gerne aufhalte, wo ich mich gerne bewege. Und natürlich können die Autos auch noch in die Tiefgaragen fahren. Aber das ist sicherlich etwas Besseres und Sinnvolleres.

Ich komme zum Schluss, mit einer grundsätzlichen Bemerkung zum Miteinander in Stuttgart. Ich weiß nicht, ob der eine oder die andere von Ihnen die Rede des Bundespräsidenten zum Tag der Deutschen Einheit gehört oder gelesen hat. Ich fand die sehr bemerkenswert. Er hat davon gesprochen zum Tag der Deutschen Einheit, dass in Deutschland, und ich glaube, auch in Stuttgart, neue Mauern entstanden sind. Er hat unter anderem von Mauern aus Entfremdung, Enttäuschung oder Wut gesprochen, die bei manchen so fest geworden sind, dass Argumente nicht mehr hindurchdringen. Hinter diesen Mauern, so Bundespräsident Steinmeier, wird tiefes Misstrauen geschürt gegenüber der Demokratie und ihren Repräsentanten, dem sogenannten Establishment, zu dem wahlweise jeder gezählt wird, außer den selbsternannten Kämpfern gegen das Establishment. Ich weiß nicht, wie Ihnen das geht, ich habe die Mauer ab und zu gespürt. Ich habe sie ab und zu bei den Diskussionen um S 21 gespürt, auf allen Seiten. Ich spüre sie manchmal auf Einwohnerversammlungen.

Eine Erklärung für diese Entwicklung liefert der Bundespräsident, die finde ich interessant, wo er am Ende seiner Rede über Heimat spricht. Er spricht davon, dass Heimat da ist, wo man verstanden wird und wo man auch versteht, und dass immer mehr Menschen sich nicht mehr verstanden fühlen und auch nicht mehr verstehen, was da eigentlich abgeht. Und er sagt, und damit komme ich dann auch wirklich zum Schluss, dass die Heimat ein Ort ist, an dem das Wir eine Bedeutung bekommt, dass das ein Ort ist, der verbindet über die Mauern unserer Lebenswelten hinweg. Und ich finde, dass das ein ganz gutes Motto auch für die Beratungen der nächsten Wochen ist. Lassen Sie uns mit dem, was wir gemeinsam beschließen, Heimat schaffen hier in Stuttgart. Vielen Dank."

StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS):

"Für die Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS ist das Ziel dieser Haushaltsberatungen ganz klar. Wir wollen mit diesem Haushalt als soziale und ökologische Stimme Stuttgart endlich zukunftssicher machen. Unsere Vision ist eine Stadt, in der alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer sexuellen Orientierung und natürlich auch vom Geldbeutel, teilhaben können. Wir wollen eine Zukunft, wo auch Erzieher/-innen, Pfleger, städtische Beschäftigte und andere Wohnung und Heimat finden. Wir wollen, dass Stuttgart eine Stadt ist, in der keiner mehr krank wird, sei es wegen Feinstaub, Stickoxiden oder Lärm. Wir wollen, dass unsere Kinder wieder sicher auf den Straßen spielen können. Wir wollen, dass wir in Stuttgart alle unser Leben genießen können, und zwar so, dass wir ohne Energie- und Ressourcenverschwendung das Leben unserer Enkel oder Ihrer Enkelkinder und meiner Kinder bereits gefährden. Wir wollen dazu beitragen, den Klimawandel einzudämmen und unsere Stadt fit zu machen für den unvermeidlichen Klimawandel. Wir wollen Stuttgart zukunftssicher machen, und diese Zukunft sicher zu machen ist für uns ein Prozess, der nur gelingen kann, wenn wir alle Bürgerinnen und Bürger einladen, diesen Prozess gemeinsam mit uns zu gehen. Und deswegen beantragen wir auch in diesem Haushalt 1 Mio. €, um den vom Gemeinderat begonnenen Visionsprozess neu aufzustellen und gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern zu bestreiten.

Eines ist klar - die Vision ist nur die halbe Miete. Politik muss mit der Betrachtung der Wirklichkeit beginnen. Und diese Wirklichkeit hört aber auch nicht an der Stadtgrenze von Stuttgart auf. Und deswegen, wenn wir auf die Welt schauen, dann könnte die Lage nicht dramatischer sein. Die Menschheit verliert sich in sinnlosen Kriegen. Und durch unseren Energie- und Ressourcenhunger stellen wir das erste Mal in der Menschheitsgeschichte das Überleben unseres Planeten insgesamt infrage. Und wenn wir die Berichte des Weltklimarates aufmerksam lesen, wissen wir, die nächsten 10 bis 30 Jahre sind die entscheidenden Jahre für das Überleben von Millionen von Menschen und noch viel mehr Tieren und Pflanzen auf unserem Planeten. Für uns als wirtschaftlich starke Region ist die Herausforderung noch größer, denn wenn wir den Klimawandel insgesamt eindämmen wollen, dann müssen wir vorangehen, d. h., eigentlich müssten wir bereits 2035 in Stuttgart klimaneutral unterwegs sein. Ja. Ich hätte mir da gerne mehr Applaus von meinen Kolleginnen und Kollegen gewünscht, aber dass Ihnen das so unrealistisch erscheint, liegt doch an Ihrer komplett verinnerlichten Hörigkeit gegenüber z. B. der Autolobby und einer Ideologie, der wir auch hier in Stuttgart frönen: Es muss immer alles höher, schneller, weiter, mehr und mehr und Wachstum sein. Dabei ist doch offensichtlich, dass diese Ideologie in einer begrenzten Welt uns in die Katastrophe führen wird. Eigentlich sagen es uns unsere eigenen städtischen Pläne, wie der Masterplan 100 % Klimaschutz: Wir leben über unsere Verhältnisse. Wir wollen das aber noch deutlich und sichtbarer machen. Und wir beantragen erneut, dass wir endlich als Stadt dem Global Footprint Network beitreten, um unseren Ressourcen- und Energiehunger endlich bildhaft sichtbar zu machen. Lassen Sie es uns klar sagen: Für uns ist der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen nicht verhandelbar, auch nicht gegen wirtschaftliche Interessen, und auch nicht gegen die Interessen unserer sehr, sehr starken Autolobby.

Und genauso wenig sind es für uns die Menschenrechte, die verhandelbar sind. Und auch hier muss sich diese Stadt mal ehrlich zeigen. Es ist doch so, dass unser Reichtum zum Großteil auf Ausbeutung von Menschen und Natur beruht. Besonders auf Ausbeutung von Menschen in den ärmeren Ländern, die uns billig ihre Ressourcen, ihre Rohstoffe, ihre Arbeitskraft, ihr Wasser verkaufen, damit die Eliten dort unsere teuren Produkte, unsere Maschinen, ja auch unsere Waffen kaufen können, um noch mehr Leute auszubeuten und am Ende zu unterdrücken. Und wenn in dieser perversen Dynamik dann am Ende Menschen geflüchtet bei uns ankommen, wenn gerade der Teil dieser geflüchteten Menschen, der bei uns Fuß gefasst und einen Job gefunden hat, durch eine städtische Gebühr, die alles übertrifft, was ich unter Mietwucher verstehe, dann wieder in die Hände des Jobcenters getrieben wird, dann finden wir das skandalös, unsensibel und unmenschlich. Deswegen beantragen wir, dass diese Gebühr im Haushalt komplett gestrichen und zurückgenommen wird.

Der Blick auf die Wirklichkeit gerade in Stuttgart zeigt aber auch, wir leben hier in Stuttgart gar nicht auf der Insel der Glückseligen. Obwohl wir in einem der reichsten Länder, in einer der reichsten Regionen leben, sind bei uns 10.000 Kinder von Armut bedroht. 100.000 Haushalte hätten in Stuttgart eigentlich die Berechtigung auf eine geförderte Wohnung. Die gibt es aber gar nicht. So verliert Stuttgart diese Menschen Stück für Stück. Und diese Dynamik nimmt zu in Stuttgart. Turnhallen, Bäder, Schulen - überall bröckelt der Putz. Seit Jahren findet dieser Gemeinderat keine Möglichkeit, die Bürgerinnen und Bürger vor Feinstaub, Stickoxiden und Lärm zu schützen. Herr Oberbürgermeister, Sie haben Verantwortung fürs Personal, das wird krank, weil es überfordert und überlastet ist. Das, finden wir, ist ein Skandal.

Für den Klimawandel droht auch dieser Haushalt wieder ein kompletter Totalausfall zu werden. Unsere Kulturschaffenden knabbern immer am Hungertuch, weil unsere kleinen und mittleren Kultureinrichtungen komplett unterfinanziert sind. Wir sehen klar, und diese Analyse braucht es, die Menschen auch in Stuttgart werden zum Opfer einer ungezügelten marktradikalen Ideologie. Ich kann es nicht verstehen, dass es in diesem Haus noch irgendeinen gibt, der glaubt, der Markt würde irgendwas regeln. Wie kann es diesen Irrglauben nach all dem, was wir beim Dieselskandal erlebt haben, überhaupt noch geben? Ich habe dafür kein Verständnis. Der Markt hat uns gezeigt, fürs Allgemeinwohl dient er nicht. Für uns als Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS ist klar: Wasser, Boden, Luft sind keine Ware, genauso wenig wie Wohnen, Gesundheit, Bildung und Mobilität es sein dürfen. Diese Sachen gehören für uns zur Daseinsvorsorge. Sie sind wesentlich für das Zusammenleben in der Stadt und müssen deswegen öffentlich sein.

Erst wenn wir die Vision und den klaren Blick auf die Wirklichkeit zusammenbringen, sieht man eigentlich, wie groß die Dramatik auch in dieser wohlhabenden Stadt Stuttgart ist. Und da wird auch klar, dass der Haushalt, den der Herr Oberbürgermeister und der Herr Föll vorgelegt haben, dieser Dramatik nicht angemessen ist. Und wenn ich jetzt so höre, was die Fraktionen noch vorhaben, insgesamt 20 Mio. €, über die man sich irgendwie einig ist, dann lassen Sie mich klar sagen, auch die Aufhübschung mit diesen Anträgen wird den Problemen in Stuttgart nicht gerecht. Natürlich ist irgendwas dann am Ende anders oder vielleicht auch ein bisschen besser. Bestreite ich gar nicht. Aber die Hauptprobleme in Stuttgart, von Wohnen, Gesundheit bis Personal, die bleiben bestehen.

Ich nenne ein Beispiel, Herr Oberbürgermeister, Ihren Befreiungsschlag beim AWS. Ich habe ja Sympathie, dass man so etwas mal probiert. Aber was haben wir denn davon, wenn hinterher in der geschleckten Stadt keiner mehr leben kann wegen Feinstaub und weil niemand mehr eine bezahlbare Wohnung findet? Wir wollen diesen Fehler nicht machen. Deswegen orientieren wir uns in unseren Haushaltsanträgen, wir haben 123, an dem, was nötig ist. Nicht einfach an abstrakten Zielen, mögen sie auch von der UN kommen. Und wir gucken auch nicht nach den angeblich knappen finanziellen Ressourcen. Wir glauben, in Stuttgart ist genug Geld da. Und wenn Sie heute die Zeitung lesen, dann ist die einzig wirkliche Bedrohung für die Finanzen der Landeshauptstadt das Projekt Stuttgart 21. Und für uns ist dieses finanzielle Risiko ein weiterer Grund, aus diesem sinnlosen Projekt sofort auszusteigen.

Wie wollen wir Stuttgart nun zukunftssicher machen? Ich will es Ihnen an vier Anträgen ganz konkret erklären. Egal was wir oder die anderen Kolleginnen und Kollegen in diesem Haushalt vorhaben, ohne ausreichendes und gut ausgebildetes Personal ist alles auch in Stuttgart nichts. In den letzten Jahren haben wir gerade an dieser Stelle, beim Personal, gespart. Es wurden keine neuen Stellen geschaffen, die Überlastung hat zugenommen. Und das, was wir in den Bürgerbüros erleben, was wir beim Jobcenter, bei der Ausländerbehörde erleben, das ist nur die Spitze des Eisbergs der strukturellen Überbelastung in unserer Landeshauptstadt. Und wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter krank werden, dann halten wir das für skandalöse Zustände.

