Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
1523/2023
GZ:
SWU
Sitzungstermin: 16.01.2024
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:Herr Dr. Oediger, Herr Ferenz (beide ASW)
Protokollführung: Frau Mitschele fr
Betreff: Teilfortschreibung des Regionalplans für die Region Stuttgart zur Festlegung von Vorranggebieten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen
- Stellungnahme der Landeshauptstadt Stuttgart im Rahmen der formalen Anhörung vom 26.10.2023
- Einbringung -

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau, Wohnen und Umwelt vom 08.01.2024, GRDrs 1523/2023, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Vom Entwurf der Teilfortschreibung des Regionalplans für die Region Stuttgart zur Festlegung von Vorranggebieten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen wird Kenntnis genommen.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, die Stellungnahme zur Teilfortschreibung des Regionalplans (Anlage 2) dem Verband Region Stuttgart zu übermitteln.


Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll ist sie in Papierform angehängt.


Zwischen den Jahren 2012 und 2015 seien Vorranggebiete für Windkraftanlagen bereits intensiv besprochen worden, erinnert Herr Dr. Oediger (ASW). Wegen neuer bundes- und landesrechtlicher Bestimmungen bestünde die Pflicht, bis 2025 dies abschließend zu erledigen. Dies passe zu dem Ziel der Landeshauptstadt Stuttgart (LHS), bis 2035 Klimaneutralität zu erreichen. Die Region Stuttgart erwarte die Stellungnahme der LHS zum Regionalplan-Entwurf und das Vorbringen von Standortvorschlägen. In der Präsentation fehle versehentlich eine Karte zu zwei vorgeschlagenen Standorten im Tauschwald, diese werde in der Sitzung des Ausschusses für Klima und Umwelt am 19.01.2024 nachgereicht.

Herr Ferenz (ASW) ergänzt die Präsentation vereinzelt mit Details, er konkretisiert die verschiedenen landes- und bundesrechtlichen Vorgaben. Baden-Württemberg habe die Verpflichtung, 1,8 % der Fläche innerhalb von Vorranggebieten zur Verfügung zu stellen, direkt an die Regionen weitergegeben. Sollte nicht innerhalb dieser Vorranggebiete bis zum 30.09.2025 ausreichend Fläche ausgewiesen worden sein, gelte nach Bundesrecht die Super-Privilegierung. Die Steuerungswirkung ginge dann verloren. Demnach würde Flächennutzung für Windkraftanlagen außerhalb der Vorranggebiete, und damit überall im Außenbereich, grundsätzlich zulässig. Die Zulässigkeitsvorgaben für den Außenbereich, beispielsweise arten- und immissionsschutzrechtliche sowie Abstandsvorschriften, wären zu beachten. Wegen der zahlreichen auf dem Stuttgarter Stadtgebiet geltenden Einschränkungen würden nur vier Vorranggebiete im Umfang von 0,5 % des Stadtgebiets ausgewiesen. Die Vorranggebiete seien aufgrund der Kriterien von Folie 7 und Folie 8 (Windhöffigkeit etc.) bestimmt worden. Keine Bedenken stünden der Errichtung am Standort BB-23 "Oberer Waldweg" und dem Repowering am Vorranggebiet S01 "Grüner Heiner" entgegen. Am grundsätzlich verträglichen Standort S02 "Sandkopf" müssten einzelne Aspekte beachtet werden. Der nordwestliche Teilbereich des Vorranggebiets S03 "Spitalwald/Bernhartshöhe" sei zu bevorzugen. Die Stadt Stuttgart habe erneut zwei gut realisierbare Standorte im "Tauschwald" vorgeschlagen, die Bedenken von vor etwa zehn Jahren könnten überwunden werden. Der Standort B-21 würde als einziger außerhalb der Stuttgarter Gemarkung liegende kritisch gesehen.

Das merklich gesteigerte Engagement von Bund und Land beschleunige den Ausbau von Windkraftanlagen, zeigt sich StR Peterhoff (90/GRÜNE) erfreut. Die Debatte zum Standort "Tauschwald" im Jahr 2015 sei unter ungünstigeren technischen Bedingungen geführt worden. Auch wegen der technischen Neuerungen hätten die Naturschutzverbände ihre Haltung geändert. Dies erhöhe die Standortauswahl im Land. Er bittet zur Unterstützung der Entscheidungsfindung in der anstehenden Sitzung des Ausschusses für Klima und Umwelt (AKU) am 19.01.2024 auf die von der Stadt Stuttgart weiteren eingebrachten Standorte und die Ablehnungsgründe einzugehen. Beispielsweise sei nicht nachvollziehbar, was gegen den die besten Windgeschwindigkeiten aufweisenden Kappelberg spreche.

