Protokoll:
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
418
3
Verhandlung
Drucksache:
GZ:
Sitzungstermin:
10.11.2020
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BM Thürnau
Berichterstattung:
Herr Mutz (TiefbA)
Protokollführung:
Frau Schmidt
pö
Betreff:
Information zur Neukonzeption der Werbung im öffentlichen Straßenraum in Stuttgart
- mündlicher Bericht -
Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.
Auf die Laufzeit aller Werbeanlagen bis 31.12.2022 verweist einführend BM
Thürnau.
Somit könne ab dem 01.01.2023 ein neues Konzept in der Stadt etabliert werden. Ausnahme sei aufgrund vergaberechtlicher Fragen die Werbung auf 26 bestehenden WC-Anlagen, die noch bis Ende 2025 liefe. Für neue Anlagen sei bereits beschlossen worden, dass diese städtische Eigenwerbung enthalten sollen. Bis Mitte 2021 müsse Klarheit über die Ziele zur Ausschreibung herrschen.
Herr
Mutz
(TiefbA) berichtet umfassend im Sinne der Präsentation.
Für StR
Winter
(90/GRÜNE) bietet sich die Gelegenheit, das komplette Paket zu prüfen und eine Neukonzeption zu erstellen. Er betont, bei der Frage der Werbeinhalte müssten weitere Beteiligte wie die Gleichstellungsstelle in die Beratungen mit aufgenommen werden. Zudem müsse geklärt werden, wieviel Raum Konsum im Allgemeinen, der Information oder der Kultur gegeben werde. Er stellt die Frage, wie mit den Werbeflächen der SSB verfahren werde. Idealerweise könnten diese Flächen an die neue Konzeption gekoppelt werden. Der Stadtrat schlägt vor, in diesem Rahmen auch die Standorte der Werbeträger zu überprüfen. Die Möglichkeiten der Digitalisierung seien sehr wichtig und könnten durch Fachleute in der nächsten Schwerpunktsitzung dargestellt werden. Er benennt beispielhaft lokale Händler, die im Umfeld ihres Geschäftes Werbung betreiben könnten. Zentraler Punkt sei die Frage, welche Werbung an welchen Standorten und in welchem Umfang umgesetzt werde.
Auf die Chancen der Digitalisierung verweist StR
Dr. Vetter
(CDU). Über digitale Werbeträger könnte Unternehmen vor Ort effizienter Hilfestellung gegeben werden. Zudem könnten über digitale Plakatvitrinen die Erträge wesentlich wirtschaftlicher generiert werden. Er nennt dazu um den Faktor 5 verbesserte Einnahmen im Vergleich zu normalen Plakatvitrinen. Er warne davor, Werbung in den privaten Bereich abdriften zu lassen. Daher sei die Stadt angehalten, entsprechende Angebote zur Verfügung zu stellen, um Werbung in gewünschten Strukturen zu führen. Als Beispiel nennt er Einfallstraßen in den Außenbezirken. Für elementar wichtig hält er Bauzäune, auf denen Informationen zu und Entschuldigungen für die Bauarbeiten angebracht werden könnten. Damit habe er beispielsweise in Salzburg gute Erfahrungen gemacht. Der Stadtrat spricht die zeitliche Abfolge der Schwerpunktsitzungen an und erklärt, die ersten beiden Sitzungen sehe er im STA angesiedelt. Leitlinien und Ethik von Werbung (Sitzung 3) sollten an anderer Stelle beraten werden.
Zu dieser Anmerkung erklärt BM
Thürnau,
er könne sich auch eine Kombination des STA mit einem anderen Ausschuss vorstellen. Er werde dazu einen Vorschlag unterbreiten.