Genauso skandalös ist es aber auch, wenn politische Beschlüsse des Gemeinderats, wie die dringend nötige Schulsanierung, dann peu à peu von mal 60 dann auf 50 und jetzt in diesem Haushalt auf 40 Mio. € runterkorrigiert werden müssen, weil wir gar nicht das Personal zur Umsetzung unserer eigenen Beschlüsse haben. Dieses auf einer wiederum neoliberalen Ideologie beruhende Kaputtsparen, Aushungern der Verwaltung führt zu richtigen Risiken. Es gehen in der Stadtverwaltung durch Outsourcing und Kaputtsparen Kompetenzen verloren, die wir am Ende durch teure Aufträge oder auch Fehlplanungen wie beim Rosensteintunnel teuer, teuer bezahlen müssen. Wir sagen, mit diesen Zuständen muss in diesem Haushalt jetzt endlich Schluss sein. Wir brauchen ein kraftvolles Zeichen an all unsere Beschäftigten: 'Ihr seid es uns wert.' Und deswegen schlagen wir in diesem Haushalt vor, dass alle Stellen, die die Fachverwaltung beantragt hat, also das sind 171 mehr in diesem Haushalt, alle KW-Vermerke, die die Stadtverwaltung beantragt hat und die weg sollen, auch bewilligt und umgesetzt werden.

Gleichzeitig wollen wir mit unserem 20 Mio. €-Paket 'Zukunft Personal' in die Ausbildung investieren, das Fortbildungsbudget erhöhen und die befristeten Verträge in der Landeshauptstadt von heute 10 % auf 2,5 % reduzieren. Und wir müssen auch etwas bei der Personalgewinnung tun. Wir wollen neben der TarifPlus-Zulage für Erzieherinnen und Erzieher das gleiche Modell in der Pflege, im Klinikum und für unseren Eigenbetrieb Leben und Wohnen.

Es ist hier angeklungen, zu den drängendsten Problemen in Stuttgart gehört sicher die Wohnungsnot für Gering- und Normalverdiener. Herr Kuhn, Ihre Vorschläge, die Sie in diesem Haushalt machen, sind ein Tropfen auf den heißen Stein eines völlig überhitzten Immobilienmarktes. Ich weiß nicht, was noch passieren muss, dass die Mehrheit in diesem Rat begreift, dass man dem Markt noch so viel Geld, Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger, hinterherschmeißen kann, am Ende wird nichts besser. Mit all unseren Fördermodellen wird nichts besser, nur die Lage in Stuttgart dramatischer und schlimmer. Das Problem ist die Spekulation, sind die Anlageninteressen von institutionellen und privaten Anlegern auf diesem völlig durchgedrehten Immobilienmarkt. Wir wollen da raus. Für uns ist Wohnen ein Menschenrecht und keine Ware. Deswegen beantragen wir klar drei Punkte für diesen Haushalt. Wir wollen den Aufbau einer langfristigen Boden- und Wohnungspolitik in kommunaler Hand, einen Vorrat anlegen an Flächen und Wohnungen. Ab jetzt darf in Stuttgart kein Grundstück mehr verkauft werden.

Wir wollen aber gleichzeitig den Einkaufsetat auf 50 Mio. € pro Jahr erhöhen. Zweitens, wir wollen eine Task Force Spekulationsbremse, die innovativ und kreativ alle gesetzlichen Mittel zur Eindämmung der Spekulation, seien es Sanierungssatzung, Entwicklungsgebiete, Milieuschutzsatzung, einsetzt, um unsere Bürgerinnen und Bürger vor Gentrifizierung zu schützen.

Drittens, wir wollen den Aufbau einer zweiten Säule der kommunalen Wohnungsvorsorge. Wir wollen, dass die Stadt Stuttgart wieder einsteigt und selber Wohnungen baut. Das nötige Personal dazu haben wir beantragt. Wir wollen auch, dass dafür 125 Mio. € pro Jahr in den Haushalt eingestellt werden. Mit diesem Geld könnte man in etwa 1.000 Wohneinheiten pro Jahr auf städtischen Flächen, die nicht mehr verkauft werden, die angekauft werden, realisieren. Insgesamt wären das 360 Mio. € mehr fürs Wohnen. Und Herr Körner, Sie haben erklärt, das wäre auch noch ein gutes Geschäft. Da können wir uns anschließen. Statt das Geld auf irgendwelchen internationalen Märkten anzulegen.

Drittens, für uns steht fest, die Mobilität der Zukunft muss klima- und ressourcenschonend sein. Und das ist, wenn wir ehrlich sind, nur möglich, wenn wir den motorisierten Autoverkehr mit Verbrennungsmotor Stück für Stück komplett aus unserer Stadt verdrängen.

Wir sind auf einem guten Weg mit unserem Grundsatzbeschluss 'Lebenswerte Innenstadt'. Wir wollen aber, dass in diesem Haushalt deutlich sichtbare Taten folgen und wir hier vorwärts kommen mit der autofreien Innenstadt.

Uns als Fraktionsgemeinschaft ist klar, der Mobilitätswandel kann nur gelingen, wenn wir unnötige Wege vermeiden und gleichzeitig die Alternativen zum Auto stärken. Dazu braucht es unserer Meinung nach einen deutlich schnelleren Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, des Radverkehrs und des Fußverkehrs. Für alle drei ökologischen Verkehrsträger planen wir deutlich mehr Mittel, so z. B. Mittel für weitere 15 Stadtbahnwägen. Und wir wollen den Radverkehrsetat bis 2019 auf 11 Mio. € erhöhen. Und werktags auch einen Nachttakt einführen. Uns ist klar, dass es nicht reicht, den Nahverkehr einfach auszubauen. Er muss auch deutlich billiger werden. Deswegen stellen wir in diesem Haushalt ein 365 €-Jahresticket für die zwei Stuttgarter Zonen zur Abstimmung. Uns ist klar, dass das dauerhaft nur finanzierbar ist, wenn das Land mitfinanziert. Aber wir sagen es auch jetzt schon, das ist für uns nur der Einstieg in das, was wir wollen: langfristig einen ticketfreien, solidarisch finanzierten ökologischen Nahverkehr.

Vierter und letzter Punkt: Wir machen Stuttgart zukunftssicher, wenn wir in unsere Bildung investieren. Und wir sind uns ja alle hier einig, dass der Bildungserfolg entscheidend für die Zukunftsfähigkeit der Stadt ist. Neue Studien belegen, dass wir dafür noch dicke Hausaufgaben zu machen haben. Aber auch die Bildungsgerechtigkeit ist entscheidend für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und damit für die Zukunft unserer Stadt. Und deswegen haben wir hier in Stuttgart ganz konkret neben dem Land Handlungsbedarf. Allen Ortes wird betont, wie wichtig die frühkindliche Bildung ist, für den Bildungserfolg, für den Spracherwerb und deswegen ist für uns völlig klar, dass auch unsere städtischen Kitas zur Bildung und damit zur Daseinsvorsorge gehören, und deswegen wollen wir die Kitas komplett und auch das Essen dort kostenfrei machen. Es soll nicht nur ein Einstieg sein, denn in diesem Haushalt ist die kostenlose Kita sofort realisier- und machbar.

Lassen Sie mich zum Schluss sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen, es braucht jetzt den Mut, die drängenden Probleme grundsätzlich anzugehen, einen Kurswechsel einzuläuten, um Stuttgart zukunftssicher zu machen. Mit unseren 123 Haushaltsanträgen bieten wir Ihnen die perfekte Möglichkeit, an dieser Gestaltung mitzuwirken. Wir sind uns sicher, dieser Wandel ist in Stuttgart finanzierbar, denn es ist genug für alle da. Es ist nur unsere Aufgabe, dieses Geld sinnvoll und richtig zu verteilen. Ich erinnere nur mal an die durchschnittlichen Ergebnisse. Wir standen die letzten 10 Jahre jedes Jahr am Ende des Jahresabschlusses etwa 260 Mio. € besser da als geplant. Mit diesem Geld könnten wir in Stuttgart sofort den Nahverkehr kostenlos machen, unser Personalpaket umsetzen, die Kitas kostenlos machen und noch viel Gutes mehr für diese Stadt tun. Sie sehen also, das Geld ist da, unseren 123 Anträgen zuzustimmen. Stuttgart ist bereits in Bewegung, laden wir die Bürgerinnen und Bürger ein, an diesem Wandel mitzuwirken und machen wir Stuttgart gemeinsam zu dem Ort, an dem Visionen Wirklichkeit werden. Vielen Dank."

StRin von Stein (FW):

"'Steter Tropfen höhlt den Stein.' Dieses Sprichwort beschreibt den Prozess gut, den der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart in den letzten Jahren vorangetrieben hat.

Die Haushaltsplanberatungen zu den Doppelhaushalten der jüngeren Vergangenheit liefen immer nach dem gleichen Muster ab: Oberbürgermeister und Kämmerer legten Etatentwürfe vor, die die Kernbereiche der Stadtverwaltung nur in geringem Umfang bedachten. Auf Personalzuwachs wurde - so gut es ging - verzichtet. Gleichzeitig wurde der Gemeinderat vom Kämmerer ermahnt, sparsam mit den der Stadt zur Verfügung stehenden Ressourcen umzugehen. Allerdings stand die Stadt - und das ist das Entscheidende - am Ende eines jeden Haushaltsjahres viel besser da, als vom Kämmerer prognostiziert.

Über solch glänzende Zahlen kann man sich freuen, aber sie passen nicht zu dem in manchen Ämtern herrschenden Personalmangel - sei es bei den Bürgerbüros, beim Hochbauamt, beim Garten-, Friedhofs- und Forstamt oder bei der Branddirektion.

Resultate des Personalmangels waren nicht abgerufene Sanierungsmittel für Schulen, eine größere Zahl an sanierungsbedürftigen Kinderspielplätzen, marode Gebäude oder weniger Blumenbeete in den Stadtbezirken. Viele Stuttgarterinnen und Stuttgarter haben dafür kein Verständnis.

Der vorliegende Haushaltsplanentwurf zeigt ein anderes Bild. Es werden neue Personalstellen in den Kernbereichen der Stadtverwaltung geschaffen und KW-Vermerke gelöscht. Und wir Freie Wähler werden auch natürlich in unseren Haushaltsanträgen weitere Stellenschaffungen vorschlagen.

Neben dem wichtigen Thema Personal sieht der Haushaltsplanentwurf einige Dinge vor, über die wir Freie Wähler uns freuen. Zum Beispiel das Konzept 'Sauberes Stuttgart', Mittel für Planungsmaßnahmen im Städtebau - wie etwa das Rosensteinviertel -, einen jährlichen Zuschuss an die IBA-Gesellschaft, neue Dienstkleidung für die Feuerwehr, Bau oder Sanierung von vielen Kitas und Schulen sowie die Gelder für die Sanierung der Liederhalle oder für den Ergänzungsbau des Theaterhauses.

Aber natürlich haben wir auch einige Dinge in der grünen Liste entdeckt, die wir für verzichtbar halten. Einsparpotenziale sehen wir beim Ausbau von Tempo 40 auf Steigungsstrecken oder beim Vorschlag 'Eine lebenswerte Stadt für alle!', hinter dem sich der Rückbau der Parkplätze in der Innenstadt verbirgt, den wir nicht wollen.

Auf einige Themen, die uns Freien Wählern besonders wichtig sind, möchte ich näher eingehen und bei den Kleinsten in der Stadtgesellschaft, den Kindern, beginnen.

Überraschung: Familienpolitik wirkt. Es gibt mehr Kinder. Und es gibt mehr Mütter und Väter, die zurecht eine qualitativ gute und verlässliche Betreuung und Bildung für ihre Kinder einfordern, weil sie selber arbeiten möchten, müssen, und weil es auch politisch gewollt ist. Damit bleibt der Druck auf den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen in Stuttgart bestehen. Wir unterstützen den weiteren Ausbau und hoffen, dass sich dann auch das dafür nötige Personal findet.

Seit der Erkenntnis, dass in einer Kita - neben der Betreuung - frühkindliche Bildung stattfindet, nimmt die Diskussion an Fahrt auf, weshalb Eltern für die Kita bezahlen müssen, der Schulbesuch aber kostenfrei ist. Für uns Freie Wähler ist dies nachvollziehbar. Mit unserem Antrag 'Bildung kostenfrei in der Kita' wollen wir die Diskussion über die Kitagebühren anregen. Unser Leitgedanke ist: Der Bildungsanteil in der Kita sollte mittelfristig kostenfrei sein, die Betreuung muss weiterhin bezahlt werden. Diese Idee hat unser früherer Stadtratskollege Christoph Gulde schon vor Jahren geäußert. Wir sind gespannt auf die Diskussion.