Verbunden mit den Redebeiträgen drücken StR Dr. Vetter (CDU), StRin Schanbacher (SPD) und StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei), StRin Köngeter (PULS), StR Schrade (FW) und StR Dr. Mayer (AfD) ihren Dank für die Präsentation aus.

Für die in den folgenden Sitzungen aufkommenden Argumente bekundet StR Dr. Vetter sein großes Interesse. Bis zur abschließenden Beratung im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik (STA) am 06.02.2024 bittet er um eine Darstellung der eventuell beeinträchtigten Sichtachse vom Schloss Solitude Richtung Ludwigsburg. Aus den bisherigen Unterlagen ergebe sich nichts zur Wirtschaftlichkeit der einzelnen möglichen Standorte; dies möge nachgearbeitet werden, um als Argument herangezogen werden zu können. Er bittet, die zeitliche Planung für das Repowering am Grünen Heiner darzulegen. Die CDU-Fraktion behalte ihre bekannte Haltung zur Errichtung einer Windkraftanlage im Tauschwald bei. Der Stadtrat bezweifelt die von StR Peterhoff erwähnten bedeutsamen technischen Fortschritte. Stuttgart könne mit der eigenen Topografie, als flächenarmer Stadtkreis und mit Gebieten wie Waldrefugium und Lichtwald wenig Auswahl an geeigneten Gebieten bieten; dies stünde der Vorgabe, 1,8 % an Fläche auszuweisen entgegen, er hofft, die Region könne das ausgleichen. An den von Stuttgart unterbreiteten Standortvorschlägen ließen sich städtische Bedenken erkennen.

Mit Erinnerung an zahlreiche geführte ausführliche Debatten zur Energiewende, insbesondere im Zusammenhang mit Windkraft, unterstreicht StRin Schanbacher die realistische Nutzbarkeit von 1,8 % der Landesfläche zur Energiegewinnung durch Windkraftanlagen. Eine Studie des BUND habe ergeben, dass 3,3 % der Fläche Baden-Württembergs dafür geeignet seien. Technische Weiterentwicklungen ließen es zu, im Vergleich zu vor zehn Jahren mehr Flächen für Windkraftanlagen zu nutzen. Das Mandat, Klimaziele zu erreichen, erlaube kein zögerliches Handeln und erfordere eine sachgerechte Schwerpunktsetzung. Angesichts des Energiebedarfs dürften die in der Windkraft liegenden Vorteile nicht ungenutzt bleiben. Die Argumentation, wegen der noch nicht einmal gegebenen Wohnnutzung am Eiermann-Campus den südöstlichen Teil des Vorranggebiets S03 Spitalwald/Bernhartshöhe nicht zu priorisieren, versteht die Stadträtin angesichts des Verkehrs auf dem angrenzenden Autobahnkreuz nicht. Die Stadt müsse mutig mehr Fläche für Windkraftanlagen ausweisen als sie es mit den vier genannten Standorten bisher getan habe.

Auch StR Rockenbauch hofft, in der Sitzung des AKU eine aufschlussreichere, gegenüberstellende Darstellung mit anfänglichen Überlegungen, folgenden Einwendungen und aktuellem Stand vorgelegt zu bekommen. Die ausgegebenen Unterlagen seien beispielsweise hinsichtlich der Bezeichnungen stark verbesserungsfähig. Er betont die Notwendigkeit des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie, dieser sei unerlässlicher Teil, die Energiewende zu realisieren. Einzelne Punkte wie Sichtachsen könnten noch außen vor gelassen werden, es gehe um gröbere Eckdaten; ihn interessiert, wieviel Energie etwa aus der Realisierung dieser vier Standorte gezogen werden könne. Seine Fraktion begrüße unter Beachtung der gesetzlichen Möglichkeiten ein mutiges Vorangehen der Stadt Stuttgart im Zusammenhang mit Windkraftanlagen, sie unterstütze dies bereitwillig und betrachte auch den Tauschwald als geeigneten Standort.

Es stehe außer Frage, die Stadt Stuttgart werde ihren Beitrag leisten beim Ausbau der erneuerbaren Energien, betont StRin Köngeter. Für die Stadträtin ergeben sich aus der Vorgabe "1,8 % der Fläche" folgende Fragen: Könne gesagt werden, wie viele Windräder auf eine gelbe Markierung kämen, wie viele Windräder für die Stuttgarter Gemarkung insgesamt vorgesehen seien, und ob die vorgestellten Flächen im Eigentum der Stadt Stuttgart stünden oder zum Landeswald Baden-Württemberg gehörten? Sie bittet um Beantwortung, wie weit die konkrete Planung der Windräder beispielweise im Gespräch mit den Stadtwerken vorangekommen sei.

