Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz: SI
GRDrs 746/2023
Stuttgart,
09/04/2023


Angebotsgremium für Soziale Teilhabe für Menschen mit seelischen Behinderungen (AST)



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Sozial- und GesundheitsausschussKenntnisnahmeöffentlich09.10.2023

Bericht:


Seit dem 01.01.2020 gibt es das „Angebotsgremium für Soziale Teilhabe für Menschen mit seelischen Behinderungen“ (AST). Das Gremium folgt der Hilfeplankonferenz für psychisch Kranke (HPK) nach, die sich im Januar 2004 konstituierte und Bestandteil der Vereinbarung des Gemeindepsychiatrischen Verbundes (GPV) ist (siehe GRDrs 302/2005 „Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Gemeindepsychiatrischen Verbund (GPV) in der Landeshauptstadt Stuttgart“).

Das AST sichert den Zugang in die Wohnangebote für chronisch psychisch kranke Menschen in Stuttgarter Leistungsträgerschaft (sogenannte Marktplatzfunktion). Die Leistungserbringer kommen ihrer im GPV-Vertrag festgehaltenen gemeinsamen Versorgungsverpflichtung unter Federführung des Teilhabemanagements nach, mit dem Ziel bedarfsgerechte, passgenaue Hilfen und eine wohnortnahe Versorgung für die Leistungsberechtigten zur Verfügung zu stellen.

Entwicklung des AST, der Bedarfsermittlung und der Gesamt- und Teilhabeplanung

Der Bedarf, die Wünsche und die Ziele der Leistungsberechtigen wurden bis Ende 2019 in der Regel in einem Integrierten Behandlungs- und Rehabilitationsplan (IBRP) durch die bisher betreuenden Sozialdienste ermittelt und ggf. im Rahmen des Fallmanagements konkretisiert. Der Zugang in die Wohnangebote für chronisch psychisch kranke Menschen erfolgte im Rahmen des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten freiwillig, zentral und transparent über die HPK. Die Leistungserbringer der Wohnangebote für Menschen mit seelischen Behinderungen kamen mit der HPK einer gemeinsamen im GPV festgehaltenen Versorgungsverpflichtung im Bereich Wohnen nach und sicherten die wohnortnahe Versorgung von Stuttgarter*innen. Für Leistungsberechtigte, die der Vorstellung in der HPK nicht zustimmten, wurde eine Kontaktaufnahme zu Leistungserbringern außerhalb des Gremiums ermöglicht.

Mit Inkrafttreten der dritten Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) zum 01.01.2020, den neuen Regelungen zur Leistungsverantwortung bei mehreren Rehabilitationsträgern, der Einführung des Bedarfsermittlungsinstruments Baden-Württemberg (BEI_BW) und der Gesamt- und Teilhabeplanung wurde eine Anpassung der bisherigen Abläufe sowie des bisherigen Gremiums notwendig, um den Zugang zu den gesetzlichen Rehabilitationsleistungen für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen rechtskonform zu ermöglichen.

Die HPK wurde von dem Nachfolgegremium AST zum 01.01.2020 abgelöst. Der gemeinsamen im GPV festgeschriebenen Versorgungsverpflichtung kommen die Leistungserbringer seit dem 01.01.2020 mithilfe des AST nach.

Die Geschäftsführung der HPK wurde bis 31.12.2019 mit einem Beschäftigungsumfang von 50 % angesetzt, zunächst wurde diese über die Aktion Mensch finanziert, im Anschluss sicherte die Landeshauptstadt Stuttgart eine hälftige Finanzierung (im Umfang von 25 %) zu. Die anteilige Finanzierung der HPK-Geschäftsführung wurde von der Landeshauptstadt Stuttgart zum 31.12.2019 gekündigt.


Zusammensetzung und Arbeit des AST

Das AST stellt ein Unterstützungsgremium des Teilhabemanagements zur Erfüllung des Beratungs- und Unterstützungsauftrags gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 7 SGB IX dar. Die Organisation hat daher zum 01.01.2020 die Abteilung Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung – Eingliederungshilfe des Sozialamts (Abteilung 50-7) übernommen.

In dem Gremium sind die Stuttgarter Leistungserbringer von Wohnangeboten mit Assistenzleistungen für Menschen mit seelischer Behinderung, ein Vertreter der Suchthilfen als Leistungserbringer i.d.R. im eigenen Wohnraum und ein Vertreter der Forensik vom Zentrum für Psychiatrie in Weissenau dauerhaft vertreten. Der Kreis der Mitglieder wurde im Sinne der Personenzentrierung und des Datenschutzes auf die wesentlichen Mitglieder reduziert und den neuen Abläufen des Rehabilitationsrechts angepasst. Die Beteiligung der Kliniksozialdienste bzw. des Sozialpsychiatrischen Dienstes erfolgt in jedem Einzelfall als Person des Vertrauens, sofern Leistungsberechtigte dies benennen und wünschen.