Hoffnung und Enttäuschung liegen beim nächsten Thema, das ich ansprechen möchte, oft nah beieinander: die Schulen. Aus dem 2009 gestarteten Sanierungsprogramm für Schulen hat sich zwischenzeitlich ein Schulumbauprojekt im großen Stil entwickelt. Dass es nicht mehr allein um die Sanierung von Schulen geht, ist den Entscheidungen der Landespolitik und gesellschaftlichen Entwicklungen geschuldet. Es gibt die Gemeinschaftsschule und die Entwicklung hin zu Ganztagesschulen. Das führt zu einem großen Mehrbedarf an Räumen.

Eine andere Entwicklung ist die vielfach angestrebte Umsetzung von Campuslösungen bei benachbarten Schulen, die im einen oder anderen Fall Synergieeffekte versprechen, aber auch einen Mehraufwand haben, da mehr und intensivere Abstimmungsprozesse erforderlich sind. Schulsanierung trifft auf Schulentwicklung. Und schließlich kommt noch hinzu, dass manche Schulen so sanierungsbedürftig sind, dass ein Neubau die sinnvollste und leider auch die teuerste Lösung ist.

Wir Freie Wähler unterstützen die Stadtverwaltung darin, ihr gut ausgearbeitetes Schulentwicklungsprogramm entsprechend der Prioritäten abzuarbeiten.

Wichtig, gut und richtig ist, dass Frau Bürgermeisterin Fezer und Herr Bürgermeister Thürnau eindringlich darauf hingewiesen haben, dass mehr Personal im Hochbauamt und im Schulverwaltungsamt benötigt wird, damit es bei den Schulbauprojekten schneller und besser vorangehen kann. Die Stadtspitze hat die Schaffung der Stellen in ihren Etatentwurf aufgenommen, das begrüßen wir.

Allerdings bleibt auch hier zu hoffen, dass die benötigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem angespannten Arbeitsmarkt verfügbar sind und die neuen Stellen zügig besetzt werden können.

Und wir hoffen darauf, dass die Entwicklung bei den Schulen, vor allem die Schulpolitik des Landes, dass dort wieder mehr Ruhe und Verlässlichkeit einkehrt.

Ein Thema, das meine Vorredner auch schon angesprochen haben - Wohnungsbau. Wenn es uns, dem Gemeinderat, ernst ist, beim Thema Wohnungsbau Wirkung zu erzielen, Kosten zu senken und den Druck im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Kessel zu nehmen, braucht es die Erkenntnis, dass Nachverdichtung hilft, auch wenn sie Probleme mit sich bringt, und, uns als Freie Wähler besonders wichtig, die maßvolle Ausweisung von Baugebieten auf der grünen Wiese dringend notwendig ist. Die von der damals neuen grün-rot-roten Ratsmehrheit am 17. November 2009 beschlossene Streichung von zehn Baugebieten mit 500 Wohneinheiten hatte eine fatale Signalwirkung, nämlich die, dass Stuttgart ausreichend mit Wohnraum versorgt sei. Die Entscheidung dürfte unter dem Motto gefallen sein, 'Mir langt's no naus'. Die Baulandreserven, die seinerzeit mit einem Federstrich aufgelöst wurden, hätten wir in den letzten Jahren gut gebrauchen können. Gleichzeitig gab es Entwicklungen in der Familienpolitik, die erkennbare Veränderungen mit sich bringen.

Wie gesagt, es gibt mehr Kinder. Für diese Kinder und deren Familien braucht es Wohnraum. Hinzu kommt die demografische Entwicklung. Wir Menschen leben länger, was Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt hat. Hinzu kommt die gute wirtschaftliche Entwicklung in Stuttgart und der Region. Sie lockt Menschen, die in Stuttgart arbeiten wollen, und die wir hier als Arbeitskräfte brauchen. Einfach zur Dimension, welche Aufgaben hier vor uns stehen. Die Einwohnerzahl der Stadt Stuttgart hat im Zeitraum vom 30.06.2013 bis zum 31.12.2015 um 23.059 Einwohner zugenommen. Das ist eine Zunahme in der Größenordnung einer Stadt wie Ditzingen. Nachverdichtung bedeutet, es leben mehr Menschen auf weniger Raum. Oft wird auch im Innenbereich Grünfläche bebaut, z. B. nenne ich hier den Roten Stich. Wegen der Veränderung im Umfeld ist mit Protesten alteingesessener Anwohner zu rechnen. Deshalb braucht es, wenn man es mit der Schaffung von Wohnraum ernst nimmt, den Mut, standhaft zu bleiben.

Einer unserer Haushaltsanträge, traditionell, befasst sich wieder mit der Senkung der Grundsteuer. Blickt man auf die Doppelhaushalte der vergangenen Jahre, so stellt man fest, dass die Gelder für die Schulsanierung nicht ausgegeben werden konnten, weil Personal für die Umsetzung fehlte. Die Grundsteuererhöhung wurde seinerzeit mit den hohen Kosten für die Schulsanierung begründet. Was hat man erreicht? A) Die Grundsteuer wurde für alle erhöht, was zu steigenden Mietnebenkosten führte. B) Es gab die Hoffnung bei vielen Eltern, Schülern und Lehrerkollegien, dass die Schulen schnell saniert werden. Und jetzt gibt es die Enttäuschung, dass sich alles verzögert und viel, viel länger dauern wird. Und als letzten Punkt - bei der Stadt hat sich Geld angesammelt, das nicht abfließt. Vor diesem Hintergrund beantragen wir erneut eine dauerhafte Grundsteuersenkung von 520 auf 490 Punkte, die schon ab dem 01.01.2018 gelten soll.

Besonders am Herzen liegen uns Freien Wählern die Stadtbezirke, die wir mit unseren Anträgen auch in diesen Haushaltsplanberatungen unterstützen möchten. Eines unserer Leitbilder, mit denen wir in die Beratungen gehen, ist 'Mehr für die Stadtbezirke'. Weshalb? In den äußeren Stadtbezirken wohnen zwei Drittel der Einwohner Stuttgarts, dennoch drängt sich dem Beobachter der Eindruck auf, Stuttgart bestehe fast nur aus einer Innenstadt. Umso wichtiger ist es uns Freien Wählern, den Blick auf die äußeren Stadtbezirke zu richten. Dort gibt es einiges zu verbessern. Oft mühen sich die Akteure vor Ort, insbesondere Bezirksbeiräte, jahre- oder jahrzehntelang, bis der nötige Schwung in eine Sache kommt und etwas geschieht. Es sind die Menschen in den Stadtbezirken, die einen ganz wesentlichen Beitrag zum guten Zusammenleben in der Stadt leisten, die sich in Hilfsorganisationen engagieren, in Vereinen aktiv sind, Straßenfeste oder Sportveranstaltungen organisieren, zum Kaffeenachmittag oder zum Theaterabend einladen. Das, so sind wir Freien Wähler überzeugt, muss mehr gewürdigt werden. Als notwendig erachten wir die Umsetzung der Konzeption 'Stadtteilzentren konkret', und ich freue mich, schon vernommen zu haben, dass es weitere Fraktionen beantragen, deren Maßnahmenkatalog dazu dienen soll, die Stadtteilzentren aufzuwerten und attraktiver zu gestalten, damit sie lebendig bleiben. Dafür wollen wir die Einrichtung des vorgeschlagenen Investitionsfonds. Unterstützen wollen wir in diesem Zusammenhang auch den Verein Aktive Stuttgarter e.V., der sich als Dachorganisation der Stuttgarter Handels- und Gewerbevereine versteht. Ziel des Vereins ist es, in den Stadtbezirken eine lebendige Handels- und Gewerbelandschaft zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dem Verein, der seinen Mitgliedern organisatorische, bürokratische und andere Aufgaben abnimmt, wollen wir durch eine projektbezogene Förderung eine Chance geben.

Wichtig ist uns auch, den Stadtbezirken mehr Mittel für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen. Es bedarf einer Verbesserung der Förderstruktur, sodass allen Stadtbezirken für Kulturveranstaltungen Gelder in auskömmlicher Höhe zur Verfügung stehen. Um ein bürgerfreundliches und verlässliches Dienstleistungsangebot der Stadtverwaltung anzubieten, wollen wir die wichtigen Bürgerbüros mit mehr Personal ausstatten. Unsere Anträge, im Sinne von 'Mehr für die Stadtbezirke', zielen darauf ab, für eine gute Entwicklung der Stadtbezirke Baumaßnahmen in Umsetzung zu bringen und städtebauliche Planungen durchzuführen.

Ein Thema, das uns Freie Wähler schon seit Jahren mit beharrlicher Beständigkeit verfolgt, ist der Grün- und Gehölzrückschnitt an Feld- und Wirtschaftswegen. Nun endlich gab es einen Versuch, den Grünrückschnitt in großem Stil vorzunehmen. Wenn es, wie geschehen, für Einsatzfahrzeuge für Feuerwehr und Rettungsdiensten kein Durchkommen gibt, ist es Zeit zu handeln. In vielen Stadtbezirken wird auch immer wieder mit Recht der Ruf nach dem Feldschutz laut, der es als Teil des Städtischen Vollzugsdienstes kaum in die äußeren Stadtbezirke schafft. Da es den Bedarf gibt, möchten wir hier weitere 3 Stellen schaffen.

Im Übrigen hoffen und mahnen wir, dass das millionenschwere Maßnahmenpaket 'Sauberes Stuttgart', das wir als Schwaben ausdrücklich begrüßen, auch in den äußeren Stadtbezirken Anwendung findet und nicht allein auf die Innenstadt begrenzt ist.

Während bei einigen Fraktionen der Rückbau weiterer Parkplätze in der City von geradezu epochaler Bedeutung ist, ist uns die Instandhaltung und die Erneuerung der Straßen und Verkehrsbauwerke ein großes Anliegen. Für diese Aufgaben beantragen wir erneut den Maximalbetrag, um bei der Straßeninfrastruktur mittelfristig nicht in eine ähnlich missliche Lage wie bei den Schulen zu geraten, denn man muss wissen, auch Elektroautos und Radfahrer brauchen Straßenraum und Stellplätze.

Viele wollen weniger Verkehr in der Stadt, wir auch. Unser Rezept zum Erreichen dieses Zieles unterscheidet sich von den Vorstellungen anderer Fraktionen. Wir Freie Wähler wollen den Bau eines Ringstraßensystems, damit die Autos aus dem Stuttgarter Talkessel herausgehalten werden, die das Zentrum nur durchqueren. Wenn man will, kann man den Verkehr auf diese Weise am Laufen halten, und gleichzeitig für noch bessere Luft in der Stadt sorgen. Auf den Straßen bewegt sich auch die Feuerwehr. Im Vergleich zu den eben genannten Elektroautos sind die Fahrzeuge der Feuerwehr geradezu Dreckschleudern. Nicht einmal 50 % der motorisierten Feuerwehrfahrzeuge erfüllen die Schadstoffklasseneinstufung entsprechend Grüner Plakette. Wenn es der Landeshauptstadt Stuttgart also wirklich ernst ist in ihrem Bemühen um saubere Luft, muss der Austausch der Fahrzeuge hohe Priorität haben. Deshalb wollen wir den zur Verfügung stehenden Etat für einen Zeitraum von zunächst fünf Jahren um 1 Mio. € pro Jahr aufstocken. Zusätzlich sind die Feuerwehrhäuser mit Abgasabsauganlagen entsprechend der Arbeitsschutzrichtlinien auszustatten. Wir beantragen dazu ein Investitionsprogramm über drei Doppelhaushalte. Ergänzt wird dies noch durch Personalstellen in verschiedenen Bereichen und ein Budget für Aus- und Fortbildung sowie Ehrenamtsförderung.

Wo es Wasser braucht, wie bei der Feuerwehr, ist auch der Neckar nicht weit. Ich erwähne das deshalb, weil es dieser Fluss einigen Surfern angetan hat, die eine künstliche Surfwelle wollen. Aus Sicht der Freien Wähler hat der Bürgerhaushalt mit diesem Vorschlag zum ersten Mal eine ganz neue und begeisternde Idee hervorgebracht, die es vorher in der Kommunalpolitik noch nicht gab. Zudem haben es die Macher hinter der Neckarwelle verstanden, ihre Idee professionell vor- und aufzubereiten. Wir beantragen aus Überzeugung die Mittel für die Machbarkeitsstudie.

Außerdem machen wir uns wie immer und jedes Mal für den Vereins- und Breitensport stark, dem wir mit der Sanierung und dem Bau von Sportanlagen gute Trainingsbedingungen bieten wollen.