Das kooperative Verfahren hält StR
Ozasek
(Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) für eine gute Herangehensweise. Entscheidende Frage sei, wieviel Werbung bzw. Konsummotivatoren in der Stadt gewünscht würden und verträglich seien. Es gehe um gestalterische Aspekte, aber auch um die Frage der Verkehrssicherheit. Er plädiert für eine Abkehr von der Wegwerfgesellschaft. Genügsamkeit müsse in den Prozess eingespeist werden. Des Weiteren stelle sich die Aufgabe eines akzeptablen Mixes aus qualitätsvoller Werbung und Information. Wichtig sei die Einbettung von Umwelterziehung und kulturellen Veranstaltungen. Wesentlicher Baustein sei die Setzung von Grenzen gegenüber Sexismus und Suchttriggern (Glücksspiel, Tabak, Alkohol), aber auch klimaschädlichen Konsumverhaltensmustern wie Fernreisen mit dem Flugzeug. Dies müsse in einer Leitlinie ausgeschlossen werden. Mit der Neukonzeption könne der "Wildwuchs" in den Ämtern zusammengeführt werden. Neben der Chance auf mehr Übersichtlichkeit biete sich auch die Möglichkeit zur "Smart City". Wireless LAN könne einen Mehrwert für die Menschen in der Stadt bieten. Für das weitere Verfahren spricht er sich für eine Beteiligung der SSB aus. Ziel müsse sein, dass die neuen Leitlinien auch von der SSB übernommen werden. Kritisch sieht er die Verlagerung von Werbung auf private Flächen. Dazu könne das Referat SWU entsprechende Informationen liefern, wie dies durch Gestaltungsvorschriften vermieden werden könne. Grundsätzlich müsse ein Großteil der Werbeflächen reduziert werden, mit denen ohnehin nur wenig Ertrag generiert werde. Die drei Schwerpunktsitzungen seien verzichtbar. Er schlägt stattdessen eine "kleine Runde" in den Fraktionen und eine abschließende STA-Sitzung vor.
Bei den Zielen einer Neukonzeption besteht für StRin
Kletzin
(SPD) Einigkeit; diese seien eine einheitliche Gestaltung und eine Aufwertung des öffentlichen Raumes. Aus inhaltlicher Sicht gehe es neben der Diskussion um sexualisierte Werbung auch um Wahlwerbung, wofür eine andere Möglichkeit gefunden werden müsse. Außerdem schlägt die Stadträtin vor, kostenpflichtige und kostenfreie Werbung wie etwa für Vereine erneut auf den Prüfstand zu stellen. Zudem müssten gemeinsam mit der SSB die Standorte gebündelt werden. Zustimmung äußert sie grundsätzlich zur weiteren Vorgehensweise. In einer ersten Sitzung könnten die neuen Technologien im STA vorgestellt werden. Sie hoffe auf eine vereinheitlichte Umsetzung der verschiedenen Werbeträger. Zur zweiten Sitzung könne die SSB eingeladen werden. In der dritten Sitzung zu den Inhalten der Werbung fragt sie, wer die Kontrolle über die Umsetzung der neuen Werbekonzeption ausübe.
Auf die Nachfrage von StRin Kletzin, warum es keine Bewegtbilder geben werde, erklärt BM
Thürnau,
dies habe mit der Verkehrssicherheit und der Stadtgestaltung zu tun.
StR
Serwani
(FDP) spricht sich dafür aus, digitale Flächen dort zu platzieren, wo der Verkehr nicht gestört werde. Werbung sei in seinen Augen Wirtschaftsförderung. Er verfolge gerne Werbung im Stadtbild, vor allem, wenn sie mit Informationen verknüpft sei. Den Ausschluss von sexistischer und Tabakwerbung könne er nachvollziehen, nicht jedoch die Kritik an Privatflächen. Er schlägt vor, großzügiger mit Werbeflächen umzugehen. Überrascht zeigt er sich über die geringe Umsetzung von neun Mega-Lights bei 150 möglichen. Werbung in Kombination mit Informationen werde zukünftig nur noch in digitalisierter Form stattfinden, insofern halte er Plakate auch aus umweltpolitischen Gründen für fragwürdig. Da digitalisierte Werbung sehr kostenintensiv sei, könne er sich der Forderung von StR Dr. Vetter nach Unterstützung für den "kleinen Mittelstand" in den Stadtbezirken anschließen. Er erwarte gerne weitere Informationen und freue sich über die Darstellung durch einen Fachmann für Außenwerbung.