Das Ziel des AST ist die Vermittlung eines Leistungserbringers ggf. zusammen mit einem Wohnangebot an eine Person mit wesentlicher seelischer Behinderung. Das Zusammenbringen von Leistungsberechtigten und passenden Angeboten erfolgt durch die Darlegung des Bedarfs und den gemeinsamen Überlegungen über ein passendes Angebot. Über die Anfragen zu Plätzen in der besonderen Wohnform (ehemals stationäres Wohnen) sowie zu Assistenzleistungen außerhalb der besonderen Wohnform oder in Wohngemeinschaften und im Sozialraum (ehemals Ambulant Betreutes Wohnen - ABW) führen die Leistungserbringer Wartelisten, die im AST transparent gemacht und besprochen werden. Das Angebot, der Bedarf an Wohnraum und Assistenzleistungen im eigenen oder vom Leistungserbringer zur Verfügung gestellten Wohnraum und im Sozialraum lassen sich transparent und offen feststellen. Stehen fachliche Ressourcen wie Fachpersonal oder auch Wohnraum nur begrenzt zur Verfügung, wird die Nachbesetzung des Angebotes über die Wartelisten geregelt. So werden Ungleichbehandlungen von Leistungsberechtigten in den Wartezeiten vermieden und die Sicherstellung eines Angebots wird gewährleistet. Menschen mit herausforderndem Verhalten oder besonders komplexem Hilfebedarf sind auf Grund der hohen Transparenz im Gremium in der Regel nicht durch längere Wartezeiten benachteiligt.


Der Bedarf für Menschen mit seelischer Behinderung, der eine Versorgung in einer geschlossenen Wohnform erforderlich macht und die durch Gericht angeordnet wurde, wird in einer gemeinsamen Warteliste der Leistungserbringer geführt. In der Landeshauptstadt Stuttgart gibt es 60 geschlossene Wohnplätze für Menschen mit seelischer Behinderung mit einem Unterbringungsbeschluss nach § 1831 BGB (bis 31.12.2022: § 1906 BGB). Die Warteliste wird vom Rehabilitationszentrum Rudolf-Sophien-Stift verwaltet, das mit seinen 46 Plätzen dreiviertel der geschlossenen Wohnplätze in seinen Häusern in Stuttgart stellt. Auch hier führt die gemeinsame Warteliste zu einer Gleichbehandlung der Leistungsberechtigten.

Vergleich
HPKAST
GrundlagenEinheitliche Hilfeplanung auf der Grundlage des Integrierten Behandlungs- und Rehabilitationsplanes (IBRP) durch den bisher betreuenden SozialdienstDurchführung der Bedarfsermittlung (§§ 13, 118 SGB IX) sowie des Gesamt- bzw. Teilhabeplanverfahrens (§§ 19 ff und §§ 117 ff SGB IX) durch das Teilhabemanagement unter Beteiligung der Leistungsberechtigten in allen Verfahrensschritten
AufgabenBedarfe der Leistungsberechtigen werden eingebracht

Wohnangebot wird empfohlen (alle Wohnangebote, eigener sowie Trägerwohnraum)

Bedarfe der Leistungsberechtigen stehen bereits fest

Wohnangebot wird empfohlen (nur Trägerwohnraum)

Fallvorstellungen durch bisher betreuende Dienste sowie gelegentlich durch das Fallmanagement

Teilnahme der Leistungsberechtigten möglich (freiwillig)

Fallvorstellungen durch das Teilhabemanagement

Teilnahme der Leistungsberechtigten möglich (freiwillig)

OrganisationGeschäftsführung der HPK wird durch das Steuerungsgremium GPV einvernehmlich festgelegtOrganisation der AST liegt bei der Abteilung Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung - Eingliederungshilfe
Moderation/Koordination durch die Geschäftsführung der HPK Moderation/Koordination durch die Abteilung Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung - Eingliederungshilfe
Teilnahme an den Sitzungen des
Trägerverbundes und des Steuerungsgremiums GPV
Teilnahme an den Sitzungen des Steuerungsgremiums GPV
TeilnehmendeLeistungsträger (Abteilung Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung - Eingliederungshilfe)

Leistungserbringer der Wohnangebote für Menschen mit seelischer Behinderung

Vertreter*in der Forensik,

Vertreter*in der Suchthilfe

Vertreter*innen bisher betreuender Dienste wie der Sozialpsychiatrischen Dienste der Gemeindepsychiatrischen Zentren, die Kliniksozialdienste im Furtbachkrankenhaus und im Klinikum Stuttgart - Zentrum für Seelische Gesundheit

Deutsche Rentenversicherung
Ba-Wü Regionalzentrum Stuttgart-Böblingen

Sozialplanung (unregelmäßig)

Leistungsträger (Abteilung Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung – Eingliederungshilfe)

Leistungserbringer für Assistenzleistungen zur sozialen Teilhabe (Bereich Wohnen) mit dem Schwerpunkt seelische Behinderung

Vertreter*in der Forensik,

Vertreter*in der Suchthilfe

Sozialplanung (unregelmäßig)

Ablauf im AST

Die Abteilung Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung - Eingliederungshilfe lädt zum monatlich stattfindenden AST ein.