Die gezeigte Präsentation möge seiner Fraktion vor der Sitzung des AKU noch überlassen werden, bittet StR Serwani. Der Entwurf der Region weise 106 Vorranggebiete aus, was 2,6 % der Fläche entspräche. Auch wenn es vier städtische Vorranggebiete gebe, sieht er keine Vorhabenumsetzung außer am Standort "Grüner Heiner" als realistisch an. Der Standort im Tauschwald sei, wie zahlreiche andere in den Jahren 2014/15 nach der genaueren Betrachtung der damals vorausgewählten Flächen, abgelehnt worden.

Aufgrund der Dichte des städtischen Ballungsraums unterscheide sich Stuttgart gravierend von anderen Gebieten in der Region und im Land, deswegen seien die 0,5 % durch die vier Vorranggebiete schlichtweg realistisch, spricht sich klar StR Schrade aus. Diese Dichte stünde Windkraftanlagen entgegen, jedoch unterstützten auch Photovoltaikanlagen auf den zahlreichen Dächer Stuttgarts die Energiewende. Er schließt sich der von StR Dr. Vetter gestellten Frage nach der Wirtschaftlichkeit an; ein Standort mit zehn Windrädern amortisiere sich schneller als ein Standort mit einem Windrad, alleine schon hinsichtlich der infrastrukturellen Anschlusskosten. In den Ausführungen zum Standort Tauschwald irritiert ihn die Abstandsangabe von 700 m, die Region verlange 800 m. Die Fraktion der Freien Wähler lehne den Standort im Tauschwald wie schon im Jahr 2015 ab.

Generell gebe es in Süddeutschland, und so auch in der Region Stuttgart, keine ausreichende Windkraft, um konstant zur benötigten Energie einer dichten Industrieregion beizutragen, vertritt StR Dr. Mayer. Von 8.760 Stunden pro Jahr seien lediglich 1.600 Volllaststunden, dieses ungünstige Verhältnis verursache einen hohen Erzeugerpreis, der letztlich die Industrie belaste. Ihn erstaunt, mit welcher enormen Bereitwilligkeit das Plenum Natur für Windkraftanlagen im Vergleich zu Wohnbebauung hergebe. Sollten die Vorranggebiete mit Windrädern bebaut werden, widerspräche dies dem Willen der Bevölkerung. Auch die AfD-Fraktion sei gegen das Vorhaben. In Großbritannien und den USA fehle es an Investoren sogar für den Bau von effizienteren Offshore-Windparks, er bezweifelt, Bauherren für Windkraftanlagen in der Region zu finden.

Ob es möglich sei, dass die Region in dem Fall, dass Stuttgart zu wenige Vorranggebiete vorschlüge, dies ausgleichen könne, möchte StRin Köngeter wissen.

Herr Dr. Oediger sagt zu, für die nächste Sitzung des AKU eine Karte zu erstellen, die die von der Region vorgesehenen Standorte sowie die von Stuttgart vorgeschlagenen Gebiete enthalte. Die nicht berücksichtigten Flächen könnten auch darin dargestellt werden. Er bietet eine entsprechende Liste mit technischen Daten und Ausschlussgründen an. Wegen der konstanten technischen Entwicklung, die sich auf die Wirtschaftlichkeit auswirke, eigne sich die Wirtschaftlichkeit nicht als Auswahlkriterium. Vorranggebiete würden aufgrund der Windhöffigkeit ausgewählt, auch die vorgeschlagenen städtischen Gebiete, diese seien in jeder Hinsicht möglichst konfliktarm. Die vier Standortvorschläge umfassten 0,5 % des Stadtgebiets, auf wie viel Prozent es sich mit den weiteren vorgeschlagenen Gebieten belaufe, werde nachgereicht. Es könne nicht gesagt werden, wie die Stückzahl der Windkraftanlagen lauten werde, diese Zahl unterliege verschiedenen Faktoren, beispielsweise Eigentumsverhältnisse oder unterschiedliche Arten von Windkraftanlagen. Im Falle einer Vorranggebietsfestlegung seien die Stadtwerke Stuttgart an der Umsetzung interessiert, auch die Wirtschaftlichkeit sei hier gegeben. Mit nochmaliger Präsentation von Folie 13 sichert er zu, beim Standort Tauschwald den Abstand von 800 m zu wahren.

Auch BM Pätzold betont, die noch offenen Punkte in der nächsten Sitzung des AKU besprechen zu wollen. Er sagt die Weitergabe der gezeigten Präsentation zu.


Abschließend stellt BM Pätzold fest:

Der Ausschuss für Technik und Stadtentwicklung stimmt der Einbringung der GRDrs 1523/2023 bei 8 Ja- und 5 Nein-Stimmen mehrheitlich zu (1 Enthaltung).

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