Dass das Soziale breiten Raum im Haushalt der Stadt einnimmt, spiegelt sich auch in unseren Anträgen wider. Besonders hervorheben möchte ich die Mobile Jugendarbeit, die Kinder- und Familienzentren sowie die Stadtteil- und Familienzentren.

Bei der FamilienCard, die die Landeshauptstadt Stuttgart als freiwillige Leistung zur Unterstützung von Familien eingeführt hat, gab es in der Vergangenheit Kürzungen und Einschränkungen. Weniger Familien waren berechtigt, und die Zuschüsse je Kind wurden gesenkt. Wir sind der Meinung, dies bedarf - als Beitrag für mehr Gerechtigkeit - einer Anpassung. Vor allem, weil 'die große Schwester der FamilienCard', die Bonuscard, einen Zuschuss zum öffentlichen Personennahverkehr beinhaltet.

Die Unterstützung der Kultur ist grundsätzlich eine freiwillige Leistung der Stadt, die allerdings eine besondere Verantwortung mit sich bringt. Und da kann ich es einigermaßen kurz machen: Wir Freie Wähler fördern gerne, solange es der Stadt gut geht und wir ausreichend Mittel haben. Und dann komme ich schon zum Ende und kann Ihnen einfach sagen, getreu unserem eigenen Anspruch, Stuttgart noch besser machen zu wollen, gestalten wir die kommenden Haushaltsplanberatungen gerne mit und bringen uns konstruktiv und engagiert in die anstehenden Beratungen ein. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."

StR Klingler (AfD):

"Die Aussprache zum Haushalt hat ja schon den Vorgeschmack gebracht, dass die Demokratie lebt in diesem Haus, wenn man die verschiedenen Anträge und Ideen betrachtet. Aus unserer Sicht ist es auch zu begrüßen, dass der Haushaltsentwurf viele Prioritäten bereits vorsieht, die vom Gemeinderat in den letzten Jahren gewünscht wurden, dass der Oberbürgermeister und der Erste Bürgermeister dort viele Dinge aufgenommen haben, die wir eigentlich auch beantragen wollten. Und deswegen sind wir einfach gemäß dem Umweltschutzgedanken vorgegangen - man soll ja Papier sparen. Wir wissen ja, dass hier jeder den großen Packen bekommt. Deswegen haben wir 33 Anträge gestellt, 33 Dinge, die uns wichtig sind, und haben einfach auch schon so viel Potenzial, wo wir dem Haushaltsentwurf dann auch zustimmen können.

Aber natürlich ist es so, dass dadurch, dass im Haushaltsentwurf schon sehr vieles enthalten ist, natürlich die Spielräume der Fraktionen kleiner geworden sind. Der Haushaltsentwurf ist auch auf Kante genäht. Und jetzt muss man mal sehen, ob es dann wieder eine Monopolsituation gibt wie beim letzten Mal. Das hoffen wir nicht, und es schaut auch bisher nicht danach aus. Sondern dass man dann vielleicht auch den einen oder anderen überzeugen kann, dass man vielleicht so, wie von uns letztes Mal schon gewünscht, dass man auch Baumnachpflanzungen an Streuobstwiesen vornehmen kann und sonstige Dinge. Und dass jeder auch Dinge durchbekommt, die er sich gerne wünscht.

Wir wollen mit gesundem Menschenverstand und ohne ideologisches Gedankengut für die Menschen, die hier leben und die die Stadt zu dem gemacht haben, was sie ist, einen Haushalt zustande bringen, der die Stadt zukunftsfähig macht. Ein Umfeld übergeben, vor allem an unsere Kinder und Kindeskinder, dass die Stadt auch in den nächsten Jahren noch hervorragend dasteht.

Als wichtigsten Punkt sehen wir die Rücknahme der Grundsteuererhöhung aus dem Jahr 2009. Sie wurde damals mit schwachen finanziellen Rahmenbedingungen begründet. Im Jahr 2010 hat der damalige Oberbürgermeister Prof. Schuster zugesagt, dass die Sache so schnell es geht wieder zurückgenommen wird, wenn man diese Mehreinnahmen finanzpolitisch nicht benötigt. Und wenn man die Haushalte seither anschaut, muss man sagen, diese Erhöhung war unnötig. Diese Erhöhung fördert nur, dass die Rücklagen der Stadt anwachsen. Und da müssen wir sagen, wenn wir die Rücknahme der Grundsteuer wieder beschließen, kommt es jedem zugute. Es kommt den Unternehmen zugute, es kommt aber auch allen Vermietern, allen Mietern zugute. Und es ist ein kleiner, wenn auch nur ein bescheidener Beitrag zur Mietpreisbremse, dass die Mieten nicht ins Unermessliche steigen. Und deswegen sagen wir, das ist ein wichtiger Grund.

Wir sind auch der Meinung, dass man als Stadtverantwortliche, als Gemeinderat die Kultur dementsprechend stärken muss. Deswegen fördern wir die Anträge des Adolf-Hölzel-Hauses, wo eine hervorragende Arbeit gemacht wird und jetzt hier in Form von verschiedenen Baumaßnahmen diese Sache noch besser werden soll. Wir sind für eine bessere Unterstützung des Literaturhauses und des Hegel-Hauses - Einrichtungen, die für den Rang Stuttgarts als Kulturstadt von sehr hoher Bedeutung sind. Hegel wurde im August 1770 in Stuttgart geboren, wir feiern in drei Jahren das 250. Geburtsjubiläum. Und deswegen setzen wir uns dafür ein, dass die Dauerausstellung dementsprechend aktualisiert und neugestaltet werden kann.

Für uns ist es wichtig, dass wir die große Kultur fördern, aber auch die kleinere Kultur. Deswegen hat es mich schon gefreut, dass von anderen Rednern auch der Ruf nach einem eigenen Kulturetat, einem besseren Kulturetat, es gibt ja schon einen Kulturetat, in den Stadtbezirken vorgenommen wird. Es ist für mich seit Jahren unverständlich, wieso in manchen Stadtbezirken es einen separaten Kulturetat gibt, der dann meistens am Anfang des Jahres an die Kulturvereine überwiesen wird, und in anderen Stadtbezirken, wo wirklich eine sehr gute Arbeit - meistens rein ehrenamtlich - gemacht wird, eine Bezirksvorsteherin beispielsweise für Kulturveranstaltungen aus dem Budget des Bezirksbeirats Bürgschaften übernehmen muss. Und deswegen fordern wir und haben auch beantragt 300.000 € pro Jahr zusätzlich für die Stadtbezirke, um hier hauptsächlich die ehrenamtliche Kleinkunst und Kultur in den Stadtbezirken zu stärken.

So sehen es auch die Stadtbezirke. Die Stadtbezirke, wir haben es vorhin schon gehört, es wohnen zwei Drittel der Einwohner vor allem in den äußeren Stadtbezirken, und die Stadtbezirke tragen sehr viel bei zu der Vielfalt in unserer Stadt. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir lebendige Stadtbezirke haben mit ihren eigenen Strukturen. Jeder Stadtbezirk hat seine eigene kulturelle Eigenheit erhalten. Und das wollen wir auch weiter so fördern. Und deswegen freuen wir uns auch, dass das Thema 'Stadtteilzentren konkret' jetzt angegangen wird. Was uns nicht eingeleuchtet hat, man hat ein sehr gutes, aufwendiges Gutachten von Dr. Acocella, und dann will man hier einen Betrag einstellen, der gar nichts bewegen kann. Deswegen wollen wir für die sechs Stadtbezirke, die hier aufgeführt wurden, jeweils 600.000 € haben. Dann haben wir mit 3,6 Mio. € auch wirklich das, was dringend angestoßen werden muss, angestoßen. Und dann kann man auch wirklich sagen, dann haben wir die Sache aufs Gleis gebracht.

Es profitiert vor allem auch der inhabergeführte Einzelhandel. Und ich werde nicht müde, es zu betonen, in den Stadtbezirken erfüllt der inhabergeführte Einzelhandel so viele soziale Funktionen. Wo gehen denn die ehrenamtlichen Leute hin, wenn sie für einen Sportverein einen Satz Trikots brauchen? Wo geht man hin, wenn man in der Weihnachtszeit einen Preis braucht für eine Tombola? Es sind die inhabergeführten Einzelhandelsgeschäfte, die es immer schwerer haben, die zu Zeiten des Internets und zu Zeiten der großen Einkaufszentren immer größere Probleme haben. Und deswegen ist jeder Cent, der dort für Rahmenbedingungen in den Stadtbezirken gemacht wird, ein gut investierter Beitrag.

Wir haben aber auch zugehört, als hier der Stuttgarter Jugendrat da war. Auf Platz 1 der Prioritätenliste war das endlich gewünschte Freibad für Weilimdorf, und dort wollen wir schauen, dass dieses Freibad jetzt endlich realisiert wird. Es ist bereits eine Fläche seit den 50er-Jahren vorgesehen, und deswegen müssen wir schauen, dass wir diese Sache, die von den Jugendlichen gewünscht wird, jetzt endlich angehen.

Ein ganz wichtiger Faktor, wo auch sehr viel im Ehrenamt läuft, ist die Situation unserer Sportvereine. Und deswegen ist es einfach wichtig, wenn Eltern sich entscheiden, soll das Kind in den einen oder anderen Sportverein, ist die Infrastruktur, sind die Rahmenbedingungen in einem Sportverein ganz wichtig. Deswegen ist es wichtig, dass wir jetzt endlich das Thema Umwandlung von Tennenplätzen in Kunstrasenplätze jetzt umgehend und dringend angehen. Wir haben ja jetzt schon gesehen, man muss die ersten Kunstrasenplätze bereits sanieren, und manche Sportvereine haben immer noch Schollen, auf denen sie trainieren müssen. Deswegen wollen wir mit einem Programm jetzt alle Sportplätze, alle Tennenplätze in Kunstrasenplätze umwandeln, weil das sind dann wirklich Dinge, wo das Ehrenamt - und nur mit dem Ehrenamt geht das - in den Sportvereinen auch wirklich belohnt wird.

Wir wollen aber auch das professionelle Sportwesen fördern. Und wenn man sieht, wie letztes Jahr am Gazi-Stadion auf der Waldau das Dach abgebrochen werden musste, dann wollen wir, dass die Gegentribüne nicht nur mit dem Dach ausgestattet wird, sondern wir wollen schnellstmöglich, dass die Gegentribüne komplett saniert wird. Sie entspricht nicht mehr den Richtlinien des DFB, sie entspricht nicht mehr der Versammlungsstättenverordnung, und momentan muss man sagen, ist es ja so, dass die Kickers gegen kleinere Mannschaften spielen, sodass die Gegentribüne ohnehin nicht ganz ausgelastet sein wird. Das Gazi-Stadion muss zur schönen Haupttribüne möglichst auch eine tolle Gegentribüne bekommen.

Ein wichtiger Faktor ist für uns auch das Baseball in Stuttgart. Dort hat sich ja am Scharrenberg sehr viel getan, deswegen wollen wir dort auch den Baseball-Park beim TVC. Dort wird unheimlich viel für die Nachwuchsarbeit geleistet. Das muss man einfach sehen. Und dann wollen wir auch noch die Pauschale für Jahresbauleistung für die Sportvereine erhöhen, weil bei den Sportvereinen die Pauschalkürzung, die man vor 4 Jahren gemacht hat, immer noch zu spüren ist. Deswegen muss man schauen, dass man hier die Sportvereine bestmöglich unterstützt, und hier hoffen wir auf entsprechende Mehrheiten.

Wir sehen als ganz wichtigen Standortfaktor für unsere Stadt auch die Sicherheit. Das Sicherheitsempfinden in unserer Stadt ist für viele Bürger maßgeblich und sehr wichtig, und wenn man die Struktur des Feuerwehrwesens in Stuttgart anschaut, funktioniert es nur im Zusammenspiel zwischen Berufswehren, Betriebswehren und den freiwilligen Feuerwehren. Deswegen ist es wichtig, dass man vor allem die Feuerwehrhäuser saniert, da hat sich sehr viel getan, da gibt es jetzt noch ein bisschen zu machen. Es hat mich aber auch gefreut, dass bereits andere Fraktionen dem Wunsch nachkommen wollen, dass endlich die Absauganlagen in allen Wehren kommen. Es kann doch nicht sein, dass sich freiwillige Feuerwehrleute abhetzen mit erhöhtem Puls ins Feuerwehrhaus kommen und dann erst einen großen Lungenzug von Feinstaub und Diesel einatmen, bevor sie rausfahren. Das kann nicht sein, deswegen muss das kommen.

