Stellungnahme zum Antrag
374/2014
Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart,
04/10/2015
Der Oberbürgermeister
GZ:
OB 6217-03
Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
Dr. Schertlen (STd)
,
Die STAdTISTEN
Datum
11/29/2014
Betreff
Ampeln bei geringer Verkehrsdichte ausschalten
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
Lichtsignalanlagen sollen einerseits die Qualität des Verkehrsablaufs verbessern, andererseits die Verkehrssicherheit erhöhen. Letzteres gilt in besonderem Maße dann, wenn der Knotenpunkt unübersichtlich ist oder eine Gefährdung schutzbedürftiger Personen (z. B. ältere Menschen, Behinderte und Kinder) zu erwarten ist.
Unter diesem Aspekt müssten die meisten Lichtsignalanlagen eigentlich durchgehend betrieben werden. Diese Forderung wird aus verständlichen Gründen vor allem vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erhoben. Dieser Linie schließt sich die Stadt Stuttgart nicht an. Vielmehr wird gemäß den Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA 2010) eine Abschaltung dann vorgenommen, wenn eine ausreichende Verkehrssicherheit auch bei abgeschalteter Anlage gewährleistet ist. Dazu gehören neben einer guten Erkennbarkeit des Knotenpunkts vor allem ausreichende Sichtverhältnisse aus den untergeordneten Zufahrten heraus. Weitere wichtige Rollen spielen die tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeiten, der Querungsbedarf von Fußgängern sowie der Stadtbahnbetrieb.
Bei reinen Fußgängerlichtsignalanlagen bietet sich die sog. Schlafend-Schaltung an. Voraussetzung ist ein modernes Steuergerät. Dann können nachts die Fahrzeugsignale auf Dunkel geschaltet werden. Für den Fußgänger sind die Signale in der Grundstellung auf Rot.
Großer Vorteil ist, dass die Autofahrer entspannter fahren können, weil sie nicht mit einem sofortigen Umschalten auf Gelb rechnen müssen. Bei einer Anforderung durch Fußgänger leuchtet zunächst noch für mindestens 5 Sekunden das grüne Signal, bevor die Anlage über Gelb auf Rot umschaltet. Nach weiteren 5 Sekunden hat der Fußgänger dann Grün und kann wie gewohnt unter Signalschutz queren.
Diese Schaltung wurde bereits Mitte der 80er Jahre erstmals eingeführt und hat sich so gut bewährt, dass sie bei fast allen neuen oder zu erneuernden Anlagen umgesetzt wird. Von den 314 Fußgängeranlagen sind mittlerweile 209 mit einer Schlafend-Schaltung ausgestattet, bei den übrigen wird dies im Zuge der Erneuerung der Steuergeräte umgesetzt. Derzeit werden noch 49 Fußgängerüberwege durchgehend betrieben, die derzeit ein relativ altes Steuergerät haben und auch zur Nachtzeit ein nennenswertes Fußgängeraufkommen aufweisen. Weitere 56 Fußgängeranlagen werden nachts oder am Wochenende zeitweise abgeschaltet, wenn ein Querungsbedarf zu dieser Zeit nicht besteht, z. B. in der Nähe von Schulen.
Bei Vollanlagen (Kreuzungen oder Einmündungen) ist eine Abschaltung im Regelfall dann ausgeschlossen, wenn der Knoten von einer Stadtbahnlinie befahren wird, da bei Unfällen mit Stadtbahnbeteiligung erheblich größere Unfallfolgen zu erwarten sind. Zwar verbliebe zwischen der letzten einrückenden und der ersten ausrückenden Bahn eine zeitliche Lücke von ca. 2 bis 3 Stunden. Da aber an einzelnen Tagen (z. B. Silvester) doch Linienfahrten stattfinden sowie nachts auch Züge zur Gleisunterhaltung etc. unterwegs sind, wird entlang den Stadtbahnlinien auf eine Nachtabschaltung verzichtet.
Gleiches gilt für Knotenpunkte mit hohem Verkehrsaufkommen, starkem LKW-Verkehr bzw. an Straßen mit zwei oder mehr durchgehenden Fahrspuren je Richtung. Insgesamt sind von den 423 Vollanlagen derzeit 147 (35 %) nachts zeitweise ausgeschaltet.
Zahlreiche Lichtsignalanlagen wurden in den Jahren 1998 und 2002 aufwändig hinsichtlich einer zeitweisen Abschaltung bzw. einer Erweiterung der Abschaltzeit überprüft. Bei den bereits zeitweise abgeschalteten Anlagen wurden deutlich höhere Unfallraten bei ausgeschalteter Anlage festgestellt. Dementsprechend ergab sich für die verbleibenden Anlagen nur noch ein relativ geringes Abschaltpotential. Seit 2002 wird bei Erneuerung oder Neubau von Anlagen grundsätzlich eine Abschaltung geprüft. Sofern Risiken nicht ausgeschlossen werden können und die Anlagen durchgehend betrieben werden müssen, werden in aller Regel besondere verkehrsabhängige Nachtprogramme vorgesehen, die unter Verzicht auf eine Grüne Welle für die Hauptrichtung kurze Wartezeiten für die Nebenrichtungen ermöglichen.
Durch den Einsatz von LEDs in 40 Volt-Technik bei allen neuen bzw. erneuerten Anlagen ergeben sich kaum noch Einsparungspotentiale hinsichtlich der Lebensdauer der Leuchtmittel sowie der Stromkosten. Die Einsparungen liegen bei kleinen und mittleren Anlagen unter 100 €/Jahr, der volkswirtschaftliche Schaden eines einzelnen Unfalls ist in der Regel ein Vielfaches dieses Wertes.
Von einer Abschaltung von Anlagen in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke muss unbedingt Abstand genommen werden. Bei Anlagen, welche wegen Wartungsarbeiten, kleineren Umbauten oder einer technischen Störung tagsüber zeitweise außer Betrieb sind, musste festgestellt werden, dass gerade die Autofahrer, die täglich denselben Weg nutzen, in ganz besonderem Maße die Wartepflicht missachten und den vorfahrtberechtigten Verkehr sowie die Fußgänger gefährden. Selbiges ist zu erwarten, wenn eine Signalanlage mal in Betrieb, mal außer Betrieb ist.
Durchgehend betrieben werden im Übrigen alle Bahnübergänge und die sonstigen Sonderanlagen (insgesamt 73 Anlagen), da sie zu jeder Zeit die Sicherheit des Bahnverkehrs sowie des Tunnelbetriebs gewährleisten müssen. Eine Schaltung erfolgt hier stets nur bei Vorliegen der verkehrlichen Voraussetzungen, andernfalls zeigen diese Signalanlagen kein Rot.
Fritz Kuhn
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