Vor einer "Verteufelungskampagne" der Werbung warnt StR
Zeeb
(FW). Werbung an sich sei Teil des Wirtschaftssystems. Einschränkungen für bestimmte Produkte seien nicht akzeptabel. Für private Werbeflächen gebe es im Baurechtsamt die Abteilung Werbeanlagen, die eine Genehmigung ausspreche oder eben nicht. Man müsse bei diesem Thema "die Kirche im Dorf lassen".
Für ein Verbot jeglicher diskriminierender Form von Werbung spricht sich StRin
Köngeter
(PULS) aus. Dieser Aspekt müsse alle Lebensrealitäten berücksichtigen und gehe weit über Sexismus hinaus. Ebenso müsse bei der Frage der Nachhaltigkeit/Klima-schutz darüber nachgedacht werden, welche Firmen unterstützt werden. Zustimmung äußert sie zur Förderung von lokalen Händlern. Aus gestalterischer Sicht müsse Reizüberflutung und die Überfüllung von Gehwegen vermieden werden. In der Frage der Wahlwerbung plädiert sie dafür, diese nur an bestimmten Stellen zuzulassen.
Die Wichtigkeit des Themas betont StR
Pantisano
(Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei), denn Werbung präge das Stadtbild außerordentlich. Angesichts verschiedener Wahlen in schneller Abfolge unterstützt er eine gewisse Kontrolle von Wahlwerbung. Er habe selbst die Erfahrung gemacht, dass manche Werbung für Kinder angsteinflößend und irritierend sei; es gebe keine Beschränkung hinsichtlich Alter. In der Neukonzeption müsse kindgerechte Werbung miteinbezogen werden. Er begrüße eine Behandlung in verschiedenen Sitzungen, zum einem im STA, aber auch im SGA.
StR
Ebel
(AfD) plädiert für eine möglichst große Freiheit bei den Werbeinhalten. Bei sexualisierter Werbung hingegen spreche er sich jedoch für eine restriktive Haltung aus.
Den Aspekt der Wahlwerbung möchte BM
Thürnau
an dieser Stelle nicht vertiefen, denn es werde momentan über klassische kommerzielle Produktwerbung beraten. Es stelle sich die Frage, wer die Kontrolle ausübe, denn es werde immer wieder Formate geben, die auf Kritik stießen. Er begrüßt den von StR Pantisano vorgebrachten Ansatz, zunächst Rahmenbedingungen zu definieren und falls diese nicht befolgt würden, Werbetreibende anzuweisen, die Werbung wieder zu entfernen. Die Förderung örtlicher Händler sei zu begrüßen, aber finanziell für die Händler wahrscheinlich schwierig umzusetzen. Er regt ein städtisches Kontingent an, über das lokale Händler für "kleines Geld" Werbung treiben könnten. Er sagt zu, zukünftig die SSB sowie das Stadtplanungsamt in die Beratungen einzubeziehen.
BM
Pätzold
bestätigt, das Thema sei eine Frage des Baurechts. Wenn beispielsweise bei einer Anlage alle zehn Sekunden ein Wechsel der Werbeinhalte erfolge, handle es sich um Bewegtbilder, die an vielen Stellen der Stadt ausgeschlossen seien. Er kündigt für die kommenden Haushaltsplanberatungen ein Projekt zur Werbeanlagensatzung an, wenn auf Digitalisierung und Wechselwerbung umgeschwenkt werde. Als Beispiel nennt er Bushaltestellen, die ohne Werbung genehmigungsfrei seien, "mit Werbung eben nicht". Der Aspekt der Stadtgestaltung dürfe ebenfalls nicht vernachlässigt werden.
BM
Thürnau
kündigt an, in die Schwerpunktsitzungen einzusteigen und zunächst den aktuellen Stand der Werbetechnik darzustellen.
Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen mehr ergeben, stellt der
Vorsitzende
fest:
Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik hat von dem Bericht
Kenntnis genommen.
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