Und was wir auch gehört haben bei sehr vielen Feuerwehrveranstaltungen: Es sind manchmal die kleinen Dinge, die dort einiges bewirken könnten. Und vor allem wenn man hört, Pflichtaufgaben, wie beispielsweise Sportausbildungen, Sportförderungen, und dann müssen die freiwilligen Feuerwehren die Sporthallen selber bezahlen. Oder wenn es um kleine Reparaturen geht, dass man dort ein riesiges Verfahren anleiern möchte. Deswegen beantragen wir, dass jede freiwillige Feuerwehr einen Etat von 5.000 € bekommt, um hier die Sporthallen zu mieten, um kleinere Dinge zu machen. Das wird momentan aus Einnahmen, aus Gewinnen von Feuerwehrfesten finanziert, doch es kann doch nicht sein, dass hier viele freiwillige Feuerwehrleute ihr Wochenende um die Ohren schlagen, am Grill oder am Zapfhahn stehen und dann ihr Geld, erwirtschaftet aus diesen Dingen, für Pflichtaufgaben einsetzen müssen.

Wir sind aber auch der Meinung, alle - Arbeiter, Angestellte, Handwerker, Selbstständige, sonstige Unternehmer - haben das Recht auf eine intakte Infrastruktur, dass hier das Straßennetz so ausgebaut und erhalten wird, wie es sein muss. Und deswegen haben wir einen Etatposten von jährlich 38 Mio. € für Verkehrsflächen eingestellt. Und das beinhaltet bei uns dann alles. Von den Verkehrsflächen, so wie wir es uns vorstellen, profitieren Autofahrer, ÖPNV durch Busse und Taxen, Radverkehr natürlich, für einen Radfahrer ist es ja noch schlimmer, wenn immer mehr Schlaglöcher da sind sogar, wir haben ja immer mehr SUV, denen macht es nichts aus, aber gerade den Radfahrern kommt das ja zugute. Und deswegen sind wir der Meinung, die 38 Mio. €, das haben auch BM Thürnau und sein Team vorgerechnet, entsprächen ja gerade mal den jährlichen Abschreibungen. Ein Unternehmen in der freien Wirtschaft, das nicht mal die Abschreibung erwirtschaftet, kann gar nicht funktionieren, und deswegen, um den Substanzerhalt zu wahren, sind wir der Meinung, zumindest an den Wert der Höhe der Abschreibungen müssen wir in dem Fall gehen.

Es muss auch Schluss sein mit einer unternehmensfeindlichen Stadtpolitik, die die Unternehmen permanent ins Umland treibt. Und deswegen wäre es mit einer erheblich größeren Bedeutung für Straßenmaßnahmen und weniger Gängelungspolitik, einfach besser, und dann können wir viel mehr für den Standort Stuttgart tun. Nachdem die Bundesregierung viel zu schnell aus der Kernenergie ausgestiegen ist, kann es nicht sein, dass wir voreilig den Verbrennungsmotor ruinieren und verteufeln, ohne dass Alternativen da sind. Wir wissen auch, dass die Situation in 10 Jahren eine andere ist als heute, aber ich kann doch heute noch nicht auf unausgereifte vermeintliche Alternativen schauen, die es einfach nicht gibt, und deswegen - wie wir auch schon bei vielen Firmen gehört haben - muss man parallel planen, man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen. Man muss aufhören, immer wieder die funktionierenden Systeme zu verfluchen, zu verteufeln.

Was uns auch große Sorgen bereitet, sind dann immer wieder die aufgebauten Horrorszenarien. Die städtische Gängelungspolitik möchte Fahrverbote durchsetzen, man kommt mit der Feinstaubthematik, man hört einem anerkannten Stuttgarter Lungenfacharzt gar nicht zu, als ob der gar keine Ahnung hätte, da denken Verwaltungsleute, sie wissen mehr als Pneumologen und dann kommen solche Dinge dabei raus, die die Leute verunsichern, und deswegen kann es nicht sein. Wir sind mittlerweile der Meinung, das neue Leitbild der Verwaltung und bestimmter Fraktionen scheint auf den Flaneur ausgerichtet zu sein, auf den die Politik viele Dinge bereitet. Der Flaneur ist ausweislich der klassischen Literatur, vor allem der französischen Literatur, ein adliger Nichtstuer, der plan- und zeitlos durch die Stadt streift, auch wenn man ihn vom Adligen mittlerweile zum Transferleistungsbezieher umdefiniert und umbenennt, sein Beitrag zum Flanieren der Stadt bringt uns nichts ein. Wir müssen eine Politik machen, die die Unternehmen und die Leistungsträger auch fördert und da meine ich jeden, der morgens aus dem Haus geht, der arbeitet, jeden, der hier bei der Stadtverwaltung arbeitet, die Krankenschwester, den Polizisten, die etwas Positives beitragen, denn wenn die Anzahl der Transferleister die, die arbeiten übersteigt, dann wissen wir, wo das hinführt.

Deswegen gleich angeknüpft, wir stören uns überhaupt nicht an der Schaffung von 500 neuen Personalstellen bei der Stadtverwaltung, wir halten sie aber hauptsächlich für fehlgeplant. Anstatt den chronischen Personalmangel im Hochbau- oder Baurechtsamt, im Amt für öffentliche Ordnung, in den Bezirksämtern und in anderen Ämtern abzustellen, wird ein enormer Personalaufbau, so die Verwaltung, bei der Verkehrsüberwachung betrieben. Eine weitere Gängelungsmaßnahme, die wir so eigentlich nicht haben wollen.

Und zudem muss ich jetzt wirklich sagen, es findet eine teilweise fast groteske Überbetreuung von Flüchtlingen und Asylbewerbern statt, das muss ich einfach ansprechen. Es werden hier permanent neue Dinge aufgerufen, wie man hier noch mal und noch mal ein Projekt zum 5. oder 8. oder 10. Mal fördern kann.

Alle unsere Anträge sind gegenfinanziert, wir haben auch zwei Anträge gestellt, um Einsparpotenziale aufzudecken, und wir wollen jetzt wirklich auch mal wissen, wie viel die Landeshauptstadt Stuttgart für rein freiwillige Leistungen im Bereich Flüchtlingspolitik, Asylbewerberpolitik, Geflüchtete, oder wie sie auch immer genannt werden. Und wir finden es wirklich grotesk, wenn man neuerdings von der Verwaltungsspitze hört, jeder ist ab dem ersten Tag, an dem er bei uns in Stuttgart ist, ein Stuttgarter oder eine Stuttgarterin. Das ist einfach gegen das Bundesgesetz des Asylrechts. Wir wollen jedem helfen, der aus Kriegsgebieten kommt. Wir sind so barmherzig, dass wir wissen, was wir für eine Verantwortung haben. Aber allein was ich diese Woche erlebt habe in verschiedenen Ausschüssen, das ging bis gestern Abend, da stelle ich fest, es geht doch nicht darum, die Gesetzesaufgaben zu machen, sondern es geht wirklich darum, dass man immer wieder etwas Neues sucht und eine neue Spirale in Gang setzt.

Und da muss ich sagen, das ist etwas, was man machen kann, aber was wir eben anstoßen wollen, ist, dass man auch mal sieht, was für Beträge hier für Leistungen ausgegeben werden. Und dann hören wir in den Haushaltsberatungen wieder, bei manchen anderen Dingen ist einfach kein Geld da. Und deswegen muss man hier mal schauen. Wir haben vor kurzem bei der Bundestagswahl gesehen, was manche Parteien für Denkzettel bekommen für ihre verfehlte Politik in diesem Bereich. Und deswegen sind wir einfach der Meinung, lassen Sie uns auch dort endlich mal vernünftig miteinander diskutieren. Hören Sie auf, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Ihren Zuckungen, wenn es um diesen Bereich geht. Es geht uns darum, dass wir Leute, von denen man gar nicht weiß, wie lange sie bei uns sind, dass man denen auch keinen Gefallen tut, wenn man sie zwangsweise integriert.

Mal sehen, was die Haushaltsberatungen bringen werden. Wenn ich die Argumente in den letzten Monaten von manchen Kollegen gehört habe, wundere ich mich, warum nicht miteinander diskutiert wird. Es werden Monologe geführt, und wir erhoffen uns nun, dass zumindest in manchen Bereichen Kompromisse zum Wohle unserer Stadt auch gefunden werden wollen. Danke."

StR Dr. Oechsner (FDP):

"Im Prinzip müssten ja Haushaltsberatungen der Landeshauptstadt Stuttgart eine vergnügliche Sache sein, steht die Stadt doch bekanntermaßen verhältnismäßig gut da und kann sich so einiges leisten, was andere Kommunen nicht können, von dem sie im Prinzip nur träumen. Dies hat mit Sicherheit etwas mit der sparsamen Haushaltsführung der letzten Jahre zu tun, aber natürlich auch mit den guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die wir haben, die sich hier im Umfeld ausgebildet haben. Stuttgart ist nicht nur von wenigen großen Unternehmen abhängig, sondern hat vor allem durch seine vielfältigen kleinen und mittelständischen Unternehmen eine solide Finanz- und Wirtschaftsbasis.

Stuttgart ist eine wirklich schöne Stadt, eine attraktive und kulturell anspruchsvolle Stadt. Und wie auch immer das Bild einer lebenswerten Stadt aussehen mag, scheint es mir zumindest so, dass jeder sich seinen Teil seiner eigenen Vorstellungen bereits heute in Stuttgart verwirklichen kann. Und der vorliegende Haushaltsentwurf, über den wir ja heute reden, trägt in weiten Teilen dazu bei, die noch verbliebenen Aufgaben und manche Mängel zu beseitigen. Das ist unzweifelhaft so.

Aber dennoch bleibt der Entwurf in manchen wichtigen Bereichen hinter den Möglichkeiten und Notwendigkeiten ein wenig zurück. Und es stimmt schon, auch wir sehen hier und da noch etwas Nachbesserungsbedarf. Es sind manchmal viele kleine Zeichen, die zusammengenommen ein großes Bild ergeben. Manchmal ist es ein großer Knall, der viele kleine Ursachen hat. Und manchmal bekommt man ganz große Probleme, ohne die vielen kleinen Ursachen zu erkennen. Und leider viel zu selten erkennt man die Ursache schon vor dem Auftauchen eines Problems.

Wir Freien Demokraten beobachten solche unterschiedlichen Wahrnehmungen schon seit längerem, besonders im Bereich der Personalpolitik der Stadt. Und haben daher diese zu einem wirklichen Schwerpunkt unserer Anträge gemacht. Die scheinbar kleinen Mängel im Bereich der internen Verwaltung, wie z. B. beim Personalmanagement, der betrieblichen Gesundheitsförderung oder beim betrieblichen Eingliederungsmanagement - hier besonders erstaunlich übrigens, tragen diese Bereiche doch eigentlich zur Vermeidung von Ausfallzeiten in hohem Maße bei - dringen leider kaum in den Gemeinderat und schon überhaupt nicht in die Stadtgesellschaft. Anders sieht das bei anderen Ämtern aus. Hier fällt es auch den Bürgern negativ auf, wenn zu viele Aufgaben auf zu wenige Schultern verteilt sind. Wir haben in den letzten Jahren mit unseren Anträgen immer wieder auf die verheerende personelle Lage in Teilen der Verwaltung,
z. B. Ausländerbehörde oder Bürgerbüros, hingewiesen und rasche Abhilfe beim Personalmangel angemahnt bzw. mehr oder weniger sogar verlangt. Es ist in diesem Zusammenhang in keinster Weise akzeptabel, dass die Stadt Mitarbeiter von Ämtern abzieht, um anderswo Löcher zu stopfen. Der hohe Krankenstand in der Ausländerbehörde und bei den Bürgerbüros, deren stetig steigende außerplanmäßige Schließungen oder Stopps bei der Vergabe von Wartemarken, was übrigens mit Sicherheit auch auf die Überlastung der Mitarbeiter zurückzuführen ist, spricht doch für sich.