Vor der Vorstellung im AST wird der Bedarf der Leistungsberechtigten im Rehabilitationsverfahren mittels dem vorgeschriebenen Bedarfsermittlungsinstruments BEI_BW ermittelt, im Gesamt- und Teilhabeplan individuell mit den Leistungsberechtigten sowie ggf. einer Person des Vertrauens konkretisiert sowie Ziele und Leistungsformen vereinbart. Die Gesamt- und Teilhabeplanung ist von zentraler Bedeutung im geänderten SGB IX, durch welche die Teilhabeziele und die zur Umsetzung der Ziele erforderlichen Hilfen mit der leistungsberechtigten Person erhoben und geplant werden.

Die Fallvorstellungen erfolgen durch das Teilhabemanagement der Abteilung Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung - Eingliederungshilfe (Ausnahmen sind auf Wunsch der Leistungsberechtigten möglich) unter Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften und ausschließlich mit dem Einverständnis der Leistungsberechtigten. Dabei ist die Teilnahme der Leistungsberechtigten bei der Fallvorstellung freiwillig und auch dem Wunsch der Leistungsberechtigten, gemeinsam mit der Person des Vertrauens an der Fallvorstellung teilzunehmen, kann entsprochen werden. Außerdem gibt es die Möglichkeit, Sachverhalte anonym vorzustellen oder auch die Fallsteuerung im Sinne des SGB IX ausschließlich über das Teilhabemanagement erfolgen zu lassen und damit außerhalb des AST.

Ist die leistungsberechtigte Person anwesend, werden ihr die Angebote vorgestellt. Es werden die freien Plätze eruiert und über ein passgenaues Angebot beraten. Gibt es einen freien Platz in einem gewünschten Angebot, können im AST Absprachen zwischen Leistungsberechtigten und Leistungserbringern getroffen werden. Sofern kein Platz in einem gewünschten Angebot frei ist, wird deutlich gemacht, wie lang die Wartezeiten voraussichtlich sind und welche Alternativen bestehen. In der Regel erhalten die Leistungsberechtigten die Kontaktdaten der Leistungserbringer, um ggf. ein weiteres Kennenlernen anzuschließen.

Beurteilung AST

Innerhalb des GPV Stuttgart und auch der Sozialverwaltung war die HPK ein wichtiges Instrument, um unklare Bedarfslagen zu plausibilisieren und die Bedarfsdeckung vorzubereiten. Ein erheblicher Beitrag zur wohnortnahen Versorgung von Stuttgarter*innen ist auf die HPK zurückzuführen.

Die HPK wurde mit Beginn des AST 01.01.2020 weiterentwickelt, um den Vorgaben im BTHG zu entsprechen und die Versorgungsverantwortung der Leistungserbringer aufrecht zu erhalten. Die nachteilsfreie Versorgung von Menschen mit herausforderndem Verhalten oder besonders komplexem Hilfebedarfen ist im AST gegeben.

Die im AST transparent dargestellte Übersicht an Platzkapazitäten in den Wohn- und Betreuungsangeboten für Menschen mit seelischer Behinderung ist ein wichtiger Bestandteil in der Bedarfsplanung. Die Kooperation zwischen der Abteilung Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung - Eingliederungshilfe und der Sozialplanung durch Einladung und halbjährliche Teilnahme der Sozialplanung am AST sorgt für eine Weiterentwicklung von bedarfsdeckenden Angeboten und für eine vertrauensvolle und gute Kooperation zwischen Leistungsträger, Leistungserbringer und Sozialplanung.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrischer Verbünde (BAG GPV) empfiehlt, an der gemeinsamen Verantwortungsgemeinschaft aller wesentlichen Leistungsanbieter des psychiatrischen Hilfesystems festzuhalten (siehe Empfehlung zur Durchführung und Weiterentwicklung von sog. Hilfeplankonferenzen (03/2020)). Die Landeshauptstadt Stuttgart ist eine von den 17 Stadt- und Landkreisen, die in Baden-Württemberg (44 Stadt- und Landkreise insgesamt) zum 31.12.2021 ein Nachfolgegremium zur Hilfeplankonferenz oder ein Gremium zur Steuerung der Belegung eingerichtet hatten (siehe KVJS Analyse: Dokumentation Gemeindepsychiatrischer Verbund Baden-Württemberg 2021/2022).

Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

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Dr. Alexandra Sußmann
Bürgermeisterin





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