Die Stadt hat eine Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter. Von daher muss sie in sie investieren. Sie muss auch in den Bürgerservice investieren. Dies nicht nur mit einer angemessenen Personalausstattung, sondern u. a. auch im Bereich des eGovernment. Letzteres kann übrigens auf die Dauer zur Entspannung beim Personalbedarf führen. Und betrachten wir jetzt mal gemeinsam die Prognosen fürs Personal in den nächsten Jahren, Jahrzehnten und die dann noch verfügbaren Ressourcen, bedingt durch den Nachwuchs, durch unseren demografischen Wandel, ist es bereits heute höchste Zeit zu handeln. Und dies ist kein Luxus, denn bei den städtischen Dienstleistungen handelt es sich um Pflichten der Stadtverwaltung gegenüber unseren Bürgern. Es kann nicht sein, dass die Verwaltung diesbezüglich immer wieder betont, dass der Arbeitsmarkt leergefegt sei, ohne genug - es wird ja was gemacht, aber nicht genug - für die Attraktivität als Arbeitgeberin heute und in den nächsten Jahren zu tun.

Beim Garten-, Friedhofs- und Forstamt wie auch bei der AWS, auch bei den Bürgerbüros werden jetzt ja offensichtliche Mängel in der Personalausstattung angegangen. Sie wurden erkannt. Hier sollen neue Stellen geschaffen werden. Beim Garten-, Friedhofs- und Forstamt leider nicht genug, um die neuen, im Haushaltsplan zum Stadtgrün befindlichen Pläne auch umzusetzen. Und anschließend auch ausreichend zu pflegen. Es stellt sich natürlich mir schon die Frage, warum gerade bei diesen Aufgaben so ein starker Ausbau stattfindet. Mag sein, dass die Wirksamkeit dieser Maßnahme in der Öffentlichkeit eine Rolle gespielt hat. Dies ist für uns irrelevant, solange das Ergebnis stimmt, und solange in gleichem Maße auch in anderen Ämtern vorgegangen wird. Wird es aber nicht. Woran aber liegt es wohl, dass es immer wieder zu deutlichen Mängeln in der Personaldecke kommt? Wir sind der Überzeugung, dass dies nicht zuletzt an einer falschen Auslegung des vom Gemeinderat zwar beschlossenen, jedoch nicht zu Ende gedachten Kriteriums, Sie wissen alle - 20 % Mehrarbeit - zusammenhängt, bzw. welcher Zeitraum ist hier eigentlich entscheidend? Der seit den letzten Haushaltsberatungen? Oder der seit der letzten Stellenschaffung? Wie wird die Vermehrung der anfallenden Arbeit gemessen? Und insbesondere - von wem? Wir sind der Auffassung, dass die Amtsleitungen sehr gut einschätzen können, ob eine Stellenschaffung angesagt ist oder eben nicht. Wir glauben nicht, dass unser Führungspersonal aus bloßer Willkür Stellenanträge stellt, ohne dass diese mit erwarteten oder neuen Aufgaben hinterlegt werden. Wir sind vielmehr der Ansicht, dass genau die kleineren Einheiten am besten wissen, wo der Schuh drückt. Wäre das Gegenteil der Fall, könnten also die Amtsleitungen und die einzelnen Ämter dies nicht leisten, dann hätte der Gemeinderat das falsche Führungspersonal auf dieser Ebene ausgewählt.

Wir Freien Demokraten sind keine Anhänger der Zitronentheorie. Wir glauben nicht, dass alle Mitarbeiter ausgequetscht werden wie die selbige. Aber wir wissen, dass es in einigen Bereichen sehr wohl Personaldefizite gibt, die zu steigender Arbeitsbelastung beitragen, verbunden mit all den negativen Auswirkungen - steigende Fehlzeiten, steigender Krankenstand, hohe Fluktuation. Unter Abwägung aller uns wichtigen Aspekte vernünftiger Personalpolitik und der dazu korrespondierenden Kosten kommen wir daher zu dem Schluss, dass eine Trendwende bei der Stellenschaffung dringend und zwingend notwendig ist, und der Gemeinderat auf die Ämter hören und alle Stellen, die mit dem Kriterium Arbeitsvermehrung gestellt wurden, auch schaffen muss.

Und weil es so schön ist, bleibe ich noch ein bisschen beim Personal. Nein, in dieser Rede werde ich nichts zur U2-Umlage sagen und zur Nachbesetzung beim Mutterschutz, aber ich werde es ankündigen, das steht natürlich ganz oben auf unserer Agenda, und wir werden uns da in den Haushaltsberatungen noch dringend unterhalten müssen. Aber zur Fortbildung, da habe ich schon noch was. Neben der auskömmlichen Ausstattung der Ämter mit Personalstellen ist es ebenso wichtig, den Mitarbeitern eine kontinuierliche Fortbildungsmöglichkeit anzubieten. Es ist sogar noch anders. In einer sich immer schneller wandelnden Arbeitswelt muss Fortbildung sogar von den Mitarbeitern verlangt und eingefordert werden. Dies ist selbstredend mit Kosten verbunden, die in einem angemessenen Fortbildungsbudget abgebildet sein müssen. Und da scheint uns die Forderung, das derzeitige Budget auf den Stand von 1999 wieder anzuheben, durchaus als angemessen.

Noch was zum Personal: KW-Vermerke sind ein probates Mittel, bei der Schaffung von Stellen die zeitliche Beschränkung der Aufgabe abzubilden. Dies gilt z. B. für neue Aufgaben, für eindeutig zeitlich begrenzte Aufgaben oder für Projekte. Neue Aufgaben müssen wir bewerten, und bei Bedarf dann muss der Stellenschlüssel angepasst werden. Zeitlich begrenzte Aufgaben, Projekte, laufen natürlicherweise aus. Wir Freien Demokraten fragen uns jedoch, warum Stellen mit KW-Vermerk mit befristeten Arbeitsverträgen ausgeschrieben werden müssen? Wir erachten es auch hier für zwingend notwendig, den Bewerbern langfristige Perspektiven in der Landeshauptstadt zu bieten. Die Aufgaben der Stadt steigen ständig. Und das Umland benötigt ebenfalls gute Verwaltungsmitarbeiter und gewinnt im Vergleich zur Landeshauptstadt auch zunehmend an Attraktivität. Das ist übrigens nicht schlecht, das ist sogar gut. Aber wir können es uns einfach nicht mehr leisten, durch Befristungen die besten Köpfe eventuell zu verlieren, oder erst gar nicht zu gewinnen. In einigen Jahren werden wir das bitter büßen müssen. Denn einmal gewonnene Mitarbeiter, die in der Stadt zufrieden sind, können innerhalb der Stadtverwaltung durchaus auch andere Aufgaben übernehmen.

Noch zwei Punkte, die indirekt oder direkt mit Mitarbeitern zu tun haben. Zum vergangenen Haushalt hatten wir gefordert, das Anmietbudget pro neu geschaffener Stelle um das Euroäquivalent von 0,9 m² anzuheben. Das war damals unsere Information, der durchschnittliche Raumbedarf eines städtischen Mitarbeiters. Die Verwaltung beschied uns damals jedoch, dass dieser Ansatz unpraktikabel sei. Der Gemeinderat folgte der Verwaltung, und beschlossen wurde nichts. Zwei Jahre hat sich an der Situation leider nichts geändert. Mitarbeiter werden zum Teil aus schierem Raummangel nicht mehr eingestellt. Zwei oder drei Kollegen müssen sich einen oder zwei Arbeitsplätze teilen. Von den Zuständen bei den Auszubildenden möchte ich jetzt gar nicht reden. Zugegebenermaßen ist das Arbeitsplatz-Sharing in Großraumbüros zurzeit en vogue. Zumindest beim Führungspersonal, das eigene Arbeitsplätze hat. Jedoch gibt es auch bei dieser Arbeitsplatzausgestaltung immer genügend Raum für alle Mitarbeiter. Das ist in der Stadt noch nicht uneingeschränkt der Fall.

Anschließend möchte ich noch was zu unseren Partnern sagen, ich meine damit die freien Träger, die eine ganze Menge an Aufgaben für die Stadt übernehmen, die, wenn diese freien Träger sie nicht übernehmen würden, von der Stadt übernommen werden müssten. Wir denken, in diesem Zusammenhang wäre es nur fair, zumindest die Sachkosten auf ein vernünftiges Maß zu erhöhen und fordern das auch.

Zum anderen haben wir die Schulen in privater Trägerschaft im Sinn. 17 % aller Stuttgarter Schüler gehen auf solche privat getragenen Schulen. Diese Schulen bekommen von der Stadt einen durch die Schullastenverordnung geregelten und vom Land zugewiesenen Betrag, und zwar 45 % der Gelder. 55 % bleiben der Stadt erhalten, wahrscheinlich als Verwaltungsanteil. Allein darüber könnte man sich ja mal nochmals unterhalten. Wollen wir aber gar nicht, denn erstaunlicherweise sind es nicht nur diese 45 %, nein, diese 45 % werden auch noch auf dem Stand der Schullastenverordnung von 2002 berechnet. Eine 15 Jahre alte Berechnungsgrundlage, die nicht mehr zeitgemäß ist. Das müsste jedem klar sein. Und es ist längst überfällig, diese Zuweisung auf die Schullastenverordnung von 2017 anzupassen.

So. Jetzt habe ich es geschafft und bin mit der Personalpolitik zu Ende, und Sie haben damit 15 unserer 58 Anträge begründet bekommen, auch wenn ich nicht im Einzelnen die Anträge genannt habe. Da ich jetzt ja noch ein bisschen Zeit habe, erzähle ich noch ein paar kleine Geschichten.

Eine meiner Geschichten handelt vom Friedhof. Am Morgen, bevor auf einem Stuttgarter Friedhof ein Grab ausgehoben wird, und nachdem der Mitarbeiter übrigens von Hand und in Schönschrift die Aushänge für die Ankündigungen erstellt hat, geht dieser Mitarbeiter mit seiner Digitalkamera zum zukünftigen Grab und macht zur Beweissicherung für die Schäden Bilder von den umliegenden Gräbern. In Ermangelung von Zugängen oder Endgeräten übermittelt er diese Bilder dann nicht mit E-Mail oder ähnlichen Diensten. Nein. Er nimmt die Speicherkarte und schickt diese mit der Stadtpost zur Friedhofsverwaltung. Stellen Sie sich das vor! Ich könnte das noch ein bisschen ausschmücken. Das ist überhaupt unvorstellbar heutzutage und bringt mich natürlich zu einem Lieblingsthema der Liberalen. Das ist die Digitalisierung. Digitalisierung tut not, und zwar nicht nur bei der Friedhofsverwaltung, aber eben auch dort. Digitalisierung muss vorangetrieben werden, in Schulen ganz besonders, aber auch in den Ämtern, im Kontakt zu den Bürgern, also im eGovernment. Digitalisierung spart Zeit, Digitalisierung spart. Und wenn ich hier so auf die beeindruckenden Stapel vor Ihnen schaue, spart Digitalisierung übrigens auch Papier. Für heute ist das eine Tonne, 250.000 Blatt Kopien, die wir alle auch mit dem Handy abrufen könnten.

Wir vermissen im Haushalt noch ein paar andere Dinge. Die Fortführung einiger bewährter Dinge, z. B. das Einrichten von ein, zwei Kreisverkehren im Doppelhaushalt. Kreisverkehre tragen zur Verflüssigung von Verkehr bei und sollten daher an geeigneter Stelle auch ausgebaut werden. Der Ausbau von öffentlichen Toilettenanlagen gehört unseres Erachtens auch zur Daseinsvorsorge. Da ist die nette Toilette ein guter Ansatz, aber es muss auch eine städtische Verantwortung dafür geben. Und es ist auch ein Beitrag und ein Baustein für ein sauberes Stuttgart.

Wir denken, es braucht tatsächlich noch deutlich mehr Mittel zum Erhalt der Infrastruktur und des Vermögens der Stadt. Und wir sollten nicht einen unnötigen Sanierungsstau produzieren. Nach dem nicht gelungenen Versuch vom letzten Mal, die Planungen von Park-and-Ride-Plätzen der Region zu überlassen, ist es jetzt endgültig an der Zeit, dass wir in die Planung selber einsteigen. Wir brauchen Park-and-Ride-Plätze, um den ersten Schritt, nämlich die Verminderung des Verkehrs, vor dem zweiten Schritt zu machen, und das ist die Abschaffung von oberirdischen Parkplätzen in der Innenstadt. Wenn wir weniger Verkehr in die Stadt kriegen, umso besser. Bei den Sportanlagen müssen wir Schließungen vorbeugen, meine Damen und Herren, und daher frühestmöglich in Sanierungsplanungen einsteigen. Wir müssen Vereine bestmöglich unterstützen, insbesondere die erfolgreichen. Nehmen wir den TV Cannstatt beim Baseball. Und wir müssen vernünftig agieren, z. B. beim Gazi-Stadion, wo wir eine Gegentribüne brauchen und kein auf Sicht viel zu teures Provisorium.

Das Ehrenamt im Allgemeinen und die Freiwillige Feuerwehr im Besonderen sollten uns immer am Herzen liegen. Das kostet natürlich Geld, ist aber sicherlich eine gute Sache. Ich komme zum Schluss, denn letztlich ist es an der Zeit, den Bezirken, den Bezirksvorstehern und ihren Beiräten deutlich mehr Mittel zur Verfügung zu stellen. Wir beantragen hier eine Verdoppelung. Die dann aber auch gerechter verteilt werden muss, damit die Bezirke am Schluss eigenständiger agieren können. Damit soll aber nicht nur die Kultur, z. B. Stadtfeste oder Konzerte, gefördert, sondern auch kleinere Anschaffungen und kleinere Reparaturen dezentral im Stadtbezirk geregelt werden. Das stärkt die Bezirke, und das sollte unser aller Ziel sein.

Ganz zum Schluss wünsche ich uns allen gute und erfolgreiche Haushaltsberatungen, und denken Sie schon heute daran, wenn Sie nach Hause gehen, ob es nicht sympathisch wäre, wenn Sie auf dem Weg vom oder zum Rathaus vom Äffle zum Stehen und vom Pferdle zum Gehen angehalten würden und wir die eine oder andere Ampel mit solchem Glas ausstatten könnten. In diesem Sinne vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und auf gute Haushaltsberatungen."

StR Dr. Schertlen (STd):

"Letztes Mal sagte ich an dieser Stelle, dass die STAdTISTEN sich als Neulinge im Gemeinderat für die Haushaltsrunde 2016/2017 vorwiegend in der Beobachterrolle sahen. Dieses Mal, also für 2018/2019, sind wir mit 26 Haushaltsanträgen schon angekommen im Haushaltsdschungel. Wir werden für unsere Ideen und Wünsche Verbündete suchen und natürlich ebenso die guten Ideen und Vorschläge aus vielen anderen Fraktionen und Gruppierungen aufgreifen und unterstützen.

Zunächst ein paar Zahlen, damit die Öffentlichkeit die Eurosummen einordnen kann. Das jährliche Haushaltsvolumen der Stadt beträgt ca. 3 Mrd. €, also ca. ein Drittel des Gewinns von 8.5 Mrd. € der Firma Daimler. Unter anderem sind in diesen 3 Mrd. €, die ja sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite zu finden sind, folgende herausragende Ausgabepositionen enthalten: Personalaufwendungen ca. 650 Mio. €, Sach- und Dienstleistungen ca. 340 Mio. €, Unterhaltung von Gebäuden und baulichen Anlagen ca. 115 Mio. €, Sozialleistungen ca. 770 Mio. €, Zuschüsse ca. 450 Mio. €. Insbesondere vor diesem Hintergrund geschlossener Bürgerbüros und trockener Brunnen im Sommer 2017 lohnt sich ein Blick in die Jahresabschlüsse der vergangenen sieben Jahre.

Hier finden sich folgende Zahlen: 2016 - Überschuss 231 Mio. €, 2015 - Überschuss 245 Mio. €, 2014 - Überschuss 158 Mio. €, 2013 - Überschuss 182 Mio. €, Rekordhalter 2012 - Überschuss 306 Mio. €, 2011 Überschuss 123 Mio. €, 2010 - Überschuss 46 Mio. €. 2009 und früher wurde ein anderes Verfahren angewandt, sodass kein fairer Vergleich möglich ist. Der Gesamtüberschuss seit 2010 beträgt also 1.291 Mio. €.

Damit noch kurz zur Vermögenslage der Stadt. Wir haben ein Sachvermögen von 4.5 Mrd. €, ein Finanzvermögen von 4.4 Mrd. €, das sich irgendwie auf Kapital und Rücklagen verteilt, d. h. 14.700 € Vermögen pro Einwohner. Hinzu kommen Rückstellungen, und dann haben wir natürlich auch ein paar Verbindlichkeiten, damit man die nennen kann, wenn es drauf ankommt. Nämlich Schulden sind die Verbindlichkeiten, d. h. 58 Mio. €. Sie merken schon, vorher war von Milliarden die Rede, jetzt von Millionen. Und dann haben wir noch die Eigenbetriebe, die Schulden haben von 424 Mio. €. Das heißt, wir können uns zusammenrechnen mit den Eigenbetrieben eine Pro-Kopf-Verschuldung von 774 €.

Lassen Sie mich in aller Kürze die Bewertung der Verwaltungsvorlage zum Haushalt vornehmen, bevor ich auf die Haushaltsanträge der Stadtisten komme. Vieles, wie die Wahrnehmung von gesetzlichen Pflichtaufgaben, Integration, Teilhabe, Jugend, Schulen, Familien, Kultur usw., wurde ja schon von meinen Vorrednern gesagt. Schaut man sich die grüne Liste an, also die Liste, in der die Dinge enthalten sind, die bereits zur Finanzierung im Haushaltsplan-Entwurf enthalten sind, dann ist zuallererst zu begrüßen, dass endlich deutlich mehr Stellen geschaffen werden. Zu nennen sind hier insbesondere das Garten-, Friedhofs- und Forstamt sowie die Abfallwirtschaft und das Hochbauamt. Man denke nur an die verkommenen Grünanlagen, für deren Pflege in der Vergangenheit nicht ausreichend Personal da war, oder an die bereits erwähnten Bezirksrathäuser, die in einigen Bezirken wegen Personalmangels zeitweise geschlossen werden mussten, oder an Bauprojekte, die nicht angegangen werden können, weil dem Baurechtsamt Mitarbeiter fehlen.

Die Stadt muss solche Stellen unbefristet schaffen, und nicht immer nur mit befristeten Verträgen versuchen, Mitarbeiter zu bekommen. Die hohe Fluktuation, die Befristungen bewirken, schafft eher zusätzliche Belastung als notwendige Entlastung. Es ist auch eine Milchmädchenrechnung, die zwar zunächst vordergründig eine positive Bilanz in der Kasse bringt, wenn man städtische Bau- bzw. Sanierungsprojekte verschiebt, aber wenn dann durch diese Verschiebung noch obendrauf Interimsmaßnahmen notwendig werden, die zusätzliches Geld kosten (beispielsweise bei der Schulsanierung in Stammheim ca. 1 Mio. €), dann kann man sich leicht ausrechnen, dass man dafür mindestens 7 bis 10 Stellen hätte schaffen können, und dann wäre diese Verzögerung erst gar nicht entstanden.

Zu kritisieren ist, dass diese Stellen sicherlich noch immer nicht ausreichen, um die Arbeitsbelastung vieler Mitarbeiter in den Ämtern auf ein leistbares Maß zu senken. Weitere Stellen beim Haupt- und Personalamt sind notwendig, ebenso in den Bezirken, beim städtischen Vollzugsdienst, beim Baurechtsamt und noch hier und da an lodernden Brennpunkten in der Verwaltung.

Doch lassen Sie mich auch ganz klar feststellen, es kann nicht nur ein Mehr an Personal sein, nein, auch die Abläufe gehören auf den Prüfstand. Ebenso wie die Arbeitsorganisation sowie die EDV-mäßige Unterstützung. Durchgängig verzahnte Computerprogramme sind notwendig, sodass aufwendige und fehlerträchtige Handarbeit bei der Datenverarbeitung oder Datenübertragung entfällt. Damit wären wir schon ganz nah am Thema der EDV-Ausstattung, was uns inhaltlich an die Schulen bringt. Hier wurde erkannt, dass es mit einem PC für mehrere Kinder heutzutage nicht getan ist. Die Stadt muss bei der digitalen Offensive des Landes mitziehen. Computerwissen ist Alltagswissen. Chancen und Stolperstellen dieser Technik können gar nicht früh genug vermittelt werden. Wir werden den Verwaltungsvorschlag zur Verbesserung der Schulausstattung nochmals genau prüfen und gegebenenfalls Nachbesserungen fordern.

Nachfolgend will ich einige unserer 26 Haushaltsanträge vorstellen, damit insbesondere der Öffentlichkeit klarer wird, wofür die STAdTISTEN stehen und mit welchen Ansätzen sie die Bilanz und das Dasein verbessern wollen. Beginnen möchte ich mit einem Antrag zur Ausgabenminderung, auf Deutsch sparen. Nämlich, dass die Stadt Stuttgart kein weiteres Geld in Tiefbaumaßnahmen zur Verkehrserfassung mehr vergräbt, Stichwort Kontaktschleifen zur Verkehrszählung, sondern stattdessen zeitgemäß auf die teils kostenlos, teils für wenig Geld erhältlichen Daten, beispielsweise von Google, zurückgreift. Damit würde man alle gewünschten Daten in vergleichbar kurzen Zeitabständen bekommen und hätte mit einem System das gesamte Stadtgebiet erfasst, wohingegen die Kontaktschleifen á la Tiefbauamt einschließlich Datenleitungen zum Zentralrechner überall gesondert verlegt werden müssen. Wer es nicht glaubt, dass es funktioniert, die Staustudie der IHK vom Frühjahr 2017, die Ihnen allen zugegangen ist, wurde auf diese Art und Weise erstellt.

Kommen wir zu etwas progressiveren Dingen, nämlich solchen, die bereits in Los Angeles erprobt werden und in wenigen Jahren in Mega-Cities, insbesondere in Asien, helfen werden, deren Verkehrsprobleme zu lindern. Stuttgart ist zwar etwas kleiner, die Probleme allerdings vergleichbar.

Wir STAdTISTEN setzen uns dafür ein, dass auch die SSB die Zeichen des 21. Jahrhunderts erkennt. Deswegen zielt unser Antrag darauf ab, dass die SSB ein Pilotprojekt für sogenanntes 'Platooning' bei Bussen startet. Hinter diesem Begriff verbirgt sich, dass ein Führungsfahrzeug mit Fahrer einen Konvoi mit lauter kleinen fahrerlosen Personentransportwagen, die an einer drahtlosen Deichsel hängen, anführt. Das kann man sich so ähnlich vorstellen wie eine Schwanenfamilie, vorne die Mutter als Fahrer und hinterher die Küken als fahrerlose Platoon-Teilnehmer. Die Länge des gesamten Konvois kann dabei dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden, der wiederum beispielsweise von der Tageszeit abhängt oder auch davon, ob der 'Platoon' noch zentrumsnah unterwegs ist oder eher im schwächer ausgelasteten Außenbezirksverkehr. Da würden dann ein paar der Küken abgekoppelt und eventuell mit einer anderen Mutter in die Gegenrichtung umkehren. Mit einer solchen Betriebsart ließe sich die Effizienz der Busse bei der SSB signifikant steigern, liegt doch die Gesamttagesauslastung über alle Strecken, Fahrzeuge und Betriebszeiten laut Geschäftsbericht 2016 der SSB bei ca. 13 %.

Nächster Antrag, nochmal SSB. Diesmal geht es uns um Ringschlüsse. Bisher ist das Netz der U-Bahnen relativ sternförmig auf die Innenstadt ausgerichtet. Ringverbindungen in den Außenbezirken sucht man vergebens. Gerade im Stuttgarter Nordosten gibt es drei Endhaltestellen, die nur einen Steinwurf auseinander sind. Wir fordern hier eine Machbarkeitsstudie zur Verbindung der Linien U7, U14 - die bald U12 heißt - und U2 zwischen Mönchfeld, Mühlhausen und Neugereut. Priorität hätte die Verbindung der U7 mit dem Neckartal, da dies aus Richtung Remseck endlich eine gute Anbindung an die Industriegebiete in Zuffenhausen und Feuerbach bringen würde. Der weitere Ast, der die U2 mit dem Neckartal verbinden würde, hätte insbesondere für das teilweise recht dicht besiedelte Neugereut auch den Vorteil der Anbindung an Zuffenhausen, Feuerbach und das S-Bahn-Netz.

Immer wieder ist der Wagenburgtunnel Gegenstand von Diskussionen, da er leider für Fußgänger und Radfahrer gesperrt ist. Hier könnten wir uns einen kostenlosen Shuttlebus gut vorstellen, der im Prinzip schon ab morgen realisierbar wäre und bei ganzheitlicher Betrachtung nur einen Bruchteil einer zweiten Tunnelröhre kosten würde, zumal diese noch durch quellfähiges Gestein gebohrt werden müsste.

Eine ganz besondere Freude macht mir ein Teilaspekt unserer beiden Anträge zur Verbesserung bei den Feuerwehren - sowohl Berufs- als auch Freiwillige Feuerwehr -, nämlich die innovative Idee des Einsatzes von Drohnen zur Risikominimierung der Feuerwehrleute. Drohnen, die mit Wärmebildkameras Aufnahmen aus der Luft oder auch aus dem Gebäude machen, können helfen, Menschenleben zu retten. Sie können auch helfen, eingeschlossene Personen in brennenden Gebäuden aufzuspüren oder für die Retter Zugangsmöglichkeiten erkunden. Kurzum, für wenige tausend Euro ist ein immenser Gewinn an Sicherheit zu haben und womöglich auch noch Einsatzmaterial vor Zerstörung im Einsatz geschützt. Das wäre also gut investiertes Geld.

Von den Freiwilligen Feuerwehren ist es nur ein kleiner Schritt in die jeweiligen Stadtbezirke, 23 an der Zahl. Damit kann man eine Überleitung zu unserem nächsten Haushaltsantrag konstruieren. Für jeden der Bezirke fordern wir eine Restrukturierung der Bemessung des Kulturbudgets für Veranstaltungen im Bezirk. Bisher gab es besser gestellte Bezirke und andere, die das Nachsehen hatten. Wir wollen das beseitigen und fordern, dass überall die gleiche Kalkulationsgrundlage angesetzt wird. Diese sollte bei 80 Cent pro Einwohner liegen, sodass kein Bezirk schlechtergestellt wird und endlich die unbegründbare Unterschiedlichkeit beseitigt wird. Diesen Antrag haben wir gemeinsam mit SÖS-LINKE-PluS gestellt, deswegen an dieser Stelle auch ein Dank an die Kollegen.

Streifen wir kurz den Bürgerhaushalt. Aus zahlreichen Vorschlägen habe ich für 31 Maßnahmen um eine genauere Bewertung durch die Verwaltung gebeten, damit man sieht, was darstellbar ist. Ein Projekt ist mir jedoch besonders ans Herz gewachsen, nämlich die Neckarwelle. Eine engagierte Truppe junger Leute landete auf Platz 20 mit dem Vorschlag, in einem Seitenarm des Neckars bei Untertürkheim eine Welle ähnlich der im Münchner Eisbach zu installieren. Als jemand, der dies bereits vor vier Jahren, damals noch nicht im Stadtrat, ebenfalls im Bürgerhaushalt vorgeschlagen hatte und damit auf Platz 99 gelandet war, ist es mir heute ein Vergnügen, hoffentlich mit Wegbereiter für eine solche tolle Maßnahme der 'Stadt am Fluss' zu sein.

Weiterhin ist es mir eine besondere Freude, für unseren sehr erfolgreichen interfraktionellen Antrag, den Österreichischen Platz im Sinne der Initiative Stadtlücken zu beleben, Planungs- und Aktionsmittel zu beantragen. Abgesehen von einer über den Vorschlag des OB hinausgehenden Erhöhung des Rad-Etats bringen die STAdTISTEN noch einen Vorschlag, wie man mit geringem Mitteleinsatz ein Lächeln ins Gesicht hartgesottener Autofahrer zaubern könnte. Wir wünschen uns eine kleine Belohnung für all jene Neugierigen, die eine Probefahrt mit einem Elektrofahrrad in den hügeligen Gefilden der Landeshauptstadt unternehmen. Erfahrungsgemäß sorgt dies für besagtes Lächeln. Haben die Neupedaleure ihr ernsthaftes Interesse durch eine nachweislich ausgedehnte Probefahrt erkundet, so sollten sie, unabhängig vom Elektrofahrrad-Kauf, eine Flasche Wein des Städtischen Weinguts erhalten.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch der Verwaltung und insbesondere der Stadtkämmerei danken, ebenso dem Personalrat sowie vielen Vereinen, Initiativen und aktiven Bürgerinnen und Bürgern, die uns angeschrieben haben. Von meinen Ratskollegen wünsche ich mir möglichst breite Unterstützung für die Haushaltsanträge von uns STAdTISTEN, von der Verwaltung wohlwollende Bewertung und von den Bürgerinnen und Bürgern viel Zuspruch. In diesem Sinne: wohlan im Haushalts-Dschungel, auf dass bis Mitte Dezember ein freudespendender Haushalt gezimmert wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."


Im Anschluss an die Reden eröffnet OB Kuhn noch eine zweite Runde.

StR Rockenbauch begrüßt die öffentliche Debatte, die sich auf Wunsch seiner Fraktionsgemeinschaft erstmals an die Allgemeine Aussprache anschließt. Zum Thema Personal habe ihm der Beitrag der FDP am besten gefallen. Die von der FDP beantragten Stellen müssten die unterste Latte für die Stellenschaffungen sein. Er lädt die CDU ein, sich am Visionsprozess zu beteiligen und gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern Ideen zu entwickeln. Positiv bewertet er den "Kurswechsel" bei SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN in der Bodenpolitik, wenigstens nicht mehr Fläche zu verkaufen, als man einkaufe. An dieser Stelle wiederholt er die Forderung seiner Fraktionsgemeinschaft, dass die Stadt selbst dauerhaft bezahlbaren Wohnraum bauen müsse. Er lobt die SPD für ihre Forderung nach kostenlosen Kitas, vermisst hierbei jedoch einen Finanzierungsvorschlag. Den Vorschlag der Verwaltung im Bereich Mobilität, die Zonen 1 und 2 zusammenzulegen, sieht er mit 9 Mio. € nicht ausreichend finanziert. Für die bisherigen Nutzer einer Zone werde der Nahverkehr damit teurer. Um ihn aber für alle Menschen in Stuttgart billiger zu machen, müsse man noch etwas drauflegen. Und schließlich übt er harsche Kritik daran, dass im Haushalt 5,8 Mio. € eingeplant seien, die sich die Stadt holen wolle, indem sie durch überteuerte Mieten Flüchtlinge zum Jobcenter zwinge. Diese "unsensible, unmenschliche Politik" dürfe der Gemeinderat nicht gutheißen.

StR Kotz wendet sich zunächst an StR Rockenbauch mit dem Hinweis, wer wie dieser immer möglichst viele öffentliche Debatten fordere, sollte dann auch anwesend sein, wenn das Hauptorgan tage, und nicht nebenher, wie soeben geschehen, an einer parallelen Veranstaltung auf dem Marktplatz teilnehmen. Der Gemeinderat müsse sich in den Haushaltsplanberatungen eher über Leitlinien und Budgets unterhalten, als sich in Details der Umsetzung zu verlieren. Der Gemeinderat müsse die Rahmenbedingungen schaffen, damit die Fachämter agieren könnten. Grundsätzlich sehe auch er viel Übereinstimmung, wenn er die Überschriften der Anträge lese. Mit Blick auf die Arbeitsmehrbelastung beim Personal regt er an, 2018 sich die Zeit zu nehmen, eine Regelung für künftige Haushaltsplanberatungen zu finden. Gegenüber StR Körner stellt er klar, dass weder seine Fraktion noch die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN einen Antrag auf Grundsteuersenkung gestellt hätten. Beim Thema Wohnungsbau verhalte sich die SPD widersprüchlich, einerseits singe sie ein Loblied auf die Baugenossenschaften, um diese dann aber beim Bau von Wohnungen auszuschließen, da die geforderten 12.000 Wohneinheiten ausschließlich von der SWSG gebaut werden sollten. Wie dies praktisch umgesetzt werden solle, sei ihm aber ein Rätsel. Angesichts der Kritik der GRÜNEN an der Wohnungspolitik des Oberbürgermeisters kündigt er OB Kuhn die Unterstützung seiner Fraktion an.

Auch StRin Deparnay-Grunenberg kritisiert StR Rockenbauch für seinen Auftritt auf dem Marktplatz während der Aussprache im Sitzungssaal. Zum Thema Wohnen stellt sie klar, dass ihre Fraktion sich nie prinzipiell gegen Neubau ausgesprochen habe. Sowohl im Innenbereich der Stadt als auch auf Brachen in der Region könne man neu bauen. Das von StR Dr. Schertlen angeregte Platooning könne sie sich für die Autobahn vorstellen, in der Innenstadt halte sie es eher für schwierig. Hauptthemen der kommenden Haushaltsplanberatungen seien Verkehr, Wohnen und Personal, und aufgrund der verschiedenen Schwerpunkte der Fraktionen ohne von vornherein festgezurrte Meinungen erwarte sie spannende Beratungen.

StR Körner macht im Hinblick auf die Wohnungsnot darauf aufmerksam, dass Ministerpräsident Kretschmann hier ein Umdenken von seiner eigenen Partei fordere. Sie könne nicht in dem Maße wie bisher gegen den Flächenfraß kämpfen. Wohnungen müssten in großer Zahl gebaut werden, von der SWSG, aber auch von Wohnungsbaugenossenschaften. Zur Gebührensatzung für Flüchtlinge merkt er an, wichtig sei in erster Linie, dass sie für die Betroffenen keine negativen ausländerrechtlichen Konsequenzen habe. Den Gang zum Jobcenter betrachte er allerdings nicht als ehrenrührig. Eine Grundsteuersenkung halte er vor allem hinsichtlich der Entlastungwirkung für falsch. Den Antrag der FDP zu Stellenschaffungen könne er unterstützen.

StR Zeeb schickt voraus, er hätte auf diese zweite Runde verzichten können. Er finde es nicht korrekt, nur weil die Zuschauertribüne voll sei, nun einige Anträge aus dem gesamten Paket schlechtzureden. Die Anträge geben seiner Ansicht nach ein Meinungsbild dieses gewählten Gemeinderats wieder - in all seinen Facetten. Er plädiert dafür, wie bisher auch in die Beratungen einzutreten, und zwar nicht öffentlich, um Fensterreden zu vermeiden.

Bei der Durchsicht der Anträge hat StR Klingler erfreuliche Überschneidungen entdeckt, und da es keine Koalitionsvereinbarungen wie vor zwei Jahren gegeben habe, hoffe er, mit wechselnden Mehrheiten zum Wohle der Menschen etwas bewegen zu können. Auch ihm seien die Schwerpunkte Wohnungsbau, Personal und Verkehr wichtig. Der Wohnungsbau müsse forciert werden, aber es fehlten nicht nur Sozialwohnungen, sondern auch freistehende Einfamilienhäuser. Wenn man nicht in die Flächen gehen wolle, brauche man neue, intelligente Projekte, z. B. Dächerprojekte oder das Überbauen von Straßen. Bei den Stellen gehe seine Fraktion mit. Allerdings bringe es nichts, wenn man Stellen beantrage, die dann nicht besetzt werden könnten. Der Verkehr müsse fließen. Und statt den Verbrennungsmotor zu verteufeln, müsse man effektivere Verbrennungssysteme schaffen. Im Zusammenhang mit der Satzungsänderung für die Flüchtlingsunterkünfte spricht er die Schwellenhaushalte an, die oft benachteiligt würden.

An dieser Stelle weist StR Dr. Oechsner darauf hin, dass es die absolute Gerechtigkeit leider nie geben werde. Auch er erkennt Überschneidungen in vielen Dingen, und diese sollte man in nicht öffentlichen Beratungen zum Wohle der Stadt nutzen. Beim Verkehr gingen die Meinungen auseinander. Nach Ansicht seiner Gruppierung müsse es auf Sicht deutlich weniger Verkehr in der Stadt geben, doch sollte der Weg dorthin nicht über Verbote, sondern zunächst über Angebote führen.

StR Dr. Schertlen hofft, dass der Antrag, die Debatten künftig generell zu streamen, eine Mehrheit findet. In Bezug auf visionäre Mobilität erinnert er an seinen Antrag Nr. 273/2017. Man entwickle viele Konzepte, doch müsse man sie auch umsetzen. Das Geld dafür wäre da. Der ÖPNV müsse dringend verbessert werden. In Stoßzeiten seien die Bahnen wegen Überfüllung wenig attraktiv. Ihre Grundstücke sollte die Stadt nicht mehr verkaufen, sondern selbst entwickeln. Genossenschaften und die SWSG sollten darauf Wohnungen bauen. Hierzu habe er keine besonderen Anträge, könne sich aber anderen anschließen.

StR Rockenbauch merkt angesichts der Aussagen, dass die zweite Runde unnötig sei, an, dass man sich diese durch öffentliche Haushaltsplanberatungen hätte ersparen können. In seinen Augen habe sich die Öffentlichkeit aber bereits gelohnt, da einige Positionen deutlicher geworden seien.

OB Kuhn dankt für die gehaltenen Reden und schließt die Sitzung.
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